VwGH Ra 2019/10/0199

VwGHRa 2019/10/01995.11.2020

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie den Hofrat Dr. Fasching und die Hofrätin Dr. Leonhartsberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Wurzer, über die Revision der H F in O, vertreten durch Dr. Eckart Fussenegger, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Mirabellplatz 6/II, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom 15. Oktober 2019, 405‑9/769/1/2‑2019, betreffend eine Leistung nach dem Salzburger Sozialhilfegesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Landeshauptstadt Salzburg), den Beschluss gefasst:

Normen

ASVG §330a idF 2017/I/125
MSG Slbg 2010 §6
MSG Slbg 2010 §7
SHG Slbg 1975 §6
SHG Slbg 1975 §8
SHG Slbg 1975 §8 Abs1
VwRallg

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019100199.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 2. Mai 2019 wurde dem Antrag der Revisionswerberin auf Zuerkennung einer Leistung nach § 17 Salzburger Sozialhilfegesetz (S.SHG) für die Tragung der Aufenthaltskosten in der Seniorenresidenz S für den Zeitraum 1. Dezember 2018 bis 30. Juni 2020 stattgegeben. Betraglich festgehalten wurden im Spruch die Aufenthaltskosten, die Eigenleistung, welche direkt an die Einrichtung zu zahlen sei, sowie die Eigenleistung, die dem Sozialhilfeträger überwiesen werde.

2 Die Revisionswerberin erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde, in der sie im Wesentlichen vorbrachte, dass die Zahlungen aus einer privaten Pensionsversicherung zu Unrecht zur Gänze als Einkommen gewertet worden seien, da es sich beim überwiegenden Teil des Auszahlungsbetrages der privaten Pensionsversicherungsanstalt um Vermögensrückzahlungen handle.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 15. Oktober 2019 wies das Landesverwaltungsgericht Salzburg (im Folgenden: Verwaltungsgericht) diese Beschwerde als unbegründet ab und sprach aus, dass die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.

4 Begründend führte das Verwaltungsgericht aus, die Revisionswerberin beziehe aus der Zusatzpension bei der R AG monatliche Zahlungen in der Höhe von € 513,52. Seitens der Pensionsversicherungsanstalt werde eine monatliche Leistung in der Höhe von € 557,27 zuzüglich € 290,‑ ‑ an Pflegegeld Stufe 2 abzüglich € 28,42 Krankenversicherungsbeitrag angewiesen. Die belangte Behörde habe die Pension der Pensionsversicherungsanstalt wie auch jene der R AG insofern übergeleitet, als 80 % der Rente unmittelbar an den Kostenträger überwiesen würden.

5 Rechtlich führte das Verwaltungsgericht aus, die Revisionswerberin beziehe aus dem Pensionsversicherungsvertrag mit der R AG eine Zusatzpension in der Höhe von € 513,52, welche ihr monatlich zufließe. Das Vorbringen, wonach Grundlage dieser Versicherung eine Einmalzahlung der Revisionswerberin in der Höhe von € 55.764,65 sei und es sich daher um eine Zahlung aus dem Vermögensstamm handle, widerspreche der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum umfassenden Einkommensbegriff in der Sozialhilfe, wonach die Herkunft der regelmäßigen Leistungen zweitrangig sei und es darum gehe, dass die Zahlungen der Revisionswerberin monatlich zuflössen und zur Verfügung stünden. Die Zusatzpension sei daher als Einkommen gemäß § 8 S.SHG zu werten und könne nicht dem Vermögensstamm zugerechnet werden, welcher seit 1. Jänner 2018 aufgrund der Abschaffung des Pflegeregresses nicht mehr zur Begleichung der Heimkosten herangezogen werden dürfe.

