VwGH Ra 2023/05/0056

VwGHRa 2023/05/005631.8.2023

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. Dr. Zehetner sowie die Hofrätinnen Mag. Liebhart‑Mutzl und Dr.in Sembacher als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Tichy, in der Revisionssache der A GmbH in K, vertreten durch die HSP Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Gonzagagasse 4, gegen das am 15. Dezember 2022 mündlich verkündete und am 19. Jänner 2023 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien VGW‑111/055/10169/2022‑21, betreffend Zurückweisung eines Bauansuchens (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien; weitere Partei: Wiener Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §13 Abs3
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2023:RA2023050056.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien (Verwaltungsgericht) wurde die Beschwerde der revisionswerbenden Partei gegen einen Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 8. Juli 2022, mit dem ein Antrag der revisionswerbenden Partei auf Erteilung der baubehördlichen Bewilligung zur Errichtung einer näher beschriebenen Wohnhausanlage auf einem näher bezeichneten Grundstück in Wien mangels Erfüllung eines am 9. Juni 2022 erteilten Verbesserungsauftrages gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen worden war, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet abgewiesen (I.). Eine ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG wurde für unzulässig erklärt (II.).

2 In der Zulässigkeitsbegründung der dagegen erhobenen außerordentlichen Revision wird zu deren Zulässigkeit zusammengefasst vorgebracht, das angefochtene Erkenntnis beruhe auf einer unvertretbaren Beurteilung durch das Verwaltungsgericht; dieses sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen und habe gegen das Überraschungsverbot verstoßen.

3 Die Revision ist unzulässig.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Vorauszuschicken ist, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes einer Rechtsfrage nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl. etwa VwGH 24.3.2022, Ra 2020/05/0081, oder auch 3.9.2018, Ra 2018/04/0145, jeweils mwN). Der Verwaltungsgerichtshof ist nach dem Revisionsmodell nicht dazu berufen, die Einzelfallgerechtigkeit in jedem Fall zu sichern ‑ diese Aufgabe obliegt den Verwaltungsgerichten (vgl. etwa VwGH 30.5.2022, Ra 2021/06/0151, und 6.4.2023, Ra 2023/05/0046, jeweils mwN).

8 Die Frage, ob ein konkreter Verbesserungsauftrag gemäß § 13 Abs. 3 AVG dem Gesetz entspricht oder nicht, unterliegt dabei grundsätzlich ebenso der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes wie die Frage, ob für ein konkretes Objekt ein baurechtlicher Konsens besteht oder nicht (vgl. etwa VwGH 22.2.2023, Ra 2023/05/0010; 21.12.2022, Ra 2022/05/0145; 28.4.2022, Ra 2022/06/0030, bzw. 18.11.2022, Ra 2022/05/0175, und nochmals VwGH 6.4.2023, Ra 2023/05/0046, jeweils mwN). Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung könnte diesbezüglich daher nur dann vorliegen, wenn die damit jeweils in Zusammenhang stehende Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (vgl. etwa VwGH 10.11.2020, Ra 2020/06/0258, mwN). Derartiges vermögen die Revisionszulässigkeitsgründe angesichts der ‑ nach Durchführung eines mängelfreien Ermittlungsverfahrens samt mündlicher Verhandlung getroffenen ‑ Ausführungen im angefochtenen Erkenntnis jedoch nicht aufzuzeigen.

9 Soweit die Revision zu ihrer Zulässigkeit darüber hinaus einen Verstoß gegen das Überraschungsverbot geltend macht, ist darauf hinzuweisen, dass sich nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das zum Überraschungsverbot in Beziehung gesetzte Parteiengehör nur auf die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts, nicht aber auf die von der Behörde vorzunehmende rechtliche Beurteilung erstreckt (vgl. etwa VwGH 16.1.2023, Ra 2021/05/0223, mwN). Den Ausführungen des Verwaltungsgerichtes im angefochtenen Erkenntnis, wonach das Verwaltungsgericht die Verfahrensparteien mit Schriftsatz vom 6. Dezember 2022 darüber informiert habe, dass die von der belangten Behörde vorgelegten Dokumente beim Verwaltungsgericht zur Einsicht auflägen, sowie, dass ein Vertreter der revisionswerbenden Partei am 13. Dezember 2022 Einsicht in die aufliegenden Aktenbestandteile genommen habe, tritt die Revision nicht entgegen. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung wird daher auch im Zusammenhang mit einem behaupteten Verstoß gegen das Überraschungsverbot nicht aufgezeigt.

10 In der Revision werden damit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 31. August 2023

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