OGH 1Ob645/47

OGH1Ob645/4718.2.1948

SZ 21/68

Normen

ABGB §431
ABGB §531
ABGB §1233
ABGB §1236
AußStrG §16
AußStrG §177
Grundbuchsgesetz §12
Grundbuchsgesetz §22
Grundbuchsgesetz §126
Grundbuchsnovelle 1942 §7
Liegenschaftsteilungsgesetz §29
ABGB §431
ABGB §531
ABGB §1233
ABGB §1236
AußStrG §16
AußStrG §177
Grundbuchsgesetz §12
Grundbuchsgesetz §22
Grundbuchsgesetz §126
Grundbuchsnovelle 1942 §7
Liegenschaftsteilungsgesetz §29

 

Spruch:

§§ 531, 1233, 1236 ABGB., § 22 GBG. Bei einer allgemeinen Gütergemeinschaft unter Lebenden, die sich auch auf das künftige, insbesondere auch auf das im Erbwege anfallende Vermögen erstreckt, gehört die Hälfte der von der überlebenden Ehegattin während der Ehe erworbenen Liegenschaft zum Nachlaß des verstorbenen Gatten, wenn auch eine grundbücherliche Übertragung nicht erfolgt ist. Die Übertragung kann von den Erben unmittelbar verlangt werden.

Entscheidung vom 18. Februar 1948, 1 Ob 645/47.

I. Instanz: Bezirksgericht Wels; II: Instanz: Kreisgericht Wels.

Text

Zwischen dem Erblasser und seiner Gattin war noch vor erfolgter Eheschließung am 6. September 1896 ein Notariatsakt, beinhaltend Ehepakte und letztwillige Anordnung, errichtet worden, denen zufolge hinsichtlich jedes Vermögens, das sie zur Zeit des Vertragsabschlusses besaßen, künftig erwerben oder durch Erbschaft erlangen würden, eine von der Trauung angefangen rechtswirksame allgemeine Gütergemeinschaft unter Lebenden und auf den Todesfall begrundet wurde. Dem überlebenden Ehegatten wurde überdies das Aufgriffsrecht zum Nachlasse eingeräumt und bestimmt, daß dann, wenn zwei oder mehrere Kinder vorhanden wären, diese gleichzeitig zu Testamentserben eingesetzt würden. Diese Bestimmung trat in Kraft, da zwei Kinder des Erblassers vorhanden sind.

In dem von der Witwe und den beiden Kindern des Erblassers dem Abhandlungsgerichte vorgelegten eidesstättigen Vermögensbekenntnisse gaben die beiden Kinder, die je zur Hälfte des ganzen Nachlasses die unbedingte Erbserklärung abgaben, an, daß in den Nachlaß außer anderen, besonders angeführten Vermögenswerten,

1. die in die Grundbücher für K. und E. W. eingetragenen Liegenschaften EZ. 47 und 61 KG. A. und EZ. 24, 359, 360, 822 und 826 KG. L., sowie

2. die nur auf den Namen E. W. auf Grund der Einantwortungsurkunde vom 4. September 1916 eingetragenen Liegenschaften EZ. 11, 44, 54, 85 KG. A., EZ. 4 und 115 KG. O. und EZ. 119 KG. O.,

3. 45 Prozent der offenen Handelsgesellschaft Ziegelei A.-W. I. Fr. Nachf., K. und E. W. fallen.

Den Mitteilungen im eidesstättigen Vermögensbekenntnis zufolge stehen die Liegenschaften, auf denen sich der Ziegelei- und Sägewerksbetrieb der offenen Handelsgesellschaft befindet, nicht im grundbücherlichen Eigentum der offenen Handelsgesellschaft, sondern im bücherlichen Eigentum der Witwe E. W. Es sind dies die Liegenschaften EZ. 11 und 85 KG. A. und EZ. 115 KG. O.

Mit Beschluß des Abhandlungsgerichtes vom 10. April 1946, ONr. 11, wurde die von den erblichen Kindern Karl W. und Franziska L. je zur Hälfte des ganzen Nachlasses abgegebene unbedingte Erbserklärung zu Gericht angenommen, der Erbrechtsausweis als erbracht angesehen, das eidesstättige Vermögensbekenntnis der Abhandlung zugrunde gelegt und den Erben zur Stellung der Schlußanträge eine Frist gesetzt. In ihren Schlußanträgen, die bei Gericht am 4. April 1947 einlangten, begehrten die beiden erblichen Kinder die Einantwortung des gesamten Nachlasses je zur Hälfte und die Anordnung einer Reihe von Eintragungen in das Grundbuch, darunter die Einverleibung des Eigentumsrechtes der angeführten offenen Handelsgesellschaft an den oben angeführten Liegenschaften EZ. 11, 85 und 115, dann auf Grund eines zwischen den Erben und der erbl. Witwe getroffenen Übereinkommen die Einverleibung des Eigentumsrechtes der erbl. Witwe, ob der in den Nachlaß gehörigen Liegenschaftshälfte der EZ. 359 KG. L., überdies aber noch lastenfreie Ab- und Zuschreibungen von Liegenschaftsteilen, wodurch der Umfang der einzelnen Liegenschaften durch Zu- und Abschreibungen verändert werden sollte.

