VwGH Ra 2019/19/0078

VwGHRa 2019/19/007825.6.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens sowie den Hofrat Dr. Pürgy und die Hofrätin Dr.in Lachmayer als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Schara, in der Revisionssache des A H, vertreten durch Mag. Katharina Kurz, Rechtsanwältin in 1030 Wien, Invalidenstraße 7/7, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. Jänner 2019, Zl. W159 2165295- 1/13E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4
MRK Art3
MRK Art8
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019190078.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Somalias, stellte 31. Mai 2014 einen Antrag auf internationalen Schutz. Begründend gab er an, er sei zuerst von Soldaten und später von der Polizei wegen des Verdachts, für die Al Shabaab tätig gewesen zu sein, festgenommen und längerfristig angehalten worden. Seine Tante habe ihn jedoch jeweils "freikaufen" können. Als Mitglieder der Al Shabaab ihn nachfolgend mit dem Tod bedroht und ihm unterstellt hätten, vom Glauben abgefallen zu sein, habe seine Tante seine Flucht organisiert.

2 Mit Bescheid vom 4. Juli 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen den Revisionswerber eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Somalia zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise setzte das BFA mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.

3 Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet abgewiesen. Die Revision erklärte es gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 5 In der vorliegenden Revision wird zur Begründung ihrer Zulässigkeit vorgebracht, das Bundesverwaltungsgericht habe keine Feststellungen zur familiären Situation und zur Frage der Versorgungssicherheit des Revisionswerbers in seinem Herkunftsstaat getroffen. Es liege daher hinsichtlich der Frage der Existenzgrundlage kein geklärter Sachverhalt vor. Zudem sei die Beweiswürdigung insofern unvertretbar, als das Bundesverwaltungsgericht dem Vorbringen des Revisionswerbers die Glaubhaftigkeit auf Grund bloß vermeintlicher Widersprüche abgesprochen habe. Schließlich habe das Bundesverwaltungsgericht bei der Interessenabwägung gemäß Art. 8 EMRK die konkreten Lebensumstände des Revisionswerbers nicht ausreichend berücksichtigt.

6 Wenn die Revision vorbringt, es liege auf Grund fehlender Feststellungen zur Frage der Existenzgrundlage im Herkunftsstaat kein geklärter Sachverhalt vor, ist ihr entgegen zu halten, dass sich das Bundesverwaltungsgericht sehr wohl mit der familiären Situation des Revisionswerbers (Zugehörigkeit zu einem "noblen Hauptclan") und der Versorgungssicherheit im Herkunftsstaat (Besserung der Dürresituation durch zwischenzeitlich eingetretene Regenfälle, Entspannung der Nahrungsmittelknappheit und wirtschaftliche Lage in Mogadischu) auseinandergesetzt hat. 7 Der Revision gelingt es auch nicht darzulegen, dass die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts an einem vom Verwaltungsgerichtshof wahrzunehmenden Mangel leiden würde. Der Verwaltungsgerichthof ist als Rechtsinstanz im Allgemeinen zur Überprüfung der Beweiswürdigung nicht berufen ist. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. etwa VwGH 10.9.2018, Ra 2018/19/0451; 28.6.2018, Ra 2018/19/0138, jeweils mwN). Dass dies fallbezogen gegeben wäre, zeigt die Revision mit ihrem allgemeinen Vorbringen, aus dem schon nicht hervorgeht, welche vom Bundesverwaltungsgericht herangezogene Widersprüche bloß vermeintliche wären, nicht auf.

8 Soweit sich die Revision schließlich gegen die Rückkehrentscheidung wendet, ist darauf zu verweisen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel ist (vgl. etwa VwGH 26.3.2019, Ra 2019/19/0010, mwN).

Die vom Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer Verhandlung vorgenommene Interessenabwägung, in die das Bundesverwaltungsgericht entgegen der Revision auch seine Feststellungen zu den konkreten Lebensumständen des Revisionswerbers (Teilzeitarbeit, gemeinnützige Tätigkeit, Mitgliedschaft im Fußballverein) einbezogen hat, ist jedenfalls nicht als unvertretbar zu beurteilen.

9 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen. 10 Von einer Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.

Wien, am 25. Juni 2019

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte