VwGH Ra 2016/08/0032

VwGHRa 2016/08/00324.4.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler sowie die Hofräte Dr. Strohmayer und Mag. Berger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Klima LL.M., über die Revision des M P in U, vertreten durch Mag. Johannes Polt, Rechtsanwalt in 3580 Horn, Prager Straße 5/I/11, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Dezember 2015, W164 2016288-1/9E, betreffend Vorschreibung eines Beitragszuschlags nach § 113 ASVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Niederösterreichische Gebietskrankenkasse), den Beschluss gefasst:

Normen

ASVG §113 Abs1
ASVG §113 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2016080032.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet wird.

Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

2.1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis verpflichtete das Bundesverwaltungsgericht - unter Bestätigung der Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom 9. Dezember 2014 (mit welcher wiederum der Ausgangsbescheid vom 6. November 2014 bestätigt worden war) - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung den Revisionswerber gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG zur Zahlung eines Beitragszuschlags von EUR 3.300,-

-, weil er es als Dienstgeber unterlassen habe, fünf - am 17. September 2014, um 15.00 Uhr, in dem von ihm geführten landwirtschaftlichen Betrieb bei der Verrichtung von Arbeiten (Pflücken und Einschlichten von Äpfeln in dafür vorgesehene Behälter) betretene - Dienstnehmer vor Arbeitsantritt um 8.00 Uhr jenes Tages beim zuständigen Krankenversicherungsträger zur Pflichtversicherung (Vollversicherung) gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 in Verbindung mit Abs. 2 ASVG anzumelden.

Das Verwaltungsgericht sprach weiters aus, dass die Revision gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht zulässig sei.

2.2. Dagegen wendet sich die außerordentliche Revision, in der ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs in mehreren Punkten behauptet wird. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG wird jedoch nicht aufgezeigt.

3.1. Der Revisionswerber macht als Mangelhaftigkeit des Verfahrens geltend, das Verwaltungsgericht habe die von ihm beantragte bzw. auch von Amts wegen gebotene zeugenschaftliche Einvernahme der fünf am 17. September 2014 betretenen Personen und die Parteienvernehmung des (in der mündlichen Verhandlung durch seinen Rechtsanwalt vertretenen) Revisionswerbers zu Unrecht unterlassen.

3.2. Bei einer behaupteten Mangelhaftigkeit des Verfahrens setzt die Zulässigkeit der Revision - neben einem eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufwerfendenVerfahrensmangel - voraus, dass die Revision auch von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage abhängt. Davon ist dann auszugehen, wenn auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang - im Sinn seiner Eignung, bei einem mängelfreien Verfahren zu einer anderen für den Revisionswerber günstigeren Sachverhaltsgrundlage zu führen - dargetan wird (vgl. VwGH 16.8.2016, Ra 2015/08/0074; 24.11.2016, Ra 2015/08/0194).

Wie im Folgenden zu zeigen sein wird, ist vorliegend die erforderliche Relevanz(darstellung) in Ansehung des behaupteten Verfahrensmangels nicht gegeben.

3.3. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist für die Befreiung von der Verantwortlichkeit des Dienstgebers für eine unterbliebene Anmeldung zur Sozialversicherung die Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems entscheidend, welches verhindert, dass Beschäftigungsverhältnisse durch die Aufnahme einer Beschäftigung im Betrieb des Dienstgebers ohne dessen Zustimmung bzw. ohne die erforderliche Anmeldung zur Sozialversicherung begonnen werden. Die Erteilung entsprechender Weisungen entschuldigt den Arbeitgeber nur dann, wenn er darlegt und nachweist, dass er Maßnahmen ergriffen hat, die die Einhaltung der erteilten Anordnungen betreffend die Beachtung der Meldevorschriften gewährleisten, insbesondere welche Kontrollen er eingerichtet hat und wie er sich vom Funktionieren des Kontrollsystems informiert hat (vgl. VwGH 19.12.2012, 2012/08/0260; 4.9.2013, 2013/08/0113).

3.4. Fallbezogen hat der Revisionswerber im behördlichen und im verwaltungsgerichtlichen Verfahren das Vorliegen eines Weisungs- und Kontrollsystems im soeben aufgezeigten Sinn nicht behauptet. Sein Vorbringen - wonach er die Personen weder selbst noch durch Bevollmächtigte beschäftigt habe, die Personen erst am 18. September 2014 zu arbeiten beginnen hätten sollen, es unklar sei, warum sie schon am Vortag zu arbeiten begonnen hätten, er von der Arbeitsaufnahme nichts gewusst habe, er die Anmeldung für den 18. September 2014 zunächst am 16. vergeblich versucht und dann am

17. vornehmen habe wollen, sein Vater der Meinung gewesen sei, dass die Personen ordnungsgemäß angemeldet seien, sein Vater nicht bevollmächtigt und nicht in der Lage gewesen sei, die Anmeldung selbst vorzunehmen, er (der Revisionswerber) klare Richtlinien ausgegeben habe, dass nur er die Dienstnehmer einstelle und anmelde - ist jedenfalls nicht geeignet, ein entsprechendes Weisungs- und Kontrollsystem im Sinn des Vorgesagten darzutun.

