VwGH Ro 2018/17/0003

VwGHRo 2018/17/000324.6.2020

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Enzenhofer und die Hofrätin Mag. Dr. Zehetner, den Hofrat Mag. Berger, die Hofrätin Dr. Koprivnikar sowie den Hofrat Dr. Terlitza als Richterinnen bzw. Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel in Wien, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 4. April 2018, RV/7105345/2017, betreffend Glücksspielabgaben für die Monate November 2012 bis November 2015 (mitbeteiligte Partei: R Ltd., vertreten durch Dr. Michael Sedlaczek, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Seilergasse 16), zu Recht erkannt:

Normen

GSpG 1989 §10
GSpG 1989 §11
GSpG 1989 §12
GSpG 1989 §12a
GSpG 1989 §12b
GSpG 1989 §17
GSpG 1989 §2 Abs1 Z2
GSpG 1989 §28
GSpG 1989 §28 Abs2
GSpG 1989 §57
GSpG 1989 §57 Abs1
GSpG 1989 §57 Abs2
GSpG 1989 §57 Abs3
GSpG 1989 §57 Abs4
GSpG 1989 §57 Abs5
GSpG 1989 §58 Abs3
GSpG 1989 §59 Abs3
GSpG 1989 §6
GSpG 1989 §7
GSpG 1989 §8
GSpG 1989 §9
UStG 1994 §4 Abs5

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2020:RO2018170003.J00

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1 Die mitbeteiligte Partei, eine Gesellschaft mit Sitz in Malta, bot im Zeitraum von November 2012 bis November 2015 inländischen Teilnehmern die Möglichkeit, an ihren diversen Online‑Glücksspielen teilzunehmen. Sie verfügte über keine inländische Konzession nach § 14 Glücksspielgesetz ‑ GSpG.

2 Die mitbeteiligte Partei erstattete am 11. Jänner 2016 Selbstanzeige gemäß § 29 Finanzstrafgesetz ‑ FinStrG, in der sie für alle Monate des genannten Zeitraumes die jeweils verkürzten Beträge an Glücksspielabgabe gemäß § 57 Abs. 2 GSpG, die durch Online‑Ausspielungen mit Spielern mit einer inländischen „Registrieradresse“ entstanden seien, offenlegte.

3 In der Folge beantragte die mitbeteiligte Partei die bescheidmäßige Festsetzung der Glücksspielabgabe gemäß § 201 Bundesabgabenordnung ‑ BAO mit der Begründung, dass sich die oben angeführte Abrechnung ihrer Ansicht nach nicht als richtig erweise, weil auch Freispiele und ähnliche Vergünstigungen, die sie Spielern mit einer gewissen Anzahl an Spielteilnahmen gewähre („Boni“), in der Bemessungsgrundlage enthalten seien.

4 Das revisionswerbende Finanzamt wies den Antrag zunächst mit Bescheid vom 27. Jänner 2016 mit der Begründung ab, dass sich die Selbstberechnung als richtig erweise.

5 Das revisionswerbende Finanzamt hob mit Bescheid vom 24. Jänner 2017 diesen abweisenden Bescheid gemäß § 299 BAO auf und setzte gemäß § 201 Abs. 3 Z 1 BAO mit Bescheiden ebenfalls vom 24. Jänner 2017 die Glücksspielabgabe gemäß § 57 Abs. 2 GSpG für den oben genannten Zeitraum fest.

6 Gegen diese Abgabenbescheide erhob die mitbeteiligte Partei Beschwerden, in denen sie sich u. a. wieder gegen die Einbeziehung von Boni (Gratis‑Spiele, Rabatte) in die Bemessungsgrundlage wandte.

7 Mit Beschwerdevorentscheidung vom 12. Mai 2017 wies das revisionswerbende Finanzamt die Beschwerden ab. Die mitbeteiligte Partei stellte Vorlageanträge.

8 Das Bundesfinanzgericht (BFG) gab mit dem angefochtenen Erkenntnis den Beschwerden nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung teilweise statt und änderte die Abgabenbescheide insofern ab, als es jeweils die Bemessungsgrundlagen neu festsetzte. Im Übrigen wies das BFG die Beschwerden als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG zulässig sei.

9 Begründend führte das BFG im angefochtenen Erkenntnis (in der mit Beschluss vom 4. Mai 2018 berichtigten Fassung) ‑ soweit entscheidungswesentlich ‑ aus, die mitbeteiligte Partei habe seit 1. November 2012 zunächst nur Pokerspiele, später auch verschiedene andere Glücksspiele wie Roulette, Black Jack, Bakkarat, Automatenglücksspiel und Live‑Casino über das Internet angeboten. Zur Nutzung des Spielangebotes habe sich der jeweilige Spieler auf der Webseite der mitbeteiligten Partei registrieren und dabei auch seinen Wohnort angeben müssen, wobei der Spielteilnehmer die Möglichkeit habe, ein anderes Land auszuwählen, in dem er sich während der Spielteilnahme (z.B. im Urlaub) aufhalte.

10 Im Revisionsfall habe die mitbeteiligte Partei im Rahmen ihrer Selbstberechnungsverpflichtung auf den registrierten Wohnort des Spielteilnehmers abgestellt, was ein geeignetes Indiz darstelle (Hinweis auf VwGH 20.11.2014, 2013/16/0085). Daher erweise sich die (darauf aufbauende) Berechnung des Finanzamtes als richtig.

11 Die mitbeteiligte Partei sei mit ihrem Online‑Pokerangebot im gesamten der Abgabenvorschreibung zugrunde gelegten Abgabenzeitraum hinsichtlich der inländischen Spielteilnahmen glücksspielabgabenpflichtig. Dies gelte auch in jenem Zeitraum vom 3. August 2013 bis 28. Februar 2014, in dem in § 1 Abs. 2 GSpG das Wort „Poker“ durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 27. Juni 2013, G 26/2013 u.a., aufgehoben gewesen sei, weil die in der genannten Bestimmung enthaltene Aufzählung nur demonstrativen Charakter habe.

12 Die mitbeteiligte Partei habe in einem Schreiben vom 23. November 2016 angegeben, dass sie in der Selbstanzeige zur Wahrung der strafbefreienden Wirkung bei den angegebenen Spieleinnahmen die kostenlosen Teilnahmen an Echtgeldspielen nicht abgezogen habe, sodass die jeweilige Bemessungsgrundlage auch jene Beträge enthalte, die von den Spielteilnehmern nicht bezahlt und so der mitbeteiligten Partei nicht zugeflossen seien. Die mitbeteiligte Partei biete grundsätzlich keine kostenlosen Teilnahmen an Echtgeld‑Casinospielen an, jedoch würden Spieler Zugang zu Pokerturnieren erlangen, indem sie von der mitbeteiligten Partei erhaltene Bonuspunkte eintauschten. Die mitbeteiligte Partei erachte sich nunmehr darin beschwert, dass die in der Selbstanzeige offengelegten Jahresbruttospieleinnahmen die nicht eingenommenen Spieleinsätze enthielten und solche „Gratis‑Spieleinnahmen“ von der Bemessungsgrundlage abzuziehen wären.

13 Dazu sei zu sagen, dass nach dem abgabenrechtlichen Teil des Glücksspielgesetzes der Einsatz pro Spiel/die Einsätze eines Kalenderjahres die grundsätzliche Bemessungsgrundlage sei(en) (vgl. § 17 Abs. 2 Z 1 GSpG und § 57 Abs. 1 GSpG).

14 Davon abweichend seien die Jahresbruttospieleinnahmen (Legaldefinitionen: § 17 Abs. 3 GSpG, § 28 GSpG, § 57 Abs. 5 GSpG, vor dem 1. Jänner 2011 in § 33 TP 17 Abs. 1 Z 8 GebG und § 4 Abs. 5, 3. und 4. Satz UStG 1972 [gemeint wohl: UStG 1994]) die Bemessungsgrundlage bei der Berechnung der Konzessionsabgabe im Wege der Ausspielungen über elektronische Lotterien (§ 17 Abs. 2 GSpG), der Spielbankenabgabe (§ 28 Abs. 2 GSpG), der Glücksspielabgaben für elektronische Lotterien (§ 57 Abs. 2 GSpG) und vor dem 1. Jänner 2011 der Gebühren nach § 33 TP 17 Abs. 1 Z 8 GebG. Jede dieser angeführten Gesetzesstellen enthalte eine Legaldefinition, die jeweils besage, was Einnahmen (z.B. zugekommene Einsätze) und Abzugsposten (ausbezahlte Gewinne, gesetzliche Umsatzsteuer) seien. Für darüber hinausgehende „Betriebseinnahmen“ und „Betriebsausgaben“ fänden sich keine Anhaltspunkte.

15 Seit 1969 sei im jeweiligen Glücksspielgesetz (im Zusammenhang mit der Spielbankabgabe) definiert, wie sich die Jahresbruttospieleinnahmen zusammensetzten, nämlich durch die Einnahmenposten (Spieleinnahmen = Einsätze der Spielteilnehmer; bestimmte Vergütungen) und die Abzugsposten (Gewinn, der von der Spielbank an Spielteilnehmer ausbezahlt werde; Propagandajetons; bei Glücksspielautomaten: die gesetzliche Umsatzsteuer). Klargestellt worden sei, dass gemäß § 57 Abs. 5 GSpG die Jahresbruttospieleinnahmen die Einsätze abzüglich der ausbezahlten Gewinne eines Kalenderjahres seien.

16 Obwohl die Spielbankabgabe/Glücksspielabgabe gemäß § 57 Abs. 2 GSpG rechtsverkehrsteuerlich auf den einzelnen Vertrag abstelle (§ 1 Abs. 1 GSpG), erfolge ‑ entsprechend dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Jänner 1968, 897/67 ‑ die Berechnung dieser Steuern nicht auf Basis des einzelnen Spielvertrages, sondern von einer auf das Kalenderjahr abgestellten saldierten Größe, von der „Rechengröße, die sich aus dem Ertragsrest der Spiele eines gewissen Zeitraumes ergibt“. Voraussetzung dafür sei aber ‑ im übertragenen Sinn ‑, dass diese Steuern von dem Saldo berechnet würden, der sich nach Schluss jedes Spieltages tatsächlich noch „auf den einzelnen Spieltischen befindet“.

17 Tatsächlich sei das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Jänner 1968, 897/67, zur „historischen“ Spielbankabgabe im früheren GSpG 1962 ergangen. Es sei aber eine historische Interpretation möglich. Bei Einführung des GSpG, BGBl. Nr. 1989/620, habe die Regierungsvorlage zu § 28 GSpG ausgeführt: „Die bisherige Regelung wurde ‑ bis auf die Vereinfachung der Sätze der Spielbankabgabe ‑ beibehalten“ (Hinweis auf ErläutRV 1067 BlgNR 17. GP ).

18 Das revisionswerbende Finanzamt habe im Beschwerdeverfahren die Meinung vertreten, dass es sich bei der Konzessionsabgabe, der Spielbankabgabe und den Glücksspielabgaben jeweils um verschiedene Abgaben handle, weswegen die Bemessungsgrundlagen „Jahresbruttospieleinnahmen“ nicht miteinander verglichen werden könnten. Dem sei entgegenzuhalten, dass es hier um einen Vergleich der Konzessionsabgabe, der Spielbankabgabe und der Glücksspielabgaben aus Sicht der Steuergesetztechnik gehe, und aus dieser Sicht lägen keine verschiedenen Abgaben vor. Verbindendes Element dieser drei Abgaben sei die Anknüpfung an den Abschluss des einzelnen in § 1 Abs. 1 GSpG definierten Glücksvertrages. § 57 Abs. 2 Satz 1 GSpG unterwerfe sowohl konzessioniertes als auch nicht konzessioniertes Online-Glücksspiel der Glücksspielabgabe. Im zweiten Satz werde das konzessionierte Glücksspiel, weil es der Konzessionsabgabe unterliege, wieder herausgenommen. Die Bemessungsgrundlage der Jahresbruttospieleinnahmen weise bei allen drei Abgaben grundsätzlich Gemeinsamkeiten auf.

19 Gemäß § 1 Abs. 1 GSpG sei Steuergegenstand der einzelne Spielvertrag und das schlage sich auch in der Bemessungsgrundlage „Jahresbruttospieleinnahmen“ über den Einsatz als vorgelagerten Begriff nieder. Eine Differenzierung zwischen der Verwirklichung des Steuertatbestandes und der Bemessungsgrundlage sei sicherlich nicht vorgesehen. Dadurch, dass die Gewinne abgezogen werden könnten, würden die Jahresbruttospieleinnahmen aber zu etwas Betriebswirtschaftlichem. Der Gewinn, den die Anbieterin auszahle, werde nämlich nicht, bezogen auf den einzelnen Spielvertrag, ausschließlich vom Einsatz des gewinnenden Spielers abgezogen. Der abzugsfähige Gewinn mache die Bemessungsgrundlage der Jahresbruttospieleinnahmen zu einer saldierten Größe, die über den einzelnen Spielvertrag hinausgehe und die Einsätze aller Spielverträge umfasse, die innerhalb eines Kalenderjahres von der mitbeteiligten Partei eingenommen würden. Losgelöst vom einzelnen Spielvertrag könne die mitbeteiligte Partei alle Gewinne, die sie innerhalb eines Kalenderjahres an Spielteilnehmer auszahle, von der Summe aller eingenommenen Einsätze eines Kalenderjahres wieder abziehen; dies deshalb, weil die Gewinne nicht nur aus dem eigenen Einsatz des gewinnenden Teilnehmers resultierten, sondern insbesondere aus den Einsätzen der verlierenden Spielteilnehmer. Wie die mitbeteiligte Partei in der mündlichen Verhandlung vom 20. März 2018 dargestellt habe, seien die Jahresbruttospieleinnahmen ein Pool, der aus den Einsätzen dieses Zeitraumes befüllt werde. Die Gewinne, die die mitbeteiligte Partei auszahle, würden zeitraumbezogen aus diesem Pool abgezogen.

20 Gewinn sei, was der Spieler erhalte, wenn sich die Hoffnung auf die Gewinnchance realisiere, d.h. die Spielentscheidung zu seinen Gunsten ausgehe. Es könnten nur „aleatorisch“ zustande gekommene Beträge abgezogen werden. Der Gewinn sei auch nicht der ertragssteuerlichen Betriebsausgabe als generell betrieblich veranlasst gleichzuhalten. Aus dem zeitraumbezogenen Gesetzestext des § 57 Abs. 5 GSpG sei aber insoweit eine „mittelbare“ Zufallsabhängigkeit des Gewinnes ableitbar. Besteuert werde iSd Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Jänner 1968, 897/67, „der Ertragsrest“ der Spiele eines gewissen Zeitraumes.

21 In der Folge stellte das BFG seine Rechtsauffassung in Bezug auf konkrete, von der mitbeteiligten Partei im Zusammenhang mit Online-Poker angebotene und im Beschwerdeverfahren strittige Vielspieler‑Vergünstigungen (Boni) dar:

22 Vielspielerpunkte: Die mitbeteiligte Partei habe den Spielteilnehmern Vielspielerpunkte gewährt, die diese unterschiedlich einsetzen könnten, zum Beispiel für eine Teilnahme an einem Pokerturnier. Diese Vielspielerpunkte funktionierten dann so, dass die Spielteilnehmer an einem Pokerturnier kein Buy‑in leisten müssten.

23 Die mitbeteiligte Partei habe dafür ein Veranschaulichungsbeispiel gegeben: Ein Turnier habe ein Buy‑in von 11 Euro und die mitbeteiligte Partei erhalte davon üblicherweise Administration Fees in Höhe von 1 Euro pro Spielteilnehmer. Von 100 Teilnehmern (sämtliche mit einer inländischen Registrierungsadresse) an einem Pokerturnier würden 20 Spieler ihre Vielspielerpunkte einsetzen. Obwohl diese 20 Spieler keine Zahlung geleistet hätten, würden von der mitbeteiligten Partei Buy‑ins mit insgesamt 1.100 Euro berücksichtigt, um den vollen Preispool zu gewährleisten. Der von der mitbeteiligten Partei ausgezahlte Preispool belaufe sich auf 1.000 Euro (100 Spieler mal 10 Euro), die von der mitbeteiligten Partei einbehaltene Verwaltungsgebühr belaufe sich auf 100 Euro (100 Spieler mal 1 Euro). Tatsächlich zahlten die Spielteilnehmer nur 880 Euro ein. Die mitbeteiligte Partei zahle in den Preispool 200 Euro und eine Verwaltungsgebühr in der Höhe von 20 Euro.

24 Nach Ansicht des BFG würden damit von der mitbeteiligten Partei tatsächlich „Spielgewinne“ ausgezahlt, die sie ‑ sozusagen am selben Tisch ‑ vorher über die Einsätze eingenommen habe.

25 Zusätzliche von der mitbeteiligten Partei ausbezahlte Bargeldgewinne: Die mitbeteiligte Partei zahle an Spieler, die Echtgeld‑Spiele spielten, auch Bargeld aus, das nach freier Wahl entweder entnommen werden oder für weitere Spiele verwendet werden könne: Beispielsweise erhalte ein Spieler den Anspruch auf einen zusätzlichen Gewinn in Höhe von 50 Euro, wenn er eine Einlage von 100 Euro leiste und eine bestimmte Anzahl von Echtgeld‑Spielen innerhalb eines bestimmten Zeitraumes spiele. Dieser zusätzliche „Gewinn“ werde dann dem Konto des Spielers „gutgeschrieben“. Ebenso erhielten Spieler zusätzliche Bargeldpreise, wenn sie regelmäßig an Echtgeld‑Pokerspielen und Pokerturnieren teilnähmen. Diese hingen in ihrer Höhe von dem erreichten „Spielerlevel“ ab. Auch diese Bargeldpreise würden dann von der mitbeteiligten Partei dem Konto des Spielers „gutgeschrieben“, sie könnten vom Spieler entnommen oder für weitere Spiele verwendet werden. Ebenso könnten Vielspielerpunkte in Bargeld eingelöst werden.

26 Nach Ansicht des revisionswerbenden Finanzamtes sei der Erhalt des Zugangs kein Gewinn, weil dieser nicht von einem aleatorischen Moment, sondern von der Teilnahme an einer Anzahl von Echtgeld‑Spielen abhänge. Nach Ansicht des BFG würden auch hier von der mitbeteiligten Partei tatsächlich „Spielgewinne“ ausgezahlt, die sie ‑ sozusagen am selben Tisch ‑ vorher über die Einsätze eingenommen habe.

27 X‑Turniere: Weiters finanziere die mitbeteiligte Partei Preispools für Turniere mit freier Spielteilnahme, die an Spielteilnehmer ausbezahlt würden. Diese Turniere seien gratis und würden Spielern auf Grundlage ihres VIP-Levels, der infolge ihrer bisherigen Teilnahme an Echtgeld-Spielen bestimmt werde, angeboten. Bei diesen Turnieren erbrächten die Spieler kein Geld, d.h. überhaupt keine Gegenleistung, weshalb der mitbeteiligten Partei durch das Angebot und die Gewinnauszahlungen im Rahmen solcher Turniere Kosten in Höhe des an die Spielteilnehmer ausbezahlten Preispools entstehen würden.

28 Nach Ansicht des revisionswerbenden Finanzamtes handle es bei diesen Turnieren um keine Echtgeld‑Spiele, sondern um unentgeltliche Turniere, somit um unentgeltliche Glücksverträge und daher nicht um Ausspielungen. Der Erhalt des Zugangs sei kein Gewinn, weil dieser nicht von einem aleatorischen Moment, sondern von der Teilnahme an einer Anzahl von Echtgeld-Spielen abhänge.

29 Nach Ansicht des BFG sei die Teilnahme an den X‑Turnieren ebenfalls eine Art Vielspielerbonus. Die Spielteilnehmer erhielten aber nicht einen „zusätzlichen Gewinn“, sondern eine weitere Gewinnchance, indem sie an einem Turnier teilnehmen könnten. Für denjenigen, der gewinne, habe sich auch die Gewinnchance realisiert. Der Gewinn, der dem Gewinner des Gratisturniers ausgeschüttet werde, komme dem Spielteilnehmer aufgrund der im Pokerspiel enthaltenen aleatorischen Momente zu. Für die mitbeteiligte Partei sei gewiss, dass sie den Gewinn zahlen müsse. Wesentlich sei aber, dass die Spielteilnehmer, um diese zusätzliche Gewinnchance zu erhalten, bei etlichen Spielen vorher Echtgeldeinsätze erbringen hätten müssen, die der mitbeteiligten Partei (teilweise) tatsächlich zugekommen seien und aus denen der Preispool von der mitbeteiligten Partei aufgefüllt und als Gewinn an den Spielteilnehmer, der das X‑Turnier gewinne, ausgeschüttet werde.

