Normen
BFA-VG 2014 §9
B-VG Art133 Abs4
MRK Art8
VwGG §34 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020210027.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Dem Revisionswerber, einem ägyptischen Staatsangehörigen, wurden ab dem 6. März 2013 wiederholt, zuletzt mit Gültigkeit bis zum 12. November 2016, Aufenthaltsbewilligungen "Studierender" erteilt. Der Verlängerungsantrag vom 24. Oktober 2016 wurde mit Bescheid des Landeshauptmanns von Wien vom 27. März 2017, bestätigt mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 6. September 2017, abgewiesen. Die gegen diese Entscheidung erhobene außerordentliche Revision wurde vom Verwaltungsgerichtshof zurückgewiesen (vgl. VwGH 22.3.2018, Ra 2017/22/0182).
2 Am 25. Jänner 2019 beantragte der Revisionswerber die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 AsylG 2005.
3 Mit Bescheid vom 27. März 2019 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) diesen Antrag ab. Zugleich erließ es gegen den Revisionswerber gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 3 FPG, stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Ägypten zulässig sei, und bestimmte gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für seine freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.
4 Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab.
5 Begründend führte es aus, der Revisionswerber sei ledig und kinderlos. Er habe in seinem Heimatland Rechtswissenschaften studiert, ohne das Studium abzuschließen. Seine Eltern und die zwei Brüder lebten in Ägypten, in Österreich wohnten ein Onkel des Revisionswerbers und seine Familie, mit welcher der Revisionswerber regelmäßigen Kontakt habe. Er verfüge auch über einen Freundeskreis in Österreich und engagiere sich beim Roten Kreuz und der Caritas.
6 Bei der nach § 9 BFA-VG vorgenommenen Interessenabwägung berücksichtigte das Bundesverwaltungsgericht die genannten Umstände sowie insbesondere den ca. sechsjährigen Aufenthalt im Bundesgebiet, welcher "für fünf Jahre" rechtmäßig gewesen sei. Der Revisionswerber habe während seines Studiums, für welches er ab dem Sommersemester 2013 bis zum Wintersemester 2016 inskribiert gewesen sei, keinen Studienerfolg nachweisen können. Im Rahmen des Vorstudienlehrgangs habe er keine Prüfungsleistungen erbracht und die vorgeschriebene Ergänzungsprüfung Deutsch C1 nicht abgelegt. In diesem Verhalten manifestiere sich sein nicht ausgeprägtes Interesse an der Absolvierung eines Studiums und der Verbesserung seiner Deutschkenntnisse. Es sei auch zu berücksichtigen gewesen, dass der Revisionswerber in der Zeit von 1. Juli 2013 bis 31. August 2016 und von Februar 2018 bis Jänner 2019 (jeweils mit Unterbrechungen) aus fremdenrechtlicher Sicht unrechtmäßige Erwerbstätigkeiten ausgeübt habe. Die zwei vorgelegten Arbeitsvorverträge, jeweils für eine Tätigkeit als Reinigungskraft, hätten seine persönlichen Interessen an einem weiteren Verbleib in Österreich nicht in einem besonderen Maß zu verstärken vermocht. Seiner beruflichen Integration komme insgesamt nur ein gemindertes Gewicht zu. Ein Familienleben in Österreich führe der Revisionswerber nicht; zu seinem Onkel und dessen Familie bestehe keine "erhebliche Beziehungsintensität". Demgegenüber bestünden familiäre Bindungen in seinem Heimatland. Insgesamt komme den persönlichen Interessen des Revisionswerbers an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet kein maßgebliches Gewicht zu und würden die öffentlichen Interessen an der "Ausweisung" die entgegenstehenden persönlichen Interessen des Revisionswerbers überwiegen.
7 Die beantragte mündliche Verhandlung habe gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG entfallen können.
8 Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
9 Nach der genannten Verfassungsbestimmung ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich (u.a.) wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG "nicht zur Behandlung eignen", ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
10 An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen dieser in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).
11 Unter diesem Gesichtspunkt macht der Revisionswerber in der - nach Ablehnung und Abtretung seiner Verfassungsgerichtshofsbeschw erde ausgeführten - Revision geltend, "die belangte Behörde" habe das Ermittlungsverfahren mangelhaft geführt. Seine Angaben seien im Verfahren nur unzureichend gewürdigt worden; insbesondere seien auch die im Verfahren vorgelegten Urkunden nicht zugunsten des Revisionswerbers gewertet worden. Da es "die belangte Behörde" verabsäumt habe, eine mündliche Beschwerdeverhandlung anzuberaumen, sei von einer antizipierenden Beweiswürdigung auszugehen.
12 Die Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK iVm § 9 BFA-VG ist aber dann nicht revisibel, wenn sie im Ergebnis vertretbar ist und keinen maßgeblichen Begründungsmangel erkennen lässt (vgl. etwa VwGH 19.9.2019, Ra 2019/21/0264, mwN). Im vorliegenden Fall kann das erzielte Ergebnis jedenfalls nicht als unvertretbar angesehen werden. Das Bundesverwaltungsgericht, das alle zugunsten des Revisionswerbers sprechenden Umstände ohnedies in seine Beurteilung einbezogen hat, durfte angesichts seines erst rund sechsjährigen, nur auf Grund von Aufenthaltsberechtigungen zum Zweck eines Studiums in den ersten viereinhalb Jahren rechtmäßigen Aufenthalts und des Fehlens familiärer Bindungen sogar vom Vorliegen eines eindeutigen Falles ausgehen, der es ihm ausnahmsweise erlaubte, von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung zur Verschaffung eines persönlichen Eindrucks vom Revisionswerber abzusehen (vgl. zu einem ähnlichen Fall etwa VwGH 24.10.2019, Ra 2019/21/0242, mwN).
13 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 4. März 2020
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