VwGH Ra 2021/15/0084

VwGHRa 2021/15/008418.5.2022

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn sowie die Hofräte Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Löffler, LL.M., über die Revision des Magistrats der Landeshauptstadt Linz in 4041 Linz, Hauptplatz 1‑5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 14. Juni 2021, Zl. LVwG‑450738/6/HW/HeK, betreffend u.a. Kommunalsteuer 2015 bis 2019 (weitere Partei: Bundesminister für Finanzen; mitbeteiligte Partei: X GmbH in L, vertreten durch Prof. Haslinger & Partner in 4020 Linz, Zollamtstraße 7), zu Recht erkannt:

Normen

BAO §34
BAO §35 Abs2
BAO §39 Z5
KommStG 1993 §8 Z2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021150084.L00

 

Spruch:

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Die Stadt Linz hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von 1.106,00 € binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Die mitbeteiligte Partei ist ‑ nach den Feststellungen des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich (LVwG) ‑ eine im Jahr 2002 von einer Ordenskongregation gegründete GmbH, deren Unternehmensgegenstand nach ihrem Gesellschaftsvertrag insbesondere „die Leitung, Führung und der Betrieb von Alten- und Pflegeheimen und Sozialstationen samt deren Instandhaltung, Erhaltung, Renovierung und/oder Neuerrichtung“ sowie „die Beteiligung an und Gründung von Gesellschaften mit gleichartigem, im Sinne der Bundesabgabenordnung gemeinnützigen Unternehmensgegenstand und deren Geschäftsführung und Vertretung, ferner alle Geschäfte und Maßnahmen, die zur Erreichung des gemeinnützigen Gesellschaftszweckes erforderlich erscheinen“, ist.

2 Darüber hinaus enthielt der Gesellschaftsvertrag u.a. folgende Bestimmungen:

„X. Gewinnermittlung und Gewinnausschüttung

1) Die GmbH verfolgt ausschließlich gemeinnützige, mildtätige Zwecke und strebt keinen Gewinn an. Allfällige Überschüsse werden nicht ausgeschüttet, sondern wiederum zu gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken zu verwenden.

2) Die Gesellschaft darf keine Person durch Verwaltungsausgaben, die dem Zweck der Gesellschaft fremd sind oder durch unverhältnismäßig hohe Vergütung begünstigen.

[...]

XII. Kündigung

1) Bei Auflösung der Gesellschaft oder Wegfall des begünstigten Zwecks ist das nach Abzug der Schulden verbleibende Vermögen, soweit es die Stammeinlage übersteigt, einem anderen gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichem Zweck zu widmen, wobei primär das Vermögen [einer bestimmten Ordenskongregation] zuzuführen ist. Sollte dies nicht möglich oder erlaubt sein, so hat das Vermögen einer katholisch-kirchlichen Organisation zuzufallen, die gleiche oder ähnliche Ziele wie diese Gesellschaft verfolgt.“

3 Die Mitbeteiligte betrieb in den Streitjahren u.a. ein Alten‑ und Pflegeheim in Linz, für das seit seiner Gründung keine Kommunalsteuer abgeführt wird und das auch über eine Küche und ein Café verfügte, wobei die Küche teilweise auch externe Personen versorgte. Unter anderem erfolgte auch die Lieferung von Essen von der Mitbeteiligten an die Ordenskongregation, welche die pflegebedürftigen Angehörigen der Kongregation pflegt und verköstigt, wobei aufgrund des Umstandes, dass es sich um Ordensangehörige mit Schwestern handelte, sie im Orden selbst gepflegt und verköstigt und auch im Pflegetrakt des Klosters und nicht im Alten‑ und Pflegeheim untergebracht wurden. Unter Ausklammerung der Essenlieferungen an die Ordenskongregation für deren pflegebedürftigen Angehörigen versorgte die Küche der Mitbeteiligten zwischen ca. 20,5 % und 20,8 % jährlich externe Personen mit Essen. Das Café stand nur Bewohnern und ihren Besuchern zur Verfügung, konnte von außen nicht betreten werden und war nur für zwei bis drei Stunden am Nachmittag geöffnet. Es verfügte nur über ein sehr eingeschränktes Angebot und war nicht mit anderen Cafés, auch nicht mit einem typischen Krankenhauscafé vergleichbar, sondern stellte eher eine Art Sozialraum dar.

4 Nach einer Kommunalsteuerprüfung setzte der Magistrat der Stadt Linz mit Bescheid vom 30. Juli 2020, für den Zeitraum l. Jänner 2015 bis 31. Dezember 2019 die auf die Gemeinde Linz entfallende und bereits fällige Kommunalsteuer zuzüglich Säumniszuschlag und Verspätungszuschlag fest.