Der Zweck der beabsichtigten grundbücherlichen Veränderungen ist zufolge dem Erbübereinkommen der, einerseits jene Liegenschaften, auf denen sich der Ziegelei- und Sägewerksbetrieb befindet, in das Eigentum der offenen Handelsgesellschaft zu übertragen, anderseits der erbl. Witwe einen Ersatz für den Verzicht auf das Aufgriffsrecht und dafür zu leisten, daß sie sich nach dem Erbübereinkommen bereit erklärt hat, von bestimmten Parzellen der ihr gehörigen Hälften der Liegenschaften EZ. 11, 44, 85 A. und 115 KG. O. je zweieinhalb Prozent zugunsten des Anteiles der erbl. Kinder an der offenen Handelsgesellschaft abzutreten.

Auf Grund des Erbübereinkommens beantragen sonach die erbl. Witwe und die erbl. Kinder einverständlich nachstehende grundbücherliche Eintragungen:

1. genau bezeichnete Parzellen von der EZ. 44 KG. A. ab- und der EZ. 11 KG. A. zuzuschreiben,

2. eine genau bezeichnete Parzelle von der EZ. 85 KG. A. ab- und der EZ. 44 KG. A. zuzuschreiben,

3. zwei im Antrag bezeichnete Parzellen von der EZ. 24 KG. L. ab- und der EZ. 359 KG. L. zuzuschreiben.

4. Einverleibung des Eigentumsrechtes für die erbl. Kinder zu je einem Viertel der ganzen Liegenschaft auf den Karl W.'schen Hälften der Liegenschaften EZ. 47 und 61 KG. A. und den EZ. 24, 360, 822 und 826 KG. L. und zu je einem Viertel auf den EZ. 44 und 54 KG. A., EZ. 4 KG. Ob. und EZ. 119 KG. Ob.,

5. Einverleibung des Eigentums für die offene Handelsgesellschaft Ziegelei & Sägewerk A.-W. J. Fr. Nachf. K. und E. W. auf den EZ. 11 und 85 KG. A. und 115 KG. Ob.,

6. Einverleibung des Eigentums für E. W. auf der K. W.'schen Hälfte der ET. 359 KG. L.

Das Verlassenschaftsgericht wies, ohne den Antrag auf Einantwortung des Nachlasses zu erledigen, den Antrag, in die Einantwortungsurkunde die Bestätigung aufzunehmen, daß die vorstehend unter 1. bis 6. beantragten Eintragungen in das Grundbuch vorzunehmen sein werden, mit der Begründung ab, daß ein Teil der Liegenschaften, auf denen das Eigentumsrecht für die offene Handelsgesellschaft eingetragen werden solle, überhaupt nicht in den Nachlaß gehöre, daß die offene Handelsgesellschaft mit der Verlassenschaft unmittelbar nichts zu tun habe und daß eine lastenfreie Abschreibung einzelner Grundstücke ohne Zustimmung der dinglich Berechtigten nicht möglich sei.

Das Rekursgericht änderte den Beschluß des Erstgerichtes insofern ab, als es dem Antrag der erbl. Witwe und der erbl. Kinder stattgab, in die vom Erstrichter zu erlassende Einantwortung die Bestätigung aufzunehmen, daß nachstehende Eintragungen im Grundbuch vorzunehmen sein werden, u. zw.:

1. die Einverleibung des Eigentumsrechtes für die erbl. Kinder zu je 1/4 der ganzen Liegenschaft an den Hälfteanteilen des Erblassers bezüglich der EZ. 47 und 61 KG. A. und der EZ. 24, 360, 822 und 826

KG. L.

2. die Einverleibung des Eigentumsrechtes für E. W. an dem dem Erblasser gehörigen Hälfteanteil der EZ. 359.

Hinsichtlich der übrigen beantragten Eintragungen ließ das Rekursgericht den denAAntrag abweisenden Teil des erstrichterlichen Beschlusses unberührt. Dabei nahm das Rekursgericht den Standpunkt ein, daß die auf den Namen E. W. im Grundbuch stehenden Liegenschaften nicht in den Nachlaß gehörten, da sie nicht auf den Namen des Erblassers in das Grundbuch eingetragen sind, sonach auch ihre Übertragung an die offene Handelsgesellschaft nicht im Rahmen der Verlassenschaftsabhandlung erfolgen könne.

