VwGH Ra 2021/17/0201

VwGHRa 2021/17/020113.6.2022

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Enzenhofer sowie die Hofräte Dr. Schwarz und Dr. Terlitza als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision 1. des S G, 2. der E B, 3. der V G und 4. des D G, alle in W, alle vertreten durch Rast & Musliu Rechtsanwälte in 1080 Wien, Alser Straße 23/14, gegen die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts jeweils vom 13. Oktober 2021, Zlen. 1. W280 2236478‑1/14E, 2. W280 2236476‑1/8E, 3. W280 2236479‑1/6E und 4. W280 2236477‑1/6E, betreffend Nichterteilung von Aufenthaltstiteln nach § 57 AsylG 2005 und Erlassung von Rückkehrentscheidungen samt Nebenaussprüchen (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §57
BFA-VG 2014 §9
BFA-VG 2014 §9 Abs2
B-VG Art133 Abs4
MRK Art8
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021170201.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Erstrevisionswerber und die Zweitrevisionswerberin sind die Eltern der im Oktober 2013 geborenen Drittrevisionswerberin und des im November 2015 geborenen Viertrevisionswerbers; alle sind kosovarische Staatsangehörige und leben im gemeinsamen Haushalt.

2 Der Erstrevisionswerber und die Zweitrevisionswerberin reisten Anfang 2013 nach Österreich ein und hielten sich aufgrund von Aufenthaltsbewilligungen „Student“ ‑ zuletzt verlängert bis November 2015 ‑ zunächst rechtmäßig im Bundesgebiet auf.

3 Der Drittrevisionswerberin wurde im Dezember 2013 ein Aufenthaltstitel für den Zweck „Familiengemeinschaft“ erteilt und zuletzt bis November 2015 verlängert.

4 Ein vom Erstrevisionswerber im November 2015 gestellter Zweckänderungsantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot‑Weiß‑Rot ‑ Karte“ blieb erfolglos. Der zugleich gestellte Verlängerungsantrag betreffend die Aufenthaltsbewilligung „Studierende“ wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 29. Oktober 2018 rechtskräftig zurückgewiesen.

5 Die von der Zweitrevisionswerberin und der Drittrevisionswerberin gestellten Zweckänderungsanträge auf Erteilung von Aufenthaltstiteln „Rot‑Weiß‑Rot ‑ Karte plus“ wurden jeweils mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 11. Jänner 2017 abgewiesen. Ihre daraufhin gestellten Anträge auf Erteilung von Aufenthaltstiteln für den Zweck „Familiengemeinschaft“ wurden jeweils mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 29. Oktober 2018 rechtskräftig zurückgewiesen.

6 Für den Viertrevisionswerber wurde kein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gestellt.

7 Mit Bescheiden jeweils vom 23. September 2020 sprach das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) aus, dass den Revisionswerbern ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt werde. Unter einem erließ das BFA Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG und stellte nach § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung der Revisionswerber in den Kosovo gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 4 FPG wurde eine Frist von zwei Wochen für die freiwillige Ausreise gewährt.

8 Mit den angefochtenen Erkenntnissen wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab. Weiters sprach es aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei.

9 Das BVwG traf Feststellungen zum Aufenthalt der Revisionswerber in Österreich. Insbesondere führte es aus, die Familie verfüge über keine eigenen Einkünfte, sondern lebe von finanziellen Unterstützungsleistungen der jeweiligen Eltern des Erstrevisionswerbers und der Zweitrevisionswerberin sowie von geliehenen Geld‑ und Sachleistungen der in Österreich aufhältigen Brüder des Erstrevisionswerbers. Bei dem vom Erstrevisionswerber vorgelegten arbeitsrechtlichen „Vorvertrag“ zwischen ihm und einem seiner Brüder handle es sich um einen Gefälligkeitsdienst. An der fehlenden wirtschaftlichen Selbsterhaltungsfähigkeit ändere auch der von der Zweitrevisionswerberin vorgelegte arbeitsrechtliche Vorvertrag mit einem Kindergartenverein nichts, weil das vereinbarte Monatsentgelt für sie und ihre Familie bereits ohne Abzug der monatlichen Belastungen unter dem Richtsatz gemäß § 293 ASVG liege. Weiters stellte das BVwG fest, dass zahlreiche weitere Familienmitglieder der Revisionswerber im Kosovo lebten, zu denen Kontakt bestehe.

