VwGH Ra 2017/22/0182

VwGHRa 2017/22/018222.3.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Robl sowie die Hofräte Dr. Mayr und Mag. Berger als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, in der Revisionssache des M A E in G, vertreten durch Dr. Franz Unterasinger, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Radetzkystraße 8, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 6. September 2017, VGW-151/081/7124/2017-6, betreffend Aufenthaltstitel (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Wien), den Beschluss gefasst:

Normen

NAG 2005 §64 Abs1;
NAG 2005 §64 Abs3;
NAG 2005 §64;
NAGDV 2005 §8 Z7 litb;
UniversitätsG 2002 §63 Abs1 Z3;
UniversitätsG 2002 §63;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017220182.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet wird.

Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

2.1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis bestätigte das Verwaltungsgericht den Bescheid der belangten Behörde vom 27. März 2017, mit dem der Antrag des Revisionswerbers, eines ägyptischen Staatsangehörigen, vom 24. Oktober 2016 auf Verlängerung seiner - ihm erstmals ab dem 6. März 2013 erteilten und zuletzt bis zum 12. November 2016 verlängerten - Aufenthaltsbewilligung "Studierender" gemäß § 64 Abs. 1 und 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) abgewiesen wurde.

Das Verwaltungsgericht begründete die Entscheidung damit, dass der Revisionswerber seit dem 1. März 2017 nicht mehr an einer österreichischen Universität inskribiert sei und daher kein Studium im Sinn des § 64 Abs. 1 Z 2 NAG mehr betreibe. Er habe zudem keinen Studienerfolgsnachweis im Sinn des § 64 Abs. 3 NAG iVm. § 8 Z 7 lit. b Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz-Durchführungsverordnung (NAG-DV) erbracht, da er keinerlei Prüfungen abgelegt und vor allem die vorgeschriebene Ergänzungsprüfung Deutsch C1 im Rahmen des ab dem Sommersemester 2013 inskribierten Vorstudienlehrgangs nicht absolviert habe. Er habe ferner keinen Hinderungsgrund im Sinn des § 64 Abs. 3 dritter Satz NAG dargelegt, zumal er die behauptete Erkrankung seines Vaters, derentwegen er sich auf das Studium nicht entsprechend habe konzentrieren können, nicht bescheinigt habe. Im Übrigen stelle die krankheitsbedingte Nichterbringung eines ausreichenden Studienerfolgs während zwei Studienjahren kein bloß vorübergehendes Hindernis dar und fielen psychische Belastungen durch den Tod oder die Erkrankung eines Familienmitglieds generell nicht unter die genannte Bestimmung.

Das Verwaltungsgericht sprach ferner aus, dass die Revision nicht zulässig sei.

2.2. Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die außerordentliche Revision, in der jedoch keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgeworfen wird.

3.1. Der Revisionswerber macht geltend, es ergebe sich schon aus seiner Zulassung zum ordentlichen Studium, dass die "verzögerte Vorlage" eines Studienerfolgsnachweises der Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung nicht entgegenstehe.

3.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass durch die Zulassung zum Studium zwar die Erfüllung der Zulassungsbedingungen für jenes Studium bestätigt wird, dies aber - ebenso wie die Verlängerung des Vorstudienlehrgangs - keinen Nachweis über die Erbringung von universitären Leistungen in einem bestimmten Ausmaß darstellt (vgl. VwGH 27.4.2017, Ra 2017/22/0052, Rn. 11; 21.3.2017, Ra 2017/22/0016). Eine Bindung der Niederlassungsbehörde bei der Beurteilung des Vorliegens eines Studienerfolgsnachweises an die Entscheidung der Universität über die Zulassung zum ordentlichen Studium ist nicht gegeben. Vielmehr stellen die Prüfung der universitätsrechtlichen Zulassungsvoraussetzungen und des Studienerfolgsnachweises nach dem NAG voneinander zu unterscheidende Beurteilungen dar (vgl. VwGH 25.10.2017, Ro 2017/22/0006).