30 Nach Ansicht des BFG könne die mitbeteiligte Partei diesen Gewinn im Rahmen der Jahresbruttospieleinnahmen abziehen, weil der Spielteilnehmer durch seine Teilnahme an Echtgeldspielen eine weitere Gewinnchance erhalte, wodurch diesen Vorgängen gewissermaßen eine Mehrstufigkeit iSd Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. November 1994, 94/16/0030, innewohne. Die mitbeteiligte Partei zahle den Gewinn aufgrund der „Teilnahme des Spielers an Echtgeldspielen mit einer weiteren Gewinnchance (durch Teilnahmemöglichkeit am Turnier)“ aus.

31 „Freispiele“ bei denen der Einsatz nicht vom Spieler selbst stamme, sondern etwa in Form eines Gutscheines durch den Spielanbieter zur Verfügung gestellt werde, seien dem Einsatz hinzuzuzählen. Sähen die Glücksspielabgabenregelungen als Bemessungsgrundlage die Jahresbruttospieleinnahmen vor, und tätige der Onlineglücksspielanbieter die Boni/Gratisspiele aus den Spielgewinnen, seien diese abzuziehen. Die vom Glücksspielanbieter dem Spielteilnehmer zur Verfügung gestellten „Freispiele“ seien, wenn er sie aus den Spielgewinnen tätige, in den Fällen, in denen die Glücksspielabgaben von der Bemessungsgrundlage der Jahresbruttospieleinnahmen berechnet würden, als ausbezahlter Gewinn von den Spieleinsätzen abzuziehen.

32 Zusammenfassend führte das BFG aus, dass die Bemessungsgrundlage „Jahresbruttospieleinnahmen“ eine saldierte Größe von Spieleinsätzen und Spielgewinnen in einem bestimmten Zeitraum sei. Gewährte Begünstigungen seien den geleisteten Einsätzen hinzuzuzählen; sofern die Boni mit Spielgewinnen ausbezahlt würden, seien sie von den Jahresbruttospieleinnahmen abzuziehen. Die Spiele, bei denen der Einsatz nicht vom Spieler selbst stamme, sondern in Form eines Gutscheines durch den Spielanbieter zur Verfügung gestellt werde, seien als „festbetragsvereinbartes“ Entgelt in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen. Allerdings seien die von der mitbeteiligten Partei gewährten Boni den ausbezahlten Gewinnen der mitbeteiligten Partei zugerechnet und daher von den Jahresbruttospieleinnahmen abgezogen worden. Diesbezüglich sei eine teilweise Stattgabe der Beschwerden erfolgt. Das BFG habe die Glücksspielabgabe daher neu berechnet und die Glücksspielabgabenbescheide abgeändert.

33 Das BFG führte zur Zulässigkeit einer Revision aus, durch die zur vergleichbaren Bestimmung des § 33 TP 17 GebG ergangene Judikatur (VwGH 20.11.2014, 2013/16/0085) sei zwar geklärt, dass sowohl die inländische Wohnsitzadresse als auch die inländische IP-Adresse Indizien für die „Teilnahme vom Inland“ darstellten. Nicht geklärt sei aber, ob sich die Abgabenbehörde bei der Festsetzung der Glücksspielabgabe auch auf nur eines der genannten Indizien stützen dürfe.

34 Weiters sei durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Oktober 2017, Ro 2015/16/0024, zwar geklärt, dass Poker jedenfalls ein Glücksspiel gemäß § 1 Abs. 2 GSpG sei. Unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 27. Juni 2013, G 26/2013 u.a., sei zur Frage, ob „Poker“ im Zeitraum von August 2013 bis Februar 2014 den Glücksspielabgaben unterliege, eine Revision zulässig.

35 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende ordentliche Amtsrevision. Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Revisionsbeantwortung und beantragte Kostenersatz.

36 Das revisionswerbende Finanzamt macht zur Zulässigkeit seiner Revision geltend, es fehle an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der Frage, ob „Boni“, welche dem Spieler nicht aufgrund einer aleatorischen Entscheidung gewährt würden (sondern als eine Art „Treuebonus“ aufgrund einer gewissen Anzahl von früheren Teilnahmen an Spielen der mitbeteiligten Partei), im Rahmen der Jahresbruttospieleinnahmen als „Gewinn“ von den Einsätzen abzuziehen seien.

37 Mit diesem Vorbringen erweist sich die Revision als zulässig. Sie ist auch berechtigt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

38 Das Glücksspielgesetz ‑ GSpG, BGBl. Nr. 620/1989 idF des Sicherheitsbehörden‑Neustrukturierungs‑Gesetzes ‑ SNG, BGBl. I Nr. 50/2012, lautet (bezogen auf den hier maßgeblichen Abgabenzeitraum) auszugsweise:

„...

Allgemeiner Teil

Glücksspiele

§ 1. (1) Ein Glücksspiel im Sinne dieses Bundesgesetzes ist ein Spiel, bei dem die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt.

(2) Glücksspiele im Sinne dieses Bundesgesetzes sind insbesondere die Spiele Roulette, Beobachtungsroulette, Poker, Black Jack, Two Aces, Bingo, Keno, Baccarat und Baccarat chemin de fer und deren Spielvarianten. Der Bundesminister für Finanzen ist ermächtigt, aus Gründen der Rechtssicherheit durch Verordnung weitere Spiele als Glücksspiele im Sinne des Abs. 1 zu bezeichnen.

...

Ausspielungen

§ 2. (1) Ausspielungen sind Glücksspiele,

1. die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und

2. bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und

3. bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).

...

Elektronische Lotterien, Bingo und Keno

§ 12a. (1) Elektronische Lotterien sind Ausspielungen, bei denen die Spielteilnahme unmittelbar durch den Spieler über elektronische Medien erfolgt und die Entscheidung über das Spielergebnis zentralseitig herbeigeführt sowie über elektronische Medien zur Verfügung gestellt wird. Auf den Konzessionär gemäß § 14 Abs. 1 sind bei der Durchführung von elektronischen Lotterien die Bestimmungen des § 25 Abs. 6 bis 8 und des § 25a über die Geldwäschevorbeugung sinngemäß anzuwenden.

(2) Wird der Zugang zu elektronischen Lotterien über zentralseitig vernetzte Terminals (Video Lotterie Terminals ‑ VLT) an ortsfesten, öffentlich zugänglichen Betriebsstätten angeboten, ....

...

Mehrstufige Ausspielungen

§ 13. (1) Mehrstufige Ausspielungen sind Glücksspiele, bei denen die Spielteilnehmer neben einem allfälligen Gewinn eine weitere Gewinnchance erlangen können.

(2) Die Ausspielungen nach den §§ 6 bis 12 können ein- oder mehrstufig durchgeführt werden.

...

Konzessionsabgabe

§ 17. (1) Der Konzessionär hat für die Überlassung des Rechts zur Durchführung der Glücksspiele eine Konzessionsabgabe zu entrichten.

(2) Die Bemessungsgrundlage der Konzessionsabgabe bilden für

1.die in Abs. 3 Z 1 bis 6 genannten Ausspielungen die Summe der Einsätze der Glücksspiele während eines Kalenderjahres,

2.die in Abs. 3 Z 7 genannten Ausspielungen die Jahresbruttospieleinnahmen, wobei Jahresbruttospieleinnahmen die im Kalenderjahr dem Konzessionär zugekommenen Einsätze abzüglich der ausgezahlten Gewinne sind.

(3) Die Konzessionsabgabe beträgt:

...

7.für Elektronische Lotterien, ausgenommen Elektronische Lotterien über Video Lotterie Terminals nach § 12a Abs. 2 .............. 40 vH.

...

GLÜCKSSPIELABGABEN

Glücksspielabgaben

§ 57. (1) Ausspielungen, an denen die Teilnahme vom Inland aus erfolgt, unterliegen ‑ vorbehaltlich der folgenden Absätze ‑ einer Glücksspielabgabe von 16 vH vom Einsatz. Bei turnierförmiger Ausspielung treten außerhalb des Anwendungsbereiches von § 17 Abs. 2 an Stelle der Einsätze die in Aussicht gestellten vermögenswerten Leistungen (Gewinne in Geld, Waren oder geldwerten Leistungen) des Turniers.

(2) Für Ausspielungen gemäß § 12a (elektronische Lotterien), an denen die Teilnahme vom Inland aus erfolgt und die nicht über Video‑Lotterie‑Terminals im Sinne des § 12a Abs. 2 durchgeführt werden, beträgt die Glücksspielabgabe 40 vH der Jahresbruttospieleinnahmen. Besteht eine Abgabenpflicht nach § 17 Abs. 3, sind Ausspielungen gemäß § 12a von der Glücksspielabgabe befreit.

(3) Für Ausspielungen mit Glücksspielautomaten und für elektronische Lotterien über Video‑Lotterie‑Terminals beträgt die Glücksspielabgabe ‑ vorbehaltlich Abs. 4 ‑ 30 vH der um die gesetzliche Umsatzsteuer verminderten Jahresbruttospieleinnahmen.

(4) Für Ausspielungen mit Glücksspielautomaten und für elektronische Lotterien über Video‑Lotterie‑Terminals beträgt die Glücksspielabgabe 10 vH der um die gesetzliche Umsatzsteuer verminderten Jahresbruttospieleinnahmen (Bundesautomaten- und VLT‑Abgabe), wenn sie

- im Falle von Glücksspielautomaten auf Basis einer landesrechtlichen Bewilligung nach § 5 oder

- im Falle von Video‑Lotterie‑Terminals auf Basis einer Konzession des Bundesministers für Finanzen nach § 14 durchgeführt werden.

Die Regelung von Zuschlägen der Länder (Gemeinden) zur Bundesautomaten- und VLT‑Abgabe bleibt den jeweiligen Finanzausgleichsgesetzen vorbehalten.

(5) Jahresbruttospieleinnahmen sind die Einsätze abzüglich der ausgezahlten Gewinne eines Kalenderjahres.

...

Ermäßigte Glücksspielabgabe

§ 58. (1) Verlosungen von Vermögensgegenständen gegen Entgelt, die keine Ausspielungen sind und sich an die Öffentlichkeit wenden, und Lotterien ohne Erwerbszweck nach §§ 32 bis 35 unterliegen einer Glücksspielabgabe von 12 vH aller erzielbaren Einsätze.

...

Entstehung und Entrichtung der Abgabenschuld

§ 59. (1) Die Abgabenschuld entsteht in den Fällen der §§ 57 und 58:

1. in Fällen des § 58 im Zeitpunkt des Zustandekommens des Spielvertrages in Fällen des § 58 Abs. 3 mit Ende des Kalenderjahres der Veröffentlichung des Gewinnspiels;

2. bei allen anderen Ausspielungen mit der Vornahme der Handlung, die den Abgabentatbestand verwirklicht. Bei Sofortlotterien entsteht die Abgabenschuld in dem Zeitpunkt, in dem im Verhältnis zwischen Konzessionär und Vertriebsstelle die Abrechenbarkeit der geleisteten Spieleinsätze eingetreten ist. Bei elektronischen Lotterien entsteht die Abgabenschuld mit Erhalt der Einsätze und Auszahlung der Gewinne.

(2) Schuldner der Abgaben nach §§ 57 und 58 sind

1. bei einer Abgabenpflicht gemäß § 57:

- der Konzessionär (§ 17 Abs. 6) oder der Bewilligungsinhaber (§ 5);

- bei Fehlen eines Berechtigungsverhältnisses der Vertragspartner des Spielteilnehmers, der Veranstalter der Ausspielung sowie der Vermittler (Abs. 5) sowie im Falle von Ausspielungen mit Glücksspielautomaten der wirtschaftliche Eigentümer der Automaten zur ungeteilten Hand.

2.bei einer Abgabenpflicht gemäß § 58 der Vertragspartner des Spielteilnehmers sowie die Veranstalter, die die in § 58 genannten Ausspielungen anbieten oder organisieren.

(3) Die Schuldner der Abgaben nach §§ 57 und 58 haben diese jeweils für ein Kalendermonat selbst zu berechnen und bis zum 20. des dem Entstehen der Abgabenschuld folgenden Kalendermonats (Fälligkeitstag) an das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel zu entrichten. Die Schuldner der Abgaben nach § 58 Abs. 3 haben diese jeweils für ein Kalenderjahr selbst zu berechnen und bis zum 20. des dem Entstehen der Abgabenschuld folgenden Kalendermonats (Fälligkeitstag) an das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel zu entrichten. Bis zu diesem Zeitpunkt haben sie eine Abrechnung über die abzuführenden Beträge in elektronischem Weg vorzulegen. Der Bundesminister für Finanzen kann dabei im Verordnungsweg nähere Details der elektronischen Übermittlung regeln. Dieser Abrechnung sind Unterlagen anzuschließen, die eine Überprüfung der Einsätze und Gewinne der Glücksspiele während des Abrechnungszeitraumes gewährleisten. Die Abrechnung gilt als Anzeige. § 29 Abs. 3 über die Überwachung der Abgaben gilt sinngemäß. Trifft die Verpflichtung zur Entrichtung zwei oder mehr Personen, so sind sie zur ungeteilten Hand verpflichtet.

...

(6) Für die Bewertung von Waren und geldwerten Leistungen in den Fällen der §§ 57 und 58 gelten die Vorschriften des Bewertungsgesetzes 1955 mit der Maßgabe, dass bedingte Leistungen und Lasten als unbedingte, betagte Leistungen und Lasten als sofort fällige zu behandeln sind und dass bei wiederkehrenden Leistungen die Anwendung der Bestimmungen des § 15 Abs. 1 über den Abzug der Zwischenzinsen unter Berücksichtigung von Zinseszinsen und des § 16 Abs. 3 des Bewertungsgesetzes 1955 ausgeschlossen ist.

...“

39 § 4 Abs. 5 Umsatzsteuergesetz 1994 ‑ UStG 1994, BGBl. Nr. 663/1994 in der bis heute geltenden Fassung BGBl. I Nr. 54/2010, lautet:

„(5) Werden Rechte übertragen, die mit dem Besitz eines Pfandscheines verbunden sind, so gilt als Entgelt der Preis des Pfandscheines zuzüglich der Pfandsumme. Beim Spiel mit Gewinnmöglichkeit und bei der Wette ist Bemessungsgrundlage das Entgelt für den einzelnen Spielabschluß oder für die einzelne Wette, wobei ein ausbezahlter Gewinn das Entgelt nicht mindert.

Bemessungsgrundlage bei Umsätzen aus Glücksspielautomaten (§ 2 Abs. 3 GSpG) und aus Video Lotterie Terminals sind die Jahresbruttospieleinnahmen. Jahresbruttospieleinnahmen sind die Einsätze abzüglich der ausgezahlten Gewinne eines Kalenderjahres.“

40 Durch die dem SNG nachfolgenden und im Abgabenzeitraum in Kraft getretenen Novellen zum GSpG wurden die oben wiedergegebenen gesetzlichen Bestimmungen des GSpG nicht geändert. Allerdings hat der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 27. Juni 2013, G 26/2013 u.a., kundgemacht im Bundesgesetzblatt vom 2. August 2013, BGBl. I Nr. 167/2013, u.a. das Wort „Poker,“ in § 1 Abs. 2 GSpG mit Wirkung ab 3. August 2013 (vgl. Art. 140 Abs. 5 B‑VG) als verfassungswidrig aufgehoben. Mit dem Abgabenänderungsgesetz 2014 ‑ AbgÄG 2014, BGBl. I Nr. 13/2014, wurde dieses Wort mit Wirkung vom 1. März 2014 (§ 60 Abs. 34 GSpG) wieder in die Aufzählung des § 1 Abs. 2 GSpG eingefügt. Daraus folgt, dass die beispielsweise Aufzählung der Glücksspiele in § 1 Abs. 2 GSpG das Wort „Poker“ lediglich in der Zeit von 3. August 2013 bis 28. Februar 2014 nicht enthielt.

41 Im Revisionsfall wurde der mitbeteiligten Partei die Glücksspielabgabe gemäß § 57 Abs. 2 GSpG vorgeschrieben, also für elektronische Lotterien, an denen die Teilnahme vom Inland aus erfolgt und die nicht über Video‑Lotterie‑Terminals durchgeführt werden, weil diese Online‑Ausspielungen, darunter auch Online‑Pokerturniere, angeboten habe.

42 Das BFG hat die Abgabenvorschreibung dem Grunde nach, nicht aber der Höhe nach bestätigt.

43 In seiner Revision wendet sich das Finanzamt gegen die Ermittlung der Bemessungsgrundlagen durch das BFG.

44 Bemessungsgrundlage für die Glücksspielabgabe auf elektronische Lotterien sind die Jahresbruttospieleinnahmen. Nach § 57 Abs. 5 GSpG werden diese in der Form gebildet, dass die ausgezahlten Gewinne von den Einsätzen abzuziehen sind. Strittig ist im Revisionsfall, ob diese Saldierung jeweils pro Ausspielung oder pro Kalenderjahr vorzunehmen ist.

45 Darüber hinaus macht die Revision geltend, das BFG habe zu Unrecht Boni, welche die mitbeteiligte Partei ihren Stammkunden zum Zwecke der Kundenbindung gewährt, bei der Saldierung berücksichtigt.

46 Vor all dem sieht sich der Verwaltungsgerichtshof veranlasst, zu prüfen, ob Online-Ausspielungen, wie etwa Online-Pokerturniere, nach § 57 Abs. 2 GSpG oder einer anderen gesetzlichen Bestimmung zu besteuern sind.

1. Zur steuerlichen Behandlung von Online‑Ausspielungen

47 § 57 GSpG regelt die Besteuerung diverser Ausspielungen. Je nach Art der Ausspielung kommt ein anderer Steuersatz zur Anwendung. Es werden auch die Bemessungsgrundlagen auf unterschiedliche Weise ermittelt:

48 § 57 Abs. 1 GSpG enthält in seinem ersten Satz zunächst den Grundsatz, dass auf den jeweiligen Einsatz einer Ausspielung ein Steuersatz von 16 vH anzuwenden ist.

49 Abweichendes gilt nach dem zweiten Satz dieser Bestimmung für turnierförmige Ausspielungen, sofern diese nicht der Konzessionsabgabe unterliegen. Bei diesen treten an die Stelle der Einsätze die in Aussicht gestellten vermögenswerten Leistungen (Gewinne in Geld, Waren oder geldwerten Leistungen) des Turniers. Eine Durchführung in Turnierform liegt nach § 4 Abs. 6 GSpG vor, wenn erst nach dem Ausgang mehrerer Spielrunden die Gewinner der Ausspielung feststehen. Zu den turnierförmigen Ausspielungen zählen beispielsweise Pokerturniere in konzessionslosen Pokersalons oder Pokercasinos (§ 57 Abs. 1 GSpG; vgl. etwa VwGH 19.10.2017, Ro 2015/16/0024).

50 Eine weitere Abweichung enthält § 57 Abs. 2 GSpG für elektronische Lotterien, an denen die Teilnahme vom Inland aus erfolgt und die nicht über Video‑Lotterie‑Terminals (VLT) im Sinne des § 12a Abs. 2 GSpG durchgeführt werden. In diesem Fall beträgt die Glücksspielabgabe 40 % der Jahresbruttospieleinnahmen.

51 Elektronische Lotterien sind Ausspielungen, bei denen die Spielteilnahme unmittelbar durch den Spieler über elektronische Medien erfolgt und die Entscheidung über das Spielergebnis zentralseitig herbeigeführt sowie über das Spielergebnis zentralseitig herbeigeführt sowie über elektronische Medien zur Verfügung gestellt wird (§ 12a Abs. 1 GSpG). Ein VLT ist ein zentralseitig vernetztes Terminal an ortsfesten, öffentlich zugänglichen Betriebsstätten, über das der Zugang zu elektronischen Lotterien angeboten wird (vgl. § 12a Abs. 2 GSpG).

52 Anders als etwa bei den Lotterien gemäß §§ 6 bis 12b GSpG wird beim Begriff der elektronischen Lotterien nicht auf den Inhalt des Spieles, sondern auf die spezifische Art der Durchführung der Ausspielung abgestellt. Diese inhaltlich offene Definition führt im Ergebnis dazu, dass sämtliche Glücksspiele ‑ das Vorliegen einer dem § 12a Abs. 1 GSpG entsprechenden Durchführung vorausgesetzt ‑ vom Tatbestand des § 57 Abs. 2 GSpG erfasst sein können. Der Begriff der elektronischen Lotterien erstreckt sich sohin neben dem Online‑Angebot von Lotteriespielen im Sinne der §§ 6 bis 12b GSpG auch auf das Online‑Angebot klassischer Spielbankenspiele, wie zum Beispiel Roulette, Black Jack oder Poker (vgl. Allram in Bergmann/Pinetz [Hrsg], GebG, Rn 75 zu §§ 57‑59 GSpG), auch wenn es sich dabei um eine turnierförmige Ausspielung handelt.

53 Daraus folgt für den Revisionsfall, dass Online-Glücksspiele jeglicher Art (zum Beispiel Online‑Pokerturniere) in den Anwendungsbereich des § 57 Abs. 2 GSpG fallen, sofern sie nicht über Video‑Lotterie‑Terminals durchgeführt werden und die Teilnahme vom Inland aus erfolgt. Da § 57 Abs. 2 GSpG eine Befreiung für Konzessionsinhaber vorsieht, findet eine Besteuerung nach dieser Bestimmung nur auf verbotene Ausspielungen statt.

2. Zum Begriff der Jahresbruttospieleinnahmen

54 Bemessungsgrundlage für die Glücksspielabgabe auf elektronische Lotterien, an denen die Teilnahme vom Inland aus erfolgt und die nicht über Video‑Lotterie‑Terminals im Sinne des § 12a Abs. 2 GSpG durchgeführt werden, sind die Jahresbruttospieleinnahmen. Nach § 57 Abs. 5 GSpG werden diese in der Form gebildet, dass die ausgezahlten Gewinne von den Einsätzen abzuziehen sind.

55 Das revisionswerbende Finanzamt vertritt die Auffassung, dass bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage „Jahresbruttospieleinnahmen“ in einem ersten Schritt für jede einzelne Ausspielung eine Saldierung von eingenommenem Einsatz (bei mehreren Spielern: eingenommenen Einsätzen) und ausbezahltem Gewinn (bei mehreren Gewinnmöglichkeiten allenfalls: ausbezahlten Gewinnen) vorzunehmen und erst dann in einem zweiten Schritt die sich jeweils daraus ergebenden Saldi zusammenzurechnen seien.

56 Nach (der in der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses geäußerten) Auffassung des BFG seien hingegen in einem ersten Schritt jeweils für das gesamte Kalenderjahr die Summe der Einsätze und die Summe der ausbezahlten Gewinne zu ermitteln. In einem weiteren Schritt seien die sich daraus ergebenden jeweiligen Summen zu saldieren.

57 Beide Auffassungen führen im Hinblick auf jene Fälle, bei denen der Gewinn (die Gewinne) einer Ausspielung deren Einsatz (die Einsätze) übersteigt (übersteigen), zu einem unterschiedlichen Ergebnis:

58 Bei der Auffassung des revisionswerbenden Finanzamtes finden nämlich solche Ausspielungen, die für den Glücksspielunternehmer einen kaufmännischen Verlust darstellen („übermäßige Gewinnausschüttungen“) bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage keine Berücksichtigung. Da eine Negativsteuer gesetzlich nicht vorgesehen ist, wäre die darauf entfallende Glücksspielabgabe gleich Null. Solche Ausspielungen würden nach Auffassung des Finanzamtes nicht an der Abgabenbemessung teilnehmen.

59 Aus der Sicht des BFG wirken solche ‑ aus der Sicht des Glücksspielunternehmers ‑ „übermäßigen Gewinnausschüttungen“ hingegen insgesamt saldomindernd, weil diese ohne Rücksicht auf den Umstand, dass ihnen geringere Einsätze gegenüberstehen, in den Abzugsposten „Gewinne“ einfließen. Die dadurch bewirkte Erhöhung dieses Abzugspostens führt aber insgesamt zu einer Verringerung der Bemessungsgrundlage und damit insgesamt zu einer geringeren Abgabenbelastung.

2.1 Wortlaut des § 57 Abs. 5 GSpG

60 Bemessungsgrundlage für die Glücksspielabgabe auf elektronische Lotterien im Sinne des § 57 Abs. 2 erster Satz GSpG sind die Jahresbruttospieleinnahmen. Nach § 57 Abs. 5 GSpG werden diese wie folgt bestimmt:

„Jahresbruttospieleinnahmen sind die Einsätze abzüglich der ausgezahlten Gewinne eines Kalenderjahres.“

61 Das BFG stützt seine Deutung des Begriffs der Jahresbruttospieleinnahmen zunächst auf diesen Wortlaut des § 57 Abs. 5 GSpG, der auf das (Kalender‑)Jahr Bezug nimmt.

62 Wenngleich dieser Umstand auf den ersten Blick für eine Deutung im Sinne des BFG sprechen könnte, lässt diese Bestimmung offen, zu welchen Zeitpunkten die jeweils ausgezahlten Gewinne von den jeweiligen Einsätzen abzuziehen und diese Beträge zur Ermittlung der Jahresbruttospieleinnahmen zu saldieren sind. Auch im Hinblick auf die Verwendung des Plurals in diesem Begriff („Jahresbruttospieleinnahmen“) durch den Gesetzgeber kann aufgrund einer bloßen Wortinterpretation kein eindeutiges Auslegungsergebnis im Sinne der Beurteilung des BFG erzielt werden. Der Wortlaut könnte im Sinne des revisionswerbenden Finanzamtes auch dahingehend verstanden werden, dass der jeweilige Saldo pro Ausspielung (die jeweilige Bruttospieleinnahme) zu ermitteln ist und die Bemessungsgrundlage der Jahresbruttospieleinnahmen aus der Summe dieser Saldi, die während eines Kalenderjahres angefallen sind, gebildet wird.

63 Dazu kommt, dass die weiteren Bestimmungen zur Besteuerung elektronischer Lotterien, insbesondere jene des § 59 Abs. 3 GSpG über die Entstehung der Abgabenschuld und über die Entrichtung der Abgabe nach § 57 Abs. 2 GSpG, keinen einzigen Hinweis auf eine jährliche Erfassung der Einsätze bzw. Gewinne bzw. Saldierung der beiden daraus gebildeten Summen enthalten. Im Gegenteil: Ein Blick in diese Vorschriften ergibt, dass trotz der Bezeichnung als Jahresbruttospieleinnahmen und der Bezugnahme auf das Kalenderjahr in der Definition derselben eine jährliche Erfassung nicht vorgesehen ist. Vielmehr spricht der systematische Zusammenhang des § 57 Abs. 5 GSpG mit der Bestimmung des § 59 Abs. 3 (erster Satz) GSpG, wonach (u.a.) die Schuldner der Abgaben nach § 57 GSpG diese Abgaben jeweils für einen Kalendermonat selbst zu berechnen haben, gegen das vom BFG erzielte Auslegungsergebnis, worauf im Folgenden noch eingegangen wird.

64 Daraus folgt, dass der Wortlaut des § 57 Abs. 5 GSpG noch keine eindeutige Bestimmung des Begriffes Jahresbruttospieleinnahmen zulässt.

2.2 Entwicklung des Begriffs der Jahresbruttospieleinnahmen

65 Glücksspiele waren ‑ historisch betrachtet ‑ oftmals strafrechtlich verpönt, dienten aber andererseits auch fiskalischen Interessen des Staates, der Lotterien durch ein Staatsmonopol selbst bewirtschaftete oder verpachtete. Mit der Spielbankverordnung, BGBl. Nr. 463/1933, wurden neben den Lotterien auch weitere ehemals strafrechtlich verpönte Hasardspiele wie Roulette oder Würfeln vom Staat zur Einnahmenerzielung genützt, indem sie in Spielbanken unter bestimmten Bedingungen erlaubt wurden. Diese Spielbanken wurden aber nicht von der Glücksspielmonopolverwaltung selbst, sondern von Bewilligungsinhabern betrieben (vgl. Julia Kohl, Das österreichische Glücksspielmonopol, 8 ff), die dafür eine Art Gebühr („Bundes‑Monopolabgabe“) zu leisten hatten. Die Gebühr richtete sich nach dem Ertrag, den die Spielbank aus den Glücksspielen erzielte („Jahres‑Bruttoeinnahmen des Spielbetriebes“, also sinngleich: „Jahresbruttospieleinnahmen“), der aber nicht proportional, sondern überproportional zu der Höhe dieser Erträge besteuert wurde. Nach Ablauf eines Kalenderjahres begann die Progression wieder von unten zu laufen. Die Bundes-Monopolabgabe war täglich abzuführen (§ 5 Spielbankverordnung).

66 Nachdem während der Zeit des Anschlusses Österreichs an das Deutsche Reich das deutsche Spielbankgesetz vom 14. Juli 1933 (dRGBl. I 480) anzuwenden war (vgl. VwGH 16.3.2016, Ro 2015/17/0022, mwN), wurde in weiterer Folge durch das Glücksspielgesetz 1945 (StGBl. Nr. 117/1945) ‑ neben anderen glücksspielrechtlichen Bestimmungen ‑ auch die Spielbankverordnung, BGBl. Nr. 463/1933, wieder in Kraft gesetzt und damit die Bundes‑Monopolabgabe samt Bemessungsgrundlage „Jahresbruttospieleinnahmen“ beibehalten. Dieser abgaberechtliche Teil der Spielbankverordnung wurde aufgrund der in Anbetracht des Erkenntnisses VfGH 22.6.1957, G 3/57, G 5/57, erforderlichen Neuregelung des Glücksspielwesens durch das Bundesgesetz vom 18. Mai 1960 zur Regelung von Angelegenheiten der Glücksspiele (Glücksspielgesetz; BGBl. Nr. 111/1960) in Geltung belassen (§ 27 Z 5 leg.cit.; ferner Julia Kohl, Das österreichische Glücksspielmonopol, 9 f).

