Normen
B-VG Art132 Abs5
B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018080213.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 4 Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis sprach das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) unter Abweisung der Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft vom 19. Oktober 2016 aus, dass der Revisionswerber auf Grund seiner selbständigen Tätigkeit gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG von 13. Jänner 2012 bis 31. Jänner 2012 der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung und von 1. Jänner 2013 bis 31. Jänner 2013 der Pflichtversicherung in der Pensions- und Krankenversicherung unterlegen sei.
5 Der im Jahr 1946 geborene Revisionswerber habe seit dem Jahr 2011 eine Pension nach dem ASVG bezogen. In den verfahrensgegenständlichen Zeiträumen habe er ärztliche Sachverständigengutachten erstellt. Diese Tätigkeit sei dem Tätigkeitsbereich eines "Wohnsitzarztes" nach § 47 Ärztegesetz 1998 zuzuordnen. Eine Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 2 Z 1 FSVG komme nicht in Betracht. Der Revisionswerber habe aus seiner Tätigkeit, wie sich aus den Einkommensteuerbescheiden ergebe, ein Einkommen über der maßgeblichen Versicherungsgrenze bezogen. Es trete daher - unter Berücksichtigung einer für den Jänner 2012 bestehenden Ausnahme von der Krankenversicherung nach § 5 GSVG - die festgestellte Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG ein.
6 Der Revisionswerber erhob gegen dieses Erkenntnis zunächst eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof ab.
7 Der Revisionswerber führt zur Zulässigkeit seiner außerordentlichen Revision zunächst aus, es sei gleichheitswidrig, erwerbstätige Pensionisten mit Beiträgen zur Pensionsversicherung zu belasten, obwohl "nicht einmal theoretisch bzw. potentiell ein Leistungsanfall möglich" sei.
8 Zu diesem Vorbringen reicht es darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof für die Klärung verfassungsrechtlicher Fragen nicht zuständig ist. Es kann daher auch das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht mit der Frage der Verfassungskonformität der anzuwendenden Gesetzesbestimmungen begründet werden (vgl. etwa VwGH 23.1.2019, Ro 2016/13/0012, mwN). 9 Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung macht die Revision weiters geltend, die Bestimmung des § 2 Abs. 2 Z 1 FSVG stehe im Widerspruch zur Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf und zur Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC). Die Bestimmung bewirke nämlich eine Altersdiskriminierung, weil jene Ärzte, die nach Erreichen des Regelpensionsalters bereits eine Pension bezögen, dennoch, ohne dass jemals ein Leistungsanfall möglich sei, Beiträge zur Pensionsversicherung leisten müssten.
10 § 2 Abs. 2 Z 1 FSVG sieht eine Pflichtversicherung der freiberuflich tätigen ordentlichen Kammerangehörigen einer Ärztekammer vor (vgl. zu den Voraussetzungen der Pflichtversicherung nach dieser Bestimmung VwGH 10.6.2009, 2009/08/0078). Eine Ausnahme besteht für die als Wohnsitzärzte (§ 47 Ärztegesetz 1998) in die Ärzteliste eingetragen Kammerangehörigen (vgl. zur Tätigkeit der Wohnsitzärzte, die insbesondere auch die Erstellung von Sachverständigengutachten umfassen kann VwGH 13.10.2015, 2013/03/0127).
11 Mit ihrem Vorbringen verkennt die Revision, dass das BVwG im vorliegenden Fall keine Pflichtversicherung des Revisionswerbers nach § 2 Abs. 2 FSVG, sondern eine Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG festgestellt hat. Dass die Voraussetzungen der Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG nicht vorgelegen wären, legt die Revision nicht dar. 12 Eine wesentliche Rechtsfrage gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt nur dann vor, wenn die Beurteilung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes für die Lösung dieser Rechtsfrage relevant ist. Dies ist dann der Fall, wenn das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt (vgl. etwa VwGH 21.9.2018, Ra 2017/17/0720, mwN).
13 Von der vom Revisionswerber aufgeworfenen Frage, ob § 2 Abs. 2 Z 1 FSVG mit der Richtlinie 2000/78/EG bzw. der GRC vereinbar sei, hängt das Schicksal der Revision unter Berücksichtigung, dass eine Pflichtversicherung nach dieser Bestimmung nicht festgestellt wurde, nicht ab, sodass die Revision schon aus diesem Grund mit ihrem dazu erstatten Vorbingen keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen vermag. Ein Eingehen auf den Anwendungsbereich der Richtlinie 2000/78/EG bzw. der GRC und die Rechtsfolgen des Bestehens einer Pflichtversicherung nach dem GSVG neben dem Bezug einer Alterspension nach dem ASVG (vgl. zur besonderen Höherversicherung für erwerbstätige Pensionsbezieher § 248c ASVG) erübrigt sich daher.
14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Wien, am 15. November 2019
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