Normen
AlVG 1977 §27 Abs1
AlVG 1977 §27 Abs2 Z2
AlVG 1977 §27 Abs2 Z3 lita
AlVG 1977 §27 Abs4
AlVG 1977 §28
ASVG §44 Abs1 Z10
ASVG §45
AZG §19d
AZG §3 Abs1
BudgetbegleitG 2003
SozRÄG 2000
VwRallg
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020080042.L00
Spruch:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Zwischen der Revisionswerberin und ihrer Dienstnehmerin GD wurde mit Wirksamkeit zum 1. Dezember 2018 vereinbart, dass GD ihre Arbeitszeit verringere und einen Lohnausgleich erhalte. Die Revisionswerberin beantragte beim Arbeitsmarktservice Linz (AMS) die Gewährung von Altersteilzeitgeld.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis sprach das Bundesverwaltungsgericht ‑ in Bestätigung einer Beschwerdevorentscheidung des AMS ‑ der Revisionswerberin Altersteilzeitgeld monatlich in Höhe von € 1.430,95 ab 1. Dezember 2018, von € 1.429,13 ab 1. Jänner 2019 und von € 1.466,29 ab 1. Mai 2019 zu. Die Revision erklärte das Bundesverwaltungsgericht gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG für nicht zulässig.
3 Das Bundesverwaltungsgericht stellte fest, GD sei bei der Revisionswerberin mit einem Beschäftigungsausmaß von 38,5 Wochenstunden beschäftigt gewesen, wobei sie für die Ausübung einer Tätigkeit als stellvertretende Bereichsleiterin auch eine „Funktionszulage“ erhalten habe. In der Zeit von 1. Dezember 2017 bis 30. November 2018 habe ihr durchschnittliches monatliches Arbeitsentgelt € 4.625,78 betragen. Ohne die Funktionszulage hätte sich das durchschnittliche Arbeitsentgelt im selben Zeitraum dagegen nur auf € 4.363,76 belaufen.
4 Zwischen GD und der Revisionswerberin sei am 27. November 2011 vereinbart worden, dass GD ab 1. Dezember 2018 ihre Funktion als stellvertretende Bereichsleiterin verliere, womit der Verlust der Funktionszulage verbunden gewesen sei. Ebenfalls am 27. November 2011 sei zwischen GD und der Revisionswerberin eine Altersteilzeitvereinbarung abgeschlossen worden, mit der die wöchentliche Arbeitszeit der GD ab 1. Dezember 2018 auf 59,74 % des bisherigen Ausmaßes, somit 23 Wochenstunden, verringert und das Arbeitsentgelt ‑ ausgehend von dem um die Funktionszulage verringerten Anspruch ‑ entsprechend gekürzt worden sei. Daraus habe sich insgesamt ein monatliches Arbeitsentgelt von € 2.667,79 ergeben. Die Revisionswerberin habe sich verpflichtet, der GD einen Lohnausgleich für den gesamten Entgeltausfall in Höhe von € 979,95 zu zahlen.
5 Gemäß § 27 Abs. 2 Z 3 lit. a und Abs. 4 AlVG sei zur Berechnung des Lohnausgleiches das im letzten Jahr vor der Herabsetzung der Normalarbeitszeit durchschnittlich gebührende Entgelt dem der verringerten Arbeitszeit entsprechenden Entgelt gegenüberzustellen und daraus der Unterschiedsbetrag zu ermitteln. Das im letzten Jahr vor der Herabsetzung der Normalarbeitszeit durchschnittlich gebührende Entgelt der GD belaufe sich auf monatlich € 4.625,78. Aus dem Gesetzestext folge aber, dass nur auf den Unterschiedsbetrag abzustellen sei, der aus der Herabsetzung der Arbeitszeit resultiere. Das treffe im vorliegenden Fall auf den Entfall der Funktionszulage nicht zu. Dementsprechend sei für die Berechnung des Unterschiedsbetrages und damit des Lohnausgleiches das durchschnittlich im Jahr vor der Herabsetzung der Normalarbeitszeit ohne die Funktionszulage gebührende Arbeitsentgelt von € 4.363,76 heranzuziehen. Das AMS habe bei der Berechnung des Unterschiedsbetrages daher zu Recht nur die Entgeltminderung in der Höhe von € 1.695,97, die sich aus der Verringerung der Arbeitszeit der GD ergeben habe, berücksichtigt. Daraus errechne sich nach § 27 Abs. 2 Z 3 lit. a und Abs. 4 AlVG ein von der Revisionswerberin der GD zu gewährender Lohnausgleich in Höhe von € 847,99 (Anmerkung: rechnerisch daher: 4.363,76 [durchschnittliches Arbeitsentgelt ohne Funktionszulage] ‑ 2.667,79 [nunmehriges monatliches Entgelt] = 1.695,97 [Unterschiedsbetrag]: 2). Ausgehend davon erweise sich die Berechnung des Altersteilzeitgeldes durch das AMS als richtig.