3.5. Soweit der Revisionswerber erstmals in der Revision behauptet, er habe als Betriebsführer die Weisung erteilt, dass seine Anordnungen über die Einhaltung der Anmeldevorschriften befolgt würden, er habe ein diesbezügliches Kontrollsystem eingerichtet und sich über dessen Funktionieren informiert, das Weisungs- und Kontrollsystem habe auch ordnungsgemäß und ohne Beanstandungen funktioniert, er habe insbesondere seinem Vater die Weisung erteilt, dafür zu sorgen, dass keine Personen ohne Anmeldung im landwirtschaftlichen Betrieb tätig seien, liegt ein Verstoß gegen das Neuerungsverbot vor.

3.6. Hat aber - wie vorliegend - der Revisionswerber die Einrichtung eines entsprechenden Weisungs- und Kontrollsystems, durch das er sich von seiner Verantwortlichkeit für die unterbliebene Anmeldung zur Sozialversicherung hätte befreien können, nicht behauptet, so begründet auch die Unterlassung der Aufnahme der beantragten Beweise zu den von ihm genannten Beweisthemen mangels Relevanz keinen Verfahrensmangel (vgl. VwGH 9.10.2013, 2013/08/0183).

4. Was die weitere Rüge betrifft, das Verwaltungsgericht habe aktenwidrig zugrunde gelegt, dass der Vater des Revisionswerbers mit dessen Einverständnis im Betrieb mitgeholfen und die Dienstnehmer beaufsichtigt habe, so ist einerseits festzuhalten, dass die gerügten Annahmen eine hinreichende Grundlage in den Ergebnissen des Beweisverfahrens haben (vgl. insbesondere die als Beweis zum Akt genommene Verhandlungsschrift vom 29. April 2015 im Verwaltungsstrafverfahren). Andererseits fehlt es auch insoweit an der Relevanz, würde doch selbst ein Entfall der gerügten Annahmen nichts daran ändern, dass die Einrichtung eines entsprechenden Weisungs- und Kontrollsystems nicht behauptet wurde und sich der Revisionswerber daher seiner Verantwortlichkeit nicht entledigen konnte.

5. Soweit der Revisionswerber die Auffassung vertritt, die unterlassene Anmeldung sei ihm in subjektiver Hinsicht nicht vorwerfbar bzw. treffe ihn nur ein minderer Grad des Versehens, weil er keine Kenntnis von der Tätigkeit der Arbeitnehmer gehabt habe und überzeugt gewesen sei, dass keine Arbeiten in seinem Betrieb stattfinden, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs hinzuweisen, wonach es sich bei einem Beitragszuschlag um keine Bestrafung handelt, sondern bloß um eine - wegen des durch die Säumigkeit des Meldepflichtigen verursachten Mehraufwands in der Verwaltung - sachlich gerechtfertigte weitere Sanktion für die Nichteinhaltung der Meldepflicht und damit um ein Sicherungsmittel für das ordnungsgemäße Funktionieren der Sozialversicherung. Für die Vorschreibung ist daher nicht das subjektive Verschulden des Dienstgebers maßgeblich, sondern nur der Umstand, dass objektiv ein Meldeverstoß verwirklicht wurde, gleichgültig aus welchen Gründen (vgl. VwGH 29.4.2015, 2013/08/0141; 3.4.2017, Ra 2016/08/0098).

6. Nicht zuletzt ist auch nicht zu beanstanden, wenn das Verwaltungsgericht die Folgen des Meldeverstoßes - trotz Vorliegen einer erstmaligen verspäteten Anmeldung - nicht als unbedeutend im Sinn des § 113 Abs. 2 dritter Satz ASVG einstufte und daher nicht zum Anlass nahm, den Entfall der Teilbeträge für die gesonderte Bearbeitung und die Herabsetzung des Teilbetrags für den Prüfeinsatz auszusprechen, zumal sich der Meldeverstoß auf fünf Arbeitnehmer gleichzeitig ausgewirkt hat und die Meldungen zum Zeitpunkt der Kontrolle auch noch nicht nachgeholt worden waren, sodass das typische Bild eines Meldeverstoßes vorliegt (vgl. VwGH 10.4.2013, 2013/08/0041; 7.9.2011, 2008/08/0218, mwN).

7. Insgesamt vermag der Revisionswerber kein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs aufzuzeigen. Die Revision war daher mangels Vorliegens einer Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG zurückzuweisen.

Wien, am 4. April 2019

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