Normen
AsylG 2005 §3 Abs1
AVG §45 Abs2
AVG §52
B-VG Art133 Abs4
FlKonv Art1 AbschnA Z2
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022140203.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger von Syrien, stellte am 7. Oktober 2020 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), den er mit dem in Syrien herrschenden Krieg begründete.
2 Mit Bescheid vom 31. März 2021 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab, erkannte dem Revisionswerber den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 für ein Jahr.
3 Dagegen erhob der Revisionswerber am 19. April 2021 Beschwerde, die sich gegen die Abweisung der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten richtete. Dort führte er als Fluchtgrund erstmals seine Furcht vor der neuerlichen Rekrutierung für den Kriegsdienst ins Treffen.
4 Die Beschwerde des Revisionswerbers wurde mit dem angefochtenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts ‑ nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ‑ als unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 144 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei.
5 In der Folge brachte der Revisionswerber die vorliegende Revision ein.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 Soweit die Revision zu ihrer Zulässigkeit vorbringt, das Bundesverwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur amtswegigen Ermittlungspflicht dahingehend abgewichen, dass es weder Feststellungen über die Herkunftsregion des Revisionswerbers getroffen habe, noch inwieweit Wehrdienstverweigerern Verfolgungshandlungen drohen könnten, sowie keinen Sachverständigen mit weiteren Erhebungen zur Rekrutierungspraxis des syrischen Regimes in der Heimatstadt des Revisionswerbers beauftragt habe, ist darauf hinzuweisen, dass die Frage, ob das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen seiner amtswegigen Ermittlungspflicht weitere Ermittlungsschritte setzen muss, einer einzelfallbezogenen Beurteilung unterliegt. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung läge insoweit nur dann vor, wenn die Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre (vgl. VwGH 21.9.2022, Ra 2022/14/0152, mwN).
10 Das Bundesverwaltungsgericht traf aufgrund aktueller Länderberichte Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat des Revisionswerbers. In der Revision wird nicht dargetan, aufgrund welcher konkreten Umstände das Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen von der Notwendigkeit weiterer Ermittlungen hätte ausgehen müssen. Der Revision ist auch nicht zu entnehmen, dass sich das Bundesverwaltungsgericht über relevantes Vorbringen des Revisionswerbers hinweggesetzt hätte.
11 Soweit sich der Revisionswerber darauf stützt, dass das Bundesverwaltungsgericht sein Fluchtvorbringen im Zusammenhang mit der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten nicht vor dem Hintergrund der Länderberichte ausreichend geprüft habe, ist festzuhalten, dass eine Feststellung allgemeiner Umstände im Herkunftsstaat die Glaubhaftmachung der Gefahr einer konkreten, individuell gegen den Revisionswerber gerichteten Verfolgung nicht ersetzen kann (vgl. VwGH 18.5.2022, Ra 2022/14/0122, mwN).
12 Im Übrigen ist in Bezug auf das Revisionsvorbringen, das Bundesverwaltungsgericht hätte ein Sachverständigengutachten zum Nachweis der Richtigkeit der Angaben des Revisionswerbers einholen müssen, darauf hinzuweisen, dass die Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Angaben eines Asylwerbers zu den Gründen seiner Flucht nicht in das Aufgabengebiet eines Sachverständigen fällt, sondern dem Kernbereich der richterlichen Beweiswürdigung zuzurechnen ist (vgl. VwGH 19.2.2020, Ra 2020/14/0036, mwN). Inwieweit ein Sachverständigengutachten dazu im Rahmen der Beurteilung des gegenständlichen Einzelfalls konkret einen maßgeblichen Beitrag hätte leisten können, wird in der Revision nicht dargelegt und somit die Relevanz nicht aufgezeigt.
13 Darüber hinaus ist der Verwaltungsgerichtshof nach ständiger Rechtsprechung als Rechtsinstanz tätig und im Allgemeinen nicht zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Einzelfall berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtsicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat. Der Verwaltungsgerichtshof ist nicht berechtigt, eine Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. VwGH 2.9.2022, Ra 2021/14/0373, mwN).
14 Entgegen dem Revisionsvorbringen hat sich das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, in der es sich einen persönlichen Eindruck vom Revisionswerber verschaffte, mit dessen Fluchtvorbringen auseinandergesetzt und mit näherer Begründung dargelegt, weshalb es von der Unglaubwürdigkeit dieser Angaben ausging. In seiner Beweiswürdigung setzte sich das Bundesverwaltungsgericht überdies mit den Länderfeststellungen auseinander und kam auf dieser Grundlage sowie aufgrund der konkreten Situation des Revisionswerbers ‑ insbesondere seines Alters ‑ nachvollziehbar zum Ergebnis, dass nicht davon auszugehen sei, dass der Revisionswerber der Gefahr einer Zwangsrekrutierung oder einer Verfolgung aufgrund der Wehrdienstverweigerung ausgesetzt sei. Diesen Erwägungen tritt der Revisionswerber mit seinem Zulässigkeitsvorbringen nicht substantiiert entgegen. Eine Mangelhaftigkeit der Beweiswürdigung im Rahmen des dargelegten Maßstabes für das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zeigt die Revision mit ihren allgemein gehaltenen Ausführungen daher nicht auf.
15 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 25. November 2022
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