VwGH Ra 2018/15/0118

VwGHRa 2018/15/01183.9.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie den Hofrat Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision der H G.m.b.H. in G, vertreten durch Mag. Markus Steinacher in 9500 Villach, Italienerstraße 10b, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 30. Juni 2018, Zl. RV/4100074/2013, betreffend Umsatzsteuer 2010 und 2012, den Beschluss gefasst:

Normen

KStG 1988 §8 Abs2
UStG 1994 §12
UStG 1994 §12 Abs2 Z2 lita
UStG 1994 §2 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018150118.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach den unbestrittenen Feststellungen des Bundesfinanzgerichts erwarb die revisionswerbende GmbH am 15. September 2010 Wohnungseigentum an einem Penthouse um 740.000 EUR zuzüglich 20 % Umsatzsteuer. In der Zeit zwischen Oktober 2010 und September 2011 nahm sie Adaptierungen an dem Objekt vor, sodass sich die Investitionskosten auf insgesamt 855.377,30 EUR zuzüglich 20 % Umsatzsteuer beliefen. 2 Die ausgewiesene Umsatzsteuer machte die Revisionswerberin für die Wirtschaftsjahre 2010 und 2012 (Bilanzstichtag 30. September) als Vorsteuer geltend.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis versagte das Bundesfinanzgericht - wie zuvor schon das Finanzamt - den Vorsteuerabzug. Die Revisionswerberin habe das Penthouse im Wirtschaftsjahr 2010 im unfertigen Zustand erworben und bis 31. Mai 2011 uneingeschränkt benutzbar gemacht, um sie in der Folge dem Sohn der Lebensgefährtin des Gesellschafters H sen. (im Folgenden nur mehr Sohn) unentgeltlich ohne erkennbaren Rechtsgrund zur Nutzung zu überlassen. Die Revisionswerberin habe diese Absicht schon bei Erwerb der Wohnung wie auch bei der Beauftragung der Fertigstellungsarbeiten verfolgt und jedenfalls bis 27. März 2012 nicht geändert. Der Sohn habe die noch unfertige Wohnung ab 9. März 2011 zunächst als Nebenwohnsitz und seit 1. Juni 2011 ständig als Hauptwohnsitz benützt. Erst nach Ankündigung einer Betriebsprüfung am 30. April 2012 habe der Sohn laut darüber ausgestellter Zahlungsbestätigung vom 2. Mai 2012 das erste Mal Miete an die Revisionswerberin geleistet. 4 Im Laufe des Verfahrens habe die Revisionswerberin einen schriftlichen Mietvertrag vom 5. April 2012 vorgelegt, der Mietzahlungen von monatlich 1.500 EUR beginnend ab 1. Juli 2011 vorgesehen habe. Weiters habe die Revisionswerberin zwei Rechnungen (jeweils vom 28. März 2012) übermittelt, in denen vom Sohn für den Zeitraum Juli 2011 bis Februar 2012 Mietzahlungen einschließlich Betriebskosten und Heizkosten von 15.725,21 EUR zuzüglich 10 % Umsatzsteuer und 703,10 EUR zuzüglich 20 % Umsatzsteuer verlangt worden seien.