6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision. Nach Einleitung des Vorverfahrens durch den Verwaltungsgerichtshof hat das AMS eine Revisionsbeantwortung erstattet. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
7 Zur Zulässigkeit der Revision wird vorgebracht, zur Frage der Berechnung des Lohnausgleiches, der der Bemessung des Altersteilzeitgeldes nach § 27 AlVG zugrunde zu legen sei, liege keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor. Die dazu vertretene Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts, es komme nur auf die Minderung des Entgeltes an, die durch die Herabsetzung der Arbeitszeit eintrete, entspreche nicht dem Gesetz. Zur Berechnung sei auf den Entgeltbegriff des § 49 ASVG ‑ somit auf den Anspruchslohn ‑ abzustellen. Zum Anspruchslohn der GD habe auch die Funktionszulage gehört, sodass diese auch in das vor der Herabsetzung der Normalarbeitszeit durchschnittlich gebührende Entgelt ‑ den Oberwert nach § 27 Abs. 2 Z 3 lit. a AlVG ‑ einzubeziehen sei.
8 Die Revision ist zulässig, weil Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Berechnung des Lohnausgleiches nach § 27 Abs. 2 Z 3 lit. a und Abs. 4 AlVG nicht vorliegt. Die Revision ist im Ergebnis auch berechtigt.
9 Die §§ 27 und 28 AlVG lauten samt Überschriften auszugsweise:
„Altersteilzeitgeld
§ 27.
(1) Ein Arbeitgeber, der ältere ArbeitnehmerInnen beschäftigt, die ihre Arbeitszeit verringern, und diesen einen Lohnausgleich gewährt, hat Anspruch auf Altersteilzeitgeld.
(2) Altersteilzeitgeld gebührt für längstens fünf Jahre für Personen, die (...)
1. (...)
2. auf Grund einer vertraglichen Vereinbarung ihre Normalarbeitszeit, die im letzten Jahr der gesetzlichen oder kollektivvertraglich geregelten Normalarbeitszeit entsprochen oder diese höchstens um 40 vH unterschritten hat, auf 40 bis 60 vH verringert haben,
3. auf Grund eines Kollektivvertrages, einer Betriebsvereinbarung oder einer vertraglichen Vereinbarung
a) bis zur Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 45 ASVG einen Lohnausgleich in der Höhe von mindestens 50 vH des Unterschiedsbetrages zwischen dem im letzten Jahr (bei kürzerer Beschäftigungszeit in einem neuen Betrieb während dieser kürzeren, mindestens drei Monate betragenden Zeit) vor der Herabsetzung der Normalarbeitszeit durchschnittlich gebührenden Entgelt und dem der verringerten Arbeitszeit entsprechenden Entgelt erhalten und
b) für die der Arbeitgeber die Sozialversicherungsbeiträge entsprechend der Beitragsgrundlage vor der Herabsetzung der Normalarbeitszeit entrichtet und
4. (...)
(2a) und (3) (...)