Hinsichtlich der dem Rekursgerichte vorgelegten, von der Hypothekenanstalt ausgestellten Grundabtretungserklärung vom 29. April 1947, mit der diese Hypothekargläubigerin sich mit den oben zu

1. bis 3. beantragten lastenfreien Abschreibungen einverstanden erklärte, stellt sich das Rekursgericht unter Bezugnahme auf § 126, Abs. 1 GBG. auf den Standpunkt, daß das Rekursgericht den erstrichterlichen Beschluß auf der Grundlage, die dem Erstrichter vorlag, zu überprüfen habe und daß dieser, da ihm die Urkunde nicht vorlag, mit Recht die in dieser Richtung gestellten Anträge abgewiesen habe.

Gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der von der erbl. Witwe und den beiden erbl. Kindern erhobene Revisionsrekurs.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Witwe und der Kinder des Erblassers Folge und hob die Beschlüsse der Untergerichte auf.

Rechtliche Beurteilung

Begründung

Der eingebrachte Revisionsrekurs ist, obgleich er sich nur gegen den den erstrichterlichen Beschluß bestätigenden Teil des Beschlusses des Rekursgerichtes richtet, nach § 16 AußstrG. zulässig, da eine offenbare Gesetz- und Aktenwidrigkeit vorliegt.

Es ist aktenwidrig, wenn das Rekursgericht davon ausgeht, daß die nur auf E. W. im Grundbuch eingetragenen Liegenschaften nicht zum Nachlaßvermögen gehören, denn das Abhandlungsgericht hat mit seinem Beschluß vom 10. April 1946 ausdrücklich anerkannt, daß auch diese Liegenschaftshälften zum Nachlaßvermögen gehören.

Es ist aber auch die Rechtsansicht des Rekursgerichtes, daß diese Liegenschaften deshalb nicht in den Nachlaß gehören, weil sie nicht zur Gemeinschaft der Ehegatten bücherlich eingetragen waren, offenbar gesetzwidrig.

Durch den Notariatsakt vom 6. September 1896 haben die Ehegatten eine allgemeine Gütergemeinschaft unter Lebenden begrundet, die sich auch auf das künftige, insbesondere auch auf das im Erbwege anfallende Vermögen erstrecken sollte. Die auf den Namen E. W. in das Grundbuch eingetragenen Liegenschaften sind im Erbwege im Jahre 1916, demnach während des Bestandes der Ehe, an sie gelangt. Sie werden sonach, wenn auch eine grundbücherliche Übertragung nicht stattgefunden hat, zur Hälfte Nachlaßbestandteil und mit Recht von den Erben als Nachlaßvermögen im eidesstättigen Vermögensbekenntnis angeführt. Der Hinweis des Rekursgerichtes auf die Bestimmungen des § 1236 ABGB. geht fehl, denn aus dieser Gesetzesstelle geht nur hervor, daß, um bestimmte Rechte geltend machen zu können, die Eintragung in die öffentlichen Bücher die Voraussetzung ist. Das Grundbuchgesetz aber sieht im § 22 selbst den Fall vor, daß eine Liegenschaft oder ein bücherliches Recht außerbücherlich übertragen worden ist und bestimmt, daß der letzte Übernehmer unter Nachweisung seiner Vormänner verlangen kann, daß die bücherliche Übertragung unmittelbar auf seine Person vorgenommen werde. Die von der Gattin während des Bestandes der Ehe im Erbwege erworbenen Liegenschaften gehören sonach zur Hälfte, trotzdem im Grundbuch E. W. als Eigentümerin eingetragen ist, zum Nachlaßvermögen, so daß der grundbücherlichen Eintragung des Eigentums der erbl. Kinder an diesen Liegenschaftshälften kein Hindernis im Wege steht. (Siehe hiezu Klang I/2 zu § 431 C 4b p.). Gegen die Übertragung jener Liegenschaftshälften, die auch grundbücherlich als das Eigentum des Erblassers erkennbar waren, konnten von vornherein keinerlei Bedenken bestehen. Aber auch hinsichtlich der Übertragung der grundbücherlich als Eigentum des Erblassers eingetragenen Hälfte der Liegenschaft EZ. 359 KG. L. an die erbl. Witwe sind Bedenken nicht begrundet, da diese Übertragung durch das Erbübereinkommen voll gedeckt ist. Es ist sonach der Antrag der Erbinteressenten zu 4. und 6. berechtigt und bestand kein, Hindernis, diesen Anträgen Folge zu geben.

