VwGH Ra 2019/21/0139

VwGHRa 2019/21/013926.6.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer und den Hofrat Dr. Pelant sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Galesic, über die Revision des A S in S, vertreten durch Mag. Michael-Thomas Reichenvater, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Herrengasse 13/II, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Oktober 2018, Zl. I409 2163101-2/6E, betreffend Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4
FrPolG 2005 §52 Abs1 Z1
FrPolG 2005 §53 Abs3 Z1
SMG 1997 §39
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019210139.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid vom 9. Juni 2017 erließ das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) gegen den Revisionswerber, einen algerischen Staatsangehörigen, gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 52 Abs. 1 Z 1 FPG eine Rückkehrentscheidung sowie gemäß § 53 Abs. 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot; unter einem wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Algerien zulässig sei, und es wurde einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt.

2 Der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde gab das Bundesverwaltungsgericht mit am 12. Juni 2018 mündlich verkündetem Erkenntnis statt, indem es den Bescheid behob, weil das BFA es unterlassen habe, die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005 zu prüfen.

3 Mit Bescheid vom 5. September 2018 (das im Kopf des nunmehr angefochtenen Erkenntnisses angegebene Datum "5. August 2018" beruht offenbar auf einem Schreibversehen) sprach das BFA in der Folge aus, dass dem Revisionswerber ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt werde. Es erließ gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 52 Abs. 1 Z 1 FPG neuerlich eine Rückkehrentscheidung sowie gemäß § 53 Abs. 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot und wiederholte die Feststellung gemäß § 52 Abs. 9 FPG sowie den Ausspruch über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung.

4 Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach es aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei. 5 Nach der genannten Verfassungsbestimmung ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich (u.a.) wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG "nicht zur Behandlung eignen", ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6 An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen dieser in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).

7 Unter diesem Gesichtspunkt wird in der - nach Abtretung durch den Verfassungsgerichtshof ausgeführten - Revision vorgebracht, dass die "belangte Behörde" (gemeint wohl: das Bundesverwaltungsgericht) in Verkennung "der maßgeblichen Bestimmungen der §§ 37 ff AVG" das Ermittlungsverfahren mangelhaft durchgeführt habe, zumal die vom Revisionswerber "im Verfahren dargelegten Urkunden" nur unzureichend berücksichtigt worden seien und das Vorbringen des Revisionswerbers "nicht zugrunde gelegt" worden sei; insbesondere habe es die "belangte Behörde" verabsäumt, eine mündliche Beschwerdeverhandlung anzuberaumen, sodass ihr jedenfalls eine antizipierende Beweiswürdigung anzulasten sei.

8 Die bei Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung vorgenommene Interessenabwägung ist im Allgemeinen - wenn sie in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel. Das gilt sinngemäß auch für die einzelfallbezogene Erstellung einer Gefährdungsprognose und die Bemessung der Dauer eines Einreiseverbots (vgl. etwa VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0284, mwN). Das in Bezug auf die genannten Gesichtspunkte vom Bundesverwaltungsgericht fallbezogen erzielte Ergebnis kann aber angesichts der dem Revisionswerber zur Last liegenden Straftaten insbesondere im Hinblick auf den wiederholten einschlägigen Rückfall in Bezug auf Delikte nach dem Suchtmittelgesetz (SMG), die zuletzt zur Verurteilung des Revisionswerbers zu einer - gemäß § 39 SMG zur Durchführung einer Therapie aufgeschobenen - unbedingten Freiheitsstrafe von 30 Monaten geführt hatten, jedenfalls nicht als unvertretbar angesehen werden, zumal die Entlassung auf Grund des erwähnten Strafaufschubs erst am 16. August 2017 erfolgt ist, sodass von einer hinreichend langen Zeit des Wohlverhaltens in Freiheit keine Rede sein kann (vgl. zu diesem Erfordernis etwa VwGH 26.4.2018, Ra 2018/21/0061, mwN). Angesichts der Erfüllung des Tatbestandes des § 53 Abs. 3 Z 1 FPG sowohl hinsichtlich der Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten als auch hinsichtlich der mehrfachen Verurteilung wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen ist auch die Bemessung der Dauer des Einreiseverbots nicht als unvertretbar anzusehen. 9 Das Bundesverwaltungsgericht durfte insgesamt sogar von einem eindeutigen Fall ausgehen, der es ihm ausnahmsweise erlaubte, von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung zur Verschaffung eines persönlichen Eindrucks vom Revisionswerber abzusehen (vgl. neuerlich VwGH 26.4.2018, Ra 2018/21/0061). Im Übrigen bezog sich das Bundesverwaltungsgericht - ohne dass die Revision dem entgegentritt - in seiner Beweiswürdigung auch auf die am 12. Juni 2018 im Beschwerdeverfahren gegen den Bescheid des BFA vom 9. Juni 2017 durchgeführte Verhandlung, zu der der Revisionswerber unentschuldigt nicht erschienen sei. 10 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 26. Juni 2019

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