Normen
BauRallg
GdPlanungsG Krnt 1970 §2 Abs4
GdPlanungsG Krnt 1995 §3 Abs5
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2023:RA2021060143.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten (im Folgenden: Verwaltungsgericht) wurde die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den im innergemeindlichen Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 19. Juni 2020, mit welchem dem Mitbeteiligten nach der Kärntner Bauordnung 1996 die Baubewilligung für die Errichtung einer Terrassenüberdachung mit Ganzglasschiebeelementen bei seinem Hotel/Restaurantbetrieb auf einem näher bezeichneten Grundstück der KG V erteilt worden war, mit einer Maßgabe im Spruch des angefochtenen Bescheides als unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG unzulässig sei.
5 Begründend hielt das Verwaltungsgericht zunächst fest, dass das Baugrundstück im maßgeblichen Flächenwidmungsplan als „Bauland‑Wohngebiet“ ausgewiesen sei. Das bestehende Hotel/Restaurant weise insgesamt 23 Zimmer und 233 Sitzplätze im Restaurant auf, wovon 28 Sitzplätze im geplanten Vorhaben Platz fänden. Gegenstand des Baubewilligungsansuchens sei die Änderung des bestehenden Gebäudes durch Errichtung eines Wintergartens im Ausmaß von rund 45 m2 und 28 Sitzplätzen. Eine Erhöhung der Verabreichungsplätze sei mit dem geplanten Vorhaben nicht verbunden. Das Wohngebiet, in welchem sich das gegenständliche Gebäude befinde, weise 503 Einwohner auf. Im Revisionsfall sei eine Überschreitung näher genannter, schalltechnischer Planungsrichtwerte weder durch den Vergleichsbetrieb einer Hotelanlage mit 120 Zimmern und 150 Stellplätzen noch durch den konkreten Hotel‑/Restaurantbetrieb gegeben. Terrassen- und Wintergartenbereiche seien für Hotel- und Restaurantbetriebe ebenso wie für Privathäuser als typisch anzusehen und stünden der Widmung „Bauland‑Wohngebiet“ nicht entgegen.
6 In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, das Ermittlungsverfahren habe auf Grundlage des eingeholten betriebstypologischen Gutachtens ergeben, dass das geplante Vorhaben einschließlich des gesamten Hotel‑/Restaurantbetriebes dem Typ Hotel mit 120 Zimmern und 150 Stellplätzen der Widmung „Bauland-Wohngebiet“ entspreche. Zum Vorbringen des revisionswerbenden Nachbarn, wonach das geplante Vorhaben insofern nicht widmungskonform sei, als es nicht den wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Bedürfnissen der Einwohner des Wohngebietes diene, sei auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes VwGH 5.10.1976, 1929/75, zu verweisen, in welchem dieser bereits ausgeführt habe, dass ein der Fremdenbeherbergung dienendes Gebäude bzw. ein solcherart gewidmeter Gebäudeteil im Wohngebiet nicht unzulässig sei. Dieses Ergebnis habe der Verwaltungsgerichtshof aus der Betrachtung der Bestimmungen des § 2 Abs. 4 und 5 Gemeindeplanungsgesetz 1970 (GplG 1970), LGBl. Nr. 1, gewonnen. Diese Judikatur könne aufgrund der insoweit gleichlautenden Bestimmung des § 3 Abs. 5 Kärntner Gemeindeplanungsgesetz 1995 (K‑GplG 1995) auf die geltende Rechtslage übertragen werden, zumal nunmehr Gasthäuser in der Widmung „Bauland‑Wohngebiet“ ausdrücklich für zulässig erklärt würden (Hinweis auf § 3 Abs. 5 lit. b K‑GplG 1995). Angesichts dessen sei auch ein Restaurant mit der Widmung „Bauland-Wohngebiet“ vereinbar.
7 In der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision bringt der Revisionswerber vor, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dahingehend, wie § 3 Abs. 5 lit. b K‑GplG 1995 auszulegen sei. Nach Ansicht des Revisionswerbers beziehe sich die Formulierung „des Wohngebietes“ auf das konkrete Wohngebiet, das Verwaltungsgericht habe als Beurteilungsmaßstab jedoch offensichtlich Wohngebiete im Allgemeinen herangezogen. Das vom Verwaltungsgericht zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes VwGH 5.10.1976, 1929/75, sei zur alten Rechtslage des GplG 1970 ergangen, wohingegen Rechtsprechung zur maßgeblichen Bestimmung des § 3 Abs. 5 lit. b K‑GplG 1995 fehle. Ebenso existiere keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dahingehend, nach welchen Kriterien eine nach § 3 Abs. 5 lit. b K‑GplG 1995 erforderliche Bedarfsprüfung hinsichtlich jener Gebäude, die nicht ausdrücklich in dieser Bestimmung genannt seien, vorzunehmen sei.