(4) Das Altersteilzeitgeld hat dem Arbeitgeber einen Anteil des zusätzlichen Aufwandes, der durch einen Lohnausgleich bis zur Höchstbeitragsgrundlage in der Höhe von 50 vH des Unterschiedsbetrages zwischen dem im gemäß Abs. 2 Z 3 lit. a maßgeblichen Zeitraum vor der Herabsetzung der Normalarbeitszeit gebührenden Entgelt und dem der verringerten Arbeitszeit entsprechenden Entgelt sowie durch die Entrichtung der Sozialversicherungsbeiträge entsprechend der Beitragsgrundlage vor der Herabsetzung der Normalarbeitszeit in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen den entsprechend der Beitragsgrundlage vor der Herabsetzung der Normalarbeitszeit entrichteten Dienstgeber- und Dienstnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung (Pensions‑, Kranken‑, Unfall- und Arbeitslosenversicherung einschließlich IESG‑Zuschlag) und den dem Entgelt (einschließlich Lohnausgleich) entsprechenden Dienstgeber- und Dienstnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung entsteht, abzugelten. (...) Der abzugeltende Anteil beträgt 90 vH des zusätzlichen Aufwandes bei kontinuierlicher Arbeitszeitverkürzung und 50 vH bei Blockzeitvereinbarungen. (...)
(5) bis (8) (...)
Ruhen des Anspruches auf Altersteilzeitgeld
§ 28.
Leistet der Arbeitnehmer über die Altersteilzeitarbeit hinaus Mehrarbeit, die üblicherweise zu einem Einkommen führt, welches die Geringfügigkeitsgrenze für den Kalendermonat gemäß § 5 Abs. 2 ASVG überschreitet, so gebührt für diesen Zeitraum kein Altersteilzeitgeld.“
10 Grundkonzept des Altersteilzeitgeldes ist, wie sich bereits aus § 27 Abs. 1 AlVG ergibt, die Kombination einer Herabsetzung der Arbeitszeit bei älteren Arbeitskräften und eines Lohnausgleiches durch den Arbeitgeber für den mit der Herabsetzung der Arbeitszeit verbundenen Entgeltverlust. Die Aufwendungen für den Lohnausgleich werden dem Arbeitgeber ‑ ebenso wie Mehraufwendungen für die Entrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen entsprechend der Beitragsgrundlage vor der Herabsetzung der Arbeitszeit (vgl. § 44 Abs. 1 Z 10 ASVG) ‑ durch das Altersteilzeitgeld teilweise ersetzt (vgl. idS Schrank, Arbeits- und Sozialrecht [80. Lfg., Jänner 2018] 44/II; Sauer/Furtlehner, AlV‑Komm §§ 27 ff Rz 15).
11 Diesem Konzept folgend gebührt nach § 27 Abs. 2 Z 3 lit. a AlVG Altersteilzeitgeld nur unter der Voraussetzung, dass vom antragstellenden Arbeitgeber aufgrund eines Kollektivvertrages, einer Betriebsvereinbarung oder einer vertraglichen Vereinbarung ein Lohnausgleich in der in dieser Bestimmung vorgesehenen Höhe geleistet wird (vgl. idS VwGH 2.5.2012, 2010/08/0008). Leistet der Arbeitgeber einen geringeren oder überhaupt keinen Lohnausgleich, steht Altersteilzeitgeld somit nicht zu. Ein geleisteter höherer Lohnausgleich schadet dem Anspruch auf Altersteilzeitgeld zwar nicht. Bei der Berechnung des Anteils des zusätzlichen Aufwandes durch einen Lohnausgleich, der dem Arbeitgeber durch das Altersteilzeitgeld abgegolten wird, fließt nach § 27 Abs. 4 erster Satz AlVG jedoch nur der nach § 27 Abs. 2 Z 3 lit. a AlVG zumindest zu leistende Betrag ein (vgl. die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum Sozialrechts‑Änderungsgesetz 2000 ‑ SRÄG 2000 [BGBl. I Nr. 101/2000] 181 BlgNR 21. GP 45; vgl. idS auch bereits VwGH 9.9.2009, 2007/08/0293).
12 Zur Ermittlung der Höhe des zu leistenden Lohnausgleiches sieht § 27 Abs. 2 Z 3 lit. a AlVG die Bildung des Unterschiedsbetrages zwischen einerseits dem im Beobachtungszeitraum (von grundsätzlich einem Jahr) vor der Herabsetzung der Arbeitszeit „durchschnittlich gebührenden Entgelt“ (Oberwert) und andererseits „dem der verringerten Arbeitszeit entsprechenden Entgelt“ (Unterwert) vor.
