VwGH Ra 2019/14/0526

VwGHRa 2019/14/052620.11.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Dr.in Sembacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schweinzer, in den Revisionssachen 1. der A B, 2. des C D,

3. des E F, 4. der G H, 5. der I J, und 6. des K L, alle vertreten durch Mag. Hubert Wagner, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Wattmanngasse 8, gegen die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts je vom 24. September 2019,

1. W215 2197530-1/26E, 2. W215 2197526-1/23E, 3. W215 2197525- 1/15E, 4. W215 2197529-1/15E, 5. W215 2197528-1/15E und

6. W215 2197519-1/15E, jeweils betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §8
BFA-VG 2014 §9
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019140526.L00

 

Spruch:

Die Revisionen werden zurückgewiesen.

Begründung

1 Die revisionswerbenden Parteien sind Staatsangehörige der Russischen Föderation. Die Erstrevisionswerberin und der Zweitrevisionswerber sind miteinander verheiratet. Die weiteren revisionswerbenden Parteien sind deren gemeinsame (in den Jahren 2012, 2014, 2015 und 2018 geborene) Kinder. Alle stellten Anträge auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005; die Erstrevisionswerberin, der Zweitrevisionswerber und der Drittrevisionswerber am 22. Juli 2013 nach ihrer Einreise in das Bundesgebiet, für die übrigen (in Österreich geborenen) revisionswerbenden Parteien wurden die Anträge jeweils kurz nach ihrer Geburt gestellt. Die Anträge wurden im Wesentlichen damit begründet, dass der Zweitrevisionswerber die Erstrevisionswerberin gegen den Willen seiner Eltern, die seine Ehefrau gehasst hätten, geheiratet habe. Daher habe er auch weiterhin bei seinen Eltern gewohnt. Die Erstrevisionswerberin und der Zweitrevisionswerber hätten im Herkunftsstaat nicht wie eine Familie zusammenleben können. Sie hätten sohin mit ihrem damals bereits geborenen Sohn das Heimatland verlassen, weil sie gemeinsam hätten leben wollen. Nach Österreich seien sie - so das Bundesverwaltungsgericht unter Hinweis darauf, dass es sich um ein wörtliches Zitat handle - "wegen der guten Versorgung" gekommen.

2 Mit den Bescheiden je vom 25. April 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Anträge auf internationalen Schutz ab, erteilte keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen die revisionswerbenden Parteien Rückkehrentscheidungen und stellte fest, dass deren Abschiebung in die Russische Föderation zulässig sei. Weiters wurde gegen die Erstrevisionswerberin und den Zweitrevisionswerber ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen und betreffend alle revisionswerbenden Parteien ausgesprochen, dass einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt werde. 3 Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts je vom 13. Juni 2018 wurden jene Aussprüche, mit denen einer Beschwerde gegen die Entscheidungen die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, ersatzlos behoben.

4 Mit den nunmehr in Revision gezogenen Erkenntnissen je vom 24. September 2019 gab das Bundesverwaltungsgericht den gegen die Bescheide vom 25. April 2018 erhobenen Beschwerden nach Durchführung einer Verhandlung insoweit statt, als es die gegen die Erstrevisionswerberin und den Zweitrevisionswerber erlassenen Einreiseverbote ersatzlos aufhob. Hinsichtlich der übrigen (im Beschwerdeverfahren bis dahin noch unerledigt gebliebenen) Aussprüche wies es die Beschwerden als unbegründet ab. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Erhebung von Revisionen nach Art. 133 Abs. 4 B-VG gegen alle Entscheidungen nicht zulässig sei.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 8 Von den revisionswerbenden Parteien wird zur Zulässigkeit der Revisionen geltend gemacht, das Bundesverwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen. In diesem Zusammenhang wenden sie sich gegen die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichts sowie gegen die jeweils im Rahmen der Erlassung der Rückkehrentscheidungen vorgenommene Interessenabwägung. Weiters habe sich das Bundesverwaltungsgericht nicht ausreichend mit dem Vorbringen der revisionswerbenden Parteien befasst. Entgegen den Annahmen des Bundesverwaltungsgerichts hätten sie in Tschetschenien kein "großes soziales Netz". Dieses Gericht habe ignoriert, dass es sich bei den dort gebliebenen Familienmitgliedern um jene Personen handle, von denen die Übergriffe gegen die revisionswerbenden Parteien ausgingen.

9 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dieser als Rechtsinstanz tätig und im Allgemeinen nicht zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Einzelfall berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. etwa VwGH 16.10.2019, Ra 2019/14/0487, mwN). Das Bundesverwaltungsgericht ist nach Durchführung einer Verhandlung im Rahmen einer umfassenden Beweiswürdigung unter Hinweis auf diverse Widersprüche in den Angaben zum Ergebnis gelangt, dass sich das Vorbringen der revisionswerbenden Parteien als unglaubwürdig erwiesen habe. Es gelingt der Revision nicht aufzuzeigen, dass die beweiswürdigenden Erwägungen als unvertretbar einzustufen wären.

10 Schon ausgehend davon ist dem übrigen Revisionsvorbringen (zur Nichtberücksichtigung näher genannter Berichte, die sich mit Misshandlungen innerhalb der Familie befassen, sowie dazu, dass keine innerstaatliche Fluchtalternative bestehe), das auf der Prämisse der Richtigkeit des Fluchtvorbringens fußt, der Boden entzogen.

11 Zur im Rahmen der Erlassung der Rückkehrentscheidungen jeweils erfolgten Interessenabwägung gemäß § 9 BFA-Verfahrensgesetz ist festzuhalten, dass eine solche nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel ist (vgl. etwa VwGH 18.2.2019, Ra 2019/14/0032, mwN). Die revisionswerbenden Parteien zeigen mit den Hinweisen in der Zulassungsbegründung auf ihr "(B)emühen (..) um eine Integration" (durch Verbesserung der Deutschkenntnisse, Mitgliedschaft in Vereinen und der islamischen Glaubensgemeinschaft, gemeinnützige Tätigkeiten), ihre Unbescholtenheit und den Willen, sich in den Arbeitsmarkt einzugliedern, wobei der Zweitrevisionswerber eine Anstellung in Aussicht habe, nicht auf, dass die im Rahmen der Prüfung der gegenständlichen Fälle vom Verwaltungsgericht vorgenommene Beurteilung, in die auch sämtliche die Kinder betreffende Umstände eingeflossen sind, unvertretbar wäre. 12 In den Revisionen werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revisionen waren daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 20. November 2019

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