VwGH Ra 2018/20/0256

VwGHRa 2018/20/025629.5.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Hainz-Sator als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Honeder, in den Rechtssachen der Revisionen des 1. D A und der 2. E A, beide in G, beide vertreten durch die Weh Rechtsanwalt GmbH in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 29. November 2017,

1) Zl. L504 1418847-2/6E, und 2) Zl. L504 1418848-2/6E, jeweils betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §3 Abs1;
AVG §68 Abs1;
VwRallg;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018200256.L00

 

Spruch:

Die Revisionen werden zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Zur Zulässigkeit der Revisionen wird - im Hinblick auf die wegen entschiedener Sache erfolgte Zurückweisung der Anträge auf internationalen Schutz - geltend gemacht, die revisionswerbenden Parteien hätten vorgetragen, dass sich die Verhältnisse in der Türkei grundlegend verschlechtert hätten. Damit hätten sie einen neuen Sachverhalt geltend gemacht. Zudem sei die seit der letzten Entscheidung in den vergangenen vier Jahren erfolgte Integration ignoriert worden. Außerdem hätte das Bundesverwaltungsgericht eine Verhandlung durchführen müssen.

5 "Sache" der Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht war die Frage, ob die Zurückweisung der verfahrenseinleitenden Anträge durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 68 Abs. 1 AVG zu Recht erfolgte. Das Bundesverwaltungsgericht hatte dementsprechend zu prüfen, ob die Behörde auf Grund des von ihr zu berücksichtigenden Sachverhalts zu Recht zu dem Ergebnis gelangt ist, dass im Vergleich zu den rechtskräftig entschiedenen ersten Asylverfahren keine wesentliche Änderung der maßgeblichen Umstände eingetreten ist (vgl. etwa VwGH 12.7.2017, Ra 2017/18/0220 bis 0224, mwN).

6 Mit ihrem Vorbringen gelingt es den revisionswerbenden Parteien nicht aufzuzeigen, dass das Bundesverwaltungsgericht bei seiner Beurteilung, ob in Bezug auf die Situation der revisionswerbenden Parteien auch unter Bedachtnahme auf die in der Türkei nach dem Abschluss der ersten Asylverfahren eingetretenen Ereignisse von einer wesentlichen Änderung der maßgeblichen Umstände auszugehen sei, von den in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aufgestellten Leitlinien abgewichen wäre.

7 Eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK ist im Allgemeinen, wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgt und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wird, nicht revisibel im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG (vgl. VwGH 16.2.2017, Ra 2017/01/0024; 28.3.2018, Ra 2018/20/0126, jeweils mwN). Dass die vom Bundesverwaltungsgericht vorgenommene Interessenabwägung hier als unvertretbar einzustufen wäre, ist nicht zu sehen. Das Verwaltungsgericht hat die Bestrebungen der revisionswerbenden Parteien, ihre Integration im Bundesgebiet zu vertiefen, ausreichend berücksichtigt. Mit der anhand der Feststellungen erfolgten Einschätzung, dennoch überwögen die öffentlichen Interessen, hat sich das Bundesverwaltungsgericht nicht in Widerspruch zur Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gesetzt.

8 Soweit unsubstantiiert vorgebracht wird, das Verwaltungsgericht hätte verhandeln müssen, um sich einen persönlichen Eindruck von den revisionswerbenden Parteien zu machen, wird nicht aufgezeigt, weshalb fallbezogen die Voraussetzungen von der Abstandnahme von der Verhandlung nicht gegeben gewesen wären.

9 Es werden sohin von den revisionswerbenden Parteien keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revisionen waren daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 29. Mai 2018

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