VwGH Ra 2018/19/0573

VwGHRa 2018/19/057330.4.2019



Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens sowie den Hofrat Dr. Pürgy und die Hofrätin Dr.in Lachmayer als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Schara, in der Revisionssache des R Y in B, vertreten durch Dr. Clemens Endl, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Erzabt-Klotz-Straße 21a, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 31. August 2018, Zl. W255 2169464- 1/18E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §3
AVG §14
AVG §15
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §33 Abs1
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018190573.L00

 

Spruch:

I. Die Revision wird hinsichtlich der Frage der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten zurückgewiesen.

II. Im Übrigen wird die Revision als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte am 22. Oktober 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Als Fluchtgrund führte der Revisionswerber eine näher dargelegte Bedrohung durch die Taliban an.

2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies diesen Antrag mit Bescheid vom 10. August 2017 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab. Die Behörde erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen den Revisionswerber eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt.

3 Mit Erkenntnis vom 31. August 2018 wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass hinsichtlich der Frist zur freiwilligen Ausreise eine näher genannte (hier nicht maßgebliche) sprachliche Berichtigung erfolgte. Die Revision erklärte das BVwG gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

4 Der Revisionswerber erhob gegen dieses Erkenntnis Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof sowie eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

5 Mit Erkenntnis vom 25. Februar 2019, E 4181/2018-16, hob der Verfassungsgerichtshof das in Revision gezogene Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 31. August 2018 betreffend die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan, die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen, die Erlassung einer Rückkehrentscheidung, die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung und die Festsetzung einer Frist für die freiwillige Ausreise auf.

6 Im Übrigen - somit hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten - lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab.

Zu I.:

7 Zunächst gelingt es der Revision, soweit sie sich gegen die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten richtet, nicht, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufzuzeigen:

8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 11 Im Fall der Erhebung einer außerordentlichen Revision obliegt es gemäß § 28 Abs. 3 VwGG dem Revisionswerber, gesondert jene Gründe in hinreichend konkreter Weise anzuführen, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

12 In der gesonderten Zulassungsbegründung ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat (vgl. für viele VwGH 12.12.2018, Ra 2018/19/0368, mwN).

13 In der vorliegenden außerordentlichen Revision wird zur Zulässigkeit unter dem Gesichtspunkt einer Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geltend gemacht, das BVwG habe den Grundsatz des Parteiengehörs nicht gewahrt und dem Revisionswerber keine Gelegenheit gegeben, zum Ergebnis der Beweisaufnahme Stellung zu nehmen. In dem Zusammenhang moniert die Revision, dass der Revisionswerber weder ein übersetztes Protokoll, noch eine Abschrift eines Dokumentes vom BVwG bekommen habe. Dadurch sei es ihm verunmöglicht worden, die Protokollierung in der Beweisaufnahme richtig zu stellen, da er nicht verstanden habe, was die Dolmetscherin dem Gericht übersetzt habe. Ebenso habe er keine Möglichkeit gehabt, zu allfälligen Widersprüchlichkeiten mit den Aussagen seines Bruders Stellung zu nehmen.

14 Dem Vorbringen des Revisionswerbers ist entgegen zu halten, dass aus der Niederschrift zur mündlichen Verhandlung vor dem BVwG vom 28. Juni 2018 hervorgeht, dass diese dem Revisionswerber zur Durchsicht vorgelegt und rückübersetzt worden sei. In weiterer Folge sind gegen die Niederschrift keine Einwendungen wegen behaupteter Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit erhoben worden. Die Niederschrift wurde vom Revisionswerber unterschrieben und es geht daraus weiters hervor, dass dem Revisionswerber eine Ausfertigung der Niederschrift persönlich ausgefolgt/zugestellt wurde. Gemäß § 15 AVG liefert, soweit nicht Einwendungen erhoben wurden, eine gemäß § 14 AVG aufgenommene Niederschrift über den Verlauf und den Gegenstand der betreffenden Amtshandlung vollen Beweis, wobei der Gegenbeweis der Unrichtigkeit des bezeugten Vorganges zulässig bleibt (vgl. VwGH 28.9.2018, Ra 2018/20/0440). 15 Fallbezogen sind Einwendungen des Revisionswerbers weder protokolliert, noch wird behauptet, der Revisionswerber hätte Einwendungen im Sinn des § 14 Abs. 3 AVG erhoben. Der Revisionswerber zeigt mit seinem Revisionsvorbringen keine konkreten Gründe zur Entkräftung der Beweiskraft der Niederschrift auf.

16 Soweit der Revisionswerber vorbringt, keine Möglichkeit gehabt zu haben, zu allfälligen Widersprüchlichkeiten mit den Aussagen seines Bruders Stellung zu nehmen, wird ein Verfahrensmangel gerügt. Die Zulässigkeit der Revision setzt neben dem Vorliegen einer grundsätzlichen Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG voraus, dass die Revision von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage abhängt. Davon kann im Zusammenhang mit einem Verfahrensmangel aber nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird, das heißt, dass dieser abstrakt geeignet sein muss, im Falle eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen - für den Revisionswerber bei richtiger rechtlicher Beurteilung günstigeren - Sachverhaltsgrundlage zu führen (vgl. VwGH 14.8.2018, Ra 2018/01/0344, mwN).

17 Diesen Anforderungen wird die Revision mit ihren Ausführungen unter bloßem Hinweis darauf, dass der Revisionswerber keine Möglichkeit gehabt habe, zu allfälligen Widersprüchlichkeiten mit den Aussagen seines Bruders Stellung zu nehmen, nicht gerecht. Darüber hinaus entbehren auch die Revisionsgründe einer solchen Relevanzdarstellung. Weiters ist darauf hinzuweisen, dass das BVwG seine Beweiswürdigung nicht allein auf Widersprüche im Vorbringen der beiden Brüder gegründet hat. Vielmehr hat sich das BVwG umfassend mit dem Vorbringen des Revisionswerbers auseinandergesetzt und ist auf Grund einer Reihe weiterer, vom BVwG angenommener Widersprüche und Unplausibilitäten zum Ergebnis gelangt, dem Revisionswerber sei die Glaubhaftigkeit seiner Angaben zum Fluchtvorbringen zu versagen.

18 Die Revision war daher hinsichtlich der Frage der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten - mangels Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG - zurückzuweisen. Zu II.:

19 Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Revisionswerber klaglos gestellt wurde, nach seiner Anhörung die Revision in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen. 20 Ein solcher Fall der formellen Klaglosstellung liegt u. a. dann vor, wenn die angefochtene Entscheidung - wie hier - durch den Verfassungsgerichtshof aus dem Rechtsbestand beseitigt wurde (vgl. VwGH 15.12.2016, Ra 2016/19/0088; 12.12.2018, Ra 2018/19/0358; jeweils mwN). Auf Anfrage des Verwaltungsgerichtshofes teilte der Revisionswerber mit schriftlicher Eingabe vom 26. März 2019 mit, dass aufgrund des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 25. Februar 2019 kein Interesse mehr an der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes bestehe.

21 Die Revision war daher im übrigen Umfang gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.

22 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG - insbesondere auf dessen § 55 VwGG - iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 30. April 2019

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