VwGH Ra 2019/19/0506

VwGHRa 2019/19/05069.1.2020

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens sowie die Hofräte Mag. Stickler und Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Schara, in der Revisionssache des M A, vertreten durch Dr. Gregor Klammer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Jordangasse 7/4, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. Oktober 2019, W193 2163496-1/14E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §11
AsylG 2005 §8 Abs1
MRK Art2
MRK Art3

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019190506.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 30. Mai 2016 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Zu seinen Fluchtgründen gab er an, es drohe ihm Verfolgung aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara.

2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies diesen Antrag mit Bescheid vom 24. Mai 2017 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen den Revisionswerber eine Rückkehrentscheidung und sprach aus, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt.

3 Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobene Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4 Das BVwG führte mit näherer Begründung aus, dass dem Revisionswerber aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara keine asylrelevante Verfolgung drohe. Es stellte fest, dass der Revisionswerber aus der Provinz Ghazni stamme. In Afghanistan habe er die Schule besucht und Arbeitserfahrung als Hilfsarbeiter gesammelt. Der Revisionswerber sei gesund und arbeitsfähig. In Afghanistan seien seine Mutter und zwei Brüder weiterhin aufhältig. Bei einer Rückkehr könne er vor Ort Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen. Das Bundesverwaltungsgericht traf Länderfeststellungen, die insbesondere die Städte Kabul und Herat betrafen, und folgerte in rechtlicher Hinsicht, dem Revisionswerber stehe in Kabul und Herat eine innerstaatliche Fluchtalternative offen, sodass der Antrag auf internationalen Schutz zur Gänze abzuweisen sei.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 8 Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit seiner Revision vor, die Begründung des BVwG sei mangelhaft. Im Zuge seiner rechtlichen Beurteilung sei das BVwG von unrichtigen Sachverhaltsannahmen ausgegangen. Insbesondere habe es dort - insofern in Abweichung von den Feststellungen - ausgeführt, dass die Herkunftsprovinz des Revisionswerbers die Provinz Daikundi sei. Unter Berücksichtigung, dass der Revisionswerber jedoch aus der "Bürgerkriegsregion" Ghazni stamme, betreffe diese unrichtige Annahme die Frage, ob der Revisionswerber durch die Rückkehr nach Afghanistan in seinen Rechten nach Art. 2 und 3 EMRK verletzt werde. Darüber hinaus habe das Bundesverwaltungsgericht seine Pflicht zur amtswegigen Ermittlung des Sachverhaltes verletzt, indem es die Richtlinien des UNHCR zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30. August 2018 und eine weitere im Internet veröffentlichte - in der Revision nicht näher bezeichnete - Studie nicht berücksichtigt habe. Bei richtiger Beurteilung hätte das BVwG zum Schluss kommen müssen, dass dem Revisionswerber subsidiärer Schutz zuzuerkennen sei.

9 Die Revision tritt den Feststellungen des BVwG, wonach es sich beim Revisionswerber um einen volljährigen, gesunden und arbeitsfähigen Mann mit Schulbildung und Berufserfahrung in Afghanistan handle, der zudem Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen könne, nicht entgegen. Davon ausgehend vermag die Revision nicht aufzuzeigen, dass die - für sich allein tragende - Annahme des Bundesverwaltungsgerichts, dem Revisionswerber stehe auf Grundlage der getroffenen Feststellungen in Herat eine innerstaatliche Fluchtalternative offen, unvertretbar wäre (vgl. etwa VwGH 23.8.2019, Ra 2019/14/0378). Für die Beurteilung der Vorliegens einer innerstaatlichen Fluchtalternative war dagegen nicht relevant, aus welcher Region Afghanistans der Revisionswerber stammt (vgl. näher zum Bestehen einer innerstaatlichen Fluchtalternative in Afghanistan aufgrund selber Berichtslage zuletzt VwGH 17.9.2019, Ra 2019/14/0160). 10 Werden Verfahrensmängel - wie hier Ermittlungs- und Begründungsmängel - als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden (vgl. etwa VwGH 29.5.2019, Ra 2019/20/0043, mwN). 11 Welche für die Beurteilung des Vorliegens einer innerstaatlichen Fluchtalternative in Herat maßgeblichen Feststellungen aufgrund der in der Revision genannten Berichte - insbesondere der Richtlinien des UNHCR vom 30. August 2018 - das BVwG zu treffen gehabt hätte, legt die Revision nicht konkret dar. Sie vermag daher eine Relevanz des geltend gemachten Verfahrensmangels nicht aufzuzeigen.

12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 9. Jänner 2020

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