VwGH Ra 2018/11/0022

VwGHRa 2018/11/00226.3.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler und den Hofrat Dr. Grünstäudl sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Soyer, über die Revision des D K in P, vertreten durch Mag. Horst Bruckner, Rechtsanwalt in 8430 Leibnitz, Kadagasse 19, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 4. Dezember 2017, Zl. LVwG 33.15-1662/2017-18, betreffend Übertretungen des AVRAG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Stadt Graz), den Beschluss gefasst:

Normen

AVRAG 1993 §7d Abs1;
AVRAG 1993 §7d Abs2;
AVRAG 1993 §7d;
AVRAG 1993 §7i Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
B-VG Art140;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018110022.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde der Revisionswerber in seiner Funktion als handelsrechtlicher Geschäftsführer der D. d.o.o. (mit Sitz in Slowenien) schuldig erkannt, er habe es am 10. März 2016 unterlassen, im Rahmen der Überlassung von näher genannten (bulgarischen) Arbeitskräften an die P. GmbH für die Durchführung von Bauarbeiten dieser (der P. GmbH als Beschäftigerin) die Einstufungsunterlagen und die Arbeitszeitaufzeichnungen der Arbeitskräfte bereitzustellen. Wegen Übertretung des § 7d Abs. 1 und 2 AVRAG wurden über den Revisionswerber (vom Verwaltungsgericht gemäß § 20 VStG herabgesetzte) Geldstrafen verhängt bzw. Ermahnungen erteilt.

Gleichzeitig wurde gemäß § 25a VwGG ausgesprochen, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

2 In der Begründung wurde (soweit hier relevant) ausgeführt, die Überlassung der in Rede stehenden Arbeitskräfte von der D. d.o.o. an die P. GmbH sei unstrittig. In den gegenüber der Behörde erstatteten Meldungen (Überlassungsmitteilungen "ZKO4") sei für drei der genannten Arbeitskräfte ein Bruttostundenlohn von EUR 13,45 und für die übrigen elf Arbeitskräfte EUR 12,84 angegeben worden. Gegenständlich sei der Kollektivvertrag für die Bauindustrie und das Baugewerbe maßgebend. Unter "Einstufungsunterlagen" seien daher im gegebenen Zusammenhang Unterlagen zu verstehen, aus denen ersichtlich sei, ob der jeweilige Arbeitnehmer eine für die Anwendung dieses Kollektivvertrages einschlägige Berufsausbildung und -praxis besitze, um ihn sodann beispielsweise als angelernter Bauarbeiter oder Bauhilfsarbeiter einstufen zu können. Soweit sich der Revisionswerber zum Tatvorwurf damit gerechtfertigt habe, die konkrete Einstufung der Arbeitskräfte ergebe sich bereits aus den ZKO4-Meldungen und den Dienstverträgen dieser Arbeitskräfte, sei zu entgegnen, dass der Schutzzweck des § 7d AVRAG darin bestehe, durch die dort genannten Unterlagen überprüfen zu können, ob die vom Arbeitgeber vorgenommene Einstufung korrekt sei, wofür eben das Bereitstellen und Bereithalten der in dieser Bestimmung genannten Unterlagen, darunter jene betreffend die Lohneinstufung, erforderlich seien. Bei drei der überlassenen Arbeitnehmer habe die kollektivvertragliche Einstufung aus näher dargelegten Gründen auch ohne diese Einstufungsunterlagen erfolgen können (für das diesbezügliche Nichtbereitstellen der Unterlagen wurde vom Verwaltungsgericht eine bloße Ermahnung erteilt). Bei den anderen elf Arbeitnehmern habe ohne die vom Revisionswerber bereitgestellten Unterlagen für die Lohneinstufung die Richtigkeit der tatsächlich erfolgten Einstufung in die Lohngruppe IIIc des Kollektivvertrags (angelernter Bauarbeiter) und des entsprechenden Stundenlohnes von EUR 12,84 nicht verifiziert werden können, weil es, wie die Aussagen in der Verhandlung gezeigt hätten, Anhaltspunkte für eine höhere Einstufung als Facharbeiter gäbe.

