VwGH Ro 2018/07/0047

VwGHRo 2018/07/004728.11.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. N. Bachler und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision des CP in S, vertreten durch die Gheneff - Rami - Sommer Rechtsanwälte OG in 9020 Klagenfurt, Völkermarkter Ring 1, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 31. August 2018, Zl. W114 2195140- 1/5E, betreffend Gewährung von Direktzahlungen für das Antragsjahr 2017 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Agrarmarkt Austria), den Beschluss gefasst:

Normen

EURallg
32013R1306 GAP-Finanzierung AnhII
32013R1306 GAP-Finanzierung Art91
32013R1306 GAP-Finanzierung Art92
32013R1306 GAP-Finanzierung Art93
32013R1306 GAP-Finanzierung Art97
32013R1306 GAP-Finanzierung Art99
32013R1306 GAP-Finanzierung Art99 Abs1
32013R1306 GAP-Finanzierung Art99 Abs4
32013R1307 GAP-Beihilfen
32014R0640 GAP-FinanzierungErgV Art3
32014R0640 GAP-FinanzierungErgV Art39
32014R0640 GAP-FinanzierungErgV Art40
62010CJ0489 Bonda VORAB

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RO2018070047.J00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Revisionswerber hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Der Revisionswerber bewirtschaftet einen landwirtschaftlichen Betrieb in der Steiermark mit einer beihilfefähigen Fläche in einem näher bestimmten Ausmaß. 2 Am 15. Mai 2017 stellte er bei der belangten Behörde einen Mehrfachantrag-Flächen (MFA), mit dem er für das Antragsjahr 2017 -

unter anderem - die Gewährung von Direktzahlungen für die beihilfefähigen Flächen seines Betriebs begehrte.

3 Mit rechtskräftiger Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft M. vom 10. Oktober 2017 wurde dem Revisionswerber eine Verletzung des Art. 3 der Verordnung (EG) 1760/2000 iVm § 3 Abs. 3 Tierkennzeichnungs- und Registrierungsverordnung 2009 zur Last gelegt, weil zum Kontrollzeitpunkt am 20. April 2017 sieben Rinder des Tierbestandes nicht mit den vorgeschriebenen Ohrenmarken gekennzeichnet gewesen seien sowie keine Datenbankmeldung durchgeführt worden bzw. kein Eintrag im Bestandregister vorgelegen sei. Zudem wurde ihm eine Verletzung des § 30 Abs. 1 Z 5 MOG 2007 iVm § 9 Rinderkennzeichnungs-Verordnung 2008 angelastet, weil er trotz aufrechter Betriebssperre am 18. Juli 2017 vier männliche Rinder und am 21. Juli 2017 ein weiteres männliches Rind aus dem Betrieb verbracht habe. Aus diesen Gründen wurde über den Revisionswerber eine Geldstrafe in Höhe von EUR 500 (Ersatzfreiheitsstrafe: 2 Tage) verhängt. 4 Mit Bescheid vom 12. Jänner 2018 gewährte die belangte Behörde dem Revisionswerber gekürzte Direktzahlungen in der Höhe von insgesamt EUR 10.902,12, davon EUR 7.517,84 als Basisprämie und EUR 3.384,28 als Greeningprämie. Nach Ansicht der belangten Behörde habe der Revisionswerber vorsätzlich gegen die Cross-Compliance-Vorschriften gemäß Titel VI der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 verstoßen, weshalb sie eine Kürzung der Basis- und Greeningprämie in der Höhe von jeweils 50 Prozent vorgenommen habe.

5 Dagegen erhob der Revisionswerber Beschwerde, in der er vorbrachte, er sei aufgrund seiner "privaten gesundheitlichen Situation" und "psychischer Überlastung verbunden mit zeitweiser Arbeitsunfähigkeit" außer Stande gewesen, die entsprechenden Rinderkennzeichnungen zeitgerecht vorzunehmen. Unabhängig davon, dass er krank gewesen sei und die Sanktionen unverhältnismäßig seien, verstießen diese im Ergebnis gegen das Doppelbestrafungsverbot nach Art. 4 des 7. Zusatzprotokolls zur EMRK. Wegen der fehlenden Rinderkennzeichnungen sei der Revisionswerber bereits mit rechtskräftiger Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft M. vom 10. Oktober 2017 verwaltungsstrafrechtlich "verurteilt" worden.