5 Gegen diesen Bescheid erhob die mitbeteiligte Partei Beschwerde, in der sie darauf verwies, dass die von ihr geführte Einrichtung mildtätigen Zwecken und/oder gemeinnützigen Zwecken auf dem Gebiet der Gesundheitspflege sowie der Alten- und Behindertenfürsorge diene und sie damit gemäß § 8 Z 2 KommStG von der Kommunalsteuer befreit sei.

6 Mit Beschwerdevorentscheidung vom 20. November 2020 wies der Magistrat der Stadt Linz die Beschwerde als unbegründet ab. Begünstigungsschädlich im kommunalsteuerrechtlichen Sinn sei der Umstand, dass im Gesellschaftsvertrag keine Zweckbindung der Verwendung von Überschüssen bzw. des verbleibenden Vermögens bei Auflösung in Bezug auf in § 8 Z 2 KommStG genannte Zwecke erfolgt sei.

7 Die mitbeteiligte Partei stellte daraufhin einen Vorlageantrag.

8 Mit dem angefochtenen Erkenntnis, in dem es eine Revision für unzulässig erklärte, gab das LVwG der Beschwerde ‑ nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ‑ teilweise Folge und setzte die vorgeschriebenen Abgaben in deutlich reduzierter Höhe fest. Begründend führte es aus, gemäß § 8 Z 2 KommStG seien von der Kommunalsteuer Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen, soweit sie mildtätigen Zwecken und/oder gemeinnützigen Zwecken auf dem Gebiet der Gesundheitspflege, Kinder‑, Jugend‑, Familien‑, Kranken‑, Behinderten‑, Blinden‑ und Altenfürsorge dienen (§§ 34 bis 37, §§ 39 bis 47 der BAO), befreit. Die mitbeteiligte Parte habe sich, indem sie eine zur Pflege und Betreuung von alten und behinderten Menschen entsprechende Einrichtung führe, im streitgegenständlichen Zeitraum der Jahre 2015 bis 2019 der Gesundheitspflege bzw. der Alten- und Behindertenfürsorge gewidmet und auch in der tatsächlichen Geschäftsführung im Einklang mit ihrer Satzung, insbesondere Punkt „II. Gegenstand des Unternehmens“ und Punkt „X. Gewinnermittlung und Gewinnausschüttung“ gemeinnützige und mildtätige Tätigkeiten auf dem Gebiet der Gesundheitspflege bzw. der Behinderten/Kranken/Altenfürsorge durchgeführt, ausgenommen in jenem Bereich, in dem sie externe Personen mit in ihrer Küche zubereiteten Essen versorgt habe. Damit sei ‑ bis auf die Versorgung externer Personen mit in der Küche zubereiteten Essen ‑ eine begünstigte Tätigkeit iSd § 8 Z 2 KommStG ausgeübt worden. Die vom Magistrat der Stadt Linz beanstandeten Punkte X. Absatz 1 letzter Satz sowie XII. Absatz 4 der Satzung stünden der Anwendung des § 8 Z 2 KommStG nicht entgegen. Soweit sich die Tätigkeit der mitbeteiligten Partei allerdings auf die Versorgung externer Personen mit Essen bezogen hätte, habe sie insofern keine begünstigte Tätigkeit iSd § 8 Z 2 KommStG ausgeübt und sei daher in diesem Umfang nicht von der Kommunalsteuer befreit (Hinweis auf VwGH 21.5.2019, Ra 2018/15/0030). Die relevante Bemessungsgrundlage für die Kommunalsteuer ergebe sich im Revisionsfall daher aus den für die einzelnen Streitjahre festgestellten Bruttogehältern des Küchenpersonals einerseits und den festgestellten jährlichen Anteilen der Versorgung externer Personen mit Essen andererseits.

9 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision des Magistrats der Stadt Linz, in der zur Zulässigkeit vorgebracht wird, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur Frage, ob eine Kommunalsteuerbefreiung nach § 8 Z 2 KommStG 1993 auch dann Platz greife, wenn die Körperschaft, der die Begünstigung zukommen solle, nach ihrer Rechtsgrundlage nicht ausschließlich der Förderung der in § 8 Z 2 KommStG genannten Zwecke diene.