10 Mit Urteil des Bezirksgerichtes St. Pölten vom 15. Juli 2020 sei der Erstrevisionswerber für schuldig befunden worden, im April 2019 Gewahrsamsträgern der B GmbH fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, weggenommen zu haben. Der Revisionswerber sei wegen des Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB zu einer Geldstrafe verurteilt worden.

11 Der Erstrevisionswerber weise zudem im Zeitraum von 2019 bis 2020 insgesamt sieben Verwaltungsstrafen wegen Übertretungen nach § 11 Abs. 2 und § 52 lit. a Z 10a StVO, § 103 Abs. 2 KFG, § 44 Abs. 4 und § 36 lit. a KFG sowie § 120 Abs. 1a FPG auf.

12 In seiner Interessenabwägung in Bezug auf die Erlassung einer Rückkehrentscheidung berücksichtigte das BVwG das enge Verhältnis der Revisionswerber zu den Familien der in Österreich aufhältigen Brüder des Erstrevisionswerbers. Allerdings seien die Brüder und deren Familien zu unterschiedlichen Zeiten nach Österreich gekommen. Sie würden in getrennten Haushalten leben und es seien auch sonst keine Anhaltspunkte für eine besondere Abhängigkeit der Revisionswerber von den Familien der Brüder des Erstrevisionswerbers hervorgekommen. Dass der Erstrevisionswerber hin und wieder mit Sachleistungen von seinen beiden Brüdern unterstützt werde oder von ihnen kurzfristig Geldbeträge geliehen bekomme, stehe dem nicht entgegen. Die Aufenthalte des Erstrevisionswerbers sowie der Zweit‑ und Drittrevisionswerberinnen seien seit Dezember 2018 (mit Rechtskraft der Bescheide des BFA jeweils vom 29. Oktober 2018) rechtswidrig. Der Viertrevisionswerber halte sich seit seiner Geburt unrechtmäßig in Österreich auf.

13 Der Erstrevisionswerber und die Zweitrevisionswerberin hätten ihr Studium in Österreich, zu dessen Zweck sie einen Aufenthaltstitel als Studierende beantragt und erhalten hätten, nie begonnen. Der Erstrevisionswerber habe einen Nachweis über Deutschkenntnisse auf Niveau A2 vorlegen können und im Jahr 2019 eine Ausbildung zum Kranfahrer absolviert. Allerdings verfüge er ‑ abseits der eigenen Familie bzw. der Familien seiner beiden Brüder ‑ in Österreich lediglich über einen sehr kleinen, dem herkunftsstaatlichen Sozialkreis zuzurechnenden Freundeskreis. Es sei ihm bis dato nicht gelungen, im Bundesgebiet sozial Fuß zu fassen. Die Zweitrevisionswerberin weise nur sehr geringe, bruchstückhafte Deutschkenntnisse auf. Der Erstrevisionswerber und die Zweitrevisionswerberin seien wider besseres Wissen über die Nichtfortsetzung ihres ‑ nie begonnenen ‑ Studiums unter Stellung von Verlängerungs- und Zweckänderungsanträgen im Bundesgebiet verblieben, wobei ihnen diesbezüglich der unsichere Aufenthaltsstatus bereits bewusst sein hätte müssen. Das Verharren in einem unrechtmäßigen Verbleib im Bundesgebiet, selbst nach Verhängung einer entsprechenden Verwaltungsstrafe aus diesem Grund gegen den Erstrevisionswerber, zeige eine ‑ einer Integration entgegenstehende ‑ Haltung gegenüber der österreichischen Rechtsordnung.

14 Weiters berücksichtigte das BVwG den Aufenthalt der Drittrevisionswerberin und des Viertrevisionswerbers in Österreich jeweils seit ihrer Geburt. Die beiden minderjährigen Kinder besuchten derzeit die Volksschule bzw. den Kindergarten und sprächen Deutsch. Auch seien sie in ihrem Umfeld sozial verankert. Allerdings sei es den Kindern ohne unbillige Härte zumutbar, mit ihren Eltern in deren Herkunftsstaat zurückzukehren; dies auch angesichts des Umstandes, dass ihnen die dortige Kultur nicht vertraut sei und sie dort nie gelebt hätten. Die Kinder verfügten jedenfalls über Grundkenntnisse der albanischen Sprache, womit mit einer Rückkehr in den Kosovo ‑ vor dem Hintergrund, dass auch die Fortführung des bisherigen Familienlebens gegeben sei ‑ für sie kein unüberwindbares Hindernis hinsichtlich einer zeitnahen sozialen Integration verbunden sei. Dass auch im Kosovo eine entsprechende weiterführende schulische Ausbildung der Kinder gewährleistet sei, ergebe sich schon aus dem Ausbildungswerdegang der Eltern und es sei auch nichts Gegenteiliges vorgebracht worden. Zudem sei mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die Kinder zu ihren dort lebenden zahlreichen Verwandten (Großeltern, Onkeln mütterlicherseits etc.) rasch eine vertiefte soziale Beziehung aufbauen könnten.

