Normen
BauO NÖ 2014 §23
BauO NÖ 2014 §70 Abs6
B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2023:RA2021050135.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid des Stadtamtes der Stadtgemeinde K vom 4. April 2019 wurde der Antrag des Revisionswerbers vom 16. April 2018 auf Erlassung eines Feststellungsbescheides gemäß § 70 Abs. 6 NÖ Bauordnung 2014 (NÖ BO 2014) für eine Gartenhütte gemäß dem vorgelegten Bestandsplan abgewiesen.
2 Der dagegen erhobenen Berufung des Revisionswerbers wurde mit Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde K vom 4. Dezember 2019 keine Folge gegeben.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht) die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte es für nicht zulässig.
4 Begründend führte das Verwaltungsgericht aus, die verfahrensgegenständliche, vom Rechtsvorgänger des Revisionswerbers vor 1967 errichtete Gartenhütte befinde sich auf einer im Jahr 2010 durch den Revisionswerber erworbenen Liegenschaft, für welche zum Entscheidungszeitpunkt die Flächenwidmung „Grünland“ bestehe. Die Baubehörde der Stadtgemeinde K habe einst mit Bescheid vom 6. März 1967 gemäß §§ 16, 26 und 108a der Bauordnung für Niederösterreich 1883 (zu ergänzen: auf Widerruf) die nachträgliche Bewilligung für eine auf der Liegenschaft aufgestellte Gartenhütte nach dem mit Genehmigungsvermerk versehenen Bauplan erteilt und im Spruch betreffend die näheren Einzelheiten auf den vorgelegten Bauplan beziehungsweise Lageplan verwiesen.
5 Die tatsächlich auf der Liegenschaft vorhandene Gartenhütte entspreche jedoch nicht dem bewilligten Bauvorhaben. Unter anderem weise das Gebäude nach dem Bauplan eine Größe von 4,23 m x 4,56 m sowie eine Firsthöhe von 3,40 m auf. Auf der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft stehe tatsächlich eine Gartenhütte im Ausmaß von 7,00 m x 4,00 m mit einer Gebäudehöhe von ca. 3,00 m. Das Gelände der Liegenschaft sei im Bauplan als vollkommen ebene Fläche abgebildet, stelle sich in natura jedoch als steile Hanglage dar, weshalb abweichend von den Einreichunterlagen umfangreiche Stützmauern und wesentlich umfangreichere Fundamentierungen erforderlich gewesen seien. Auch die Fundamentplatte sei wesentlich erweitert worden. Die Gartenhütte sei zudem in einem Abstand von 4,00 m anstelle der genehmigten 3,00 m von der rechten Grundgrenze und mit einem Abstand von 3,50 m anstelle der genehmigten 4,00 m von der Straßenfluchtlinie errichtet worden. Die seinerzeitig mit Bescheid bewilligte Terrasse weise lediglich ein Ausmaß von 2,70 m2 auf; die Terrassen im nunmehrigen Bestandsplan seien hingegen mit einem Ausmaß von 48,29 m2 und 6,95 m2 angegeben. Dem Revisionswerber sei daher mit ‑ mittlerweile bereits in Rechtskraft erwachsenem ‑ Bescheid des Stadtamtes der Stadtgemeinde K vom 27. November 2012 der Auftrag erteilt worden, die Gartenhütte samt Terrasse zu entfernen.
6 Rechtlich folgerte das Verwaltungsgericht soweit hier maßgeblich, die Voraussetzungen für einen Feststellungsbescheid nach § 70 Abs. 6 NÖ BO 2014 lägen nicht vor. Der erste Unterabsatz dieser Bestimmung sehe als Tatbestandsvoraussetzung ein „Gebäude im Bauland“ vor. Das Grundstück, auf welchem sich die Gartenhütte befinde, weise jedoch unstrittig die Flächenwidmung „Grünland“ auf. Ob diese Widmung bereits zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes vorgelegen sei, sei nicht relevant, weil sowohl die Behörde als auch das Verwaltungsgericht die Sach- und Rechtslage im Entscheidungszeitpunkt heranzuziehen hätten.
7 Der zweite Unterabsatz des § 70 Abs. 6 NÖ BO 2014 gelte hingegen auch für Gebäude im Grünland. Bei einem Baubewilligungsverfahren handle es sich um ein Projektgenehmigungsverfahren. Die Zulässigkeit eines Gebäudes sowie der bewilligte Konsens seien anhand der eingereichten Pläne zu beurteilen. Das Gebäude sei niemals so errichtet worden bzw. errichtet gewesen, wie es in der ursprünglichen Baubewilligung aus dem Jahr 1967 genehmigt worden sei. Die errichtete Gartenhütte weise aufgrund der angeführten Abweichungen von den Einreichunterlagen daher keine (auf Widerruf erteilte) Baubewilligung auf. Somit würden die Voraussetzungen für die Erlassung eines Feststellungsbescheides nach dem zweiten Unterabsatz des § 70 Abs. 6 NÖ BO 2014 ‑ nämlich die Errichtung der damals auf Widerruf baubehördlich bewilligten Gartenhütte entsprechend den Einreichunterlagen ‑ nicht vorliegen.
