Normen
AsylG 2005 §55
BFA-VG 2014 §9
B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019210124.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der 1966 geborene Revisionswerber, ein serbischer Staatsangehöriger, ist geschieden und hat drei mittlerweile erwachsene Kinder, die ebenso wie seine Mutter in Serbien leben. In Österreich hat der Revisionswerber - mit Ausnahme eines hier lebenden Cousins - keine Verwandten.
2 Der Revisionswerber hielt sich bereits zwischen 1989 und 1993 in Österreich auf, wo er - unterbrochen von Zeiten des Arbeitslosengeldbezuges - als Hilfsarbeiter unselbständig erwerbstätig war. Anschließend kehrte er in seinen Herkunftsstaat zurück. Er kam erst im Jahr 2002 wieder nach Österreich und war im Zeitraum Mai bis Oktober 2012 und Mai bis Oktober 2013 mit entsprechenden Genehmigungen als Saisonarbeiter erwerbstätig. Nach dem Ende dieser Beschäftigungen reiste er jeweils wieder nach Serbien zurück. Seit Jänner 2014 hält sich der Revisionswerber nunmehr durchgehend in Österreich auf.
3 Der Revisionswerber brachte am 23. Jänner 2014 einen ersten Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ("aus Gründen des Art. 8 EMRK") ein, der mit - insoweit mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG) vom 28. Jänner 2015 bestätigtem - Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 11. August 2014 rechtskräftig abgewiesen wurde. Der Revisionswerber stellte am 2. Mai 2017 einen gleichartigen Antrag, der sodann mit Bescheid des BFA vom 13. Juli 2017 abgewiesen wurde. Unter einem erließ das BFA eine Rückkehrentscheidung, die es mit der Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung des Revisionswerbers nach Serbien verband. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das BVwG mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 9. Februar 2018 ab.
4 Das BVwG stellte ergänzend zu den aktuellen Verhältnissen des Revisionswerbers fest, er gehe derzeit keiner Erwerbstätigkeit nach. Er sei Inhaber eines österreichischen Führerscheins und habe für eine unselbständige Beschäftigung als Hausmeister in einem Gäste- und Seminarhaus im Ausmaß von zehn Wochenstunden mit einem monatlichen Einkommen von 350 EUR eine Einstellungszusage. Er verfüge über einen großen Freundes- und Bekanntenkreis und sei seit Anfang Juli 2017 Mitglied eines Nachbarschaftshilfsvereins. Der Revisionswerber lebe (frühestens seit Februar 2015) mit seiner Lebensgefährtin, einer als Zimmermädchen erwerbstätigen und über ein monatliches Nettoeinkommen von ca. 1.100 EUR verfügenden kroatischen Staatsangehörigen, in deren Wohnung in einem gemeinsamen Haushalt. Er sei unbescholten und habe im August 2016 die Deutschprüfung auf dem Niveau A 2 absolviert.
5 Bei der nach § 9 BFA-VG sodann vorgenommenen Interessenabwägung berücksichtigte das BVwG die genannten Umstände zugunsten des Revisionswerbers und gestand ihm eine "gewisse Integration" zu. Das BVwG relativierte jedoch insbesondere in Bezug auf die Lebensgemeinschaft im Sinne des § 9 Abs. 2 Z 8 BFA-VG, dass sie in Kenntnis seines unsicheren Aufenthaltsstatus eingegangen worden sei, zumal der Revisionswerber nie von einer Erlaubnis zu einem nicht bloß vorübergehenden Aufenthalt im Bundesgebiet habe ausgehen dürfen. Im Übrigen sei dem Revisionswerber vorzuwerfen, dass er ungeachtet der rechtskräftigen Abweisung seines ersten Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels unrechtmäßig in Österreich verblieben sei. Außerdem habe er noch enge Bindungen zu seinem Herkunftsstaat und stehe mit den dort lebenden Familienangehörigen in regem Kontakt. Zusammenfassend kam das BVwG somit zu dem Ergebnis, das BFA sei trotz des mehrjährigen Aufenthalts des Revisionswerbers in Österreich und des hier geführten Familienlebens mit seiner Lebensgefährtin zu Recht davon ausgegangen, dass seine persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich weniger schwer wögen als das gegenläufige, einen hohen Stellenwert besitzende öffentliche Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen. Die Voraussetzungen für die Erteilung der beantragten Aufenthaltsberechtigung aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 AsylG 2005 lägen daher nicht vor, sodass gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 iVm § 52 Abs. 3 FPG auch eine Rückkehrentscheidung zu erlassen sei. Die Gründe, warum die Rückkehrentscheidung nicht auf Dauer unzulässig sei, würden sich mit den Überlegungen zur Abweisung des Antrags auf Erteilung des Aufenthaltstitels decken.
6 Das BVwG sprach im angefochtenen Erkenntnis gemäß § 25a Abs. 1 VwGG aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei. Nach der genannten Verfassungsbestimmung ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision unter dem genannten Gesichtspunkt nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a erster Satz VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).
8 In dieser Hinsicht bemängelt der Revisionswerber - nach Abtretung der zunächst an den Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde, deren Behandlung mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 25. Februar 2019, E 1136/2018-7 abgelehnt worden war - in der dann fristgerecht ausgeführten außerordentlichen Revision die vom BVwG vorgenommene Interessenabwägung und rügt in diesem Zusammenhang die Unterlassung der Durchführung der in der Beschwerde ausdrücklich beantragten Verhandlung.
9 Bei diesen Ausführungen bezieht sich die Revision allerdings (wiederholt) nur auf die ohnehin vom BVwG festgestellten und in seine Interessenabwägung einbezogenen Umstände, ohne nachvollziehbar aufzuzeigen, dass das BVwG davon ausgehend zu einem anderen Ergebnis hätte kommen müssen. Vielmehr lässt die Revision außer Acht, dass der Revisionswerber seit Beginn seines durchgehenden Aufenthalts in Österreich ab Anfang 2014 und auch noch nach der Abweisung seines ersten Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels ab Anfang 2015 durch seinen - entgegen den Zuwanderungsvorschriften vorgenommenen - unrechtmäßigen Verbleib versucht, in Bezug auf seinen Aufenthalt vollendete Tatsachen zu schaffen (siehe zu diesem Gesichtspunkt VwGH 13.11.2018, Ra 2018/21/0205 bis 0210, Rn. 11, mwN). Das widerspricht dem öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen, dem - wie das BVwG zutreffend ausführte - ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. etwa nur VwGH 31.1.2013, 2011/23/0476). Zu Recht ging das BVwG daher in Bezug auf die in diesem Zeitraum erlangte Integration, insbesondere hinsichtlich der eingegangenen Lebensgemeinschaft, von einer entscheidenden Minderung ihres Gewichts bei der Interessenabwägung aus. Demnach durfte das BVwG hier in vertretbarer Weise sogar von einem eindeutigen Fall ausgehen, der es ihm - entgegen der in der Revision vertretenen Ansicht - ausnahmsweise erlaubte, von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung zur Verschaffung eines persönlichen Eindrucks vom Revisionswerber abzusehen (vgl. dazu etwa zuletzt VwGH 7.3.2019, Ra 2019/21/0017, Rn. 15, mwN). 10 Der Revision gelingt es somit nicht, eine für die Lösung des vorliegenden Falles wesentliche grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufzuzeigen, weshalb sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen war.
Wien, am 16. Mai 2019
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