Normen
AsylG 2005 §34
AsylG 2005 §7 Abs1 Z2
AsylG 2005 §7 Abs4
BFA-VG 2014 §9
B-VG Art133 Abs4
MRK Art8
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019140492.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Das (damals zuständige) Bundesasylamt erkannte der Mutter des (im August 2013 geborenen) Revisionswerbers - beide sind Staatsangehörige der Russischen Föderation - mit Bescheid vom 2. Juli 2012 den Status der Asylberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) zu. Mit Schreiben vom 14. August 2013 gab sie dem Bundesasylamt die Geburt des Revisionswerbers bekannt. Sie stellte für ihn als seine gesetzliche Vertreterin den Antrag, ihm den gleichen Schutzstatus zuzuerkennen. Eigene Fluchtgründe wurden für den Revisionswerber nicht geltend gemacht. 2 Mit Bescheid vom 3. September 2013 wurde dem Revisionswerber - gegründet auf seine Eigenschaft als Familienangehöriger einer Fremden, der der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden war -
gemäß § 3 iVm § 34 Abs. 2 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt und gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 festgestellt, dass ihm kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukomme.
3 In der Folge erließ das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Bescheid vom 17. Mai 2017, womit dem Revisionswerber der Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aberkannt und gemäß § 7 Abs. 4 AsylG 2005 festgestellt werde, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukomme. Weiters sprach die Behörde aus, dass dem Revisionswerber der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 nicht zuerkannt, ihm kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigenden Gründen nach § 57 AsylG 2005 erteilt, gegen ihn gestützt auf gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), § 10 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 und § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) eine Rückkehrentscheidung erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt werde, dass seine Abschiebung in die Russische Föderation zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt.
4 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verwies darauf, dass der Mutter des Revisionswerbers der Status der Asylberechtigten aberkannt worden sei, weil sie sich freiwillig wieder unter den Schutz des Herkunftsstaates gestellt habe. Sie habe sich im Herkunftsstaat einen Reisepass ausstellen lassen. Sie sei auch mit dem Revisionswerber mehrmals in den "Verfolgerstaat" gereist, wo sich beide längere Zeit aufgehalten hätten. Der Revisionswerber habe den Status des Asylberechtigten im Rahmen des Familienverfahrens nach § 34 AsylG 2005 zuerkannt erhalten. Für ihn seien keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht worden. Im Aberkennungsverfahren seien keine Gründe hervorgekommen, aus denen auf eine asylrelevante Verfolgung des Revisionswerbers in seinem Heimatland zu schließen wäre. Somit sei auch dem Revisionswerber der Status des Asylberechtigten abzuerkennen.
5 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer Verhandlung mit Erkenntnis vom 28. Dezember 2018 als unbegründet ab und sprach aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
6 Das Bundesverwaltungsgericht stützte sich beim Ausspruch über die Aberkennung des Status des Asylberechtigten - wie bereits zuvor die Behörde - darauf, dass der Mutter des Revisionswerbers der Status der Asylberechtigten aberkannt worden sei. Die Ausstellung oder Verlängerung eines Reisepasses müsse in der Regel als eine der Formen angesehen werden, mit denen ein Staat seinen Angehörigen Schutz gewähre. Die Mutter des Revisionswerbers habe sich nach der Asylgewährung in Österreich in Russland bei der zuständigen russischen Behörde einen Auslandsreisepass ausstellen lassen. Sie sei damit mehrfach in den Herkunftsstaat zurückgekehrt. Es sei somit auch die tatsächliche Schutzgewährung durch den Herkunftsstaat gegeben. Weiters liege die Freiwilligkeit ihres Verhaltens sowie die Unterschutzstellungsabsicht vor. Zudem sei auch für den Revisionswerber ein russischer Auslandsreisepass ausgestellt worden. Somit lägen bei der Mutter des Revisionswerbers und auch bei ihm die Voraussetzungen für die Aberkennung des Status des Asylberechtigten vor. Weiters verwies das Bundesverwaltungsgericht noch darauf, dass infolge dessen auch der für die im Jänner 2018 geborene Schwester des Revisionswerbers - auch sie verfüge über keine eigenen Fluchtgründe - gestellte Antrag auf internationalen Schutz im Instanzenzug abgewiesen worden sei.
