VwGH Ra 2022/06/0243

VwGHRa 2022/06/02433.1.2023

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer sowie die Hofrätinnen Mag. Rehak und Mag. Bayer als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache des S E in S, vertreten durch MMag. Clemens Rainer‑Theurl, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Wilhelm‑Greil‑Straße 9, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 6. September 2022, LVwG‑2022/48/1329‑8, betreffend baupolizeiliche Aufträge (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Gemeinde Eben am Achensee; weitere Partei: Tiroler Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Normen

BauO Tir 2022 §34
BauRallg

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2023:RA2022060243.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol (im Folgenden: Verwaltungsgericht) wurde die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde E. vom 11. April 2022, mit welchem dem Revisionswerber als Eigentümer die weitere Benützung des auf einem näher bezeichneten Grundstück befindlichen Objektes für touristische Zwecke (durch gewerbliche Vermietung an wechselnde Gäste) sowie als Freizeitwohnsitz durch unzulässig Eigennutzung untersagt worden war, mit einer Maßgabe im Spruch des angefochtenen Bescheides als unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei.

5 In seiner Begründung stellte das Verwaltungsgericht ‑ soweit für den Revisionsfall von Interesse ‑ fest, dass der Revisionswerber mit Bauansuchen vom 13. November 2009 die Genehmigung für den „Neubau eines Einfamilienhauses mit angrenzendem Carport“ mit dem Verwendungszweck „Wohnung/Wohnhaus“ im Wohngebiet beantragt habe. Dass eine gewerbliche Vermietung des Einfamilienhauses geplant gewesen sei, lasse sich dem Bauakt und sämtlichen Unterlagen des Bauverfahrens nicht entnehmen. Auch während der Bauverhandlung habe der Revisionswerber keine Ausführungen zu einer gewerblichen Nutzung gemacht, die er beabsichtige. Eine gewerbliche Nutzung oder Vermietung des „Einfamilienhauses“ lasse sich weder aus dem Antrag noch aus der Baubeschreibung oder den Einreichunterlagen entnehmen, ebenso wenig sei im Baubescheid vom 29. Dezember 2009 dieser Verwendungszweck genehmigt worden. Das gegenständliche Objekt sei vom Revisionswerber im Zeitraum vom 1. September 2010 bis April 2022 gewerblich an wechselnde Gäste zu touristischen Zwecken vermietet worden. Weiters führte das Verwaltungsgericht aus, aus dem Bauakt sei zu erkennen, dass weder in der Antragstellung noch in der Baubeschreibung oder im Bescheid eine gewerbliche Vermietung angeführt werde. Die E‑Mails (Aktenvermerke) des Revisionswerbers vom Juli 2009 datierten vor der Antragstellung des Bauansuchens und seien auch nicht Inhalt des Bauaktes. Ein Bezug zu diesen E‑Mails sei auch nicht im Antrag oder in der Baubeschreibung vorgenommen worden und es habe auch sonst kein Hinweis auf eine gewerbliche Vermietung im Bauakt und im Rahmen des Bauverfahrens gefunden werden können, insbesondere sei eine solche auch nicht im Baubescheid bewilligt worden. Auch wenn der Revisionswerber mehrere Monate vor der Baueinreichung mit dem ehemaligen Bürgermeister sowie dem Gemeindeamtsleiter Gespräche geführt habe, seien diese Aktenvermerke des Revisionswerbers nicht Teil der Einreichpläne oder der Baubeschreibung geworden und daher auch nicht in den Baubescheid eingeflossen. Der Revisionswerber habe ausschließlich auf Unterlagen verwiesen, die von ihm selbst erstellt worden seien (E‑Mails im Juli 2009) und die vor dem von ihm gestellten Bauansuchen erstellt worden seien, um seine Erkundigungen festzuhalten. Ein Bauwille hinsichtlich des dann erst Monate später von ihm eingeleiteten Bauverfahrens auf Errichtung eines Einfamilienhauses zur gewerblichen Vermietung lasse sich jedoch nicht entnehmen.

6 In den zur Zulässigkeit der vorliegenden Revision vorgetragenen Gründen bringt der Revisionswerber vor, der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei nicht zu entnehmen, ob der anlässlich eines Bauverfahrens vom künftigen Bauwerber klar zum Ausdruck gebrachte, beabsichtigte Verwendungszweck, welcher auch von der zuständigen Behörde als zulässig erachtet worden sei, als „rechtliches nullum“ ohne Berücksichtigung und Relevanz bleibe. Der Revisionswerber habe unmissverständlich unmittelbar zeitlich vor der Antragstellung gegenüber der zuständigen Behörde per E‑Mail zum Ausdruck gebracht, dass das zu errichtende Einfamilienhaus an wechselnde Gäste vermietet werden solle.

