VwGH Ra 2018/11/0248

VwGHRa 2018/11/024818.1.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler und den Hofrat Dr. Grünstäudl sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Soyer, über die Revision des N K in K, Ungarn, vertreten durch Dr. Friedrich Helml, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Stallburggasse 4/13, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 13. September 2018, Zl. VGW- 041/028/10414/2017-29, betreffend Übertretungen des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes - AVRAG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien), den Beschluss gefasst:

Normen

AVRAG 1993 §7d Abs1;
AVRAG 1993 §7d;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018110248.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurden über den Revisionswerber als nach außen vertretungsbefugtem Organ einer in Ungarn ansässigen Gesellschaft Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen wegen Übertretung des § 7d Abs. 1 Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz - AVRAG verhängt, weil es die von ihm vertretene Gesellschaft als Arbeitgeberin von namentlich genannten, nach Österreich als Isolierungsfacharbeiter entsendeten Arbeitnehmern am 13. Jänner 2016 unterlassen habe, in der genannten Bestimmung angeführte Unterlagen - so insbesondere die Unterlagen betreffend die Lohneinstufung - am Arbeitsort (Baustelle) bereitzuhalten, zumal lediglich die jeweiligen Arbeitsverträge bereitgehalten worden seien.

Gleichzeitig wurde gemäß § 25a VwGG ausgesprochen, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

2 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

3 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

4 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

5 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Diesem Erfordernis wird insbesondere nicht schon durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) oder zu den Rechten, in denen sich der Revisionswerber verletzt erachtet (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG), Genüge getan (vgl. VwGH 25.3.2014, Ra 2014/04/0001, und 18.2.2015, Ra 2015/08/0008).

6 Ob die Voraussetzung des Art. 133 Abs. 4 B-VG erfüllt ist, also eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, ist im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu beurteilen. Wurde die zu lösende Rechtsfrage daher in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - auch nach Einbringung der Revision - bereits geklärt, liegt keine Rechtsfrage (mehr) vor, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme (vgl. aus vielen etwa VwGH 30.10.2018, Ro 2018/11/0008, mwN).

7 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:

8 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob auch Arbeitsverträge in deutscher Sprache als Unterlagen betreffend die Lohneinstufung zu qualifizieren seien. Dies sei gegenständlich von Bedeutung, weil in den auf der gegenständlichen Baustelle bereitgehaltenen Arbeitsverträgen die Einstufung der dort beschäftigt gewesenen Arbeitnehmer als Isolierfacharbeiter, deren monatliches Entgelt und der vereinbarte Stundenaufwand (40 Stunden pro Woche) festgelegt seien und zu sonstigen Ersatz- und Ausgleichsansprüchen auf die geltende Gesetzeslage verwiesen werde. Nach der deutschen Rechtslage sei der Arbeitsvertrag eine ausreichende "Unterlage betreffend die Lohneinstufung", das Verlangen nach weiteren Unterlagen betreffend die Angemessenheit der Lohneinstufung wäre eine unverhältnismäßige Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs.

9 Der Verwaltungsgerichtshof hat die in der Revision aufgeworfene Rechtsfrage bereits im Erkenntnis VwGH 13.12.2018, Ra 2017/11/0276, vor dem Hintergrund der auch gegenständlich maßgebenden Rechtslage (auf die Wiedergabe im zitierten Erkenntnis wird daher verwiesen) entschieden und ausgeführt (vgl. Rn 49), dass die Lohneinstufung des entsendeten Arbeitnehmers iSd § 7d Abs. 1 AVRAG nicht zwingend einem eigenen Dokument entnommen werden muss.

10 Im Beschluss VwGH 6.3.2018, Ra 2018/11/0022, wurde betont, dass "Unterlagen betreffend die Lohneinstufung" gemäß § 7d Abs. 1 AVRAG "zur Überprüfung des dem/der entsandten Arbeitnehmers/in für die Dauer der Beschäftigung nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts" geeignet sein müssen. Weiters wurde darauf hingewiesen, dass angesichts der Verschiedenheit der von § 7d AVRAG erfassten beruflichen Tätigkeiten (und damit der Unterschiedlichkeit jener Rechtsvorschriften, wie insbesondere der Kollektivverträge, die die Entlohnung dieser Tätigkeiten regeln) die im konkreten Fall in Betracht kommenden Unterlagen betreffend die Lohneinstufung nicht im Vorhinein und generell präzisiert werden können, sondern vom Einzelfall abhängig sind.

11 Das bedeutet für den vorliegenden Fall, dass die Lohneinstufung eines nach Österreich zur Arbeitsleistung entsendeten Arbeitnehmers auch aus dem ordnungsgemäß bereitgehaltenen Arbeitsvertrag hervorgehen kann, um diesbezüglich den Vorgaben des § 7d Abs. 1 AVRAG zu entsprechen. Dies gilt, wie sich aus der genannten Vorschrift ergibt, allerdings nur dann, wenn die entsprechenden Angaben (hier: im Arbeitsvertrag) "zur Überprüfung des dem/der entsandten Arbeitnehmers/in für die Dauer der Beschäftigung nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts" geeignet sind.

12 Das Vorliegen der letztgenannten Voraussetzung hat das Verwaltungsgericht gegenständlich schon deshalb zutreffend verneint, weil die (aus dem Akt ersichtlichen, zwischen ungarischen Vertragsparteien in Budapest abgeschlossenen) Arbeitsverträge überhaupt keine Parameter für die Lohneinstufung für die Erbringung von Arbeitsleistungen in Österreich beinhalten.

13 Notwendiger Inhalt der "Unterlage betreffend die Lohneinstufung" iSd § 7d Abs. 1 AVRAG sind jedenfalls (unabhängig davon, ob es sich dabei um ein eigenes Dokument handelt oder ob diese in den Dienstzettel oder, wie gegenständlich behauptet, in den Arbeitsvertrag integriert ist) die für die Lohneinstufung in Österreich maßgebenden Parameter.

14 Der pauschale Verweis in den gegenständlichen

Arbeitsverträgen, dass bei "nicht geregelten Fragen ... die

Verordnungen des Arbeitsgesetzbuches und sonstige sich auf das Arbeitsverhältnis beziehende Regeln maßgebend" seien, reicht jedenfalls nicht für eine konkrete (und überprüfbare) Angabe des zustehenden Mindestentgelts für in Österreich erbrachte Arbeitsleistungen und der dafür maßgeblichen Parameter.

15 Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 18. Jänner 2019

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