Normen
AsylG 2005 §3 Abs1
AVG §37
AVG §45 Abs2
AVG §45 Abs3
VwGVG 2014 §17
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020180312.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger von Bangladesch, stellte am 9. August 2017 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er im Wesentlichen damit begründete, Mitglied der oppositionellen Bangladesch Nationalist Party (BNP) zu sein. Deshalb sei gegen ihn eine politisch motivierte Falschanzeige wegen eines nicht begangenen Strafdelikts erstattet worden und es bestehe gegen ihn ein Haftbefehl. Bei Rückkehr nach Bangladesch fürchte er den Tod.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) diesen Antrag ‑ in Bestätigung eines entsprechenden Bescheides des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 6. November 2018 ‑ mangels Glaubhaftmachung des Fluchtvorbringens zur Gänze ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Bangladesch zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest. Die Revision erklärte das BVwG für nicht zulässig.
3 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der ihre Behandlung mit Beschluss vom 18. Jänner 2021, E 4493/2020‑5, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
4 In der vorliegenden außerordentlichen Revision wird zur Zulässigkeit geltend gemacht, gegenständlich werde die Frage aufgeworfen, ob eine die nachprüfende Kontrolle ermöglichende Begründung unterbleiben dürfe, wenn das BVwG zu dem Ergebnis komme, dass eine politische Verfolgung gegen eine Person ‑ hier den Revisionswerber ‑ nicht glaubhaft dargelegt worden sei bzw. „ob entgegen der amtswegigen Ermittlungspflicht von Behörden, vorgelegte nicht übersetzte Unterlagen/Dokumente über strafrechtliche Falschanzeigen wider der Entscheidung des BVwG zu GZ: W235 2192685‑1/3E kein Beweiswert über die behauptete politische Verfolgung zukommt“. Das BVwG habe dem Revisionswerber die Glaubwürdigkeit abgesprochen und die von ihm beigebrachten Unterlagen in keinster Weise behandelt (an anderer Stelle der Revision heißt es, eine „konkrete Auseinandersetzung mit den ... Dokumenten“ habe nicht stattgefunden). Das BVwG habe „keine Abgrenzung in der Beweiswürdigung dahingehend [vorgenommen], ob es sich gegenständlich um eine Verfolgung durch die Strafjustiz im Herkunftsstaat im Sinne einer legitimen Strafverfolgung ... oder um eine asylrechtfertigende Verfolgung aus einem der Gründe des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention ... handelt“ und es sei die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet worden. Überdies wird vorgebracht, dass das Parteiengehör des Revisionswerbers mehrfach verletzt worden sei, da pauschal von seiner Unglaubwürdigkeit ausgegangen werde, ohne ihm die Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben zu haben. Dem Revisionswerber stehe im Übrigen ‑ wie näher dargelegt wird ‑ keine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative in Bangladesch offen.
5 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:
Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Hat das Verwaltungsgericht ‑ wie im vorliegenden Fall ‑ im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht zulässig ist, muss die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.
Der Verwaltungsgerichtshof ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden. Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß § 34 Abs. 1a VwGG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe zu überprüfen. Liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG danach nicht vor, ist die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
6 Die Revision wendet sich (vor allem) gegen die Beweiswürdigung des BVwG, das dem Fluchtvorbringen des Revisionswerbers keinen Glauben geschenkt hat. Der behauptete Verstoß gegen das Parteiengehör liegt in diesem Zusammenhang schon deshalb nicht vor, weil keine Verpflichtung des Verwaltungsgerichts bestand, dem Asylwerber im Wege eines Vorhalts zur Kenntnis zu bringen, dass in seiner Aussage Widersprüche vorhanden seien, die im Rahmen der Beweiswürdigung zu seinem Nachteil ausschlagen würden (vgl. etwa VwGH 29.1.2021, Ra 2021/14/0011, mwN).
7 Es trifft auch nicht zu, dass sich das BVwG mit den vorgelegten Urkunden zum Nachweis der angeblichen Verfolgung überhaupt nicht beschäftigt hat, sondern es wurde in der Beweiswürdigung näher erläutert, warum diesen Beweismitteln ‑ auch im Lichte der übrigen Beweisergebnisse ‑ keine maßgebliche Bedeutung beigemessen worden ist. Die Revision unternimmt nicht einmal den Versuch, die vom BVwG in seiner Beweiswürdigung aufgezeigten Ungereimtheiten in den Angaben des Revisionswerbers zu erklären oder konkret darzulegen, inwieweit die vorgelegten Unterlagen geeignet gewesen sein sollen, eine asylrelevante Verfolgungsgefahr für den Revisionswerber bei Rückkehr nach Bangladesch glaubhaft zu machen. Sie zeigt deshalb weder eine unvertretbare Beweiswürdigung (vgl. zum diesbezüglichen Prüfmaßstab des Verwaltungsgerichtshofes etwa VwGH 18.1.2021, Ra 2020/18/0521, mwN) noch relevante Verfahrensfehler auf.
8 Da das BVwG die behauptete Falschanzeige aus politischen Motiven für nicht glaubhaft befand, erübrigten sich die von der Revision als fehlend gerügten Erwägungen, ob darin eine legitime staatliche Strafverfolgung oder eine asylrelevante Verfolgung zu erblicken wäre. Inwieweit die diesbezügliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa VwGH 27.5.2015, Ra 2014/18/0133, mwN) widersprüchlich sein sollte, ist nicht nachvollziehbar und wird von der Revision auch nicht dargelegt.
9 Auch auf die Frage des Vorhandenseins einer zumutbaren innerstaatlichen Fluchtalternative kam es mangels glaubhafter Verfolgung des Revisionswerbers im Herkunftsstaat nicht an.
10 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 19. März 2021
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