Was nun die 1. bis 3. beantragten Ab- und Zuschreibungen betrifft, so ist davon auszugehen, daß diese beantragten grundbücherlichen Veränderungen ausschließen die in das Verlassenschaftsvermögen gehörigen Liegenschaftshälften betrafen und nur, wie schon oben gesagt, beantragt wurden, um der erbl. Witwe einen Ersatz für den Verzicht auf das Aufgriffrecht und dafür zu bieten, daß sie bei der beantragten Übertragung von Liegenschaften auf die offene Handelsgesellschaft, wegen der Höhe ihres Anteiles von nur 45 Prozent, zugunsten ihrer Kinder 5 Prozent dieser Liegenschaften opfern müßte. Auch diese Ab- und Zuschreibungen liegen im Rahmen des Verlassenschaftsverfahrens und sind durch das Erbübereinkommen gedeckt. Das Rekursgericht hat nun allerdings unter Bezugnahme auf § 126, Abs. 1 GBG. die Berücksichtigung der erst im Rekursverfahren vorgelegten Grundabtrennungserklärung der Hypothekenanstalt abgelehnt. Damit war das Rekursgericht im Unrecht, da es sich um einen ihm im Zuge eines Verlassenschaftsverfahrens vorgelegten Beschluß des Verlassenschaftsrichters handelt. Jedenfalls wird das Verlassenschaftsgericht bei der ihm aufgetragenen Beschlußfassung diese Erklärung zu berücksichtigen haben.

Schließlich liegt noch der Antrag zu 5. vor, auf den Liegenschaften EZ. 11 und 85 A. und 119 L das Eigentumsrecht für die offene Handelsgesellschaft Ziegelei & Sägewerk A.-W., J. Fr. Nachf. K. und E. W. einzuverleiben. Wenn, was das Verlassenschaftsgericht noch festzustellen haben wird, an dieser offenen Handelsgesellschaft der Erblasser und seine Gattin zu je 45 Prozent, die beiden erbl. Kinder zu je 5 Prozent beteiligt waren, sonach außenstehende Personen nicht Rechte geltend machen können, wird auch diese Einverleibung dem Antrage entsprechend erfolgen können. Die Überlegungen, die den Obersten Gerichtshof bei dieser Rechtsansicht leiten, gehen davon aus, daß 45 Prozent dieser Gesellschaft jedenfalls in das Nachlaßvermögen gehören, daß sonach die in den Nachlaß gehörigen Hälften der Liegenschaften, auf denen der Ziegelei- und Sägewerksbetrieb errichtet ist, auf jeden Fall auf Antrag der Erben anstatt in ihr Eigentum, in das der offenen Handelsgesellschaft übetragen werden können, da sie selbst zu je 5 Prozent an dieser Handelsgesellschaft beteiligt sind, sonach auf diese Weise, wenn auch nicht auf ihren Namen, Eigentümer dieser Liegenschaftshälften werden.

Es besteht aber auch kein Hindernis, daß zugleich auch jene Hälften dieser Liegenschaften, die als das Eigentum der erbl. Witwe verbleiben, umgeschrieben werden. Es wurde schon oben gesagt, daß die Übertragung der erbl. Liegenschaftshälfte EZ. 359 KG. L. an die erbl. Witwe im Erübereinkommen vereinbart wurde, um ihr einerseits für den Verzicht auf das Aufgriffsrecht, anderseits für die durch die Übertragung an die offene Handelsgesellschaft erforderliche Abtretung von 5 Prozent dieser Liegenschaft zugunsten ihrer Kinder Ersatz zu leisten. Hinsichtlich der 5 Prozent ist sonach ebenfalls das Erbübereinkommen maßgebend. Hinsichtlich der ihr verbleibenden 45 Prozent handelt es sich aber der Aktenlage nach nur um eine, insbesondere von der Finanzbehörde geforderte Berichtigung des Grundbuchsstandes entsprechend der wirklichen Rechtslage, die von den Erbinteressenten im Interesse der Ordnung des Verlassenschaftsvermögens beantragt und in das Erbübereinkommen einbezogen worden ist. Es wird dem Gerichte lediglich obliegen, die formellen Voraussetzungen für diese Berichtigung im Sinne des § 7 der Verordnung vom 19. Jänner 1942, DRGBl. I S. 37, zu prüfen.

Da das Abhandlungsgericht über den Antrag auf Einantwortung des Nachlasses nicht entschieden hat, gleichzeitig aber mit dieser Einanwortung anzuordnen haben wird, welche Eintragungen in die öffentlichen Bücher auf Grund der Einantwortung vorzunehmen sein werden (§ 177 AußstrG. und § 29 LiegTeilG.), mußten die Beschlüsse der unteren Instanzen aufgehoben und dem Verlassenschaftsgerichte die Entscheidung über die Schlußanträge aufgetragen werden.

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