6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde des Revisionswerbers ab. Die Revision erklärte es gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für zulässig.

7 Begründend führte es aus, den vom Revisionswerber im Beschwerdeverfahren vorgelegten Bestätigungen über psychotherapeutische Behandlungen könne nur eine punktuelle Einschränkung seiner Arbeitsfähigkeit entnommen werden, nicht jedoch eine länger andauernde Berufsunfähigkeit im Sinn des Art. 2 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 , bei deren Vorliegen ein Entfall des Cross-Compliance-Abzuges gemäß Art. 4 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 640/2014 in Frage käme. 8 Es sei ihm auch sonst nicht gelungen, glaubwürdig darzulegen, dass er die festgestellten Verstöße nicht vorsätzlich herbeigeführt habe. Diesbezüglich gelangte das Verwaltungsgericht zur Auffassung, dass von einem bedingten Vorsatz (dolus eventualis) auszugehen sei, zumal der Revisionswerber zumindest billigend in Kauf genommen habe, nicht rechtskonform tätig gewesen zu sein, und diesen Umstand auch zu erkennen vermocht habe. Zudem sei er mit Schreiben der belangten Behörde vom 1. August 2018 darüber informiert worden, dass angesichts der festgestellten massiven Verstöße im Bereich der Rinderkennzeichnung bzw. - registrierung von einer vorsätzlichen Begehung ausgegangen werde. Ohne hierzu eine Stellungnahme abzugeben sowie in Kenntnis der in dem Schreiben aufgezeigten Konsequenzen eines vorsätzlichen Verstoßes, habe der Revisionswerber die Cross-Compliance-Verstöße in diesem Bereich wiederholt. Das Verwaltungsgericht ging daher mit der belangten Behörde vom Vorliegen eines vorsätzlichen Verstoßes gegen die Cross-Compliance-Vorschriften aus und beanstandete den Gesamtkürzungsprozentsatz in der Höhe von 50 Prozent nicht.

9 Hinsichtlich des vom Revisionswerber behaupteten Verstoßes gegen das Doppelbestrafungsverbot nach Art. 4 des 7. Zusatzprotokol ls zur EMRK hielt das Verwaltungsgericht fest, bei dem im angefochtenen Bescheid verfügten "Abzug wegen Cross Compliance-Verstößen" handle es sich um keine Strafe im Sinn des Art. 6 EMRK. Der EuGH habe bereits entschieden, dass in Regelungen der gemeinsamen Agrarpolitik vorgeschriebene Sanktionen keinen strafrechtlichen Charakter besäßen (Hinweis auf EuGH 5.6.2012, Bonda, C-489/10 ). Dabei habe der Gerichtshof betont, dass die Sanktionen dazu dienten, die ordnungsgemäße Verwaltung der öffentlichen Mittel der Union sicherzustellen, und sie insbesondere keine repressive Zielsetzung (im Sinne der vom EGMR zum Vorliegen einer Strafe gemäß Art. 6 EMRK aufgestellten "Engel-Kriterien") hätten, zumal sich die verletzten Vorschriften allein an die Wirtschaftsteilnehmer, die sich aus freien Stücken dazu entschieden hätten, eine Beihilferegelung im Bereich der Landwirtschaft in Anspruch zu nehmen, richteten.

10 Die Revision sei zulässig, weil Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der Frage, ob es sich bei einer Cross-Compliance-Sanktion um eine Strafe im Sinn des Art. 6 EMRK handle, bislang nicht vorliege.

11 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision mit dem Antrag, in der Sache gemäß § 42 Abs. 4 VwGG selbst zu entscheiden. Der Verwaltungsgerichtshof möge dem Revisionswerber die "vollen Direktzahlungen 2017 ohne Abzug von Cross Compliance Sanktionen" zuerkennen. In eventu möge das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben werden. 12 Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die kostenpflichtige Zurück- bzw. Abweisung der Revision beantragt.