7 Die Erhebung einer Revision sei - so das Bundesverwaltungsgericht abschließend - nicht zulässig, weil die zu den früheren Bestimmungen ergangene Rechtsprechung auf die gleichgelagerte aktuelle Rechtslage übertragbar sei. 8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist gemäß § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu treffen.
10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 11 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass sämtliche Familienmitglieder eine Revision gegen die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts, womit der Status von Asylberechtigten aberkannt (Revisionswerber und seine Mutter) sowie nicht zuerkannt (Schwester des Revisionswerbers) wurde, eingebracht haben. 12 Der Verwaltungsgerichtshof hat die von der Mutter des Revisionswerbers eingebrachte Revision mit Erkenntnis vom 23. Oktober 2019, Ra 2019/19/0046, als unbegründet abgewiesen und die von der Schwester des Revisionswerbers erhobene Revision mit Beschluss vom 19. November 2019, Ra 2019/18/0413, zurückgewiesen. 13 Soweit es die hier gegenständliche Revision betrifft, wird darin des Näheren dargelegt, weshalb der Mutter des Revisionswerbers der Status der Asylberechtigten nicht hätte aberkannt werden dürfen. In Bezug auf den Revisionswerber wird zur Zulässigkeit der Revision geltend gemacht, die von seiner Mutter aufgezeigten Rechtswidrigkeiten und Zulässigkeitsgründe müssten zwangsläufig auch die Zulässigkeit der Revision des Kindes nach sich ziehen.
14 Weiters wendet sich die Revision zur Begründung der Zulässigkeit der Revision gegen die im Rahmen der Erlassung der Rückkehrentscheidung nach § 9 BFA-VG vorgenommene Beurteilung. 15 Ob die Voraussetzung des Art. 133 Abs. 4 B-VG erfüllt ist, also eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, ist im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu beurteilen. Wurde die zu lösende Rechtsfrage daher in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - auch nach Einbringung der Revision - bereits geklärt, liegt keine Rechtsfrage (mehr) vor, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme (vgl. etwa VwGH 2.8.2019, Ra 2018/11/0017, mwN).
16 Die in der Revision angesprochene Rechtsfrage stellt sich im gegenständlichen Fall nicht (mehr) als ungeklärt dar. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im genannten Erkenntnis vom 23. Oktober 2019, Ra 2019/19/0046, mit der in der Revision (auch in Bezug auf die Mutter des Revisionswerbers) aufgeworfenen Rechtsfrage des Näheren befasst und die in der Revision vertretene Auffassung verworfen. Gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG wird sohin auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen. 17 Da sich das Vorbringen der Mutter des Revisionswerbers als unberechtigt erwiesen hat, ist dem auf der gegenteiligen Prämisse aufbauenden Vorbringen des Revisionswerbers der Boden entzogen. Dass die hier in Revision gezogene Entscheidung in Bezug auf die Aberkennung des Status des Asylberechtigten nicht der Rechtslage entspräche, zeigt die Revision nicht auf.
18 Soweit es die Erlassung der Rückkehrentscheidung betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG ist (vgl. VwGH 17.9.2019, Ra 2019/14/0397, mwN). Der Revision gelingt es nicht aufzuzeigen, dass die vom Bundesverwaltungsgericht vorgenommene Interessenabwägung unvertretbar wäre (vgl. insbesondere auch die Erwägungen in der die Mutter des Revisionswerbers betreffenden Entscheidung VwGH 23.10.2019, Ra 2019/19/0046, Rn. 35, in der auch auf die Situation ihrer Kinder - sohin auch jene des Revisionswerbers - Bedacht genommen wurde; vgl. zur Schwester des Revisionswerbers VwGH 19.11.2019, Ra 2019/18/0413). 19 Die hier gegenständliche Revision eignet sich daher mangels des Vorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zu ihrer Behandlung im Sinn des § 34 Abs. 1 VwGG, weshalb sie nach dieser Bestimmung ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen war.
Wien, am 18. Dezember 2019
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)