8 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
11 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit zunächst vor, das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes weiche von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab. Das Verwaltungsgericht führe in der rechtlichen Beurteilung aus, dass für die Frage, was Gegenstand einer Baubewilligung sei, ausschließlich der Einreichplan maßgeblich sei. Aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. Oktober 2014, 2011/05/0159, gehe jedoch hervor, dass maßgeblich für die Frage, was Gegenstand einer Bewilligung sei, der Spruch des eine solche Bewilligung erteilenden Bescheides sei.
12 Dem ist entgegenzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof in dem von der Revision zitierten Erkenntnis zwar ausgesprochen hat, dass maßgeblich für die Frage, was Gegenstand einer Baubewilligung ist, der Spruch des eine solche Bewilligung erteilenden Bescheides ist, jedoch ‑ und das übersieht die Revision ‑ „einschließlich allenfalls zu dessen Bestandteil erklärter Einreichunterlagen“ (vgl. VwGH 9.10.2014, 2011/05/0159).
13 Ausgehend davon legt die Revision nicht dar, dass das Verwaltungsgericht bei seiner Beurteilung, wonach vor dem Hintergrund des Bescheides vom 6. März 1967 des Bürgermeisters der Stadtgemeinde K, der sich im Spruch ausdrücklich auf vorgelegte Einreichunterlagen (und zwar auf den „mit dem Genehmigungsvermerk versehenen Bauplan“) bezieht, von der Bewilligung der Errichtung der anhand der Einreichpläne projektierten Gartenhütte auszugehen sei, von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wäre.
14 Auch mit dem Vorbringen, das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dazu ab, was unter einem „aliud“ zu verstehen sei, kann die Revision die Zulässigkeit schon deshalb nicht begründen, weil sie es unterlässt, darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht (vgl. erneut VwGH 30.9.2022, Ra 2022/05/0099, mwN).
15 Im Übrigen wird nach ständiger hg. Rechtsprechung eine Baubewilligung für ein durch seine Größe und Lage bestimmtes Vorhaben erteilt, sodass ein Abweichen hiervon eine neuerliche Bewilligung erfordert. Ob ein aliud vorliegt, ist immer an Hand eines bestimmten Projektes im Vergleich zu etwas anderem zu prüfen. Bei der Qualifikation, ob ein anderes (neues) Bauvorhaben vorliegt, kommt es ausschließlich auf die Unterschiede bzw. Identität zwischen dem ursprünglich bewilligten und dem beantragten (hier: errichteten) Projekt an (vgl. VwGH 13.4.2023, Ra 2022/05/0193). Die Frage, ob eine bestimmte bauliche Anlage ein „aliud“ darstellt oder nicht, unterliegt grundsätzlich der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes; eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung läge nur dann vor, wenn diese Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (vgl. VwGH 22.9.2020, Ra 2020/05/0169).
16 Dass die Beurteilung des Verwaltungsgerichtes, wonach auf der Basis der getroffenen Feststellungen die errichtete Gartenhütte von der dafür erteilten Baubewilligung in Größe, Lage und Fundamentierung erheblich abweiche, weshalb ein „aliud“ vorliege, unvertretbar wäre, wird in der Zulässigkeitsbegründung nicht aufgezeigt.
17 Wenn die Revision schließlich vorbringt, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum zweiten Unterabsatz des § 70 Abs. 6 NÖ BO 2014, was unter einem „Gebäude im Bauland“ gemäß dem ersten Unterabsatz des § 70 Abs. 6 NÖ BO 2014 zu verstehen sei beziehungsweise auf welchen Zeitpunkt sich die Baulandwidmung des Grundstückes, auf dem das Gebäude errichtet sei, beziehe, ob und wie beide Fälle des § 70 Abs. 6 NÖ BO 2014 auch kumulativ in Anspruch genommen werden könnten, sowie zum Verhältnis eines Feststellungsbescheides nach § 70 Abs. 6 NÖ BO 2014 zu einem rechtskräftigen Abbruchbescheid, so fehlt es diesem Zulässigkeitsvorbringen an einer Verknüpfung zwischen der individualisierten Rechtsfrage, dem vom Revisionswerber dieser konkret zu Grunde gelegten Sachverhalt und der darauf basierenden rechtlichen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes, die den Verwaltungsgerichtshof erst in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob eine grundsätzliche Rechtsfrage überhaupt vorliegt. Weder wird im Zusammenhang mit dem genannten Zulässigkeitsgrund ein ausreichender Bezug zum konkreten Revisionssachverhalt hergestellt, noch wird dargelegt, inwiefern das Schicksal der Revision von den hier völlig pauschal angeschnittenen Rechtsfragen abhängen sollte (vgl. VwGH 7.3.2023, Ra 2022/05/0173).
18 Soweit die Revision in diesem Zusammenhang auf die Revisionsgründe verweist, ist festzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, dass ein Verweis (in der gesonderten Darstellung der Revisionszulässigkeit) auf die sonstigen Ausführungen der Revision den Anforderungen des § 28 Abs. 3 VwGG, wonach eine außerordentliche Revision auch gesondert die Gründe zu enthalten hat, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird, nicht zu genügen vermag (vgl. VwGH 7.7.2021, Ra 2021/05/0106, mwN).
19 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 27. Oktober 2023
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