VwGH Ro 2018/17/0005

VwGHRo 2018/17/00056.7.2020

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Enzenhofer, die Hofrätin Mag. Dr. Zehetner und den Hofrat Mag. Berger als Richter bzw. Richterin, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision der revisionswerbenden Partei M Ltd. in S, vertreten durch MMag. Dr. Christoph Leitgeb, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Währinger Straße 2-4, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 21. August 2017, RV/7100702/2016, betreffend Glücksspielabgabe für den Monat September 2014 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel), den Beschluss gefasst:

Normen

ABGB §1267
BAO §167 Abs2
B-VG Art133 Abs4
GebG 1957 §33 TP17 Abs2
GSpG 1989 §57 Abs2
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2020:RO2018170005.J00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die revisionswerbende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Die revisionswerbende Partei, eine Gesellschaft mit Sitz in Malta, bot im Internet weltweit an, über ihre Domain an Glücksspielen (u.a. Live‑Pokerspiele, Roulette, Videslots, Black Jack) teilzunehmen.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis setzte das Bundesfinanzgericht (BFG) im Instanzenzug für die revisionswerbende Partei die Glücksspielabgabe nach § 57 Abs. 2 Glücksspielgesetz ‑ GSpG für September 2014 fest und sprach aus, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG zulässig sei.

3 Gegen das genannte Erkenntnis wendet sich vorliegende Revision. Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Das Verwaltungsgericht hat nach § 25a Abs. 1 VwGG im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG zulässig ist, und dies kurz zu begründen.

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

8 Die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zur Kontrolle der Entscheidungen der Verwaltungsgerichte ist nicht nur für den Fall einer außerordentlichen Revision, sondern auch bei ordentlichen Revisionen auf die Wahrnehmung von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG begrenzt (vgl. VwGH 6.3.2019, Ro 2018/03/0029, mwN).

9 Die vom Verwaltungsgerichtshof vorzunehmende Kontrolle einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung stützt sich für außerordentliche und ordentliche Revisionen in gleicher Weise jeweils auf eine gesonderte Darlegung der Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Revision (vgl. VwGH 22.10.2019, Ro 2018/10/0044, mwN).

10 Die revisionswerbende Partei hat auch bei Erhebung einer ordentlichen Revision von sich aus die Zulässigkeit der Revision (gesondert) darzulegen, sofern sie der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichts für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht, oder sie andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet. In einem solchen Fall ist von der revisionswerbenden Partei auf die vorliegende Rechtssache bezogen für jede von ihr - über die Zulässigkeitsbegründung des Verwaltungsgerichts hinausgehend - als von grundsätzlicher Bedeutung qualifizierte Rechtsfrage konkret (unter Berücksichtigung auch der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes) aufzuzeigen, warum der Verwaltungsgerichtshof diese Rechtsfrage in einer Entscheidung über die Revision als solche von grundsätzlicher Bedeutung zu behandeln hätte, von der die Lösung der Revision abhängt (vgl. VwGH 5.9.2018, Ro 2017/11/0022, mwN).

11 Auf eine Rechtsfrage, die das Verwaltungsgericht bei der Zulassung der ordentlichen Revision als grundsätzlich angesehen hat, ist vom Verwaltungsgerichtshof nicht einzugehen, wenn diese Rechtsfrage in der Revision nicht angesprochen wird (vgl. VwGH 24.5.2018, Ro 2017/07/0022, mwN).

12 Das BFG hat seinen Zulässigkeitsausspruch zunächst mit der fehlenden Rechtsprechung in Bezug auf die „Unionsrechtskonformität der Besteuerung von Online-Glücksspielen“, die „Auslegung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 57 Abs. 2 GSpG“ und die Berücksichtigung von „Boni“ begründet. Abgesehen davon, dass das BFG dabei nicht einmal ansatzweise eine Rechtsfrage formuliert hat, werden die genannten Themen im Zulässigkeitsvorbringen der Revision nicht aufgegriffen, sodass es sich schon deswegen erübrigt, darauf näher einzugehen.

13 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, in Bezug auf die Auslegung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 57 Abs. 2 GSpG fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der Frage, wie für die Bemessung der Glücksspielabgabe die „Teilnahme vom Inland aus“ bei Online-Glücksspielen festzustellen sei. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Wettgebühr nach § 33 TP 17 Gebührengesetz (GebG) stellten zwar Registrierungsadresse und IP-Adresse taugliche Indizien für die Bestimmung des physischen Aufenthaltsortes des Wetteilnehmers dar. Es fehle aber Judikatur dazu, ob dies auch im Anwendungsbereich des § 57 Abs. 2 GSpG gelte und ob es genüge, dass nur eines dieser Indizien vorliege, um eine „Inlandsteilnahme“ festzustellen.

14 Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht vorliegt, wenn diese Frage in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs bereits beantwortet wurde, auch wenn diese Rechtsprechung zu anderen Normen, die sich in den entscheidenden Teilen nicht von den im konkreten Fall anzuwendenden Normen unterscheiden, ergangen ist (vgl. etwa VwGH 13.11.2018, Ra 2018/03/0092, mwN).

15 Das trifft im vorliegenden Fall zu:

16 Gemäß § 57 Abs. 2 erster Satz GSpG unterliegen elektronische Lotterien, an denen die Teilnahme vom Inland aus erfolgt und die nicht über Video-Lotterie-Terminals im Sinne des § 12a Abs. 2 GSpG durchgeführt werden, der Glücksspielabgabe.