5 Dass das ab April 2012 dokumentierte Mietverhältnis schon zuvor auf Grund einer entsprechenden mündlichen Vereinbarung bestanden habe, sei unglaubwürdig. Weder seien tatsächliche Mietzahlungen noch nach außen zum Ausdruck kommende Zahlungsaufforderungen erfolgt. Die Revisionswerberin habe nicht einmal Mietforderungen in Bezug auf das strittige "Penthouse am See" gebucht. Die erste Mietforderung sei erst am 31. März 2012 nach erstmaliger Rechnungslegung verbucht worden. Bis zu diesem Zeitpunkt habe das behauptete Mietverhältnis zwischen der Revisionswerberin und einer ihr nahestehenden Person keine in der Außenwelt erkennbaren "nachvollziehbaren Spuren" hinterlassen. 6 Das Bundesfinanzgericht schließe daraus, dass die Revisionswerberin zum Zeitpunkt der Anschaffung und der Fertigstellung des Penthouses die Absicht gehabt habe, die Wohnung dem Sohn unentgeltlich zur Nutzung zu überlassen. Die behauptete Barzahlung vom 2. Mai 2012 sei kurz nach Ankündigung der Betriebsprüfung erfolgt und sei kein glaubhafter Beweis für ein schon zuvor bestehendes Mietverhältnis. Nicht überzeugend sei in diesem Zusammenhang auch die Behauptung der Revisionswerberin, die "Stundung des Mietzinses" wäre auch unter Fremden erfolgt, weil die Revisionswerberin Gegenforderungen gegen die "GmbH des Mieters" gehabt hätte. Zunächst sei schon nicht zu erkennen, aus welchem Grund die Revisionswerberin das Recht hätte haben können, die angeblichen Mietforderungen gegen Verbindlichkeiten der "GmbH des Sohnes" aufzurechnen. Jedenfalls habe die Revisionswerberin alle Rechnungen der "GmbH des Sohnes" innerhalb weniger Tage bezahlt, während der angebliche Mieter vom 1. Juli 2011 bis zumindest 1. Mai 2012 überhaupt keine Miete bezahlt habe. 7 Die Revisionswerberin habe die Wohnung im Rohzustand im September 2010 erworben und auf eigene Kosten bis 31. Mai 2011 fertiggestellt, um sie dem Gesellschafter H sen. causa societatis zu überlassen. H sen. habe seinerseits die Wohnung unentgeltlich einem Mitglied der Familie zur Verfügung gestellt. Bei der durch das Gesellschaftsverhältnis veranlassten unentgeltlichen und rechtsgrundlosen Überlassung der Wohnung handle es sich um eine Einkommensverwendung iSd § 8 Abs. 2 KStG 1988 (verdeckte Ausschüttung). Die darauf entfallenden Vorsteuern seien gemäß § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 nicht abzugsfähig (Hinweis auf VwGH 24.2.2011, 2007/15/0004).

8 Hinsichtlich von Vorsteuern in Höhe von 22.275 EUR sei überdies festzustellen, dass das diesbezügliche Begehren schon deshalb nicht berechtigt sei, weil diese Vorsteuern das nicht revisionsgegenständliche Wirtschaftsjahr 2011 betreffen (Eingangsrechnungen vom 29. November 2010 und Anfang September 2011 für die zwischen Oktober 2010 und September 2011 erfolgte Fertigstellung der Wohnung).

9 Eine Revision erklärte das Bundesfinanzgericht für nicht zulässig, weil vergleichbare Sachverhalte schon Gegenstand höchstgerichtlicher Rechtsprechung gewesen seien.

10 Dagegen wendet sich die außerordentliche Revision, in der zur Zulässigkeit ausgeführt wird, dass der schriftliche Mietvertrag vom 5. April 2012 einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt habe und zwischen Familienfremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wäre. Dazu habe die Revisionswerberin in der mündlichen Verhandlung das Gutachten eines Baumeisters vorgelegt, worin eine monatliche Bruttomiete inklusive Betriebskosten von 1.672 EUR für angemessen erachtet werde. Da diesbezügliche Feststellungen des Bundesfinanzgerichts fehlten, liege insoweit ein sekundärer Feststellungsmangel vor. Vorgebracht werde jedoch insbesondere, dass die grob fehlerhafte Beweiswürdigung eine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG aufwerfe. In casu erfülle der vorliegende, zunächst mündlich, dann schriftlich abgeschlossene Mietvertrag die Kriterien zur Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen. Es liege daher ein Abweichen von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor. Ausgehend von den vom Bundesfinanzgericht getroffenen Feststellungen habe "der Mieter die erste Zahlung von Miete für das Penthouse frühestens am 2.5.2012 geleistet". Daraus folge, dass "der Mieter sohin lediglich einmal den Mietzins verspätet geleistet" habe. Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes schadeten jedoch einmal verspätete Mietzahlungen nicht, weil einmalig verspätete Mietzahlungen auch unter fremden Mietern vorkommen könnten (Hinweis auf VwGH 16.2.1988, 87/14/0036). Gegenständlich habe das Bundesfinanzgericht der einmalig verspäteten Mietzahlung eine von der Rechtsprechung abweichende Gewichtung beigemessen. Weiters fehle generell Rechtsprechung zur Frage, in welchem Zeitraum eine einmalig verspätete Mietzahlung geleistet werden müsse, um der fremdüblichen Umsetzung eines Mietvertrages Genüge zu tun. 11 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

