European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2023:RA2023200209.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der aus dem Iran stammende Revisionswerber, der bereits zuvor im Jahr 2000 in Österreich erfolglos die Gewährung von Asyl beantragt hatte und im Februar 2003 freiwillig in den Iran zurückgekehrt war, stellte nach neuerlicher Einreise in das Bundesgebiet am 12. Juli 2006 den zweiten Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005). Auch dieser Antrag blieb im Instanzenzug ‑ letztlich mit Erkenntnis des damaligen Asylgerichtshofes vom 6. August 2009 ‑ erfolglos. Der ‑ zuvor im Jahr 2007 wegen versuchten Diebstahls rechtskräftig verurteilte ‑ Revisionswerber wurde unter einem in den Iran ausgewiesen.
2 Der Revisionswerber blieb in Österreich. Er beging in der Zeit von Mitte 2008 bis (zu seiner Festnahme im) Jänner 2010 weitere Straftaten.
3 Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 22. Juli 2010 wurde der Revisionswerber wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Der Revisionswerber befand sich von Anfang Jänner 2010 bis 15. Mai 2013 in Haft.
4 Nach der ‑ unter Festlegung einer Probezeit von drei Jahren bedingt erfolgten ‑ Entlassung aus dem Vollzug der Freiheitsstrafe stellte der Revisionswerber am 10. Juni 2013 den dritten Antrag auf internationalen Schutz. Er gab an, im Jahr 2009 zum Christentum konvertiert zu sein. Er habe sich auch taufen lassen.
5 Als Ergebnis des ‑ nach diversen Rechtsgängen beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl und dem Bundesverwaltungsgericht abgeschlossenen ‑ Verfahrens über diesen Antrag ist ‑ hier das Wesentliche zusammenfassend ‑ festzuhalten, dass dem Revisionswerber sowohl die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch des subsidiär Schutzberechtigten versagt blieb. Es wurde jedoch festgestellt, dass die Abschiebung des Revisionswerbers in den Iran nicht zulässig sei.
6 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nahm sodann später mit Bescheid vom 2. August 2021 das mit Bescheid dieser Behörde vom 25. Februar 2016 rechtskräftig abgeschlossene Verfahren wieder auf, soweit damit über den Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf das Begehren auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgesprochen und rechtlich davon abhängende Aussprüche getätigt wurden. Die Behörde ging davon aus, dass sich der Revisionswerber diese Aussprüche durch falsche Angaben zu seiner Konversion ‑ es sei nunmehr hervorgekommen, dass eine Scheinkonversion vorliege ‑ erschlichen habe, um ein für sich günstiges Ergebnis, nämlich den Verbleib im Bundesgebiet, zu erlangen. Der Bescheid, mit dem die Wiederaufnahme verfügt wurde, erwuchs in Rechtskraft.
7 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies in der Folge mit Bescheid vom 8. November 2021 den vom Revisionswerber am 10. Juni 2013 gestellten Antrag auf internationalen Schutz betreffend das Begehren auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung sowie ein unbefristetes Einreiseverbot, stellte fest, dass die Abschiebung in den Iran zulässig sei, und legte die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest. Weiters sprach die Behörde aus, dass der Revisionswerber ab dem 27. Juli 2010 sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet verloren habe.
8 Das Bundesverwaltungsgericht wies die dagegen erhobene Beschwerde nach Durchführung einer Verhandlung mit Erkenntnis vom 14. Juni 2022 im Wesentlichen als unbegründet ab. Es gab lediglich der Beschwerde gegen die Erlassung des Einreiseverbotes insofern statt, als es die Dauer des Einreiseverbots mit drei Jahren festsetzte. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei.
9 Daraufhin brachte der Revisionswerber gegen dieses Erkenntnis eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ein. Mit Erkenntnis vom 15. März 2023, E 1989/2022‑7, hob der Verfassungsgerichtshof dieses Erkenntnis im Ausspruch eines Einreiseverbotes wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes auf. Im Übrigen lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat diese hinsichtlich der nicht der Aufhebung unterliegenden Aussprüche dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. In der Folge wurde die gegenständliche Revision erhoben.
10 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
11 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
12 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
13 Der Revisionswerber macht in der Begründung für die Zulässigkeit der Revision geltend, dass ihm im Herkunftsstaat aufgrund seiner Konversion zum Christentum asylrelevante Verfolgung drohe.
14 Damit von einer Rechtsfrage gesprochen werden kann, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, muss sie sich inhaltlich auf eine durch die angefochtene Entscheidung mögliche Rechtsverletzung beziehen und sich daher innerhalb der Sache des Verwaltungsverfahrens bewegen (VwGH 13.7.2020, Ra 2019/20/0518, mwN).
15 Der vom Revisionswerber am 10. Juni 2013 gestellte Antrag auf internationalen Schutz wurde in Bezug auf das Begehren auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten rechtskräftig abgewiesen. Das Verfahren über diesen Ausspruch war weder Gegenstand der Anordnung der Wiederaufnahme noch des nach Wiederaufnahme vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erlassenen Bescheides und somit auch nicht Gegenstand des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht. Schon deswegen erweist sich die Revision als nicht zulässig, soweit sich der Revisionswerber mit seinen Ausführungen auf einen ‑ seiner Ansicht nach bestehenden ‑ Anspruch auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten bezieht.
16 Soweit sich der Revisionswerber mit den sich auf die Konversion beziehenden Ausführungen ‑ gerade noch hinreichend erkennbar ‑ auch auf eine mögliche Verletzung des Art. 3 EMRK für den Fall seiner Rückführung in den Herkunftsstaat und mithin auf die Verweigerung von subsidiärem Schutz bezieht, ist ihm entgegenzuhalten, dass das Bundesverwaltungsgericht dargelegt hat, der Revisionswerber sei nur zum Schein zum Christentum konvertiert und er habe sich mit seinem Vorbringen den Verbleib im Bundesgebiet ‑ fallbezogen durch die erfolgte Anwendung des Rechtsinstituts der Duldung ‑ erschlichen. Er werde sich im Fall einer Rückkehr in den Iran nicht öffentlich zu einem (in Österreich nur vorgetäuschten) Glaubensabfall bekennen und könne dort ‑ wie seine Mutter und sein Bruder ‑ problemlos ohne die Ausübung von religiösen Gebräuchen leben. Er sei früher im Iran keiner Verfolgung, Bedrohung oder sonstigen Gefährdung ausgesetzt gewesen und solche Szenarien bestünden auch aktuell nicht.
17 Der Verwaltungsgerichtshof ist als Rechtsinstanz tätig und im Allgemeinen nicht zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Einzelfall berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 18.4.2023, Ra 2023/20/0025, mwN).
18 Der Revisionswerber bringt zwar vor, die beweiswürdigenden Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts seien als unvertretbar einzustufen. Gründe dafür sind jedoch der Revision, in der lediglich unsubstantiiert behauptet wird, der Revisionswerber habe mit seinen Angaben eine Verfolgung im Herkunftsstaat glaubhaft gemacht, nicht zu entnehmen.
19 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 13. Juni 2023
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