VwGH Ra 2020/01/0111

VwGHRa 2020/01/011123.4.2020

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek sowie die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Terlitza als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kienesberger, über die Revisionen 1. des M Z (alias M A),

2. der H Z (alias S A), und 3. des A Z (alias A A), alle vertreten durch Dr. Gregor Klammer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Jordangasse 7/4, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts

vom 5. Februar 2020, Zlen. 1. L507 2214698-1/30E, 2. L507 2214697- 1/26E und 3. L507 2216169-1/17E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4
MRK Art8
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020010111.L00

 

Spruch:

Die Revisionen werden zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 31. Jänner 2019 (Erstrevisionswerber und Zweitrevisionswerberin) und vom 13. Februar 2019 (Drittrevisionswerber) wurde den Revisionswerbern, Staatsangehörigen der Türkei, der Status der Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aberkannt und festgestellt, dass ihnen die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukomme, der Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 nicht zuerkannt, keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, Rückkehrentscheidungen erlassen, sowie festgestellt, dass die Abschiebung der Revisionswerber in die Türkei zulässig sei und eine zweiwöchige Frist zur freiwilligen Ausreise festgesetzt. 2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobenen Beschwerden nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach gemäß § 25a Abs. 1 VwGG aus, dass die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

3 Dagegen richten sich die vorliegenden außerordentlichen Revisionen, die auf das Wesentliche zusammengefasst eine Verletzung der Ermittlungspflicht, der Rechte aus Art. 6 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates EWG/Türkei vom 19. September 1980 über die Entwicklung der Assoziation (ARB 1/80) sowie der Rechte aus Art. 8 EMRK geltend machen.

4 Die Verfahren wurden wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung verbunden (vgl. etwa VwGH 18.2.2015, Ra 2015/04/0003; 30.4.2018 Ro 2017/01/0003).

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 7 Werden Verfahrensmängel - wie hier durch den Erstrevisionswerber und die Zweitrevisionswerberin die unterlassene Befragung von Zeuginnen im Rechtshilfeweg - als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, muss auch schon in der gesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel dargetan werden, weshalb bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können. Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler ist in konkreter Weise, also fallbezogen, darzulegen (vgl. VwGH 20.12.2019, Ra 2019/01/0431 bis 0433, mwN). 8 Diesen Anforderungen werden der Erstrevisionswerber und die Zweitrevisionswerberin mit ihrem diesbezüglichen Zulässigkeitsvorbringen nicht gerecht, zumal das BVwG schlüssig begründete, warum es von der Befragung der Zeuginnen absah. Die Revisionen zeigen ausgehend davon nicht auf, inwiefern dennoch eine Zeugenbefragung durchzuführen gewesen wäre.

9 In der gesonderten Zulassungsbegründung gemäß § 28 Abs. 3 VwGG ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat (vgl. etwa VwGH 20.12.2019, Ra 2019/01/0431 bis 0433, mwN). Dabei hat der Revisionswerber im Falle der behaupteten Abweichung von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes konkret darzulegen, dass der der gegenständlich angefochtenen Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt einer der von ihm ins Treffen geführten hg. Entscheidungen gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall jedoch dennoch anders entschieden hat (vgl. VwGH 12.2.2020, Ra 2020/11/0005, mwN). Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. etwa VwGH 9.1.2020, Ra 2018/01/0343, mwN).

10 Mit dem pauschalen Vorbringen, das Erkenntnis "wende" sich gegen Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) und "der Höchstgerichte" zu Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 erfüllen die Revisionen diese Anforderungen nicht.

11 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine im Einzelfall vorgenommene Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel (vgl. etwa VwGH 23.12.2019, Ra 2019/01/0479, mwN). Die Revisionen zeigen nicht auf, dass das BVwG die jeweilige Interessenabwägung in unvertretbarer Weise vorgenommen hätte.

12 Im Übrigen wird mit dem weiteren, wiederum jeweils nur einzelfallbezogenen Zulässigkeitsvorbringen keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt.

13 In den Revisionen werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revisionen waren daher zurückzuweisen.

14 Von der Durchführung der jeweils beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.

Wien, am 23. April 2020

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