17 § 33 TP 17 Abs. 1 Z 1 GebG sieht eine Besteuerung im Inland abgeschlossener Wetten, die nicht dem GSpG unterliegen, vor. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung gilt eine Wette u.a. auch dann als im Inland abgeschlossen, wenn die Teilnahme an dem Rechtsgeschäft Wette vom Inland aus erfolgt.

18 Der Teilnahme sowohl an einer Wette als auch an einer elektronischen Lotterie nach § 57 Abs. 2 GSpG liegt der Abschluss eines Glücksvertrages zugrunde. Dieser Abschluss kann in beiden Fällen über das Internet erfolgen. In beiden Fällen führt dieser Abschluss nach der insofern gleichlautenden Bedingung des § 33 TP 17 Abs. 2 GebG und des § 57 Abs. 2 GSpG nur dann zu einer Besteuerung nach dem GebG oder nach dem GSpG, wenn die Teilnahme an der Wette oder der elektronischen Lotterie vom Inland aus erfolgt. Es macht in dieser Hinsicht keinen Unterschied, ob der über Internet abgeschlossene Glücksvertrag die Teilnahme an einer Wette oder an einer elektronischen Lotterie zum Inhalt hat. In beiden Fällen lässt sich die Teilnahme vom Inland aus nur anhand von Indizien beurteilen, die in gleicher Weise von den Angaben der Teilnehmer und den technischen Gegebenheiten abhängen.

19 Der Verwaltungsgerichtshof hat im Zusammenhang mit Wetten bereits mehrfach ausgeführt, dass es bei der Frage, ob an einer Wette vom Inland aus teilgenommen wurde (§ 33 TP 17 Abs. 2 GebG), um einen als Ergebnis der Beweiswürdigung festzustellenden Sachverhalt geht, der den zur Abgabenpflicht führenden Tatbestand verwirklicht, und dass zu einer solchen Sachverhaltsfeststellung sowohl die Registrierung des Users mit einer inländischen Wohnanschrift als auch die Zuordnung der Wette zu einer inländischen IP-Adresse als Indizien dafür dienen können, dass sich der Wettteilnehmer bei Verwirklichung des Tatbestandes im Inland befunden hat (vgl. VwGH 28.2.2020, Ra 2019/16/0060, mwN). Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass die Gewichtung einzelner Indizien und somit auch die Sachverhaltsfeststellung auf ein Indiz zu stützen und ein anderes Indiz im Wege der Beweiswürdigung zu verwerfen, in seiner Bedeutung über den Einzelfall nicht hinausgeht (vgl. wieder VwGH 28.2.2020, Ra 2019/16/0060; 14.1.2020, Ro 2018/16/0046). Das bedeutet aber auch für den vorliegenden Revisionsfall, dass durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Frage, ob Registrierungsadressen der Teilnehmer bzw. IP-Adressen der benutzten Endgeräte als Indizien für die Annahme eines inländischen Aufenthaltsortes der Teilnehmer herangezogen werden können, geklärt ist. Weiters wurde klargestellt, dass die Frage, ob sich die Abgabenbehörde nur auf eines der genannten Indizien stützen darf, in der Regel keine Frage von grundsätzlicher Bedeutung darstellt. Dass das BFG im Revisionsfall die konkrete Beweiswürdigung in einer unvertretbaren, die Rechtssicherheit beeinträchtigenden Weise vorgenommen hätte, wird von der revisionswerbenden Partei in ihrem Zulässigkeitsvorbringen im Übrigen nicht behauptet.

20 Sowohl das BFG als auch die revisionswerbende Partei machen zur Zulässigkeit der Revision weiters das Fehlen von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der Frage, ob „Netto Jackpot Costs“ bzw. „Net‑Jackpot‑Costs“ Teil der Jahresbruttospieleinnahmen idS § 57 Abs. 5 GSpG und damit Teil der Bemessungsgrundlage der Glücksspielabgabe sind, geltend.

21 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass sich weder aus den Zulässigkeitsausführungen des BFG noch aus jenen der Revision ergibt, um welche konkrete Art von „Kosten“ der revisionswerbenden Partei es sich dabei handeln soll. Nach der ständigen Rechtsprechung erfolgt die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung (vgl. etwa VwGH 27.4.2020, Ra 2018/17/0237, mwN). Der Verwaltungsgerichtshof ist daher nicht verpflichtet, anhand des übrigen Revisionsvorbringens oder der sonstigen Begründung des angefochtenen Erkenntnisses zu erforschen, welche Bedeutung die revisionswerbende Partei bzw. das BFG diesem - dem Abgaben‑ und Glücksspielrecht fremden - Begriff der „Net-Jackpot-Costs“ im vorliegenden Abgabenverfahren beigemessen haben. Sollte es sich tatsächlich um bloße Kosten der revisionswerbenden Partei handeln, fände deren Berücksichtigung im Wortlaut des § 57 Abs. 5 GSpG, wonach die Jahresbruttospieleinnahmen (ausschließlich) aus dem Saldo von Einsätzen und ausgezahlten Gewinnen gebildet werden, keine Deckung. Mit ihrem Vorbringen zeigt die Revision im Übrigen auch nicht auf, dass der Beantwortung dieser Frage eine über den vorliegenden Revisionsfall hinausgehende Bedeutung zukommen würde, sodass auch aus diesem Grund nicht vom Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auszugehen ist.

22 Da die Revision somit insgesamt keine Rechtsfragen aufwirft, denen grundsätzliche Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG zukäme, war sie gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

23 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 51 VwGG in Verbindung mit der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 6. Juli 2020

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