7 Weiters fehle einschlägige hg. Judikatur zur Frage, ob bei Festlegung des baulichen Verwendungszweckes im Baubescheid „wie aus den Einreichplänen ersichtlich“ eine spätere Einschränkung alleine auf eigene Wohnzwecke zulässig sei. Von der belangten Behörde wäre eine klare Festlegung des Verwendungszweckes etwa „zu Wohnzwecken“ zu erwarten gewesen. Stattdessen sei der Verwendungszweck des bewilligten Einfamilienhauses mit einem bloßen Verweis auf die „Einreichungspläne“ sprachlich unpräzise „festgelegt“ worden. Diese unklar gebliebene Festlegung des Verwendungszweckes im Baubescheid könne nicht zu Lasten des Revisionswerbers ausgelegt werden.

Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage dargelegt, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

8 Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung erkennt, betrifft die Auslegung eines konkreten Bescheides grundsätzlich nur den Einzelfall, und es stellt diese nur dann eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG dar, wenn vom Verwaltungsgericht diesbezüglich ein unvertretbares und die Rechtssicherheit beeinträchtigendes Auslegungsergebnis erzielt wurde (vgl. etwa VwGH 6.4.2020, Ra 2020/06/0078, mwN).

9 Eine derartige Fehlbeurteilung wird vom Revisionswerber nicht aufgezeigt. So hat das Verwaltungsgericht entgegen dem Vorwurf des Revisionswerbers dessen E‑Mails (Aktenvermerke) vom Juli 2009 nicht unberücksichtigt gelassen, sondern diese in seine Würdigung einbezogen und ist ausgehend davon, dass diese Monate vor dem mit Bauansuchen vom 13. November 2009 eingeleiteten Bauverfahren verfasst wurden, in den Einreichunterlagen keinerlei Bezug darauf genommen wurde und sich diesen Unterlagen auch sonst kein Hinweis auf eine beabsichtigte gewerbliche Vermietung entnehmen lasse, in nicht zu beanstandender Weise zu dem Schluss gelangt, dass eine solche mit dem in Rede stehenden Baubescheid vom 29. Dezember 2009 auch nicht bewilligt worden sei. Auch mit der Darstellung von Betten und weiteren Einrichtungsgegenständen in den Einreichunterlagen hat sich das Verwaltungsgericht auseinandergesetzt und ist zu dem Schluss gelangt, diese Darstellung lasse nicht erkennen, dass der Revisionswerber das für die private Wohnnutzung eingereichte Einfamilienhaus entgegen den Antragsunterlagen gewerblich vermieten wollte. Dass bzw. inwiefern diese Beurteilung des Verwaltungsgerichtes unvertretbar sein soll, zeigt der Revisionswerber allein mit seinem Hinweis darauf, dass in den Einreichplänen ein Objekt mit vier Schlafräumen und drei Pkw-Abstellplätzen aufscheine, nicht auf.

10 Darüber hinaus ist festzuhalten, dass der Inhalt der Baubewilligung nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes den eingereichten und allenfalls im Zuge des Bauverfahrens geänderten, dem Baubewilligungsbescheid zu Grunde gelegten Plänen und der Baubeschreibung zu entnehmen ist und die von der Behörde mit dem „Genehmigungsvermerk“ versehenen Pläne und Baubeschreibungen einen wesentlichen Bestandteil der Baubewilligung bilden (vgl. etwa VwGH 22.10.2008, 2005/06/0114, mwN). Dass die von ihm genannten E‑Mails dem Baubescheid vom 29. Dezember 2009 zugrunde lägen und von der Behörde mit einem Genehmigungsvermerk versehen seien, behauptet der Revisionswerber selbst nicht.

11 Der Revisionswerber vermag somit eine Unvertretbarkeit der Auslegung des Baubescheides vom 29. Dezember 2009 durch das Verwaltungsgericht dahingehend, dass damit ein Einfamilienhaus für die private Wohnnutzung und nicht zur gewerblichen Vermietung bewilligt worden sei, nicht aufzuzeigen. Ausgehend davon kommt der weiteren, vom Revisionswerber aufgeworfenen Frage keine Relevanz zu, weil keine spätere Einschränkung der zulässigen Nutzung des gegenständlichen Einfamilienhauses vorgenommen wurde, sondern sich diese nach der Auslegung des Verwaltungsgerichtes bereits aus dem betreffenden Baubescheid selbst ergibt.

Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 3. Jänner 2023

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