6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

7 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10 In der Revision wird zur Zulässigkeit vorgebracht, es fehle Rechtsprechung zur Frage, ob wiederkehrende Zahlungen aus privaten Lebensversicherungsverträgen aus einer Kapitaleinzahlung, welche weit vor Inanspruchnahme der Sozialhilfe liege, dem Einkommen oder dem Vermögen zuzurechnen seien. Die monatlichen Zahlungen aus der Pensionsversicherung, welche sich als Zurückzahlung des hingegebenen Kapitals (der Einmalprämie) darstellten, seien schon vorhandenes Vermögen und nicht vergleichbar mit einem laufenden Bezug.

11 Gemäß § 330a ASVG (Verfassungsbestimmung) ist ein Zugriff auf das Vermögen von in stationären Pflegeeinrichtungen aufgenommenen Personen, deren Angehörigen, Erben/Erbinnen und Geschenknehmer/inne/n im Rahmen der Sozialhilfe zur Abdeckung der Pflegekosten unzulässig.

12 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits vor Einführung des § 330a ASVG im Zusammenhang mit der Gewährung von Sozialhilfe darauf hingewiesen, dass der Einsatz eigener Mittel (nämlich des Einkommens und des verwertbaren Vermögens) unabhängig davon vorzunehmen ist, von wem und aus welchem Rechtsgrund bzw. Titel der Hilfesuchende dieses Einkommen und/oder Vermögen erhält bzw. erhalten hat. Der wesentliche Unterschied zwischen diesen beiden Arten eigener Mittel ist, dass es sich beim Einkommen um laufende, aber nicht unbedingt regelmäßige Einnahmen in Geld handelt, beim Vermögen hingegen um (im jeweiligen Zeitraum) bereits vorhandene Werte, mögen sie auch aus dem Überschuss nicht verbrauchten Einkommens entstanden sein (vgl. VwGH 30.9.1994, 93/08/0001 und 94/08/0144; 28.2.2018, Ra 2016/10/0055; 26.9.2019, Ra 2018/10/0199, mwN). Die Abgrenzung der Begriffe „Einkommen“ und „Vermögen“ ist in Zweifelsfällen anhand einer „Zuflussbetrachtung“ durchzuführen. Danach ist für die Frage, ob Geld und Geldeswert dem Einkommen oder dem Vermögen zuzurechnen sind, der Zeitpunkt des Zuflusses an den Empfänger entscheidend. Erfolgt der Zufluss im Bedarfszeitraum, so handelt es sich um Einkommen. Der nach Ablauf eines Bedarfsabschnitts nicht verbrauchte Teil der Einkünfte wächst dem Vermögen zu (vgl. VwGH 25.5.2018, Ra 2017/10/0135). So hat der Verwaltungsgerichtshof beispielsweise im Zusammenhang mit der Auszahlung einer Abfertigung ausgeführt, dass der zugeflossene Abfertigungsbetrag im Bedarfsmonat als Einkommen bei der Gewährung der Mindestsicherung zu berücksichtigen ist (vgl. neuerlich VwGH 26.9.2019, Ra 2018/10/0199).

13 Der Verfassungsgerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass eine Differenzierung zwischen hilfebedürftigen Personen, die ihr Vermögen behalten, und hilfebedürftigen Personen, die dieses in Einkommen umgewandelt haben, in der Verfassungsbestimmung des § 330a ASVG Deckung findet (vgl. VfGH 24.9.2018, E 2914/2018‑7).

14 Im konkreten Fall fließen der Revisionswerberin monatliche Geldleistungen zu. Nicht relevant ist, von wem und aus welchem Rechtsgrund bzw. Titel die Revisionswerberin dieses Einkommen erhält. Dass die Revisionswerberin das ursprünglich vorhandene Vermögen in eine private Pensionsversicherung eingezahlt hat, ändert nichts an der Qualifikation der monatlichen Zahlungen als Einkommen.

15 Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin fehlt es insoweit weder an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch ist das Verwaltungsgericht mit seiner Beurteilung, die monatlichen Zahlungen aus einer privaten Pensionsversicherung seien bei der Gewährung von Sozialhilfe als Einkommen zu berücksichtigen, von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen.

16 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher ohne weitere Verfahren mit Beschluss gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 5. November 2020

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