VwGH Ra 2018/17/0237

VwGHRa 2018/17/023727.4.2020

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick und die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner, Mag. Liebhart-Mutzl sowie Dr. Koprivnikar und den Hofrat Dr. Terlitza als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision des M D in U, vertreten durch Mag. Rainer Hochstöger, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Breitwiesergutstraße 10, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 18. Oktober 2018, LVwG-S-27/001-2018, betreffend Übertretungen des Glücksspielgesetzes, den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2020:RA2018170237.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Revisionswerber hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 553,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 21. November 2017 wurde der Revisionswerber "als das (...) zur Vertretung nach Außen berufene Organ" (nämlich in seiner "Funktion als individual managing director") einer näher bezeichneten Gesellschaft der dreifachen Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 Glücksspielgesetz (GSpG) schuldig erkannt, weil die Gesellschaft in einem näher bezeichneten Lokal verbotene Ausspielungen veranstaltet habe. Es wurden über den Revisionswerber drei Geldstrafen (samt Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt und ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vorgeschrieben.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (LVwG) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung der gegen das Straferkenntnis erhobenen Beschwerde unter Modifikation des Spruchs teilweise Folge und setzte die Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen sowie den Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens herab. Im Übrigen wies das LVwG die Beschwerde als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.

3 Gegen das genannte Erkenntnis wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 In diesen gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorzubringenden Gründen ist konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage dieser uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat. Dabei hat der Revisionswerber im Falle der behaupteten Abweichung von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes konkret darzulegen, dass der der gegenständlich angefochtenen Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt einer der von ihm ins Treffen geführten hg. Entscheidungen gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall jedoch dennoch anders entschieden hat (vgl. VwGH 12.2.2020, Ra 2020/11/0005, mwN).

8 Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG (nur) im Rahmen der dafür in der Revision (gemäß § 28 Abs. 3 VwGG: gesondert) vorgebrachten Gründe zu überprüfen hat, ist er weder verpflichtet, solche Gründe anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen. Dementsprechend erfolgt nach der Rechtsprechung die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung (vgl. VwGH 20.5.2015, Ra 2014/19/0175, mwN).

9 Der gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gebotenen gesonderten Darstellung der Gründe, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts die Revision für zulässig erachtet wird, wird nicht auch schon durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung oder zu den Rechten, in denen sich der Revisionswerber verletzt erachtet, Genüge getan (vgl. VwGH 25.3.2014, Ra 2014/04/0001; 28.2.2014, Ro 2014/03/0005). Auch der allgemeine Hinweis, wonach die Entscheidung von der Rechtsprechung des VwGH abweicht, reicht nicht aus, um das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung darzutun (vgl. VwGH 28.2.2014, Ro 2014/16/0004). 10 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit zunächst vor, das LVwG habe mit dem angefochtenen Erkenntnis gegen die ständige hg. Rechtsprechung zum "Nachschärfen der Umschreibung der Tat verstoßen". Die "Art des Tatvorwurfs im gegenständlichen Straferkenntnis" habe den Revisionswerber nicht in die Lage versetzt, sich entsprechend zu verteidigen. Es sei nicht einmal angeführt, "in welcher Funktion und hinsichtlich welcher juristischen Person er dies zu verantworten hätte". Der Mangel sei daher relevant.

11 Anders als die Revision vermeint, ist gegenständlich jedoch sowohl dem Spruch des Straferkenntnisses der belangten Behörde als auch jenem des angefochtenen Erkenntnisses eindeutig zu entnehmen, in welcher Funktion und in Bezug auf welche juristische Person dem Revisionswerber die Übertretungen vorgeworfen wurden, sodass die Revision schon aus diesen Gründen eine Rechtsfrage im Sinne von Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht aufzeigt.

12 Die Revision behauptet in ihrem Zulässigkeitsvorbringen weiters, weder im Straferkenntnis noch im angefochtenen Erkenntnis sei konkretisiert worden, welches Tatbild des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG der Revisionswerber verwirklicht habe. Der Mangel sei "relevant, zumal der Revisionswerber einer Doppelbestrafung ausgesetzt wäre". 13 Dieses Zulässigkeitsvorbringen ist bereits insofern nicht nachvollziehbar, als sowohl das Straferkenntnis der belangten Behörde als auch das angefochtene Erkenntnis den Vorwurf enthalten, dass die vom Revisionswerber vertretene Gesellschaft verbotene Ausspielungen des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG "veranstaltet" habe. Es wird somit auch in diesem Zusammenhang keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt.