10 Nach Ansicht des revisionswerbenden Magistrats sei im Kommunalsteuerverfahren an Hand der in § 8 Z 2 KommStG verwiesenen Bestimmungen der BAO (§§ 34 bis 37, §§ 39 bis 47) zu prüfen, ob die Körperschaft mildtätigen Zwecken und/oder gemeinnützigen Zwecken auf den dort genannten Gebieten diene. § 34 Abs. 1 BAO knüpfe die Einräumung abgabenrechtlicher Begünstigungen an die kumulativ geforderten Bedingungen, dass die Körperschaft sowohl nach ihrer Rechtsgrundlage als auch nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar der Förderung begünstigter Zweck diene, wobei diese für eine kommunalsteuerliche Befreiung mit dem Kreis der begünstigten Tätigkeiten des § 8 Z 2 KommStG beschränkt sein müssten. § 8 Z 2 KommStG begünstige ausschließlich mildtätige Zwecke und gemeinnützige Zwecke auf dem Gebiet der Gesundheitspflege, Kinder‑, Jugend‑, Familien‑, Kranken‑ Behinderten‑ Blinden‑ und Altenfürsorge und nehme die nach anderen Steuergesetzen ebenfalls privilegierten kirchlichen Zwecke sowie andere in § 35 Abs. 2 BAO genannte gemeinnützige Zwecke von der Kommunalsteuerbefreiung explizit aus. Vor diesem Hintergrund sei es im Revisionsfall begünstigungsschädlich, dass im Gesellschaftsvertrag keine Zweckbindung der Verwendung von Überschüssen und des verbleibenden Vermögens bei Auflösung in Bezug auf den gemeinnützigen Gesellschaftszweck (Leitung, Führung und Betrieb von Alten‑ und Pflegeheimen und Sozialstationen) oder zumindest in Bezug auf einen anderen in § 8 Z 2 KommStG genannten Zweck erfolgt sei, sondern auf gemeinnützige Zwecke im weiteren Sinne der BAO abstelle.

11 Die mitbeteiligte Partei hat ‑ nach Einleitung des Vorverfahrens durch den Verwaltungsgerichtshof ‑ eine Revisionsbeantwortung erstattet.

12 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

13 Die Amtsrevision ist zur Klarstellung der von ihr angesprochenen Rechtsfrage zulässig; sie ist jedoch nicht begründet.

14 Gemäß § 8 Z 2 KommStG sind Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen von der Kommunalsteuer befreit, soweit sie mildtätigen Zwecken und/oder gemeinnützigen Zwecken auf dem Gebiet der Gesundheitspflege, Kinder‑, Jugend‑, Familien‑, Kranken‑, Behinderten‑, Blinden‑ und Altenfürsorge dienen (§§ 34 bis 37, §§ 39 bis 47 BAO).

15 Die zitierte Bestimmung enthält eine taxative Aufzählung derjenigen gemeinnützigen Zwecke, die eine Befreiung von der Kommunalsteuer nach sich ziehen. Von den in § 35 Abs. 2 BAO ‑ dort in einer bloß beispielhaften Aufzählung ‑ genannten gemeinnützigen Zwecken sind nur die Zwecke der Gesundheitspflege und die näher umschriebenen Fürsorgezwecke von der Kommunalsteuer befreit.

16 Von den allgemeinen Regelungen über die steuerliche Behandlung gemeinnütziger Körperschaften nach §§ 34 ff BAO iVm den materiellen Abgabenvorschriften unterscheidet sich die Regelung des § 8 Z 2 KommStG ‑ wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 21. Mai 2019, Ra 2018/15/0030, ausgeführt hat ‑ jedoch auch dadurch, dass sie ausdrücklich eine besondere Form der partiellen Abgabenbefreiung vorsieht. Anwendbar ist § 8 Z 2 KommStG nämlich, „soweit“ Körperschaften bestimmten, konkret umschriebenen mildtätigen oder gemeinnützigen Zwecke dienen.

17 Angesichts dieser Besonderheit des § 8 Z 2 KommStG ist es verfehlt, mildtätig bzw. gemeinnützig tätige Abgabepflichtige mit der Begründung von jedweder Befreiung auszuschließen, dass die von ihnen verfolgte Tätigkeit sich nicht ausschließlich den in § 8 Z 2 KommStG umschriebenen Tätigkeitsfeldern widmet oder ‑ wie der revisionswerbende Magistrat der Stadt Linz im Revisionsfall moniert ‑ ihre Rechtsgrundlage auch auf andere gemeinnützige Zwecke iSd § 34 BAO abstellt und sich insbesondere die Zweckbindung des Vermögens (§ 39 Z 5 BAO) nicht nur auf die Zwecke des § 8 Z 2 KommStG, sondern allgemein auf die begünstigten Zwecke iSd § 34 BAO bezieht.

18 Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 2 Z 2 gebildeten Senat als unbegründet abzuweisen.

19 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014, wobei der zuzuerkennende Aufwandersatz mit dem Kostenantrag begrenzt ist.

Wien, am 18. Mai 2022

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