VwGH Ra 2023/19/0082

VwGHRa 2023/19/008225.5.2023

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pfiel sowie die Hofräte Dr. Pürgy und Dr. Chvosta als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Seiler, in der Revisionssache des A H (auch A H), vertreten durch die Brandl & Talos Rechtsanwälte GmbH in 1070 Wien, Mariahilfer Straße 116, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Februar 2023, W265 2261199‑1/9E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2023:RA2023190082.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein syrischer Staatsangehöriger, stellte am 3. Dezember 2021 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er mit dem Krieg in Syrien begründete. Er fürchte, vom syrischen Regime zum Wehrdienst eingezogen oder von der oppositionellen Miliz Hay’at Tharir ash‑Sham (HTS), die seine Herkunftsregion kontrolliere, zwangsrekrutiert zu werden.

2 Mit Bescheid vom 19. September 2022 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerbers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab, erkannte ihm jedoch den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihm eine auf ein Jahr befristete Aufenthaltsberechtigung.

3 Die gegen die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Zur Begründung ihrer Zulässigkeit macht die vorliegende außerordentliche Revision geltend, das BVwG habe die Asylrelevanz der Wehrdienstverweigerung des Revisionswerbers verkannt und keine Feststellungen zu seiner Motivation, die Wehrdienstleistung zu verweigern, getroffen. Ferner habe es das BVwG unterlassen, die zum Entscheidungszeitpunkt aktuellen Länderberichte heranzuziehen, und sich nicht mit der Zumutbarkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative sowie mit der Situation in der Herkunftsprovinz des Revisionswerbers befasst. Letztlich habe das BVwG auch nicht ausreichend begründet, warum dem Revisionswerber nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine asylrelevante Bedrohung durch das syrische Regime oder durch die HTS drohe.

8 Dazu ist zunächst darauf zu verweisen, dass die Prüfung, ob ein Bedarf an internationalem Flüchtlingsschutz besteht, je nach individuellen Umständen des Einzelfalls vorzunehmen ist. Eine solche einzelfallbezogene Beurteilung ist im Allgemeinen ‑ wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze erfolgte ‑ nicht revisibel (vgl. VwGH 24.11.2022, Ra 2022/19/0288, mwN).

9 Das BVwG ging davon aus, dass sich die Herkunftsregion des Revisionswerbers nicht unter der Kontrolle des syrischen Regimes befinde und das syrische Militär daher über keine Zugriffsmöglichkeit verfüge, um den Revisionswerber zum Wehrdienst einzuziehen. Auch eine Bedrohung durch die oppositionelle HTS sei nicht gegeben, weil diese gemäß den Länderberichten keine zwangsweisen Rekrutierungen durchführe, zumal auch die im Alter des Revisionswerbers befindlichen Brüder unbehelligt in der Herkunftsregion leben würden. Daher zog das BVwG die Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative nicht in Betracht.

Die Revision lässt diese Erwägungen gänzlich außer Acht. Somit geht das Revisionsvorbringen ins Leere und vermag schon deshalb keine Mangelhaftigkeit der Begründung darzulegen.

10 Sofern darüber hinaus in der Revision Verfahrensmängel ‑ wie hier Feststellungs‑ und Ermittlungsmängel ‑ als Zulassungsgründe ins Treffen geführt werden, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass - auch in der gesonderten Begründung für die Zulässigkeit der Revision zumindest auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 21.3.2023, Ra 2023/19/0013, mwN). Eine solche Darlegung enthält die Revision in ihrer pauschalen Zulässigkeitsbegründung, welche keinen konkreten Bezug zum vorliegenden Fall enthält, jedoch nicht.

11 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 25. Mai 2023

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte