VwGH Ra 2023/19/0258

VwGHRa 2023/19/025829.12.2023

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Dr. Funk‑Leisch und den Hofrat Dr. Eisner als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Salama, in der Revisionssache des B A, vertreten durch Mag. Christian Bammer, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Kaiserstraße 57‑59/1/Top 14 B, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Juni 2023, W 104 2265941‑1/7E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2023:RA2023190258.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein syrischer Staatsangehöriger, stellte am 22. Jänner 2022 einen Antrag auf internationalen Schutz. Begründend brachte er vor, Syrien aufgrund des dort herrschenden Krieges verlassen zu haben und nicht zum Militärdienst für die kurdischen Milizen oder für das syrische Regime eingezogen werden zu wollen.

2 Mit Bescheid vom 7. Dezember 2022 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag des Revisionswerbers auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigen ab, erkannte ihm den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die gegen die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Die Revision bringt in der Zulässigkeitsbegründung mit Verweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Juli 2023, Ra 2023/18/0108, zunächst vor, das BVwG habe es unterlassen, Feststellungen zur legalen und sicheren Erreichbarkeit der Herkunftsregion zu treffen. Es sei nicht nachvollziehbar, dass sich das BVwG lediglich auf eine bestimmte Region beschränkt habe. Die Revision bringt des Weiteren vor, das BVwG habe es ungeprüft gelassen, ob der Revisionswerber als potentiell zukünftiges Mitglied der syrischen Armee Gefahr liefe, selbst an der Begehung von Kriegsverbrechen oder Menschenrechtsverletzungen beteiligt zu sein.

8 Voraussetzung für die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ist nach § 3 Abs. 1 AsylG 2005, dass dem Asylwerber im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinn des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), also aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung, droht (vgl. VwGH 21.6.2023, Ra 2021/19/0406, mwN).

9 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt die Furcht vor der Ableistung des Militärdienstes bzw. der bei seiner Verweigerung drohenden Bestrafung im Allgemeinen keine asylrechtlich relevante Verfolgung dar, sondern könnte nur bei Vorliegen eines Konventionsgrundes Asyl rechtfertigen (vgl. VwGH 21.5.2021, Ro 2020/19/0001, mwN). Wie der Verwaltungsgerichtshof zur möglichen Asylrelevanz von Wehrdienstverweigerung näher ausgeführt hat, kann auch der Gefahr einer allen Wehrdienstverweigerern bzw. Deserteuren im Herkunftsstaat gleichermaßen drohenden Bestrafung asylrechtliche Bedeutung zukommen, wenn das Verhalten des Betroffenen auf politischen oder religiösen Überzeugungen beruht oder dem Betroffenen wegen dieses Verhaltens vom Staat eine oppositionelle Gesinnung unterstellt wird und den Sanktionen ‑ wie etwa der Anwendung von Folter ‑ jede Verhältnismäßigkeit fehlt. Unter dem Gesichtspunkt des Zwanges zu völkerrechtswidrigen Militäraktionen kann auch eine „bloße“ Gefängnisstrafe asylrelevante Verfolgung sein (vgl. erneut VwGH Ro 2020/19/0001, mwN).

10 Fehlt ein kausaler Zusammenhang mit einem oder mehreren Konventionsgründen, kommt die Asylgewährung nicht in Betracht (vgl. nochmals VwGH Ra 2021/19/0406, mwN).

11 Im vorliegenden Fall zeigt die Revision nicht auf, dass der Revisionswerber in Bezug auf die ihm drohende Einziehung zum Wehrdienst im Verfahren vor dem BFA oder im Beschwerdeverfahren ein entsprechend begründetes Vorbringen erstattet hätte, das einen kausalen Zusammenhang zu einem Konventionsgrund im oben beschriebenen Sinn erkennen lässt. Damit ist aber dem ‑ auf der Prämisse des Vorliegens eines Verfolgungsgrundes des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK aufbauenden ‑ Revisionsvorbringen zur Erreichbarkeit der Herkunftsregion des Revisionswerbers der Boden entzogen (vgl. etwa VwGH 12.12.2023, Ra 2022/19/0281; VwGH 11.12.2023, Ra 2023/19/0142; VwGH 31.10.2023, Ro 2023/19/0002).

12 Vor diesem Hintergrund gelingt es der Revision auch nicht, die Relevanz der behaupteten Verfahrensmängel aufzuzeigen (zum Erfordernis der Relevanzdarlegung bei Verfahrensmängeln vgl. etwa VwGH 28.9.2023, Ra 2023/19/0255, mwN).

13 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 29. Dezember 2023

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte