VwGH Ra 2020/11/0099

VwGHRa 2020/11/009913.7.2020

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick sowie die Hofrätin Mag. Hainz‑Sator und den Hofrat Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Vitecek, über die Revision des M P in S, vertreten durch Dr. Walter Solic, Rechtsanwalt in 8430 Leibnitz, Augasse 52, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 5. März 2020, Zlen. 1. 405‑7/841/1/10‑2020, 2. 405‑7/842/1/10‑2020 und 3. 405‑7/843/1/10‑2020, betreffend Übertretungen nach dem LSD‑BG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Hallein), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4
LSD-BG 2016 §12 Abs1 Z3
LSD-BG 2016 §21 Abs3
LSD-BG 2016 §22 Abs2
LSD-BG 2016 §26 Abs2
LSD-BG 2016 §27 Abs1
LSD-BG 2016 §28 Z3
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020110099.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde der Revisionswerber ‑ in Abänderung der Strafaussprüche in drei Straferkenntnissen der belangten Behörde vom 9. Oktober 2019 ‑ schuldig erkannt, er habe es als Geschäftsführer und zur Vertretung nach außen Berufener einer näher genannten Gesellschaft mit Sitz in V zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Beschäftigerin von zwei namentlich genannten, grenzüberschreitend überlassenen Arbeitskräften kroatischer Staatsangehörigkeit ihrer Verpflichtung zur Bereithaltung von Unterlagen (Sozialversicherungsdokumente, Meldung gemäß § 19 LSD‑BG und behördliche Genehmigung), zur Bereithaltung der Lohnunterlagen und zur Übermittlung der zur Erhebung des zuständigen Entgeltes erforderlichen Unterlagen (Sozialversicherungsunterlagen, ZKO‑Meldung, Lohnunterlagen, behördliche Genehmigung) an die Abgabenbehörde nicht nachgekommen sei.

2 Der Revisionswerber habe dadurch gegen § 21 Abs. 3, § 22 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 Z 3 LSD‑BG verstoßen, weshalb gegen ihn gemäß § 26 Abs. 2, § 28 Z 3 und § 27 Abs. 1 LSD‑BG jeweils eine Geldstrafe verhängt werde. Unter einem setzte das Landesverwaltungsgericht Salzburg die jeweiligen Beiträge zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens neu fest, behob jeweils die Aussprüche in den Straferkenntnissen der belangten Behörde über eine Ersatzfreiheitsstrafe und sprach aus, dass der Revisionswerber keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten habe. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof sei gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig.

3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende (außerordentliche) Revision.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, das Verwaltungsgericht sei in Abweichung von näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (unter anderem Verweis auf VwGH 22.8.2017, Ra 2017/11/0068) von einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung und nicht von einem Werkvertrag ausgegangen, obwohl die Arbeitnehmer einen abgegrenzten Arbeitsbereich gehabt und mit eigenen Arbeitsmitteln gearbeitet hätten, der schriftliche Werkvertrag vorgelegt worden sei und die Rechnungslegung ebenfalls das Vorliegen eines Werkvertrages bestätige.

8 Damit legt die Revision eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht dar.

9 Das Verwaltungsgericht traf nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zusammengefasst folgende ‑ unbestritten gebliebene ‑Feststellungen:

10 An der fraglichen Baustelle seien neben den beiden in Rede stehenden Arbeitnehmern zum Zweck des Fliesenverlegens noch vier Arbeitnehmer der vom Revisionswerber vertretenen Gesellschaft anwesend gewesen. Erstere seien von einem dieser Arbeitnehmer nicht bloß beaufsichtigt, sondern laufend kontrolliert worden. Alle Arbeitnehmer hätten eine gemeinsame Unterkunft im Nahebereich der Baustelle gehabt und seien gemeinsam mit zwei Fahrzeugen „im Konvoi“ zur Baustelle angereist, wobei die beiden in Rede stehenden Arbeitnehmer gemeinsam ein Fahrzeug ihres Dienstgebers benutzt und ihr eigenes Werkzeug transportiert hätten. Die Baustoffe seien von dritter Seite zur Baustelle angeliefert und von allen Arbeitern gemeinsam verarbeitet worden. Diese beiden Arbeitnehmer seien nicht bloß zum Zweck der Verlegung bestimmter Fliesen auf der Baustelle anwesend gewesen, sondern seien ohne nähere örtliche Eingrenzung oder Einschränkung auf das Verlegen bestimmter Fliesen im Verkaufsraum eingesetzt worden.

11 Ausgehend von diesen Feststellungen führte das Verwaltungsgericht rechtlich aus, bei einer gesamtheitlichen Betrachtung handle es sich bei einem zwischen der vom Revisionswerber vertretenen Gesellschaft und dem Dienstgeber der beiden Arbeitnehmer abgeschlossenen (im Erkenntnis im Wortlaut wiedergegebenen) Vertrag nicht um einen Werkvertrag. Der Vertrag weise keine individualisierte und konkretisierte Leistung aus; ihm sei „keine gewährleistungstaugliche Erfolgsvorgabe“ zu entnehmen. Ein Mitarbeiter der vom Revisionswerber vertretenen Gesellschaft habe eine laufende und individuell konkrete Weisungs‑ und Kontrollbefugnis in uneingeschränkter Form gegenüber den beiden Arbeitnehmern ausgeübt. Der alleinige Umstand, dass die beiden Arbeitnehmer, die auch unmittelbar in den zeitlichen Arbeitsablauf der vom Revisionswerber vertretenen Gesellschaft eingebunden gewesen seien, kein Werkzeug dieser Gesellschaft verwendet hätten, sei fallgegenständlich für eine Qualifizierung als Werkvertrag nicht ausreichend.

12 Die Revision legt nicht dar, dass das Verwaltungsgericht damit von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Abgrenzung zwischen Arbeitskräfteüberlassung und Werkvertrag nach den im hg. Erkenntnis vom 22. August 2017, Ra 2017/11/0068 (unter Bezugnahme auf das Urteil des EuGH vom 18.6.2015, Martin Meat, C‑586/13), genannten Kriterien abgewichen wäre. Das Verwaltungsgericht hat zwar nicht ausdrücklich auf dieses Erkenntnis Bezug genommen, jedoch ‑ wie dargelegt ‑ der Sache nach die darin als maßgeblich genannten Kriterien im Rahmen einer Gesamtbetrachtung bei seiner Beurteilung berücksichtigt. Dem (vertretbaren) Ergebnis dieser Beurteilung kommt daher bloß einzelfallbezogene Bedeutung zu. Es ist daher auch nicht revisibel (vgl. VwGH 16.5.2018, Ra 2018/11/0088, Rn 14; zuletzt etwa VwGH 18.12.2019, Ra 2018/11/0148 bis 0149, mwN).

13 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 13. Juli 2020

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