13 Das „vor der Herabsetzung der Normalarbeitszeit durchschnittlich gebührende Entgelt“ nach § 27 Abs. 2 Z 3 lit. a AlVG (Oberwert) ergibt sich seit dem Budgetbegleitgesetz 2003, BGBl. I Nr. 71/2003, aus einer Durchschnittsbetrachtung des letzten Jahres vor der Herabsetzung der Normalarbeitszeit bzw. bei kürzerer Beschäftigungszeit während dieser kürzeren, mindestens drei Monate betragenden Zeit. Es ist schon nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes nicht zweifelhaft, dass insoweit der nach zivilrechtlichen (arbeitsrechtlichen) Grundsätzen zu beurteilende gebührende Anspruch ‑ somit der Anspruchslohn ‑ maßgeblich ist (vgl. zum Begriff des Anspruchslohns etwa VwGH 13.10.2014, 2013/08/0293). In die Berechnung des Oberwertes fließen daher sämtliche Entgeltbestandteile ein, auf die der Arbeitnehmer im Beobachtungszeitraum Anspruch hatte. Dazu zählen insbesondere auch das Entgelt für geleistete Überstunden bzw. Mehrstunden sowie Zulagen, soweit es sich dabei ‑ wie vorliegend bei der Funktionszulage ‑ um Arbeitentgelt und nicht um eine bloße Aufwandsentschädigung handelt (vgl. idS Sdoutz/Zechner, Arbeitslosenversicherungsgesetz [18. Lfg.] § 28 Rz 606; Schrank aaO 44/VII).
14 Die Höhe des in diesem Sinn vor der Herabsetzung der Normalarbeitszeit durchschnittlich im letzten Jahr (inklusive der Funktionszulage) gebührenden Entgeltes der GD wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit monatlich € 4.625,78 festgestellt und wird auch in der Revision nicht substantiiert bestritten. Dieser Betrag war daher als Oberwert der Berechnung des Unterschiedsbetrages und damit des Lohnausgleiches zugrunde zu legen. Zu klären ist somit, was im vorliegenden Fall im Sinn von § 27 Abs. 2 Z 3 lit. a und Abs. 4 AlVG unter „dem der verringerten Arbeitszeit entsprechenden Entgelt“ (Unterwert) zu verstehen ist und wie der Unterschiedsbetrag zum Oberwert und damit der Lohnausgleich zu errechnen ist.
15 Anspruchsvoraussetzung des Altersteilzeitgeldes ist der Abschluss einer Vereinbarung über die Verringerung der Arbeitszeit und die tatsächliche Verringerung der Arbeitszeit (vgl. VwGH 26.1.2005, 2003/08/0156). Nach § 27 Abs. 2 Z 2 AlVG muss die Normalarbeitszeit der Person, für die Altersteilzeitgeld beantragt wird, entweder der gesetzlichen oder kollektivvertraglich geregelten Normalarbeitszeit entsprochen oder diese höchstens um 40 % unterschritten haben. Ausgehend davon ist eine Verringerung „ihrer Normalarbeitszeit“ auf 40 % bis 60 % des bisherigen Ausmaßes zu vereinbaren. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum SRÄG 2000, BGBl. I Nr. 101/2000, auf das diese Bestimmung in ihren Grundzügen zurückgeht, wurde ausgeführt, dass daher beispielhaft bei Teilzeitbeschäftigten mit einer individuellen Normalarbeitszeit von 35 Stunden wöchentlich eine Kürzung auf 14 bis 21 Wochenstunden möglich sei. Hinsichtlich des Lohnausgleiches solle ausgehend von der „individuellen Arbeitszeitverringerung“ in der möglichen Bandbreite von 40 % bis 60 % „auf den Differenzbetrag zwischen dem Entgelt vor der Herabsetzung der Normalarbeitszeit und dem der verringerten Arbeitszeit entsprechenden Entgelt abgestellt“ werden (181 BlgNR 21. GP 45).
16 Mit dem Begriff „ihre Normalarbeitszeit“ in § 27 Abs. 2 Z 2 AlVG ist somit die individuelle Normalarbeitszeit der Person angesprochen, für die Altersteilzeitgeld beantragt wird. Diese individuelle Normalarbeitszeit kann vor ihrer Verringerung entweder der gesetzlichen Normalarbeitszeit nach § 3 Abs. 1 AZG bzw. einer davon im Kollektivvertrag abweichend festgelegten Normalarbeitszeit entsprochen haben oder in den in § 27 Abs. 2 Z 2 AlVG genannten Grenzen diese ‑ in der Regel aufgrund einer Vereinbarung im Arbeitsvertrag ‑ unterschritten haben und somit eine Teilzeitarbeit (vgl. § 19d AZG) gewesen sein. Da lediglich die Normalarbeitszeit angesprochen wird, haben insoweit vor Vereinbarung der Altersteilzeit geleistete Mehr- und Überstunden außer Betracht zu bleiben. Damit in Übereinstimmung steht, dass nach § 28 AlVG die Leistung von Mehrarbeit während des Bezuges von Altersteilzeitgeld grundsätzlich nicht vorgesehen ist (vgl. idS Sdoutz/Zechner aaO Rz 600).