13 Auch die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus erstattete eine Revisionsbeantwortung.

14 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

15 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in

nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 16 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer

außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 17 Sofern in der - für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision allein maßgebenden - Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision ohne Bezugnahme auf eine konkrete Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vorgebracht wird, das Verwaltungsgericht sei von dessen Rechtsprechung abgewichen, indem es "einfach entscheidungswesentliches Parteivorbringen und Beweisanträge ignoriert" habe, ist darauf hinzuweisen, dass damit die Zulässigkeitsbegründung im Sinn des § 28 Abs. 3 VwGG nicht gesetzmäßig ausgeführt ist. Es wird nämlich nicht konkret - unter Angabe zumindest einer nach Datum und Geschäftszahl bezeichneten hg. Entscheidung - angegeben, von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Verwaltungsgericht nach Ansicht des Revisionswerbers abgewichen sei (vgl. etwa VwGH 20.12.2018, Ra 2018/02/0337, mwN). Insofern wird in der Revision keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt.

18 In der Zulässigkeitsbegründung wird jedoch auch auf die vom Verwaltungsgericht aufgeworfene Rechtsfrage Bezug genommen. Der Revisionswerber geht davon aus, dass eine Cross-Compliance-Sanktion im Rahmen der Direktzahlungen eine Strafe im Sinn des Art. 6 EMRK darstelle. Deshalb liege aufgrund der mit Bescheid der belangten Behörde vom 12. Jänner 2018 verfügten Kürzung der Direktzahlungen in der Höhe von 50 Prozent eine unzulässige Doppelbestrafung nach Art. 4 des 7. Zusatzprotokolls zur EMRK vor, weil der Revisionswerber wegen der fehlenden Rinderkennzeichnung bereits mit rechtskräftiger Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft M. vom 10. Oktober 2017 verwaltungsstrafrechtlich "verurteilt" worden sei.

19 Auch mit dieser Begründung wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan. Eine Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, liegt nämlich dann nicht vor, wenn es zwar keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gibt, die Rechtsfrage aber durch ein Urteil des EuGH gelöst ist (VwGH 28.3.2018, Ra 2018/07/0331, mwN).

20 Der EuGH hat bereits entschieden, dass in Regelungen der gemeinsamen Agrarpolitik vorgeschriebene Sanktionen wie der zeitweilige Ausschluss eines Wirtschaftsteilnehmers von der Inanspruchnahme einer Beihilferegelung keinen strafrechtlichen Charakter besitzen. Ein solcher Ausschluss dient der Bekämpfung der zahlreichen Unregelmäßigkeiten, die im Rahmen der landwirtschaftlichen Beihilfen begangen werden und die durch die von ihnen verursachte erhebliche Belastung des Unionshaushalts die Maßnahmen beeinträchtigten können, die die Unionsorgane auf diesem Gebiet ergriffen haben, um die Märkte zu stabilisieren, die Lebensbedingungen der Landwirte zu stützen und für die Belieferung der Verbraucher zu angemessenen Preisen Sorge zu tragen (vgl. EuGH 5.6.2012, Bonda, C-489/10 , Rz 28 f; 11.7.2002, Käserei Champignon Hofmeister, C-210/00 , Rz 36 u. 38; 27.10.1992, Deutschland/Kommission, C-240/90 , Rz 19).

21 Der EuGH hat dies auch damit untermauert, dass sich die verletzten Vorschriften allein an die Wirtschaftsteilnehmer richten, die sich "aus freien Stücken" dafür entschieden haben, eine Beihilfenregelung im Bereich der Landwirtschaft in Anspruch zu nehmen. Da eine Beihilfe im Rahmen einer unionsrechtlichen Beihilferegelung nur zu gewähren ist, wenn ihr Empfänger volle Gewähr für Redlichkeit und Zuverlässigkeit bietet, stellt die Sanktion, die bei Nichtbeachtung dieser Anforderungen verhängt wird, eine spezifische Handhabe für die Verwaltung dar, die Bestand der Beihilferegelung ist und dazu dient, die ordnungsgemäße Verwaltung öffentlicher Mittel der Union sicherzustellen (vgl. wiederum EuGH 5.6.2012, Bonda, C-489/10 , Rz 30; 27.10.1992, Deutschland/Kommission, C-240/90 , Rz 26). 22 In Sinn dieser Rechtsprechung ist auch die im vorliegenden Fall in Rede stehende, in Art. 91 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 vorgesehene Verwaltungssanktion ausgestaltet, weshalb die aufgeworfene Rechtsfrage bereits durch Rechtsprechung des EuGH gelöst ist.