14 Die Revision bringt weiters zu ihrer Zulässigkeit unter der Überschrift "2.1.3 Verstoß gegen die ständige Judikatur des VwGH betreffend Zustellmangel" vor, das "gegenständliche Erkenntnis" sei dem Revisionswerber nur in deutscher Sprache übermittelt worden. Der Revisionswerber sei der deutschen Sprache unkundig. Dazu habe das Gericht keine Feststellungen getroffen. Daraus folge, "dass das belangte Gericht schon keine meritorische Entscheidung über das Straferkenntnis treffen hätte dürfen, zumal es zu keiner wirksamen Zustellung gekommen ist (vgl VwGH vom 01.03.2016, Ra 2015/11/0097)".

15 Abgesehen davon, dass mit diesem Vorbringen eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht ordnungsgemäß im Sinne der oben wiedergegebenen Rechtsprechung ausgeführt wird und es allenfalls nur als solches zur Begründung einer behaupteten Rechtswidrigkeit gedeutet werden könnte, lässt es auch offen, ob damit eine unwirksame Zustellung des Straferkenntnisses oder des angefochtenen Erkenntnisses ins Treffen geführt werden soll. In welcher Hinsicht der behauptete Sachverhalt jenem des angeführten Erkenntnisses vom 1. März 2016, Ra 2015/11/0097, in dem es um die Wirksamkeit der Zustellung eines behördlichen Straferkenntnisses geht, gleichen würde und welche rechtlichen Schlüsse für den Revisionsfall daraus zu ziehen wären, wird nicht einmal ansatzweise dargestellt.

16 Soweit die Revision ferner fehlende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu Art. 3 Abs. 1 des Übereinkommens - gemäß Artikel 34 des Vertrags über die Europäische Union vom Rat erstellt - über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union samt Erklärungen (ABl. C 197 vom 12. Juli 2000) behauptet, genügt es, darauf hinzuweisen, dass mit dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. März 2016, Ra 2015/11/0097, sowie den dort genannten Entscheidungen sehr wohl Rechtsprechung zu der genannten Bestimmung vorliegt. Ein darüber hinausgehendes Vorbringen zu einer Präjudizialität einer anderen Bestimmung dieses Übereinkommens ist der Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht zu entnehmen.

17 Die Revision zitiert in diesem Zusammenhang auch einen Rechtssatz des Urteils des EuGH vom 12. Oktober 2017, C-278/16 (Sleutjes), wonach Art. 3 der Richtlinie 2010/64/EU des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 20. Oktober 2010 über das Recht auf Dolmetschleistungen und Übersetzungen in Strafverfahren, ABl. L 280/2010 vom 26.10.2010, dahingehend auszulegen sei, dass ein Strafbefehl zur Sanktionierung von minder schweren Straftaten eine wesentliche Unterlage darstellt, von der verdächtigte oder beschuldigte Personen, die die Sprache des betreffenden Verfahrens nicht verstehen, eine schriftliche Übersetzung erhalten müssen.

18 Unmittelbar daran anschließend führt die Revision lediglich aus, "der Revisionswerber hat das gegenständliche Erkenntnis nicht übersetzt erhalten. Es kann daher keine wirksame Zustellung vorliegen (vgl VwGH vom 19.05.1988, Zl. 87/16/0110)". 19 Auch mit diesem Vorbringen formuliert die Revision keine konkrete Rechtsfrage, von deren Beantwortung das Schicksal der vorliegenden Revision abhinge. Mit der bloßen Wiedergabe eines Rechtssatzes des EuGH wird dem Erfordernis, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen, nämlich nicht Genüge getan. Ebenso reicht auch die bloße Nennung einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung nach Datum und Geschäftszahl nicht aus (vgl. VwGH 12.2.2020, Ra 2020/11/0005, mwN). 20 Da die Revision somit insgesamt keine Rechtsfragen aufwirft, denen grundsätzliche Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zukäme, war sie - vorliegendenfalls in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat - gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

21 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 51 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 27. April 2020

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