15 Zur Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebungen in den Kosovo führte das BVwG aus, dass konkrete Gründe für die Unzulässigkeit der Abschiebung weder aus dem Akteninhalt hervorgingen, noch ein entsprechendes Vorbringen erstattet worden sei. Zudem handle es sich beim Kosovo um einen sicheren Herkunftsstaat.

16 Gegen die Erkenntnisse wurde die vorliegende außerordentliche Revision eingebracht.

17 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

18 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

19 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

20 Die Revision wendet sich in der Zulässigkeitsbegründung gegen das Ergebnis der vom BVwG an Hand der Kriterien des § 9 Abs. 2 BFA‑VG vorgenommenen Interessenabwägung. Diesbezüglich wird bemängelt, dass das BVwG die „überaus gute Integration“ der Revisionswerber nicht ausreichend berücksichtigt habe. Zudem wäre die Einvernahme der Kinder notwendig gewesen, um die Zulässigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen abschließend beurteilen zu können. Es sei ein Beweisantrag hinsichtlich der Einholung eines medizinischen Gutachtens über die Folgen einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gegenüber der Drittrevisionswerberin und des Viertrevisionswerbers abgewiesen worden. Die Kinder befänden sich nicht mehr in einem anpassungsfähigen Alter und es sei die Erlassung einer Rückkehrentscheidung unverhältnismäßig.

21 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK im Allgemeinen ‑ wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde ‑ nicht erfolgreich mit Revision bekämpft werden (vgl. VwGH 11.5.2021, Ra 2021/21/0107; VwGH 25.11.2020, Ra 2020/22/0010, mwN).

22 Anders als von den Revisionswerbern behauptet, führte das BVwG eine auf die im Revisionsfall maßgeblichen Umstände Bezug nehmende Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK durch. Dass diese Abwägung, die auch die in der Zulässigkeitsbegründung angeführten persönlichen Verhältnisse der Revisionswerber berücksichtigte, unter Zugrundelegung des soeben dargelegten Prüfmaßstabs des Verwaltungsgerichtshofs als unvertretbar zu beurteilen wäre, zeigt die Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung nicht auf.

23 Inwiefern der Erstrevisionswerber entgegen den Feststellungen des BVwG im Bundesgebiet „beruflich verfestigt“ sei, legt die Revision ebenso wenig dar wie eine „tiefgreifende Integration“ der Revisionswerber.

24 Was die Beanstandung der Auseinandersetzung mit dem Kindeswohl im Rahmen der Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK betrifft, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (vgl. VwGH 14.4.2021, Ra 2020/18/0288, mwN) die Notwendigkeit der Auseinandersetzung mit den Auswirkungen einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme auf das Kindeswohl bei der nach § 9 BFA‑VG vorzunehmenden Interessenabwägung betont. Dabei sind insbesondere das Maß an Schwierigkeiten, denen die Kinder im Heimatstaat begegnen, sowie die sozialen, kulturellen und familiären Bindungen sowohl zum Aufenthaltsstaat als auch zum Heimatstaat zu berücksichtigen. Maßgebliche Bedeutung kommt dabei den Fragen zu, wo die Kinder geboren wurden, in welchem Land und in welchem kulturellen und sprachlichen Umfeld sie gelebt haben, wo sie ihre Schulbildung absolviert haben, ob sie die Sprache des Heimatstaats sprechen, und insbesondere, ob sie sich in einem anpassungsfähigen Alter befinden (vgl. etwa VwGH 5.5.2021, Ra 2021/18/0050‑0053, mwN).

