OGH 1Ob7/48

OGH1Ob7/483.3.1948

SZ 21/76

Normen

ABGB §425
ABGB §431
AußStrG §97
AußStrG §104
Grundbuchsgesetz §32
Grundbuchsgesetz §93
Grundbuchsgesetz §94
Grundverkehrsgesetz §3
Grundverkehrsnovelle 1946 §5
Liegenschaftsteilungsgesetz §28
ABGB §425
ABGB §431
AußStrG §97
AußStrG §104
Grundbuchsgesetz §32
Grundbuchsgesetz §93
Grundbuchsgesetz §94
Grundverkehrsgesetz §3
Grundverkehrsnovelle 1946 §5
Liegenschaftsteilungsgesetz §28

 

Spruch:

§ 104, Abs. 3 AußstrG. bezieht sich nur auf bewegliche Sachen. Bloßes Bucheigentum ist nicht abzuhandeln, doch sind die §§ 28 ff. LiegTeilG. anzuwenden.

Erfolgt der Tod einer Person, gegen die sich die Eintragung richtet, nach Ausstellung der verbücherungsfähigen Urkunde, aber vor Überreichung des Einverleibungsgesuches, so besteht kein Eintragungshindernis. Mitwirkung des Abhandlungsgerichtes zur Verbücherung des Kaufvertrages nicht erforderlich.

Verhältnis der Grundverkehrsnovelle 1946 zur Grundstückverkehrsbekanntmachung.

Entscheidung vom 3. März 1948, 1 Ob 7/48.

I. Instanz: Bezirksgericht Oberwart; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtsachen Wien.

Text

Der Oberste Gerichtshof stellte in Abänderung des rekursgerichtlichen Beschlusses den erstrichterlichen Beschluß wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die am 20. Juli 1946 verstorbene Marie B. war im Zeitpunkt ihres Todes als Eigentümerin der Grundstücke Nr. ... der EZ. im Grundbuch eingetragen. Am 10. Dezember 1945 hatte sie mit ihrem Sohne Josef B. und dessen Ehegattin Anna einen notariellen Kauf- und Übergabsvertrag abgeschlossen, mit dem sie diese Grundstücke den Ehegatten Josef und Anna B. je zur Hälfte um den Betrag von 1500 S verkaufte, übergab und gleichzeitig die Einwilligung zur Einverleibung des Eigentumsrechtes für die Käufer erteilte (§ 32, Abs. 1, lit. b GBG.). Im Punkte II der Vertragsurkunde wird erklärt, daß die Käufer mit dem Tage des Vertragsabschlusses in den tatsächlichen Besitz und Genuß der Kaufobjekte treten.

Die beiden Söhne der Erblasserin, Josef und Alexander B., haben zum Nachlaß ihrer Mutter die bedingte Erbserklärung abgegeben. Anläßlich der Errichtung des Inventars behauptete Josef B., daß die ihm und seiner Ehefrau übergebenen Grundstücke nicht in den Nachlaß gehörten, während Alexander B. deren Aufnahme in das Nachlaßinventar beantragte. Der Erstrichter beschloß, die Grundstücke nicht in das Inventar aufzunehmen, weil gemäß § 97, Abs. 1 AußstrG. für die Ausnahme in das Verlassenschaftsinventar ausschließlich der Besitz des Erblassers, sonder dritter Personen befänden, in das Nachlaßinventar gemäß den § 104, Abs. 3 AußstrG., setze voraus, daß diese Sachen unbestritten dem Erblasser gehörten, was aber hier nicht der Fall sei. Infolge Rekurses des Alexander B. hat das Rekursgericht entschieden, daß die Grundstücke in das Inventar einzubeziehen sind. Es stützte seinen Beschluß auf die Vorschrift des § 104, Abs. 3 AußstrG., Marie B. sei im Zeitpunkte ihres Todes zweifellos Eigentümerin diese Grundstücke gewesen, weil der Eigentumsübergang auf Grund des Kauvertrages noch nicht grundbücherlich durchgeführt gewesen sei (§§ 425, 431 ABGB.). Der Kaufvertrag vom 10. Dezember 1945 könne ohne Mitwirkung des Abhandlungsgerichtes und ohne Einbeziehung in den Nachlaß überhaupt nicht verbüchert werden (§ 94, Abs. 1, Z. 2 GBG.).

Josef B. hat gegen diesen Beschluß Revisionsrekurs eingelegt, in dem er die Wiederherstellung des erstrichterlichen Beschlusses beantragt.