3.3. Vorliegend hat der Revisionswerber unstrittig im Rahmen des ab dem Sommersemester 2013 inskribierten Vorstudienlehrgangs bisher überhaupt keine Prüfungsleistungen erbracht und insbesondere die vorgeschriebene Ergänzungsprüfung Deutsch C1 nicht (positiv) absolviert, weshalb von einer "verzögerten Vorlage" eines Zeugnisses keine Rede sein kann. Er hat daher mangels Erbringung des erforderlichen Studienerfolgsnachweises - auf die Zulassung zum ordentlichen Studium durch die Universität kommt es nach dem oben Gesagten nicht an - die besonderen Erteilungsvoraussetzungen des § 64 Abs. 3 NAG nicht erfüllt.

4.1. Der Revisionswerber releviert, er habe die Ergänzungsprüfung Deutsch am 3. Februar 2017 nicht bestanden, weil er sich beim Lernen nicht entsprechend konzentrieren habe können, da es seinem Vater gesundheitlich sehr schlecht gegangen sei.

4.2. Dem ist entgegenzuhalten, dass mit dem pauschalen Hinweis auf eine Konzentrationsschwäche infolge der Erkrankung seines Vaters nicht konkret dargelegt wird, inwiefern die behauptete Erkrankung den Revisionswerber mehrere Jahre hindurch am Studienerfolg gehindert habe (vgl. VwGH 13.12.2011, 2011/22/0315). Von einem "unabwendbaren oder unvorhersehbaren" Hinderungsgrund im Sinn des § 64 Abs. 3 dritter Satz NAG kann auch nur dann die Rede sein, wenn der Hinderungsgrund nicht dauerhaft ist, wovon jedoch auszugehen ist, wenn der Fremde - wie hier - seit dem Beginn des Studiums in Österreich vor mehreren Jahren keinerlei Studienerfolg nachweisen kann (vgl. VwGH 13.9.2011, 2010/22/0036). Der Verwaltungsgerichtshof hat ferner bereits darauf hingewiesen, dass psychische Belastungen infolge des Todes oder der Erkrankung von Familienmitgliedern oder nahen Angehörigen nicht unter den Tatbestand des § 64 Abs. 3 dritter Satz NAG fallen (vgl. VwGH 6.7.2010, 2010/22/0090; 13.12.2011, 2011/22/0274).

4.3. Ausgehend davon ist das Verwaltungsgericht im Einklang mit der Rechtsprechung zum Ergebnis gelangt, dass in der vom Revisionswerber behaupteten Konzentrationsschwäche kein beachtlicher Hinderungsgrund im Sinn des § 64 Abs. 3 dritter Satz NAG zu erblicken ist.

5.1. Der Revisionswerber macht als Verfahrensmangel geltend, sein Antrag auf Fristverlängerung bis zum 30. Juni 2017 zur Vorlage des Studienerfolgsnachweises sei zu Unrecht abgewiesen worden.

5.2. Ein Verfahrensmangel ist nur dann beachtlich, wenn seine Relevanz für den Verfahrensausgang - im Sinn seiner Eignung, bei einem mängelfreien Verfahren zu einer anderen für den Revisionswerber günstigeren Sachverhaltsgrundlage zu führen - konkret dargetan wird (vgl. VwGH 27.4.2017, Ra 2016/22/0119).

5.3. Der Revisionswerber vermag die Relevanz des behaupteten Mangels nicht darzutun, hat er doch nach den vom Verwaltungsgericht getroffenen Feststellungen auch bis zum 30. Juni 2017 keinerlei Prüfungsleistung an einer österreichischen Universität erbracht. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht zutreffend das Studienjahr 2015/2016 als maßgeblich angesehen.

6. Insgesamt werden daher keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen - auch nur ansatzweise - grundsätzliche Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG zukäme. Die Revision war deshalb zurückzuweisen.

Wien, am 22. März 2018

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