Normen
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019190304.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber ist ein Staatsangehöriger des Irak und sunnitischer Moslem. Er stellte am 23. September 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Zu seinen Fluchtgründen brachte er vor, sein Onkel habe in Bagdad einen Friseursalon betrieben und sei in Zusammenhang mit dieser Tätigkeit von schiitischen Milizen bedroht worden. Da der Revisionswerber im Betrieb seines Onkels mitgearbeitet habe, sei auch er von diesen Drohungen betroffen gewesen.
2 Mit Bescheid vom 10. Dezember 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerbers zur Gänze ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung in den Irak zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise betrage 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung. 3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
4 Begründend führte das BVwG aus, der Revisionswerber stamme aus Bagdad. Es sei nicht glaubhaft, dass der Revisionswerber im Irak durch eine schiitische Miliz bedroht worden sei bzw. von dieser Verfolgung zu erwarten habe. Unter Berücksichtigung der getroffenen Feststellungen zur Sicherheits- und Versorgungslage bestehe für den volljährigen, gesunden und arbeitsfähigen Revisionswerber bei einer Rückkehr nach Bagdad keine reale Gefahr einer Verletzung seiner Rechte nach Art. 2 oder 3 EMRK. 5 Mit gesonderten Erkenntnissen wies das BVwG die vom Onkel des Revisionswerbers und dessen Familienangehörigen gegen die Abweisung ihrer Anträge auf internationalen Schutz erhobenen Beschwerden als unbegründet ab.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 9 Die Revision, die in einem gemeinsamen Schriftsatz mit Revisionen gegen die den Onkel des Revisionswerbers und dessen Familienangehörige betreffenden Erkenntnisse erhoben wurde, bringt zu ihrer Zulässigkeit hinsichtlich des Revisionswerbers vor, die Begründung des angefochtenen Erkenntnisses werde den in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dargestellten Anforderungen, wonach ein Verwaltungsgericht sich nicht über erhebliche Behauptungen und Beweisanträge hinwegsetzen dürfe, nicht gerecht. Das BVwG habe sich mit der von schiitischen Milizen nach Länderberichten ausgehenden Gefährdung und dem Fluchtvorbringen des Revisionswerbers nicht "umfassend" auseinandergesetzt und habe "lediglich festgestellt", dass Sunniten in Bagdad keiner systematischen Verfolgung oder Diskriminierung ausgesetzt seien.
10 Mit diesem Vorbringen macht die Revision einen Begründungsmangel geltend, setzt sich jedoch darüber hinweg, dass das BVwG Feststellungen zu den Aktivitäten schiitischer Milizen in Bagdad - insbesondere auch zu ihrer Verstrickung in kriminelle Aktivitäten - getroffen, auf dieser Grundlage jedoch sowohl eine Gruppenverfolgung der sunnitischen Bevölkerung als auch eine persönliche Bedrohung des Revisionswerbers durch die Milizen verneint hat. Das Fluchtvorbringen des Revisionswerbers hat das BVwG mit näherer Begründung unter Berücksichtigung von Widersprüchen und Ungereimtheiten in den Angaben des Revisionswerbers und seines Onkels nicht als glaubhaft erachtet. Vor diesem Hintergrund vermag die Revision nicht aufzuzeigen, dass das BVwG von den in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dargestellten Anforderungen an die Begründung der Erkenntnisse der Verwaltungsgerichte (vgl. dazu etwa VwGH 23.1.2019, Ra 2018/19/0374) abgewichen wäre. 11 Zur Überprüfung der Beweiswürdigung ist der Verwaltungsgerichtshof - als Rechtsinstanz - im Allgemeinen nicht berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. etwa VwGH 18.7.2019, Ra 2019/19/0197, mwN). Eine solche Unvertretbarkeit der Beweiswürdigung legt die Revision nicht dar.
12 Die Revision wendet sich unter dem Gesichtspunkt einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung weiters gegen die Nichtzuerkennung von subsidiärem Schutz und bringt vor, im Sinn der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes drohe dem Revisionswerber bei einer Rückkehr nach Bagdad die reale Gefahr einer Verletzung seiner Rechte nach Art. 2 und 3 EMRK. Mit diesen pauschalen Behauptungen wird aber nicht konkret dargelegt, warum das Verwaltungsgericht hinsichtlich des Revisionswerbers, der nach den Feststellungen des BVwG ein gesunder, arbeitsfähiger und volljähriger Mann, ohne besondere in seiner Person liegende Gefährdungsmomente ist, von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 8 AsylG (vgl. zusammenfassend etwa VwGH 27.5.2019, Ra 2019/14/0153) abgewichen wäre.
13 Soweit die Revision sich schließlich gegen die Rückkehrentscheidung wendet, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel ist (vgl. etwa VwGH 25.6.2019, Ra 2019/19/0078, mwN). Eine solche Unvertretbarkeit vermag die Revision nicht aufzuzeigen, zumal das BVwG zu Lasten des Revisionswerbers insbesondere eine strafgerichtliche Verurteilung nach dem SMG zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von zwölf Monaten zu berücksichtigen hatte (vgl. dazu, dass es sich bei Suchtgiftdelinquenz um ein besonders verpöntes Fehlverhalten handelt etwa VwGH 10.9.2018, Ra 2018/19/0169, mwN).
14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 29. August 2019
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