3 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

4 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

5 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Diesem Erfordernis wird insbesondere nicht schon durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) oder zu den Rechten, in denen sich der Revisionswerber verletzt erachtet (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG), Genüge getan (vgl. VwGH 25.3.2014, Ra 2014/04/0001 und 18.2.2015, Ra 2015/08/0008).

6 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:

7 § 7d AVRAG in der hier maßgebenden Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 44/2016 lautet:

"Verpflichtung zur Bereithaltung von Lohnunterlagen

§ 7d. (1) Arbeitgeber/innen im Sinne der §§ ...7b Abs. 1 ... haben während des Zeitraums der Entsendung insgesamt (§ 7b Abs. 4 Z 6) den Arbeitsvertrag oder Dienstzettel (§ 7b Abs. 1 Z 4), Lohnzettel, Lohnzahlungsnachweise oder Banküberweisungsbelege, Lohnaufzeichnungen, Arbeitszeitaufzeichnungen und Unterlagen betreffend die Lohneinstufung zur Überprüfung des dem/der entsandten Arbeitnehmers/in für die Dauer der Beschäftigung nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts in deutscher Sprache am Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten, ...

(2) Bei einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung trifft die Verpflichtung zur Bereithaltung der Lohnunterlagen den/die inländische/n Beschäftiger/in. Der/Die Überlasser/in hat dem/der Beschäftiger/in die Unterlagen nachweislich bereitzustellen."

8 In der Revision wird zu ihrer Zulässigkeit ausgeführt, es fehle höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, was unter dem unbestimmten Gesetzesbegriff "Unterlagen betreffend die Einstufung" zu verstehen sei.

9 Dazu ist auf den Wortlaut des § 7d Abs. 1 AVRAG zu verweisen, der einerseits (insoweit präziser als die Revision) auf die "Unterlagen betreffend die Lohneinstufung" abstellt und diese andererseits dadurch umschreibt, dass sie zur "Überprüfung des dem/der entsandten Arbeitnehmers/in für die Dauer der Beschäftigung nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts" geeignet sein müssen. Es versteht sich von selbst, dass angesichts der Verschiedenheit der von § 7d AVRAG erfassten beruflichen Tätigkeiten (und damit der Unterschiedlichkeit jener Rechtsvorschriften, wie insbesondere der Kollektivverträge, die die Entlohnung dieser Tätigkeiten regeln) die im konkreten Fall in Betracht kommenden Unterlagen betreffend die Lohneinstufung nicht im Vorhinein und generell präzisiert werden können, sondern vom Einzelfall abhängig sind. In diesem Sinne hat der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen, dass die Beurteilung, ob ein Arbeitnehmer die Kriterien für eine Einstufung in eine bestimmte Gehaltsgruppe erfüllt, immer nur nach den Umständen des Einzelfalls vorgenommen werden kann, sodass diese Beurteilung (sofern sie nicht in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Weise vorgenommen wurde) noch keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung begründet (vgl. das Erkenntnis VwGH 9.11.2016, Ra 2016/11/0120).

10 Vor diesem Hintergrund wird auch mit dem Zulässigkeitsvorbringen, § 7d AVRAG und die Wortfolge "Unterlagen betreffend die Einstufung" würden dem Bestimmtheitsgebot des Art. 18 Abs. 1 B-VG nicht gerecht, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht dargelegt (vgl. im Übrigen den Beschluss VwGH 8.9.2016, Ra 2015/11/0117, wonach Normbedenken keine grundsätzliche, vom Verwaltungsgerichtshof zu lösende Rechtsfrage iSd. Art. 133 Abs. 4 B-VG darstellen).

11 Schließlich ist der Revisionswerber mit dem Einwand der unzulässigen Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit durch die gegenständliche Bereitstellungspflicht auf den Beschluss VwGH 11.10.2017, Ra 2017/11/0131, und das dort zitierte Erkenntnis 28.2.2017, Ra 2016/11/0164, betreffend die Unionsrechtskonformität dieser Pflicht zu verweisen.

12 Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 6. März 2018

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