17 Aus den Materialien wird im Einklang mit dem Wortlaut des § 27 Abs. 2 Z 3 lit. a AlVG deutlich, dass nach der Vorstellung des Gesetzgebers im Zuge der Verringerung der individuellen Normalarbeitszeit durch die Altersteilzeitvereinbarung, wie es allgemein der Entlohnung von Teilzeitbeschäftigten bei bloß quantitativer Verringerung der Arbeitsleistung entspricht (vgl. dazu Mosler in Neumayr/Reissner, Zeller Kommentar zum Arbeitsrecht3 [2018] § 19d AZG Rz 38), eine anteilige Verringerung des Arbeitsentgeltes im Verhältnis der nunmehr vereinbarten Arbeitszeit zur vorhergehenden individuellen Normalarbeitszeit erfolgen soll.
18 Zur Ermittlung des „der verringerten Arbeitszeit entsprechenden Entgelts“ im Sinn des § 27 Abs. 2 Z 3 lit. a AlVG ‑ somit des reduzierten Entgeltes aufgrund der Altersteilzeitvereinbarung ‑ (Unterwert) ist daher vom Arbeitsentgelt auszugehen, auf das die Person, für die Altersteilzeitgeld beantragt wird, für ihre jeweilige individuelle Normalarbeitszeit vor deren Reduzierung durch die Altersteilzeitvereinbarung Anspruch hatte und dieses Entgelt entsprechend der Verringerung der Arbeitszeit anteilig zu kürzen. Dieser Unterwert ist von dem im Beobachtungszeitraum (von grundsätzlich einem Jahr) vor der Herabsetzung der Arbeitszeit „durchschnittlich gebührenden Entgelt“ (Oberwert) in Abzug zu bringen. Die Hälfte des sich ergebenden Unterschiedsbetrages stellt (bis zur Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 45 ASVG) den nach § 27 Abs. 2 Z 3 lit. a AlVG mindestens zu leistenden Lohnausgleich dar, der nach § 27 Abs. 4 AlVG durch das Altersteilzeitgeld teilweise abgegolten wird.
19 Zu beachten ist dabei, dass die Berechnungsbasis des Unterwertes ‑ das Arbeitsentgelt für die (individuelle) Normalarbeitszeit vor Verringerung der Arbeitszeit ‑ nicht mit „dem im letzten Jahr vor der Herabsetzung der Normalarbeitszeit durchschnittlich gebührenden Entgelt“ (dem Oberwert nach § 27 Abs. 2 Z 3 lit. a AlVG) gleichgesetzt werden kann. Das ergibt sich schon daraus, dass die Berechnung des reduzierten Entgelts vom Entgeltanspruch vor der Arbeitszeitverringerung ausgeht und dieser Anspruch (etwa durch Lohnerhöhungen im Laufe des Jahres) häufig nicht dem Durchschnitt des letzten Jahres entsprechen wird. Im Übrigen ist nur die Verringerung des Arbeitsentgeltes, das sich aus der Kürzung der jeweiligen individuellen Normalarbeitszeit ergibt, angesprochen. Andere Entgeltbestandteile, auf die zuletzt ein Anspruch bestand, wie insbesondere für geleistete Mehr- und Überstunden, haben bei Ermittlung des Unterwertes somit außer Betracht zu bleiben (vgl. idS Sdoutz/Zechner aaO Rz 606; Marek, Altersteilzeit und erweiterte Altersteilzeit in Frage und Antwort7, Berechnungsbeispiel S 36).