8 Das Verwaltungsgericht sei zudem insofern von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, als ein Hotel kein im Wohngebiet zulässiges „Gasthaus“ darstelle, da bei einem Hotel das Beherbergungselement die Eigenart des Betriebs dominiere und nicht der Genuss von Speisen und Getränken.
9 Schließlich habe das Verwaltungsgericht das Vorbringen des Revisionswerbers, wonach die vormals nur bei Schönwetter nutzbare Terrasse nach Fertigstellung und Einhausung den Hotelgästen ganzjährig zur Verfügung stehen werde, nicht gewürdigt. Bei richtiger Würdigung hätte es zur Feststellung gelangen müssen, dass die Errichtung des Wintergartens dem Ausbau des Hotel- und Restaurantbetriebes diene, welcher in der Widmungskategorie „Bauland‑Wohngebiet“ unzulässig sei.
Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage dargelegt, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
10 Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem vom Verwaltungsgericht zitierten Erkenntnis VwGH 5.10.1976, 1929/75, zum GplG 1970 ausgesprochen hat, ist ein Gebäude oder ein Gebäudeteil, der der Beherbergung von Fremden dient, im Wohngebiet nicht unzulässig. An dieser Rechtsprechung hielt der Verwaltungsgerichtshof auch in seinem Erkenntnis VwGH 6.12.1984, 83/06/0053, fest und führte dazu mit näherer Begründung aus, dass unter „Wohngebäuden“ im Sinn des § 2 Abs. 4 GplG 1970 in der Fassung LGBl. Nr. 78/1979 auch der Fremdenbeherbergung dienende Gebäude zu verstehen sind. Diese Judikatur ist, wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat, auf die im Revisionsfall maßgebliche Rechtslage nach dem K‑GplG 1995 übertragbar, zumal sich die maßgeblichen Bestimmungen in den für die ‑ in den zitierten Erkenntnissen erfolgte ‑ Auslegung durch den Verwaltungsgerichtshof relevanten Passagen nicht maßgeblich geändert haben (vgl. zum Nichtvorliegen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung bei übertragbarer Rechtsprechung VwGH 5.10.2016, Ra 2016/06/0118, mwN). Ausgehend von dieser Rechtsprechung, wonach unter „Wohngebäuden“ im Sinn des § 3 Abs. 5 K‑GplG 1995 auch der Fremdenbeherbergung dienende Gebäude zu verstehen sind, kommt es auf die zum Erfordernis eines überwiegenden wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Bedürfnisses der Einwohner des Wohngebietes (§ 3 Abs. 5 lit. b K‑GplG 1995) formulierten Zulässigkeitsfragen nicht an, sodass damit keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt wird.
11 Weiters ist festzuhalten, dass das Zulässigkeitsvorbringen im Hinblick auf das behauptete Abweichen des Verwaltungsgerichtes von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes mangels näherer Konkretisierung den Anforderungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht genügt, zumal schon nicht konkret ‑ unter Angabe zumindest einer nach Datum und Geschäftszahl bezeichneten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes ‑ angegeben wird, von welcher Judikatur das Verwaltungsgericht nach Ansicht des Revisionswerbers abgewichen sein soll (vgl. dazu etwa VwGH 20.6.2023, Ra 2023/06/0104, mwN).
12 Darüber hinaus muss nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei Verfahrensmängeln, wie dem vom Revisionswerber geltend gemachten Begründungsmangel, in den Zulässigkeitsgründen auch die Relevanz des Verfahrensmangels dargetan werden. Das heißt, dass der behauptete Verfahrensmangel geeignet sein muss, im Falle eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen ‑ für die revisionswerbende Partei günstigeren ‑ Sachverhaltsgrundlage zu führen (vgl. wiederum VwGH 20.6.2023, Ra 2023/06/0104, mwN). Mangels Relevanzdarstellung genügt die vorliegende Revision diesen Anforderungen nicht. Eine Relevanz des behaupteten Begründungsmangels ist im Hinblick auf die unbestrittene Feststellung im angefochtenen Erkenntnis, wonach es zu keiner Erhöhung der Sitzplätze komme, auch nicht ersichtlich.
Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 10. Juli 2023
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