VwGH Ra 2021/06/0060

VwGHRa 2021/06/006027.4.2021

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Mag.a Merl und Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber BA, in der Revisionssache des R T, vertreten durch Dr. Peter Krassnig, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Lidmanskygasse 39, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten vom 25. Jänner 2021, KLVwG‑2208/2/2020, betreffend Vorauszahlung der Kosten einer Ersatzvornahme (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §13a
VwGVG 2014 §17

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021060060.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Dem Revisionswerber wurde mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde F vom 21. Februar 2011 der Anschluss an die öffentliche Kanalisationsanlage rechtskräftig vorgeschrieben. Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft V (Behörde) vom 26. September 2017 wurde ihm die Ersatzvornahme gemäß § 4 VVG angedroht und mit Schreiben vom 30. September 2019 das Gutachten des wasserbautechnischen Sachverständigen betreffend die voraussichtlichen Kosten der Durchführung des Anschlusses im Rahmen einer Ersatzvornahme in Höhe von € 42.000,‑ ‑ zur Kenntnis gebracht. Nachdem der Revisionswerber seiner Anschlussverpflichtung immer noch nicht nachgekommen war, verpflichtete ihn die Behörde sodann mit Bescheid vom 3. Juni 2020 gemäß § 4 Abs. 2 VVG zur Vorauszahlung der Kosten für die Ersatzvornahme zur Herstellung eines Anschlusses an die öffentliche Kanalisationsanlage.

5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Kärnten (LVwG) die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid vom 3. Juni 2020 ab und erklärte eine ordentliche Revision für unzulässig.

Begründend führte das LVwG im Wesentlichen aus, das Beschwerdevorbringen richte sich gegen den rechtskräftigen Titelbescheid; zur Vollstreckbarkeit des Titelbescheides und zur Zulässigkeit des Kostenvorauszahlungsauftrages sei kein rechtlich relevantes Vorbringen erstattet worden. Im Verfahren betreffend den Kostenvorauszahlungsauftrag könne die Frage der Rechtmäßigkeit des in Rechtskraft erwachsenen Titelbescheides nicht mehr aufgeworfen werden. Zu dem Vorbringen des Revisionswerbers, er habe selbst einen wesentlich günstigeren Kostenvoranschlag eingeholt, werde festgehalten, dass er diesen im Beschwerdeverfahren nicht vorgelegt habe; im Übrigen stehe es ihm frei, den ihm aufgetragenen Anschluss an die öffentliche Kanalisationsanlage selbst zu beauftragen, um die weiteren Schritte im Vollstreckungsverfahren abzubrechen. Eine mündliche Verhandlung sei nicht beantragt worden und sei auch nicht erforderlich gewesen.

6 In der Zulässigkeitsbegründung wird vorgebracht, die rechtlichen Ausführungen des LVwG seien so unzureichend und spärlich, dass erhebliche Fragen unbeantwortet blieben; teils sei sogar aktenwidrig argumentiert worden, entsprechende höchstgerichtliche Entscheidungen seien nicht zitiert worden. Das angefochtene Erkenntnis sei „insbesondere deshalb bedenklich, weil das Schonungsprinzip des § 2 VVG so massiv verletzt wurde, dass dazu höchstgerichtliche Ausführungen erforderlich wären.“ Das Verfahren leide auch unter einem Mangel, der „eine erschöpfende Erörterung und gründliche Beurteilung der Streitsache zu hindern geeignet gewesen ist.“ Die in „meiner Stellungnahme“ [gemeint wohl: der Beschwerde] aufgeworfenen Fragen beinhalteten „indirekt auch Anträge, die zu erörtern gewesen wären.“ Darüber hinaus habe „die Behörde“ ihre Anleitungspflicht massiv verletzt; der Revisionswerber habe Dokumente vorgelegt, aus denen hervorgehe, dass sich die Lage seit Erlassung des Anschlussbescheides massiv geändert habe. Diesbezüglich hätte er zu einem substantiierten Vorbringen angeleitet werden müssen und es wäre die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung erforderlich gewesen.

7 Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

8 Zunächst bleibt völlig unklar, welche konkrete Rechtsfrage, der nach Ansicht des Revisionswerbers grundsätzliche Bedeutung zukomme, der Verwaltungsgerichtshof beantworten sollte und inwiefern diese für das gegenständliche Verfahren relevant sein könnte (vgl. etwa VwGH 22.12.2020, Ra 2020/06/0199 ua., Rn. 16, mwN). Der rechtlichen Beurteilung des LVwG, das Beschwerdevorbringen richte sich gegen den rechtskräftigen Titelbescheid, während zur Vollstreckbarkeit des Titelbescheides und zur Zulässigkeit des Kostenvorauszahlungsauftrages kein rechtlich relevantes Vorbringen erstattet worden sei, tritt die Revision nicht entgegen. Angesichts dessen ist nicht erkennbar, inwiefern die rechtliche Beurteilung des LVwG unzureichend sei, um welche im Verfahren betreffend die Kostenvorschreibung entscheidungsrelevanten Fragen zu beantworten. Daher durfte das LVwG von der Anberaumung einer ‑ in der Beschwerde nicht beantragten ‑ Verhandlung absehen.

Die Relevanz des geltend gemachten ‑ gänzlich unkonkreten ‑ Verfahrensmangels wurde ebenfalls nicht dargelegt (vgl. etwa VwGH 23.12.2020, Ra 2020/06/0305, Rn. 8, mwN).

Auch die Behauptung des Revisionswerbers betreffend eine Verletzung des in § 2 VVG festlegten Schonungsprinzips bleibt unsubstantiiert; weder wurde im Verfahren ein günstigeres Offert vorgelegt, noch wurde dem vom wasserbautechnischen Amtssachverständigen erstellten Gutachten betreffend die voraussichtlichen Kosten der Ersatzvornahme ‑ schon gar nicht auf gleicher fachlicher Ebene ‑ entgegengetreten. Im Übrigen liegt bereits umfangreiche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum „Schonungsprinzip“ gemäß § 2 Abs. 1 VVG im Zusammenhang mit Kostenvorauszahlungsaufträgen nach § 4 Abs. 2 VVG vor (vgl. die in VwGH 13.1.2021, Ra 2020/05/0239, Rn. 12 zitierte hg. Rechtsprechung).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Behörde bzw. das Verwaltungsgericht Personen, die nicht durch berufsmäßige Parteienvertreter vertreten sind, gemäß § 13a AVG nur die zur Vornahme ihrer Verfahrenshandlungen nötigen Anleitungen zu geben, sie aber nicht in materieller Hinsicht zu beraten und insbesondere nicht anzuleiten, welche Behauptungen sie anzustellen oder mit welchen Beweismitteln oder Beweisanträgen sie vorzugehen hätten (vgl. etwa VwGH 6.9.2016, Ra 2016/09/0075, Rn. 12, mwN). Eine Verpflichtung des LVwG zu einer Anleitung „zu einem entsprechend substantiierten Vorbringen“ bestand somit nicht.

9 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 27. April 2021

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