20 Im vorliegenden Fall wurde nach den Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts zum einen ‑ wie es dem gesetzlichen Konzept des Altersteilzeitgeldes entspricht ‑ zwischen der GD und der Revisionswerberin mit Wirksamkeit zum 1. Dezember 2018 eine Altersteilzeitvereinbarung abgeschlossen, mit der die Arbeitszeit der GD von 38,5 Stunden auf 23 Stunden reduziert wurde. Darüber hinaus ist aber auch eine Änderung des Dienstvertrages erfolgt, mit der GD ab 1. Dezember 2018 auch ihre Stellung als stellvertretende Bereichsleiterin und damit den als Funktionszulage bezeichneten Teil des Arbeitsentgeltes verloren hat.
21 In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass § 27 Abs. 2 Z 3 lit. a AlVG seit dem SRÄG 2000 ‑ anders als noch bei Einführung des Altersteilzeitgeldes mit BGBl. I Nr. 179/1999 ‑ keine bestimmte Höhe des während des Bezuges von Altersteilzeitgeld zu bezahlenden Arbeitsentgeltes festschreibt. Der Leistung des Altersteilzeitgeldes steht daher grundsätzlich eine Kürzung des Arbeitsentgeltes, die über die anteilige Minderung des Entgeltes aufgrund der Verringerung der Arbeitszeit hinausgeht, durch Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer nicht entgegen, sodass es für Zwecke des Altersteilzeitgeldes grundsätzlich auch keiner Auseinandersetzung mit der arbeitsvertraglichen Wirksamkeit einer solchen Entgeltkürzung bedarf. Wie bereits ausgeführt, ist aber Voraussetzung des Altersteilzeitgeldes, dass nach § 27 Abs. 2 Z 3 lit. a AlVG mindestens ein Lohnausgleich gewährt wird, der in der dargestellten Art zu berechnen ist. Nur dieser Lohnausgleich ist nach § 27 Abs. 4 AlVG bei der Berechnung des Anteils des zusätzlichen Aufwandes, der dem Arbeitgeber durch das Altersteilzeitgeld abgegolten wird, zu berücksichtigen.
22 Dem Bundesverwaltungsgericht ist daher im Grundsatz insoweit zuzustimmen, dass ein Lohnausgleich, der der GD von der Revisionswerberin (nur) aufgrund der Verringerung des Arbeitsentgeltes durch Entfall der Funktionszulage gewährt wurde, bei Berechnung des Altersteilzeitgeldes nicht zu berücksichtigen war. Die Berechnung des Altersteilzeitgeldes durch das Bundesverwaltungsgericht, die von einem fiktiven durchschnittlichen Arbeitsentgelt der GD ohne die Funktionszulage vor Verringerung der Normalarbeitszeit von monatlich 4.363,76 ausgeht und davon das nunmehr vereinbarte Entgelt abzieht, entspricht jedoch nicht dem Gesetz. Richtigerweise wäre zur Berechnung des Unterwertes ‑ wie dargestellt ‑ vom Arbeitsentgelt auszugehen gewesen, auf das die GD vor Wirksamwerden der Altersteilzeitvereinbarung, somit bis zum 30. November 2018, inklusive der Funktionszulage für ihre Normalarbeitszeit von 38,5 Wochenstunden Anspruch hatte. Daraus wäre das „der verringerten Arbeitszeit entsprechende Entgelt“ (Unterwert) durch anteilige Kürzung entsprechend der Verringerung der Arbeitszeit auf 23 Wochenstunden zu ermitteln gewesen. Dieser Unterwert wäre vom im Jahr davor durchschnittlich gebührenden Entgelt (Oberwert) in Höhe von € 4.625,78 abzuziehen gewesen. Die Hälfte des daraus errechneten Unterschiedsbetrages wäre als Lohnausgleich im Sinn von § 27 Abs. 2 Z 3 lit. a und Abs. 4 AlVG der Berechnung des Altersteilzeitgeldes zugrunde zu legen gewesen.
23 Da das Bundesverwaltungsgericht somit insoweit die Rechtslage verkannt hat, war das angefochtene Erkenntnis gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
24 Von der Durchführung der beantragten Verhandlung durch den Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden, weil der für die Frage der Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts relevante Sachverhalt geklärt ist und ausschließlich Rechtsfragen zu lösen waren, für die eine mündliche Verhandlung durch Art. 6 EMRK oder Art. 47 GRC nicht geboten ist.
25 Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 17. November 2021
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