Der Revisionsrekurs ist begrundet. Nach Lehre (Klang, I/2, S. 207; Ehrenzweig I/2, S. 265) und Rechtsprechung (GlU. 10.489 und 12.431, SZ. VI/266) sind für die Entscheidung der Frage, ob ein bestimmter Gegenstand in das Nachlaßinventar aufzunehmen ist, lediglich die Besitzverhältnisse maßgebend. Stirbt der außerbücherliche Erwerber eines Grundstückes, so ist dieses in die Verlassenschaftsabhandlung einzubeziehen und zugleich vom Abhandlungsgericht die Richtigstellung des Grundbuches zu veranlassen. Stirbt dagegen der bloße Bucheigentümer, der im Zeitpunkt seines Todes nicht mehr Besitzer des Grundstückes war, so wird das Grundstück der Verlassenschaftsabhandlung nicht unterzogen. Es wird jedoch auch in diesem Falle die Herstellung der Grundbuchsordnung im Sinne der §§ 28 ff. des Liegenschaftsteilungsgesetzes vom 19. Dezember 1929, BGBl. 1930, Nr. 3 zu erwirken sein. Die Vorschrift des § 104, Abs. 3 AußstrG., auf die sich der angefochtene Beschluß vor allem stützt, bezieht sich offenbar nicht auf Grundstücke, sondern auf bewegliche Sachen, weil nach allgemeinem Sprachgebrauch nur bewegliche Sachen sich "in Händen dritter Personen befinden". Die Ansicht des Rekursgerichtes, daß der Kaufvertrag vom 10. Dezember 1945 ohne Mitwirkung des Abhandlungsgerichtes überhaupt nicht verbüchert werden könnte, beruht auf einer Auslegung des § 94, Abs. 1, Z. 2 GBG., die, obwohl sie die Autorität des Kommentars zum Grundbuchgesetz von Bartsch (3. Auflage, S. 81) für sich ins Treffen führen kann, dem Obersten Gerichtshof zu streng erscheint und die auch, soweit es von hier aus überblickt werden kann, mit der Übung der Grundbuchsgerichte nicht im Einklang steht. Der Oberste Gerichtshof ist vielmehr der Meinung, daß der Tod einer Person, gegen die sich die bücherliche Eintragung richtet, nach Ausstellung der verbücherungsfähigen Urkunde, aber vor Überreichung des Einverleibungsgesuches, die Eintragung nicht hindert, sofern nur diese Person sowohl zur Zeit der Ausstellung der Urkunde als auch im Zeitpunkte ihres Todes die persönliche Fähigkeit zur Verfügung über den Gegenstand, welchen die Eintragung betrifft, besessen hat. Aber selbst wenn man sich den Standpunkt von Bartsch zu eigen macht, wäre die Eintragung des Eigentumsrechtes der Ehegatten Josef und Anna B. an den ihnen übergebenen Grundstücken nicht von deren Einbeziehung in die Verlassenschaftsabhandlung nach Marie B. abhängig. Denn durch die Aufnahme oder Nichtaufnahme der Grundstücke in das Verlassenschaftsinventar werden die Rechte der Ehegatten B., so wie sie im Zeitpunkte des Todes der Marie B. bestanden haben, nicht berührt. Diese haben vielmehr auf Grund des Übergabsvertrages ebenso wie seinerzeit gegen die Übergeberin jetzt gegen deren Erben den obligatorischen Anspruch auf Eintragung ihres Eigentumsrechtes an den Grundstücken.

Um weitere überflüssige Rechtsmittel in dieser an sich ganz einfachen Angelegenheit hintanzuhalten, sei schließlich noch folgendes bemerkt: Der Umstand, daß der Vertrag vom 10. Dezember 1945 im Zeitpunkt seiner Errichtung zur Gültigkeit der Genehmigung nach der Grundstückverkehrsbekanntmachung vom 26. Jänner 1937 (GBlÖ. Nr. 283/1938) bedurft hätte, die jetzt nach der Aufhebung dieser Vorschrift durch die Grundverkehrsnovelle vom 18. Juni 1946, BGBl. Nr. 123, nicht mehr nachgeholt werden kann, wäre kein Hindernis für die Durchführung dieses Vertrages im Grundbuch. Denn nach dem gemäß § 93 GBG. für die Beurteilung der Zulässigkeit der Eintragung maßgebenden Grundverkehrsgesetz, BGBl. Nr. 251/1937 (§ 3, lit. b). Bedarf die Übertragung des Eigentums nicht der Zustimmung der Grundverkehrskommission, wenn das Rechtsgeschäft - wie im vorliegenden Falle - zwischen Verwandten und Verschwägerten in gerader Linie abgeschlossen wurde. Die Genehmigungsfreiheit der durch den Vertrag vom 10. Dezember 1945 beurkundeten Eigentumsübertragung ergibt sich auch aus dem § 5 Grundverkehrsnovelle 1946. Hienach sind die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bei Genehmigungbehörden nach der Grundstückverkehrsbekanntmachung anhängigen Verfahren einzustellen. Wäre demnach das Verfahren zur Genehmigung des Vertrages vom 10. Dezember 1945 nach der Grundstückverkehrbekanntmachung beim Geltungsbeginn der Grundverkehrsnovelle 1946 bereits anhängig gewesen, dann hätte es eingestellt werden müssen und ein neues Verfahren vor der Grundverkehrskommission hätte wegen der Genehmigungsfreiheit dieses Vertrages nach dem Grundverkehrgesetz nicht eingeleitet werden können. Da es aber keineswegs in der Absicht des Gesetzgebers gelegen war, aus diesem rein formalen Gründe Rechtsgeschäften aus der Zeit vor dem Inkrafttreten der Grundverkehrsnovelle 1946 die Gültigkeit zu versagen, ergibt sich zwingend der Schluß, daß Verträge, die nach der Grundstückverkehrsbekanntmachung der behördlichen Genehmigung bedurft hätten, nach dem Grundverkehrsgesetz aber nicht mehr genehmigungspflichtig sind, nunmehr im Grundbuch ohne Rücksicht auf die mangelnde Genehmigung nach der Grundstückverkehrsbekanntmachung durchgeführt werden können.

Aus diesen Darlegungen folgt, daß die beiden Erben nach Marie B. im Gründe genommen um ein Nichts streiten. Denn nach der gegenwärtigen Aktenlage werden Josef und Anna B. jedenfalls als Eigentümer der ihnen von Marie B. übergebenen Grundstücke im Grundbuch eingetragen werden müssen, gleichviel, ob diese Grundstücke in die Verlassenschaftsabhandlung nach Marie B. einbezogen werden oder nicht.

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