12 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 13 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 14 Im Bereich der Überlassung von Wohngebäuden durch eine Körperschaft an ihre Gesellschafter bzw. an Personen, die den Gesellschaftern nahestehen, sind in rechtlicher Hinsicht mehrere dem Vorsteuerabzug allenfalls entgegenstehende Konstellationen zu unterscheiden. Der Vorgang kann einerseits eine verdeckte Ausschüttung darstellen und gegebenenfalls zum Ausschluss des Vorsteuerabzuges nach § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 führen. In diesem Fall kommt besondere Bedeutung der Angemessenheit der Miete zu. Der Vorgang kann sich aber andererseits auch als bloße Gebrauchsüberlassung darstellen, die nicht als wirtschaftliche (unternehmerische) Tätigkeit einzustufen ist (vgl. VwGH 18.10.2017, Ro 2016/13/0033, und 10.2.2016, 2013/15/0284).

15 Für die umsatzsteuerliche Beurteilung ist der Zeitpunkt der Leistung bzw. Lieferung maßgebend (vgl. VwGH 27.5.2015, 2012/13/0022, mit weiterführenden Hinweisen, sowie VwGH 17.10.2018, Ra 2017/13/0086).

16 Für die Frage des hier strittigen Vorsteuerabzugs ist daher entscheidend, zu welchem Zweck - fremdübliche Vermietung oder unentgeltliche Gebrauchsüberlassung - die Wohnung angeschafft wurde.

17 Das Bundesfinanzgericht hat die Sachverhaltsfeststellung getroffen, dass die Revisionswerberin die gegenständliche Penthouse-Wohnung angeschafft habe, um sie unentgeltlich einem ihrer Gesellschafter zur Nutzung zu überlassen. Der mit 5. April 2012 datierte Mietvertrag sei im Lichte der Ankündigung einer abgabenbehördlichen Prüfung zu sehen. Dass die anfängliche Wohnungsüberlassung an eine dem Gesellschafter nahestehende Person auf Grund eines mündlichen Mietvertrages erfolgt sei, hielt das Bundesfinanzgericht für nicht glaubwürdig. Dagegen spreche, dass die behauptete Mietvereinbarung in keiner Weise nach außen in Erscheinung getreten sei. Insbesondere seien weder Mieten bezahlt noch (offene) Mietforderungen seitens der Revisionswerberin verbucht worden.

18 Dass dem Bundesfinanzgericht bei Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes ein vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifender Fehler unterlaufen wäre, wird im Zulässigkeitsvorbringen, das sich ausschließlich auf den Inhalt des später abgeschlossenen schriftlichen Mietvertrages stützt, nicht dargelegt. Auch die Ausführungen, es liege nur einmal eine verspätete Mietzahlung vor, gehen an der Sachverhaltsfeststellung vorbei, wonach im Zeitpunkt der Anschaffung der Wohnung die Absicht bestanden habe, diese unentgeltlich einem Gesellschafter zu überlassen. Der an diese Ausführungen anknüpfenden, nach Ansicht der Revisionswerberin eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung darstellenden, Frage fehlt es somit schon an Entscheidungsrelevanz.

19 Die Revisionswerberin bestreitet nicht, dass der im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht gleichfalls strittige Vorsteuerabzug aus den Adaptierungsarbeiten bereits im Wirtschaftsjahr 2011 geltend zu machen gewesen wäre. Damit bedurfte es aber auch hinsichtlich des revisionsgegenständlichen Wirtschaftsjahres 2012, das bereits Zeiträume nach Abschluss des schriftlichen Mietvertrages vom 5. April 2012 betrifft, der von der Revisionswerberin vermissten Feststellungen zu diesem Mietvertrag nicht.

20 Der Revision gelingt es somit nicht, eine für die Lösung des vorliegenden Falles wesentliche grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufzuzeigen, weshalb sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen war.

Wien, am 3. September 2019

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