23 Die genannte Verwaltungssanktion kann gemäß

Art. 92 leg. cit. (unter anderem) nur gegen einen Begünstigten, der eine Direktzahlung nach der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 erhält und der nach Art. 97 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 die im Anhang II aufgelisteten Cross-Compliance-Vorschriften gemäß Art. 93 leg. cit. in einem bestimmten Kalenderjahr zu irgendeinem Zeitpunkt nicht erfüllt und dem dieser Verstoß unmittelbar anzulasten ist, verhängt werden. Daraus ergibt sich, dass eine Verwaltungssanktion nach Art. 91 leg. cit. nur gegen einen Betriebsinhaber, der sich "aus freien Stücken" für die Inanspruchnahme einer Direktzahlung nach der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 entscheidet, gerichtet werden kann. Da eine Direktzahlung aus öffentlichen Mitteln herrührt, ist sie nur zu gewähren, wenn der Begünstigte volle Gewähr für Redlichkeit und Zuverlässigkeit bietet. Vor diesem Hintergrund stellt die Verwaltungssanktion des Art. 91 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 eine spezifische Handhabe für die zuständige nationale Behörde dar, die ordnungsgemäße Verwaltung der öffentlichen Mittel der Union sicherzustellen (vgl. EuGH 5.6.2012, Bonda, C-489/10, Rz 30).

24 Nach der Rechtsprechung des EuGH sind zudem für die Beurteilung, ob eine Verwaltungssanktion von strafrechtlicher Natur ist, die in der Rechtsprechung des EGMR entwickelten "Engel-Kriterien" maßgeblich. Nach diesen ist erstens die rechtliche Einordnung der Zuwiderhandlung im nationalen Recht, zweitens die Art der Zuwiderhandlung und drittens die Art und der Schweregrad der angedrohten Sanktion zu beurteilen (vgl. EuGH 5.6.2012, Bonda, C-489/10 , Rz 37, mit Hinweisen auf EGMR 8.6.1976, Engel ua/Niederlande, Serie A Nr. 22, sowie 10.2.2009, Zolotukhin/Russland, 14939/03).

25 Die Anwendung (auch) der in Art. 91 leg. cit. vorgesehenen Verwaltungssanktion erfolgt gemäß Art. 3 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 640/2014 unbeschadet der Anwendung strafrechtlicher Sanktionen, soweit diese nach nationalem Recht vorgesehen sind. Damit kommt im Sinn des ersten Kriteriums zweifelsfrei zum Ausdruck, dass die Verwaltungssanktion des Unionsrechts, die im vorliegenden Fall dem "innerstaatlichen Recht" im Sinne der Rechtsprechung des EGMR gleichzusetzen ist (vgl. EuGH 5.6.2012, Bonda, C-489/10 , Rz 38), nicht als strafrechtliche Sanktion ausgestaltet ist.

26 Hinsichtlich des zweiten Kriteriums ist hervorzuheben, dass nach Art. 99 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 bzw. Art. 39 oder 40 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 640/2014 das Zuwiderhandeln eines Begünstigten gegen die Cross-Compliance-Vorschriften mit einer Kürzung oder gänzlichen Streichung des Gesamtbetrags der Direktzahlung, die dem Begünstigten gewährt wurde bzw. zu gewähren war, für das Kalenderjahr, in dem der Verstoß festgestellt wurde, sanktioniert wird. Sohin fehlt es der Verwaltungssanktion des Art. 91 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 an einer repressiven Zielsetzung; sie ist vielmehr darauf gerichtet, die Verwaltung der Unionsmittel zu schützen (vgl. in diesem Sinn wieder EuGH 5.6.2012, Bonda, C-489/10 , Rz 40).

27 Zum letzten Kriterium ist festzuhalten, dass nach Art. 99 Abs. 4 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 die Gesamthöhe der Kürzungen und Ausschlüsse in einem Kalenderjahr den Gesamtbetrag im Sinn von Abs. 1 Unterabsatz 1 leg. cit. in keinem Fall übersteigen darf. Somit droht einem Begünstigten höchstens die Streichung der gesamten Direktzahlung, womit er den in Aussicht gestellten Vermögenszuwachs verliert. Die Verwaltungssanktion nach Art. 91 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 ist demnach ihrer Art und ihres Schweregrads nach nicht mit einer in Form einer Geldbuße oder Freiheitsstrafe auferlegten Verwaltungsstrafe vergleichbar. Nach den "Engel-Kriterien" des EGMR besitzt sie daher keinen strafrechtlichen Charakter. 28 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen. 29 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 51 VwGG, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 28. November 2019

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