25 Betreffend die minderjährigen Dritt‑ und Viertrevisionswerber erwog das BVwG, dass sich diese in einem anpassungsfähigen Alter befänden und aufgrund des Lebens im Familienverband davon auszugehen sei, dass sie mit den kulturellen Gegebenheiten im Kosovo und mit der Muttersprache vertraut seien. Das BVwG berücksichtigte zudem die Deutschkenntnisse der Kinder sowie ihren Aufenthalt seit ihrer Geburt im Bundesgebiet. Sie würden im Familienverband zurückkehren, wodurch eine neuerliche Eingliederung in den Herkunftsstaat erleichtert werde. Das BVwG hat sich mit der Situation der minderjährigen revisionswerbenden Parteien sowohl in Bezug auf die Verhältnisse in Österreich als auch in Bezug auf die Verhältnisse bei einer Rückkehr in den Kosovo befasst. Das dabei erzielte Ergebnis, dass im vorliegenden Fall aufenthaltsbeendende Maßnahmen auch aus der Sicht des Kindeswohls zulässig seien, ist vor allem angesichts des anpassungsfähigen Alters (vgl. VwGH 3.5.2018, Ra 2018/18/0196-0199, mwN, wonach auch für Kinder im Alter von sieben und elf Jahren noch eine grundsätzliche Anpassungsfähigkeit angenommen wird) und der vorhandenen familiären Bezüge der Revisionswerber im Kosovo nicht als unvertretbar anzusehen.

26 Der Erstrevisionswerber und die Zweitrevisionswerberin hatten lediglich Aufenthaltstitel für den von vornherein vorübergehenden Zweck eines Studiums inne, wobei sie ein Studium gar nicht begonnen hatten. In der vorliegenden Situation kam der bisherige rechtmäßige Aufenthalt der Eltern bis 2018 lediglich durch eine Aneinanderreihung befristeter Aufenthaltstitel als Studierende zustande, ohne dass die diesen zugrundeliegenden Aufenthaltszwecke auch nur ansatzweise erreicht wurden. Zudem weist der Erstrevisionswerber eine strafrechtliche Verurteilung auf und hielt sich trotz einer Bestrafung wegen rechtswidrigen Aufenthalts nach dem FPG weiterhin in Österreich auf.

27 Es wird nicht verkannt, dass die Beendigung der Aufenthalte der Drittrevisionswerberin und des Viertrevisionswerbers in Bezug auf ihren Schul‑ bzw. Kindergartenbesuch in Österreich eine tiefgreifende Veränderung mit sich bringen würde. Diese Folgen sind jedoch im großen öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen hinzunehmen, weil sich das vom BVwG dargestellte Verhalten der Eltern in einer solchen Konstellation in maßgeblicher Weise auch auf die Kinder auswirkt (vgl. VwGH 13.11.2018, Ra 2018/21/0205‑0210, mwN, zum „Durchschlagen“ des Bewusstseins der Eltern über die Unsicherheit ihres Aufenthalts auf die Kinder).

28 In der Revision wird somit nicht dargetan, dass die vom BVwG nach § 9 BFA‑VG durchgeführte Interessenabwägung ‑ auch unter dem Aspekt der Berücksichtigung des Kindeswohls ‑ mit einer vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Mangelhaftigkeit belastet wäre. Inwiefern an dieser Einschätzung die Einvernahme der im maßgeblichen Zeitpunkt knapp achtjährigen Drittrevisionswerberin und des sechsjährigen Viertrevisionswerbers etwas ändern könnte, legt die Revision nicht dar.

29 In Bezug auf den Antrag auf Einholung eines medizinischen Gutachtens über die Folgen einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme für die Kinder zeigt die Revision nicht auf, zum Beweis welcher konkreten Tatsachen das Gutachten hätte dienen sollen. Ein bloß allgemeines Vorbringen läuft ‑ wie das BVwG zutreffend ausführt ‑ nach der Rechtsprechung in der Regel auf einen unzulässigen Erkundungsbeweis hinaus, zu dessen Aufnahme das Verwaltungsgericht nicht verpflichtet ist (vgl. VwGH 19.7.2021, Ra 2021/14/0231).

30 Weiters ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dieser als Rechtsinstanz zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. etwa VwGH 14.9.2021, Ra 2020/20/0405, mwN).

31 Den Revisionswerbern gelingt es nicht aufzuzeigen, dass die Erwägungen des Verwaltungsgerichts (nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung) mit einer vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Mangelhaftigkeit behaftet wären.

32 In Bezug auf die Entscheidungen nach § 57 AsylG 2005 fehlt es an einem entsprechenden Vorbringen.

33 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 13. Juni 2022

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