VwGH Ra 2019/06/0144

VwGHRa 2019/06/014424.5.2022

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma und die Hofrätinnen Mag. Rehak und Mag. Bayer als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Schara, in der Revisionssache der M M in B, vertreten durch die Reiffenstuhl & Reiffenstuhl Rechtsanwaltspartnerschaft OG in 1010 Wien, Franz‑Josefs‑Kai 41/9, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Burgenland vom 10. Mai 2019, E GB5/09/2018.024/017, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeinderat der Gemeinde B; mitbeteiligte Partei: O Genossenschaft mit beschränkter Haftung in O; weitere Partei: Burgenländische Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Normen

BauG Bgld 1997 §2 Abs8
BauG Bgld 1997 §3 Z5
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2022:RA2019060144.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Revisionswerberin hat der Gemeinde B Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Dem Gebot der gesonderten Darstellung der Gründe nach § 28 Abs. 3 VwGG wird insbesondere dann nicht entsprochen, wenn die zur Zulässigkeit der Revision erstatteten Ausführungen der Sache nach Revisionsgründe (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) darstellen oder das Vorbringen zur Begründung der Zulässigkeit der Revision mit Ausführungen, die inhaltlich (bloß) Revisionsgründe darstellen, in einer Weise vermengt ist, dass keine gesonderte Darstellung der Zulässigkeitsgründe vorliegt. Auch eine Revision, die Ausführungen zu ihrer Begründetheit auch als Ausführungen zu ihrer Zulässigkeit wortident enthält, wird dem Erfordernis des § 28 Abs. 3 VwGG der gesonderten Darlegung der Gründe, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird, nicht gerecht; dasselbe gilt auch, wenn für sich inhaltsleer gestaltete „Revisionsgründe“ lediglich Verweise auf die zuvor erstatteten Zulässigkeitsausführungen nach § 28 Abs. 3 VwGG enthalten (vgl. zum Ganzen VwGH 30.4.2019, Ra 2017/06/0129, mwN).

5 Die vorliegende Revision enthält unter der Überschrift „d) Erhebliche Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B‑VG und § 25a VwGG“ ein umfangreiches Vorbringen, mit welchem nicht nur als grundsätzlich erachtete Rechtsfragen aufgeworfen, sondern auch die Gründe für die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses dargetan werden. Das Vorbringen unter der Überschrift „3. Revisionsgründe“ erschöpft sich dagegen ‑ abgesehen von geringfügigen ergänzenden Ausführungen ‑ in einer im Wesentlichen wortidenten Wiedergabe der zuvor erstatteten Zulässigkeitsausführungen. Damit wird die Revision vor dem Hintergrund der oben dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dem Gebot der gesonderten Darstellung der Gründe nach § 28 Abs. 3 VwGG nicht gerecht. Dazu kommt, dass auch mit der in der Zulässigkeitsbegründung enthaltenen bloßen Behauptung, das Verwaltungsgericht sei von der ‑ nicht näher bezeichneten ‑ ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, die Begründung für die Zulässigkeit der Revision nicht gesetzmäßig ausgeführt wird (vgl. VwGH 14.4.2020, Ra 2020/06/0088 bis 0093, mwN).

6 Schon deshalb war die Revision gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

7 Im Übrigen wird bemerkt, dass das Verwaltungsgericht im Hinblick auf die Bestimmungen des § 2 Abs. 8 und des § 3 Z 5 Burgenländisches Baugesetz 1997 zutreffend davon ausgegangen ist, dass das Bauvorhaben dann unzulässig wäre, wenn die durch die bestimmungsgemäße Benützung der Kinderbetreuungseinrichtung bewirkten Lärmimmissionen eine Gefährdung der revisionswerbenden Nachbarin erwarten ließen. Ob eine solche Gefährdung im Revisionsfall besteht, unterliegt grundsätzlich der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes; eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung läge nur dann vor, wenn diese Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (vgl. VwGH 23.4.2020, Ra 2018/06/0099, mwN). Eine derartige Fehlbeurteilung wird in der Zulässigkeitsbegründung ebenso wenig dargestellt wie eine Relevanz der behaupteten Verfahrensmängel (vgl. VwGH 1.6.2017, Ra 2017/06/0094, mwN), zumal die Revisionswerberin den Ausführungen des Verwaltungsgerichtes, wonach eine Gesundheitsgefährdung auch im Fall der Heranziehung der ‑ entsprechend dem Gutachten von Dipl.‑Ing. P. vom 15. Februar 2018 ‑ lautesten Stunde als Beurteilungspegel ausgeschlossen sei, nicht entgegentritt. Darüber hinaus ist es nach der hg. Judikatur nicht unzulässig, wenn ein Amtssachverständiger ‑ nach Überprüfung mit Hilfe seines Fachwissens und vor dem Hintergrund seiner Obliegenheit zur Objektivität und Wahrheitspflicht ‑ Aussagen in einem Privatgutachten als zutreffend wertet und sie in sein Gutachten integriert (vgl. VwGH 21.12.2016, Ra 2015/04/0104, mwN). Zudem trifft der Vorwurf der Revisionswerberin, das Verwaltungsgericht habe nicht dargelegt, aus welchen Gründen im Revisionsfall die in Rede stehende Lärmstudie herangezogen und eine lärmtechnische Berechnung anstelle einer Messung durchgeführt wurde, angesichts der Ausführungen im angefochtenen Erkenntnis (s. S 13 ff. und S 27 f.) nicht zu.

8 Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf § 51 VwGG in Verbindung mit der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am 24. Mai 2022

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