67 Erst das Bundesgesetz vom 27. Juni 1962 zur Regelung des Glücksspielwesens (Glücksspielgesetz 1962; GSpG 1962), BGBl. Nr. 169/1962, ersetzte die „Bundes-Monopolabgabe“ durch die „Spielbankabgabe“, deren Struktur aber im Wesentlichen jener der „Bundes‑Monopolabgabe“ entsprach. § 27 leg.cit. sah ebenfalls eine sich über das Kalenderjahr erstreckende progressive Besteuerung der „Jahresbruttospieleinnahmen“ und die tägliche Fälligkeit der Abgabe vor. Die Spielbank hatte daher täglich die zu entrichtenden Abgabenbeträge zu berechnen und abzuführen. Weiters musste sie der Abgabenverwaltung monatlich eine nach Spielbankbetrieben gegliederte Abrechnung vorlegen, die als Steuererklärung galt (§ 28 Abs. 2 leg.cit.).

68 Der Begriff der „Jahresbruttospieleinnahmen“ war in keiner der genannten Regelungen definiert worden. Der Verwaltungsgerichtshof war daher anlässlich eines Beschwerdefalles, in dem es darum ging, wie durch unredliche Manipulationen von Arbeitnehmern einer Spielbank verkürzte Spieleinnahmen bei Bemessung der Spielbankabgabe zu behandeln seien, gefordert, diesen Begriff auszulegen. Der Verwaltungsgerichtshof sprach in seinem (vom BFG mehrfach ins Treffen geführten) Erkenntnis vom 17. Jänner 1968, 897/67, u.a. Folgendes aus:

„Die Bruttospieleinnahme eines Spielbankbetriebes ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes die Rechengröße, die sich aus dem Ertragsrest der Spiele eines bestimmten Zeitraumes ergibt, durch Abzug der Spielbankabgabe zu der Nettoeinnahme, und schließlich nach Abzug weiterer Aufwandposten zum Gewinn oder Verlust des betreffenden Spielbankbetriebes führt. [...] Zusammenfassend ist [...] unter der ‚Jahresbruttospieleinnahme‘ eines Spielbankbetriebes eine Rechengröße zu verstehen, die sich aus dem Unterschied zwischen den Spieleinnahmen und den Spielausgaben innerhalb eines Kalenderjahres ergibt. Der jeweilige Überschuß (Abgang) dieser Spieleinnahmen und Spielausgaben (Gewinne und Verluste) wird, wie unbestritten feststeht, nach Beendigung des täglichen Spielbetriebes bezüglich der einzelnen Tische unter Bedachtnahme auf deren Dotation errechnet und es werden schließlich die erzielten Überschüsse bzw. Abgänge zusammengerechnet bzw. kompensiert. Dieser Vorgang sowie jede Bewegung der Jetons steht unter behördlicher Aufsicht. Von diesen auf solche Weise erfaßten Beträgen ist dann die Spielbankabgabe zu errechnen und jeweils am folgenden zweiten Werktag abzuführen. Demnach hat der nach Schluß jedes Spieltages aus den Überschüssen bzw. Abgängen der einzelnen Spieltische gezogene Saldo die Grundlage für die Abrechnung der Spielbankabgabe zu bilden.“

69 Mit dem Bundesgesetz vom 23. Jänner 1969, mit dem das Glücksspielgesetz neuerlich abgeändert wird, BGBl. Nr. 58/1969, wurde der Begriff der Jahresbruttospieleinnahmen erstmals gesetzlich bestimmt (§ 27 Abs. 2 zweiter Satz GSpG 1962):

„Unter Jahresbruttospieleinnahmen sind die im Kalenderjahr dem Spielbankbetrieb zugekommenen Spieleinsätze und die dem Spielbankbetrieb für die Überlassung von Spieleinrichtungen von den Spielern geleisteten Vergütungen abzüglich der vom Spielbankbetrieb ausgezahlten Spielgewinne zu verstehen.“

70 Die Materialien (vgl. ErläutRV 1057 BlgNR 11. GP 3) führen dazu (u.a.) aus:

„Die Bemessungsgrundlage und die Staffelung der Spielbankabgabe bleiben unverändert. Die Jahresbruttospieleinnahmen setzen sich zusammen aus den Einsätzen beim Roulettespiel, abzüglich der bei diesem Spiel jeweils ausgezahlten Gewinne, sowie aus den Vergütungen, die bei sonstigen Spielen (wie bei Baccara, Chemin de Fer) für die Benützung der Spieleinrichtungen von den Spielern an den Spielbankbetrieb geleistet werden, zusammen.“

71 Auch wenn hier vom Abzug „der bei diesem Spiel jeweils ausgezahlten Gewinne“ die Rede ist, ergibt sich doch sonst aus den Materialien kein Hinweis darauf, dass der Gesetzgeber mit der gesetzlichen Definition der Jahresbruttospieleinnahmen von dem Begriffsverständnis des Verwaltungsgerichtshofes hätte abweichen wollen.

72 1986 wurde die Möglichkeit zur Übertragung des Rechts zur Durchführung des Lottos, des Sporttotos und des Zusatzspiels an eine Kapitalgesellschaft geschaffen, wobei der Konzessionär dafür eine Konzessionsabgabe entrichten musste, derenBemessungsgrundlage nicht die Jahresbruttospieleinnahmen waren, sondern die Einsätze, die ebenfalls progressiv besteuert wurden (§ 20b, § 20e Abs. 1 und 3 GSpG 1962 idF BGBl. Nr. 292/1986).

73 Mit dem derzeit geltenden Bundesgesetz vom 28. November 1989 zur Regelung des Glücksspielwesens (Glücksspielgesetz ‑ GSpG), BGBl. Nr. 620/1989, sollte u.a. eine Erhöhung des Bundesertrages aus dem Glücksspielmonopol bewirkt werden. Dazu wurden sämtliche Glücksspiele aus der staatlichen Verwaltung ausgegliedert und in weiterer Folge (1991) die Österreichische Glücksspielmonopolverwaltung aufgelöst (vgl. Julia Kohl, Das österreichische Glücksspielmonopol, 10 f). Die Spielbankabgabe und die Konzessionsabgabe blieben vorerst die einzigen im GSpG geregelten Abgaben auf Glücksspiele. Glücksspiele wurden jedoch darüber hinaus als „Glücksverträge“ durch das Gebührengesetz (GebG), BGBl. Nr. 267/1957 (vgl. auch das Gebührengesetz 1946, BGBl. Nr. 184/1946), besteuert, wobei die Bemessungsgrundlage je nach Art des Glücksvertrages in der Regel die Einsätze oder die „Gewinste“ bildeten (§ 33 TP 17). Anders als bei der Spielbank- und der Konzessionsabgabe folgte diese Besteuerung dem Konzept der Verkehrssteuer.

74 Das GSpG in seiner Stammfassung behielt in Bezug auf die Spielbankabgabe die Jahresbruttospieleinnahmen bei, allerdings waren nunmehr bei der Ermittlung des Saldos nicht nur die Gewinne, sondern auch die Sonderjetons abzuziehen. In Bezug auf französisches Roulette und Baccarat (chemin de fer) blieb es bei der progressiven Besteuerung, während bei den anderen Glücksspielen ein fester Steuersatz anzuwenden war.

75 Mit dem Bundesgesetz, mit dem das Glücksspielgesetz und das Gebührengesetz geändert werden, BGBl. I Nr. 69/1997, wurde der Bereich der elektronischen Lotterien („die unter Zuhilfenahme modernster Technologien aus dem Telekommunikationsbereich durchgeführt werden“, ErläutRV 680 BlgNR 20. GP  5) definiert (§ 12a GSpG) und abweichend von den sonstigen Lotterien und Glücksspielapparaten geregelt. Dem Bund wurde nunmehr ausdrücklich die Möglichkeit eröffnet, sein Recht zur Durchführung elektronischer Lotterien durch Konzession zu übertragen, wofür die Konzessionsabgabe in Höhe von 24 % der Jahresbruttospieleinnahmen zu entrichten war. Diese wurden in § 17 Abs. 3 GSpG als „die im Kalenderjahr dem Konzessionär zugekommenen Wetteinsätze abzüglich Ausschüttungen (Gewinne)“ bestimmt. Was den Gesetzgeber veranlasst hat, im Zusammenhang mit elektronischen Lotterien nicht auch auf die Einsätze, sondern auf die Jahresbruttospieleinnahmen abzustellen, wird in den Materialien nicht offengelegt. Der Konzessionär schuldete für elektronische Lotterien auch die Wettgebühren nach dem GebG (vgl. ME Glücksspielgesetz, Änderung, 129/ME 20. GP , 6). Als Bemessungsgrundlage für elektronische Lotterien wurden auch im GebG die Jahresbruttospieleinnahmen eingeführt, die gleichlautend wie bei der Konzessionsabgabe definiert werden (§ 33 TP 17 Abs. 1 Z 8 GebG).

76 Um den Veränderungen des österreichischen Glücksspielmarktes und den unionsrechtlichen Erfordernissen Rechnung zu tragen und Wettbewerbsnachteile des konzessionierten Glücksspiels zu beseitigen, kam es mit der GSpG‑Novelle 2008, BGBl. I Nr. 54/2010, zu weiteren umfangreichen Änderungen des GSpG. Es wurde der (die §§ 57 bis 59 umfassende) Abschnitt „GLÜCKSSPIELABGABEN“ eingefügt. Im selben Maße wurden die Abgabentatbestände der „Glücksverträge“ der TP 33 Z 17 GebG auf Wetten im engeren Sinn reduziert. An der Abgabenbelastung sollte sich dadurch ‑ mit Ausnahme von Glücksspielautomaten außerhalb von Spielbanken ‑ nichts ändern (ErläutRV 658 BlgNR 24. GP 9 f). Die Besteuerung elektronischer Lotterien und Ausspielungen mit Glücksspielautomaten erfolgt ab diesem Zeitpunkt ausschließlich nach dem GSpG, wobei als Bemessungsgrundlage wieder die Jahresbruttospieleinnahmen herangezogen wurden. Diese wurden in § 52 Abs. 2 letzter Satz GSpG (wie auch in der derzeit geltenden Fassung des § 52 Abs. 5 GSpG) als „die Einsätze abzüglich der ausbezahlten Gewinne eines Kalenderjahres“ definiert.

77 Mit derselben Novelle wurde auch im UStG 1994 die Bemessungsgrundlage von Umsätzen aus Glücksspielautomaten und elektronischen Lotterien (in Form von VLT) neu gefasst, indem die Einsätze durch die Jahresbruttospieleinnahmen ersetzt wurden (§ 4 Abs. 5 zweiter Unterabsatz UStG 1994).

