European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019140487.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 8. Juli 2011 einen Antrag auf internationalen Schutz. 2 Diesen Antrag auf internationalen Schutz wies das damals zuständige Bundesasylamt mit Bescheid vom 29. November 2011 ab, unter einem wies es den Revisionswerber aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan aus. Der Asylgerichtshof gab der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde mit Erkenntnis vom 4. April 2013 statt und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurück. Mit Bescheid vom 9. Juli 2013 wies das Bundesasylamt den Antrag des Revisionswerbers auf internationalen Schutz im zweiten Rechtsgang erneut ab und wies den Revisionswerber aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan aus. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18. Dezember 2014 zurückgewiesen, weil der Bescheid vom 9. Juli 2013 aufgrund eines Zustellfehlers rechtlich nicht existent geworden war. 3 Mit Bescheid vom 29. April 2015 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag auf internationalen Schutz ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass die Abschiebung des Revisionswerbers nach Afghanistan zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt.
4 Das Bundesverwaltungsgericht wies die vom Revisionswerber dagegen erhobene Beschwerde mit dem nunmehr in Revision gezogenen Erkenntnis vom 10. April 2019 nach Durchführung einer Verhandlung ab und behob Spruchpunkt III., soweit damit über die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Asylgesetz 2005 abgesprochen worden war, ersatzlos. Schließlich erklärte das Bundesverwaltungsgericht die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 8 Die Revision wendet sich in der Begründung für ihre Zulässigkeit gegen die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichts und bringt dazu vor, das Bundesverwaltungsgericht habe die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinsichtlich der ganzheitlichen Würdigung des individuellen Vorbringens missachtet, weil es nicht die Länderberichte aus dem Zeitraum der vorgebrachten Ereignisse herangezogen und Verständigungsschwierigkeiten zwischen dem Dolmetscher und dem Revisionswerber nicht gewürdigt habe. Des Weiteren habe das Bundesverwaltungsgericht die UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30. August 2018 nicht berücksichtigt. Auch fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, ob die Selbsterhaltungsfähigkeit als Kriterium für die Beurteilung des Grades der Integration herangezogen werden dürfe.
9 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dieser als Rechtsinstanz tätig und im Allgemeinen nicht zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Einzelfall berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 29.8.2019, Ra 2019/14/0409, mwN). Es gelingt der Revision nicht, eine solche - vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende - Unvertretbarkeit aufzuzeigen. Das Bundesverwaltungsgericht erachtete das Fluchtvorbringen aufgrund der Widersprüche in den Angaben des Revisionswerbers als unglaubwürdig und legte seine Gründe dafür in der Beweiswürdigung dar. Warum vor diesem Hintergrund der Inhalt älterer Berichte zur Lage im Heimatland des Revisionswerbers bei dessen Berücksichtigung zu einem anderen Ergebnis hätte führen können, legt die Revision nicht dar. Dem Protokoll der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht ist entgegen dem Vorbringen in der Revision auch nicht zu entnehmen, dass der Revisionswerber den Dolmetscher nicht verstanden hätte.
10 Soweit in der Revision ausgehend von der Richtigkeit des Vorbringens zu den Gründen der Flucht geltend gemacht wird, das Bundesverwaltungsgericht hätte die UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30. August 2018 nicht herangezogen und es damit verabsäumt, auf die Zugehörigkeit des Revisionswerbers zur Risikogruppe der in Blutfehden verwickelten Personen einzugehen, entfernt sie sich von den Feststellungen des Verwaltungsgerichts, das das Fluchtvorbringen als unglaubwürdig eingestuft hat. Ausgangspunkt der Prüfung, ob eine grundsätzliche Rechtsfrage vorliegt, ist der festgestellte Sachverhalt (vgl. etwa VwGH 13.08.2018, Ra 2018/14/0032). Schon deshalb wird mit diesem Vorbringen die Zulässigkeit der Revision nicht dargelegt, zumal die Relevanz des behaupteten Verfahrensfehlers nicht zu sehen ist. 11 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK ist im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgt und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel (vgl. VwGH 25.6.2019, Ra 2019/14/0260, mwN).
12 Dass das Bundesverwaltungsgericht im gegenständlichen Fall die Interessenabwägung, in deren Rahmen auch die Erwerbstätigkeit des Revisionswerbers zu seinen Gunsten berücksichtigt wurde, unvertretbar vorgenommen hätte, legt die Revision nicht dar. Von der in diesem Zusammenhang in der Revision behaupteten Unionsrechtswidrigkeit der Regelungen über den Zugang für Asylwerber zum Arbeitsmarkt hängt indes die Revision nicht ab. 13 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 16. Oktober 2019
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