European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020150012.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Das mit der vorliegenden Revision angefochtene Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts (BFG) erging im dritten Rechtsgang im fortgesetzten Verfahren nach den Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofs vom 3. September 2019, Ra 2018/15/0052, sowie vom 31. Jänner 2018, Ro 2016/15/0020, auf welche hinsichtlich des näheren Verfahrensganges verwiesen wird.
2 Die Revisionswerberin ist aufgrund Verschmelzung Rechtsnachfolgerin der T‑Holding GmbH, an der im Streitzeitraum die M GmbH und die F GmbH & Co KG zu jeweils 50 % beteiligt waren.
3 Im Zuge einer im Jahr 2010 durchgeführten Außenprüfung bei der T‑Holding GmbH traf der Prüfer die Feststellung, dass die in den Jahren ab 2007 geltend gemachte Firmenwertabschreibung der Beteiligung an der B GmbH im Betrag von jeweils jährlich 202.429,97 € wegen Vorliegens eines Konzernerwerbs (zivilrechtlicher Erwerb von der M GmbH) steuerlich nicht anzuerkennen und daher dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzuzurechnen sei.
4 Gegen die daraufhin erlassenen (geänderten) Feststellungsbescheide Gruppenträger 2007 bis 2009 erhob die T‑Holding GmbH Berufung (nunmehr: Beschwerde), in der sie beantragte, die Firmenwertabschreibung anzuerkennen.
5 Mit Erkenntnis vom 3. Mai 2016 gab das BFG der Beschwerde statt, wogegen das Finanzamt Revision erhob.
6 Mit Erkenntnis vom 31. Jänner 2018, Ro 2016/15/0020, hob der Verwaltungsgerichthof das Erkenntnis auf und sprach aus, dass der Umstand, dass neben der M GmbH auch die F GmbH & Co KG über ihre Hälftebeteiligung maßgeblichen Einfluss auf die T-Holding GmbH hatte, vor dem Hintergrund des anzuwendenden gesellschaftsrechtlichen Konzernbegriffs einer Anwendbarkeit des Ausschlusstatbestandes nach § 9 Abs. 7 KStG 1988 nicht entgegenstehe. Ist es durch entsprechende Vereinbarungen und personellen Verflechtungen beiden Gründungsgesellschaftern möglich, beherrschenden Einfluss auf die erwerbende Gesellschaft auszuüben, ist der Konzern-Ausschlusstatbestand erfüllt, wenn die Anschaffung der Beteiligung von dem einen oder dem anderen Gesellschafter erfolgt.
7 Im fortgesetzten Verfahren ging das BFG nach Durchführung einer ergänzenden mündlichen Verhandlung von einem Konzernverhältnis zwischen der M GmbH und der T-Holding GmbH aus und versagte mit Erkenntnis vom 16. März 2018 die geltend gemachte Firmenwertabschreibung, wobei es die Feststellungsbescheide Gruppenträger 2007 und 2008 aus einem hier nicht strittigen Punkt abänderte und die Beschwerde betreffend Feststellung Gruppenträger 2009 als unbegründet abwies.
8 Mit Erkenntnis vom 3. September 2019, Ra 2018/15/0052, behob der Verwaltungsgerichtshof ‑ aufgrund einer Revision der Revisionswerberin ‑ dieses Erkenntnis wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften. Dabei wies er darauf hin, dass der Begriff der „Anschaffung“ nach allgemeinen steuerlichen Grundsätzen zu verstehen ist und es daher auf den Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums (§ 24 BAO) ankommt. Das BFG hatte sein Erkenntnis daher insofern mit einem Begründungsmangel belastet, als es sich mit den schon in der Berufung gegen die Bescheide des Finanzamtes vorgebrachten, einen treuhändigen Erwerb der Beteiligungen an der B GmbH durch die M GmbH behauptenden Einwendungen in keiner Weise auseinandergesetzt hatte, zumal in Anbetracht des zeitlichen Ablaufs der Anteilserwerbe durch die M GmbH einerseits und die Weiterveräußerung an die T-Holding GmbH andererseits das Vorliegen eines Treuhandverhältnisses nicht von vornherein von der Hand zu weisen war.
9 Mit dem angefochtenen Erkenntnis versagte das BFG die geltend gemachte Firmenwertabschreibung erneut und erließ spruchgleiche Feststellungsbescheide Gruppenträger wie im zweiten Rechtsgang. Begründend führte es aus, zwischen der T-Holding GmbH als Erwerberin und ihrer Gründungsgesellschafterin M GmbH als Verkäuferin liege ein Konzernverhältnis vor, wobei ein von der Revisionswerberin behaupteter lediglich treuhändiger Erwerb der Anteile an der B GmbH durch die M GmbH nicht stattgefunden habe.
10 Treuhand sei gegeben, wenn eine Person (der Treuhänder) Rechte übertragen erhalte, die sie im eigenen Namen, aber aufgrund einer besonderen obligatorischen Bindung zu einer anderen Person (dem Treugeber) nur in einer bestimmten Weise ausüben solle. Ohne eine obligatorisch bindende Vereinbarung liege keine Treuhandschaft vor. Unter Zugrundelegung der im Verfahren vorgelegten schriftlichen Vereinbarungen zwischen der M GmbH und der F GmbH & Co KG (Gesellschaftervereinbarung vom 2.12.2005, Geschäftsordnung für die Geschäftsführung der T-Holding GmbH vom 2.12.2005) und des Vorbringens der Revisionswerberin gehe das BFG davon aus, dass die M GmbH mit der F GmbH & Co KG [gemeint wohl: der T‑Holding GmbH] keine obligatorisch bindende Vereinbarung zum treuhändigen Erwerb von Geschäftsanteilen der B GmbH getroffen habe, weshalb dieser die Geschäftsanteile vor dem Anteilserwerb von der M GmbH (Notariatsakt vom 17.10.2006) nicht im Sinne des § 24 Abs. 1 lit. c BAO zuzurechnen gewesen seien.
11 Den Behauptungen der Revisionswerberin, dass von vornherein eine (Weiter‑)Übertragung der Anteile (an der B GmbH) an die T-Holding GmbH vorgesehen gewesen sei und bereits im Vorfeld vereinbart worden sei, dass die Anteile an der B GmbH zur Gänze an die T-Holding GmbH weiterveräußert würden, widerspreche schon der Umstand, dass die M GmbH 56 % der Geschäftsanteile an der B GmbH bereits am 7. Jänner 2005 erworben habe, die T-Holding GmbH aber erst am 2. Dezember 2005 (also 11 Monate später) gegründet worden sei. Mangels rechtlicher Existenz der T-Holding GmbH zum Zeitpunkt dieses ersten (und auch größten) Anteilserwerbs habe eine besondere obligatorisch bindende Vereinbarung zum treuhändigen Erwerb von Geschäftsanteilen der B GmbH zwischen der T-Holding GmbH und der M GmbH gar nicht „von vornherein“ bzw. „im Vorfeld“ getroffen worden sein können.
12 Soweit von Seiten der Revisionswerberin im Berufungsschreiben vorgebracht werde, dass „im Rahmen“ der Vereinbarung vom 2. Dezember 2005 auch die Anteile an der B GmbH zur Gänze an die T-Holding GmbH transferiert würden, sei festzuhalten, dass eine obligatorisch bindende Vereinbarung in den späteren schriftlichen Vereinbarungen nicht enthalten sei. Da die M GmbH und die F GmbH & Co KG ihre Geschäftsbeziehungen sonst detailliert geregelt hätten, gehe das BFG davon aus, dass eine obligatorisch bindende Vereinbarung später auch nicht mündlich getroffen worden sei. Dies bestätige das Vorbringen der Revisionswerberin, die eine Vereinbarung zwar behaupte, letztlich aber nur aus den äußeren Umständen (dem „zeitlichen Zusammenhang“) den Schluss ziehe, dass die M GmbH „wirtschaftlich gesehen“ als Treuhänderin fungiert habe. Im Übrigen lasse das Vorbringen der Revisionswerberin selbst das Nichtvorhandensein einer obligatorisch bindenden Vereinbarung erkennen, indem ein Herausgabeanspruch der T‑Holding GmbH relativiert werde („eventuell bereits Herausgabeanspruch“ im Schreiben vom 9. Februar 2011 bzw. „gleichsam schon einen ‚Herausgabeanspruch‘“ im Berufungsschreiben).
13 Dagegen wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der zur Zulässigkeit im Wesentlichen geltend gemacht wird, das BFG verkenne, dass (nach wie vor) keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zu der Frage existiere, ob die aufgrund von § 21 BAO für die Beurteilung abgabenrechtlicher Fragen relevante, auf den wahren wirtschaftlichen Gehalt und nicht nur die äußere Erscheinungsform eines Sachverhaltes abstellende, wirtschaftliche Betrachtungsweise für die Beurteilung der Anerkennung einer im Rahmen der Gruppenbesteuerung des § 9 KStG 1988 geltend gemachten Firmenwertabschreibung iSd § 9 Abs. 7 KStG 1988 heranzuziehen sei.
14 Das angefochtene Erkenntnis entspreche zudem nicht den an eine vollständige und korrekte Würdigung von Beweisen gestellten Anforderungen und sei in seiner Begründung grob mangelhaft und unschlüssig, zumal keine neuerliche mündliche Verhandlung anberaumt worden sei. In einer solchen hätte die Revisionswerberin „anhand von Zeugenaussagen von am Anteilserwerb bzw. ‑verkauf beteiligten Personen die eigentliche wirtschaftliche Intention bzw. Notwendigkeit der gewählten Vorgehensweise glaubhaft machen können.“
15 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.
16 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
17 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
18 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
19 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinem Erkenntnis vom 31. Jänner 2018, Ro 2016/15/0020, zum Ausdruck gebracht, dass bei einer Sachverhaltskonstellation, in der es beiden Gründungsgesellschaftern möglich ist, beherrschenden Einfluss auf die gegründete Gesellschaft auszuüben, der Konzernausschlusstatbestand des § 9 Abs. 7 KStG 1988 erfüllt ist, wenn die Anschaffung der Beteiligung von dem einen oder dem anderen Gesellschafter erfolgt.
20 In seinem Erkenntnis vom 3. September 2019, Ra 2018/15/0052, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass der Begriff der „Anschaffung“ nach allgemeinen steuerlichen Grundsätzen zu verstehen ist und es daher auf den Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums (§ 24 BAO) ankommt. Inwiefern vor diesem Hintergrund Rechtsprechung dazu fehlen sollte, ob für die Beurteilung der Anerkennung einer im Rahmen der Gruppenbesteuerung des § 9 KStG 1988 geltend gemachten Firmenwertabschreibung eine wirtschaftliche Betrachtungsweise heranzuziehen ist, ist nicht ersichtlich.
21 Im angefochtenen Erkenntnis hat das BFG zutreffend darauf verwiesen, dass es bei „Anschaffungen“ für die Annahme eines Übergangs von wirtschaftlichem Eigentum vor dem Zustandekommen des eigentlichen schuldrechtlichen, auf die Eigentumsübertragung ausgerichteten Rechtsgeschäftes im Allgemeinen einer beide Vertragsparteien bindenden, einen späteren Kaufvertrag wirtschaftlich vorwegnehmenden Vereinbarung bedarf (vgl. VwGH 24.10.2019, Ro 2019/15/0177, zu § 30 EStG 1988).
22 Vor diesem rechtlichen Hintergrund hat es sich sodann mit der Behauptung der Revisionswerberin auseinandergesetzt, dass der Erwerb von Geschäftsanteilen der B GmbH durch die M GmbH lediglich treuhändig für die T‑Holding GmbH erfolgt sei und hat dies ‑ für alle Beteiligungserwerbe der M GmbH an der B GmbH (vor und nach der Gründung der T-Holding GmbH) ‑ vertretbar verneint.
23 Dabei hat das BFG darauf hingewiesen, dass die M GmbH zunächst 56 % der Geschäftsanteile an der B GmbH bereits am 7. Jänner 2005 erworben habe, die T‑Holding GmbH aber erst am 2. Dezember 2005 (also 11 Monate später) gegründet worden sei. Mangels rechtlicher Existenz der T-Holding GmbH zum Zeitpunkt dieses ersten (und auch größten) Anteilserwerbs habe eine besondere obligatorisch bindende Vereinbarung zum treuhändigen Erwerb von Geschäftsanteilen der B GmbH zwischen der T-Holding GmbH und der M GmbH gar nicht „von vornherein“ bzw. „im Vorfeld“ getroffen worden sein können.
24 Eine bindende Vereinbarung sei aber auch nicht in den späteren schriftlichen Vereinbarungen enthalten gewesen. Angesichts der im Übrigen detaillierten Regelung der konzerninternen Geschäftsbeziehungen zwischen der M GmbH und der F GmbH & Co KG gehe das BFG davon aus, dass eine bindende Vereinbarung auch nicht mündlich getroffen worden sei. Zudem lasse selbst das Vorbringen der Revisionswerberin das Nichtvorhandensein einer bindenden Vereinbarung erkennen, wenn darin ein Herausgabeanspruch der T‑Holding GmbH relativiert werde („eventuell bereits Herausgabeanspruch“ im Schreiben vom 9. Februar 2011 bzw. „gleichsam schon einen ‚Herausgabeanspruch‘“ im Berufungsschreiben).
25 Eine derartige einzelfallbezogene Beurteilung ist im Allgemeinen ‑ wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde ‑ nicht revisibel (vgl. VwGH 9.6.2020, Ra 2020/13/0032, sowie 10.5.2017, Ra 2017/11/0042, mwN).
26 Dass der letztliche Erwerb der B GmbH durch die T-Holding GmbH „die eigentliche wirtschaftliche Intention“ in der Gestaltung der Konzernbeziehungen und die gewünschte Zielstruktur gewesen sei und dass der vorgelagerte Erwerb durch eine andere Konzerngesellschaft wirtschaftlich notwendig gewesen sei, weil für den ehemaligen Gesellschafter der B GmbH ein Verkauf sonst nicht in Frage gekommen wäre, reicht im Übrigen für die Begründung von wirtschaftlichem Eigentum nicht aus. Mit dem Vorbringen, im Rahmen einer (weiteren) mündlichen Verhandlung hätte die Revisionswerberin „anhand von Zeugenaussagen von am Anteilserwerb bzw. ‑verkauf beteiligten Personen die eigentliche wirtschaftliche Intention bzw. Notwendigkeit der gewählten Vorgehensweise glaubhaft machen können“, vermag die Revisionswerberin daher schon insofern keinen relevanten Verfahrensfehler aufzuzeigen. Dass die (von der M GmbH beherrschte) T-Holding GmbH demgegenüber etwa bereits mit dem Erwerb der Anteile durch die M GmbH in positiver wie negativer Hinsicht Verfügungsgewalt über die Anteile gleich einem rechtlichen Eigentümer gehabt hätte (vgl. VwGH 13.9.2018, Ra 2018/15/0055), behauptet auch die Revision nicht.
27 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 30. Juni 2020
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