78 Damit enthält das GSpG nunmehr zahlreiche abgabenrechtliche Bestimmungen, nämlich - neben der Konzessionsabgabe (§ 17 Abs. 2 GSpG), der Spielbankabgabe (§ 28 Abs. 2 GSpG) und (seit dem Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl. I Nr. 111/2010 auch) der Gebühr nach § 59a GSpG ‑ die Glücksspielabgaben i.e.S. nach § 57 GSpG und die ermäßigte Glücksspielabgabe nach § 58 GSpG. Die Abgabenbemessung auf der Grundlage der Jahresbruttospieleinnahmen ist aber nur bei der Berechnung der Spielbankabgabe (§ 28 Abs. 2 GSpG), der Konzessionsabgabe iZm elektronischen Lotterien (§ 17 Abs. 2 GSpG), der Glücksspielabgabe für elektronische Lotterien bzw. Glücksspielautomaten (§ 57 Abs. 2, 3 und 4 GSpG) und der Umsatzsteuer auf Umsätze aus Glücksspielautomaten und aus VLT (§ 4 Abs. 5 zweiter Unterabsatz UStG 1994) vorgesehen. Der Begriff der Jahresbruttospieleinnahmen wird bei jeder dieser Abgaben separat bestimmt (§ 17 Abs. 2 GSpG, § 28 Abs. 2 GSpG, § 57 Abs. 5 GSpG und § 4 Abs. 5 zweiter Unterabsatz UStG 1994), wobei mit Ausnahme der Spielbankabgabe im Wesentlichen gleichlautende Definitionen vorliegen.

79 Gemeinsam ist allen Definitionen, dass es sich stets um den Saldo von (erhaltenen) Einsätzen und den ausbezahlten Gewinnen unter wörtlicher Bezugnahme auf das Kalenderjahr handelt. Ob die Ermittlung der Jahresbruttospieleinnahmen bei den einzelnen Abgaben zeitraum- oder ausspielungsbezogen zu erfolgen hat, ergibt sich jedoch aus keiner der genannten gesetzlichen Bestimmungen und auch nicht aus den Materialien dazu.

2.3 Systematik der Besteuerung elektronischer Lotterien

80 Eine Besteuerung nach den Jahresbruttospieleinnahmen ist im GSpGneben der Spielbankabgabe nur bei der Konzessionsabgabe, der Glücksspielabgabe und der Umsatzsteuer vorgesehen. Bei den letztgenannten drei Abgaben beschränkt sich dies auf Ausspielungen in Form elektronischer Lotterien. Aufgrund des sachlichen Zusammenhangs und der im Wesentlichen identen Begriffsbestimmung der Jahresbruttospieleinnahmen ist davon auszugehen, dass in Bezug auf elektronische Lotterien eine idente Bemessungsgrundlage geschaffen werden sollte.

81 Als 1997 im Rahmen der Konzessionsabgabe und der Gebühren nach dem GebG (§ 33 TP 17 GebG) eigene Abgabentatbestände für elektronische Lotterien geschaffen wurden, hat der Gesetzgeber bei der Abgabenbemessung nicht auf die Einsätze oder in Aussicht gestellten Gewinne abgestellt, sondern die Jahresbruttospieleinnahmen gewählt. Diese Form der Bemessungsgrundlage, die im Ergebnis auf den wirtschaftlichen Vorteil, den der Abgabenschuldner aus der Ausspielung zieht, abstellt, war damals bereits im GSpG, und zwar im Zusammenhang mit der Spielbankabgabe, enthalten. Unbeschadet des Umstandes, dass es sich bei der Gebühr auf Glücksverträge und in der Folge bei der Glücksspielabgabe und bei der Umsatzsteuer um Verkehrsteuern handelt, hat der Gesetzgeber auch bei diesen drei Abgaben die Bezeichnung „Jahresbruttospieleinnahmen“ und im Wesentlichen dasselbe Ermittlungsverfahren wie bei der Spielbankabgabe gewählt. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber dem Begriff „Jahresbruttospieleinnahmen“ im Zusammenhang mit elektronischen Lotterien einen von der Spielbankabgabe abweichenden Inhalt beigemessen hätte. Im Sinne des Grundsatzes der Einheitlichkeit der Rechtsordnung und in Ermangelung entgegenstehender Hinweise in den Materialien besteht daher kein Anlass, daran zu zweifeln, dass den ab 1997 eingeführten Abgaben dasselbe Verständnis des Begriffes „Jahresbruttospieleinnahmen“ zugrunde liegt wie der Spielbankabgabe.

82 Daraus folgt, dass entsprechend dem zur Spielbankabgabe ergangenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Jänner 1968, 897/67, auch im Zusammenhang mit der Besteuerung elektronischer Lotterien davon auszugehen ist, dass es sich bei der Bruttospieleinnahme um eine Rechengröße handelt, die sich aus dem Ertragsrest der Spiele eines bestimmten Zeitraumes ergibt. Daraus folgt weiters, dass die Saldierung nicht für jede einzelne Ausspielung vorzunehmen ist, wie dies das revisionswerbende Finanzamt vermeint. Vielmehr sind die ausbezahlten Gewinne eines bestimmten Zeitraums von der Summe der Einsätze desselben Zeitraums in Abzug zu bringen.

83 Die Glücksspielabgabenschuldner haben gemäß § 59 Abs. 3 erster Satz GSpG die Abgaben gemäß § 57 GSpG jeweils für einen Kalendermonat selbst zu berechnen und bis zum 20. des dem Entstehen der Abgabenschuld folgenden Kalendermonats (Fälligkeitstag) zu entrichten. Bis zu diesem Zeitpunkt haben die Abgabenschuldner auch eine Abrechnung über die abzuführenden Beträge in elektronischem Weg vorzulegen. Zum Unterschied davon ordnet § 59 Abs. 3 zweiter Satz GSpG in Bezug auf Abgaben gemäß § 58 Abs. 3 GSpG (u.a.) an, dass diese jeweils für ein Kalenderjahr vom Abgabenschuldner selbst zu berechnen sind. Dieser Abrechnung sind Unterlagen anzuschließen, die eine Überprüfung der Einsätze und Gewinne der Glücksspiele während des Abrechnungszeitraumes gewährleisten.

84 Daraus folgt, dass die Ermittlung, die Anzeige und die Abfuhr der Glücksspielabgabe nach § 57 GSpG monatlich zu erfolgen haben. Es ist keine Vorschrift ersichtlich, aus der sich ergäbe, dass bei der Selbstbemessung der Glücksspielabgabe für elektronische Lotterien nach Jahresende eine (neuerliche) Saldierung zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage auf Basis des Kalenderjahres durchgeführt werden könnte bzw. müsste. Daraus ist aber der Schluss zu ziehen, dass trotz der Bezeichnung „Jahresbruttospieleinnahmen“ und dem Umstand, dass diese nach dem Wortlaut des § 57 Abs. 5 GSpG ausdrücklich auf das Kalenderjahr bezogen werden, das Kalenderjahr nicht als Saldierungszeitraum heranzuziehen ist.

85 Ausschlaggebend ist in diesem Zusammenhang somit die Bestimmung des § 59 Abs. 3 GSpG, wonach die Glücksspielabgaben u.a. nach § 57 Abs. 2 jeweils für einen Kalendermonat zu berechnen sind. Daraus folgt in Bezug auf die Berechnung der Abgaben auf elektronische Lotterien, dass die Ermittlung der Jahresbruttospieleinnahmen in Form der Saldierung der erhaltenen Einsätze mit den ausbezahlten Gewinnen eben monatlich (und nicht jährlich und auch nicht bezogen auf die einzelne Ausspielung) zu erfolgen hat.

86 Dies steht auch im Einklang mit dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Jänner 1968, 897/67, auch wenn dieses zwar auf die tägliche Saldierung zur Ermittlung der Jahresbruttospieleinnahmen abstellt, aber eben nicht auf eine jährliche (wie die Bezeichnung „Jahresbruttospieleinnahmen“ nahelegen würde). Das Erfordernis einer täglichen Saldierung war in der damaligen Rechtslage begründet, welche eine tägliche Ermittlung und Abfuhr der Spielbankabgabe vorgesehen hatte.

87 An der Beurteilung, dass die Ermittlung der Jahresbruttospieleinnahmen (durch Saldierung der ausgezahlten Gewinne von den Einsätzen) monatlich zu erfolgen hat, vermag auch der Hinweis des revisionswerbenden Finanzamtes, dass es sich bei der Glücksspielabgabe um eine Verkehrsteuer handle und jede einzelne Ausspielung den Abgabentatbestand verwirkliche, keine Zweifel zu erwecken, steht es doch dem Gesetzgeber frei, die Abgabenbemessung für mehrere Ausspielungen zusammengefasst vorzusehen (vgl. z.B. die Gesamtdifferenzbesteuerung nach § 24 Abs. 5 UStG 1994).

2.4 Zusammenfassung

88 Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass bei den Glücksspielabgaben im Zusammenhang mit elektronischen Lotterien die Ermittlung der Jahresbruttospieleinnahmen in Form der Saldierung von Einsätzen und ausbezahlten Gewinnen monatlich zu erfolgen hat.

3. Boni

89 Das revisionswerbende Finanzamt bekämpft weiters auch die durch das BFG vorgenommene Behandlung von Vielspielerbegünstigungen (Boni/Vergütungen/Freispielen; in der Folge „Boni“), die einzelne Spieler als „Treuebonus“, quasi als Belohnung dafür erhalten, dass sie bereits früher an einer bestimmten Anzahl von bestimmten Spielen teilgenommen haben, und als Anreiz, weiterhin an Spielen der mitbeteiligten Partei teilzunehmen. Die Gewährung dieser Boni erfolgte im Rahmen einer Werbestrategie der mitbeteiligten Partei, um Spieler zu einer verstärkten Inanspruchnahme ihres Glücksspielangebots zu animieren.

90 Es handelt sich dabei somit um Leistungen der mitbeteiligten Partei, die nicht als (überwiegend vom Zufall abhängiges) Ergebnis einer Ausspielung gewährt wurden, sondern einzig von einer bestimmten Anzahl von Spielteilnahmen durch einen bestimmten Spieler abhingen.

91 Das BFG hat solche Vergünstigungen als „Spielgewinne“, die die mitbeteiligte Partei „‑ sozusagen am selben Tisch ‑ vorher über die Einsätze eingenommen“ habe, „als Gewinn“ von den Einsätzen in Abzug gebracht.

92 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass ein Abzug gewährter Boni (Rabatte, Freispiele) im Rahmen der ausbezahlten Gewinne schon mangels Vorliegens eines aleatorischen Elements nicht zulässig ist. Die Gewährung der in Rede stehenden Boni ist nicht das Ergebnis einer Ausspielung, sondern beruht auf der Willensentscheidung eines Spielers, an einer bestimmten Anzahl von bestimmten Ausspielungen eines bestimmten Spielunternehmers teilzunehmen, und der Willensentscheidung dieses Spielunternehmers, in einem solchen Fall diesem Spieler bestimmte Vergünstigungen zu gewähren.

93 Das GSpG sieht bei der Ermittlung der Jahresbruttospieleinnahmen für elektronische Lotterien (§ 57 Abs. 2 iVm Abs. 5 GSpG) den Abzug anderer Posten als „ausbezahlte Gewinne“ nicht vor. Anders als etwa bei der Einkommensbesteuerung kommt es bei der Bemessung der Gücksspielabgabe zu keiner Berücksichtigung von Betriebsausgaben (etwa Ausgaben für Werbung). Es ist dabei unerheblich, ob ein Glücksspielunternehmer Werbekampagnen einer Werbeagentur finanziert oder im betragsmäßig selben Ausmaß den Spielern Gutscheine für Freispiele oder andere Vergünstigungen gewährt. Es ist auch nicht von Bedeutung, ob der Glücksspielunternehmer die den Spielern als Boni gewährten Vergünstigungen über die Einsätze früherer Ausspielungen oder etwa über Kredite finanziert. Es kann im Übrigen dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, bestimmte Werbemaßnahmen eines Glücksspielunternehmers steuerlich begünstigen zu wollen, indem der diesbezügliche Aufwand die Bemessungsgrundlage der Glücksspielabgabe vermindert, während anderer Werbeaufwand nicht zu einer Berücksichtigung führt.

94 Während die Gewährung von Boni somit noch zu keiner Berücksichtigung bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage führt, könnte das Einlösen von Boni im Rahmen der Ermittlung der Höhe der Einsätze zulässig sein. Ob und in welcher Weise dies der Fall ist, hängt aber von den jeweils zu beurteilenden Sachverhalten ab.

95 Aus § 2 Abs. 1 Z 2 GSpG ergibt sich, dass unter „Einsatz“ eine vermögenswerte Leistung, die Spieler oder andere Personen in Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen, zu verstehen ist.

96 Dem BFG ist darin zuzustimmen, dass als Spieleinsatz alles zu verstehen ist, was der Spieler aufzuwenden hat, um die Hoffnung auf eine Leistung ‑ die Gewinnchance ‑ zu erhalten. Dabei ist es unerheblich, ob der Spieler oder jemand anderer die vermögenswerte Leistung im Zusammenhang mit der Teilnahme des Spielers am Glücksspiel erbringt (§ 2 Abs. 1 Z 2 GSpG). Es kommt auch nicht darauf an, ob der Spielteilnehmer die finanziellen Mittel für die Teilnahme an einer Ausspielung etwa von Angehörigen geschenkt bekommen hat oder ob er dafür einen „Treue‑Gutschein“, ausgestellt etwa vom Glücksspielunternehmer, verwendet. In beiden Fällen ist es bei der Gewährung der finanziellen Mittel oder des Gutscheins noch ungewiss, ob der Spieler diese(n) Boni (Bonus) tatsächlich für die Teilnahme an einer (weiteren) Ausspielung nutzen wird. Erst bei der tatsächlichen Inanspruchnahme der Boni tritt Gewissheit über deren Verwendung ein. D.h., erst in jenem Kalendermonat, in dem der Bonus tatsächlich eingelöst wird, ist dessen Berücksichtigung bei der Ermittlung der Jahresbruttospieleinnahmen denkbar.

97 Weiters ist zu unterscheiden, ob für den begünstigten Spieler der erhaltene Bonus einen von einer allfälligen weiteren Spielteilnahme unabhängigen Vermögenswert darstellt. Das ist dann der Fall, wenn der Spieler den Gutschein (auch) in Geld (Waren) ablösen kann. Eine vom Unternehmer zugestandene und tatsächlich erfolgte Bargeldeinlösung ist weder bei den Gewinnen noch bei den Einsätzen zu berücksichtigen und hat somit keine Auswirkungen auf die Bemessungsgrundlage. Ob der Spieler diesen eingelösten Betrag in der Folge verwendet, um wieder an einem Spiel desselben Unternehmens teilzunehmen, oder ob er eine allfällige weitere Spielteilnahme anders finanziert, ist für die Bemessung der Glücksspielabgabe des Spielunternehmers, der den Gutschein begeben hat, ohne Belang. Wenn der Spieler das erhaltene Bargeld oder den Gutschein aber als Einsatz für eine weitere Spielteilnahme verwendet, findet dies wie jeder andere Einsatz auch im Rahmen der Ermittlung der Einsätze in die Bemessungsgrundlage Eingang. So hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung im Zusammenhang mit der umsatzsteuerlichen Behandlung von Freispielen bei Spielautomaten gemäß § 4 Abs. 5 UStG 1972 ausgeführt, dass der geldwerte, auch in anderer Weise (zur Konsumation) verwendbare Gewinnanspruch des Spielers im Falle der Verwendung für ein Freispiel als Entgelt für dieses Spiel (Umsatz) anzusehen ist (vgl. etwa VwGH 4.9.1992, 90/13/0164, mwN).

98 Dasselbe gilt auch für Gutscheine, die zwar nicht beim begebenden Glücksspielunternehmer in Bargeld abgelöst werden können, die aber an andere Spieler (allenfalls gegen Entgelt) weitergegeben werden können. Im Falle einer Einlösung durch einen Spieler in Form der Teilnahme an einer Ausspielung ist dieser Gutschein wieder bei den Einsätzen zu berücksichtigen und erhöht damit die Bemessungsgrundlage.

99 Eine andere Beurteilung kann nur dann stattfinden, wenn der Spieler für die Teilnahme an weiteren Spielen einen Rabatt oder ein Freispiel erhält und er diese Vergünstigung weder weitergeben noch in Geld ablösen lassen kann. Bei einer tatsächlichen Inanspruchnahme des Rabatts anlässlich einer späteren Spielteilnahme braucht der Spieler nur einen um diesen Rabatt verminderten Einsatz oder im Falle eines Freispiels gar keinen Einsatz zu leisten. Daher kann bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage im Rahmen der Einsätze nur der um den Rabatt verringerte tatsächlich geleistete Einsatz dieses Spielers angesetzt werden. Im Falle eines Freispiels ist hinsichtlich dieses Teilnehmers von einem Einsatz von Null auszugehen. Sollten an einem Glücksspiel Spieler ausschließlich unter Inanspruchnahme ihrer Freispiele teilnehmen, so ist mangels Einsätzen das Vorliegen einer Ausspielung zu verneinen, und zwar unabhängig davon, ob der Spieler dabei gewinnt oder verliert. Dieses Glücksspiel findet bei der Ermittlung der Jahresbruttospieleinnahmen keinen Eingang.

100 Ob und in welcher Weise die Inanspruchnahme von Boni die Höhe der Einsätze einer Ausspielung beeinflusst, hängt somit von den jeweils zu beurteilenden Sachverhalten ab.

101 Zusammenfassend ergibt sich somit, dass es in keinem Fall zulässig ist, begebene Boni als Gewinne von der Bemessungsgrundlage abzuziehen. Im Zeitpunkt ihrer Einlösung erhöhen Boni hingegen als Einsätze die Bemessungsgrundlage, sofern sie einen Vermögenswert im obigen Sinne darstellen. Andernfalls ist der um den geltend gemachten Rabatt verminderte Einsatz in Ansatz zu bringen.

102 Das BFG ist bei einzelnen Arten von Vergünstigungen (Boni) ausdrücklich zu einer anderen Beurteilung als das revisionswerbende Finanzamt gekommen. Dazu zählen die „Bargeld‑Gewinne“ bei Echtgeldspielen, auf die ein Spieler Anspruch habe, wenn er eine „Einlage“ in Höhe von 100 Euro leiste und an einer bestimmte Anzahl von Spielen innerhalb eines bestimmten Zeitraums teilnehme. Diese „Bargeld‑Gewinne“ könnten nach den Feststellungen des BFG „nach freier Wahl entweder entnommen ... oder für weitere Spiele verwendet“ werden. Nach den obigen Ausführungen erweist sich die Vorgehensweise des BFG, diese Vielspieler-Boni als Gewinn zu behandeln und somit im Zuge der Saldierung von den Einsätzen in Abzug zu bringen, als rechtswidrig.

103 Dasselbe gilt auch für unentgeltliche Spielteilnahmen an Pokerturnieren, bei denen die mitbeteiligte Partei für die begünstigten Vielspieler (deren VIP‑Level nach der Anzahl der bisherigen Teilnahmen an Echtgeldspielen bestimmt werde) die Einzahlungen in den Preispool übernimmt. Unabhängig davon, ob es sich dabei um Vergünstigungen handelt, die der jeweilige Vielspieler auch weitergeben könnte (wozu aber Feststellungen im angefochtenen Erkenntnis fehlen), erweist sich deren Berücksichtigung bei den ausbezahlten Gewinnen jedenfalls als rechtswidrig.

4. Ergebnis

104 Das angefochtene Erkenntnis des BFG war aus den oben dargelegten Gründen wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

105 Im fortzusetzenden Verfahren wird das BFG Feststellungen zu treffen haben, die eine nachvollziehbare Beurteilung der einzelnen von der mitbeteiligten Partei gewährten Vergünstigungen im obigen Sinn erlauben. Es wird darauf hingewiesen, dass die bloße Wiedergabe des diesbezüglichen Vorbringens der mitbeteiligten Partei solche Feststellungen nicht zu ersetzen vermag.

106 Von der Durchführung der von der mitbeteiligten Partei beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden, zumal das BFG eine Verhandlung durchgeführt hat.

Wien, am 24. Juni 2020

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