Normen
AsylG 2005 §55;
AsylG 2005 §58 Abs10;
AsylG 2005 §58 Abs2;
BFA-VG 2014 §9;
FrPolG 2005 §52 Abs2 Z2;
MRK Art8;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des
Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) vom 12. Juni 2017 wurde die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 5. März 2015, mit dem der Antrag des Revisionswerbers auf internationalen Schutz gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nach §§ 57 und 55 AsylG 2005 nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt worden war, dass die Abschiebung des Revisionswerbers nach Sri Lanka gemäß § 46 FPG zulässig sei, sowie eine 14 tägige Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG gesetzt worden war, abgewiesen. Die Revision wurde gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig erklärt.
2 Der Revisionswerber erhob zunächst Beschwerde an den
Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 11.
Oktober 2017, E 2771/2017 5, ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs.
3 B VG an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
3 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des
Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der
Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung
zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung
des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung
fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen
Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich
beantwortet wird.
4 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen
Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht
zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in
nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
5 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei
der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen:
6 Die Revision bringt in der Zulässigkeitsbegründung im
Wesentlichen vor, dass es zur Rechtsfrage, in welchem Umfang sowohl die Behörde als auch das BVwG Ermittlungsmaßnahmen bei beantragten Beweisen zu setzen hätten, um die in § 55 AsylG 2005 iVm Art. 8 EMRK einfachgesetzlich normierten Pflichten im Zusammenhang mit der Erteilung eines Aufenthaltstitels "von Amts wegen" zu erfüllen, keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gebe. Zudem habe der Verwaltungsgerichtshof in seiner bisherigen Judikatur lediglich ausgeführt, dass bei der Entscheidung über die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 eine Interessenabwägung nach § 9 BFA VG durchzuführen wäre, jedoch habe er sich nicht damit auseinandergesetzt, inwiefern die Behörde bzw. das BVwG aufgrund des Parteivorbringens dazu verpflichtet wäre, beantragte Beweise einerseits und Ermittlungsmaßnahmen von Amts wegen andererseits durchzuführen, um die Interessensabwägung entsprechend vornehmen zu können.
7 Die Zulassungsbegründung bezieht sich damit
ausschließlich auf Fragen der Ermittlungspflichten im Zusammenhang
mit der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005.
8 Vorauszuschicken ist, dass mit dem Bescheid des BFA ein
amtswegiger Abspruch über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 55 AsylG 2005 erfolgt ist. Soweit in der Revision erwähnt wird, dass ein Antrag gemäß § 55 AsylG 2005gestellt worden sei, ist dies zum einen aus den Verfahrensakten nicht nachvollziehbar, zum anderen wäre darüber mit der gegenständlich angefochtenen Entscheidung nicht abgesprochen.
9 Nach dem klaren Wortlaut des § 58 Abs. 2 AsylG 2005 in
der am 20. Juli 2015 in Kraft getretenen und vom BVwG anzuwendenden Fassung des FrÄG 2015 ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 nur dann von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird. Es handelt sich dabei um jene Fälle, in welchen der Erlassung einer Rückkehrentscheidung eine sonst drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens gemäß Art. 8 EMRK entgegensteht (VwGH 15.12.2016, Ra 2016/18/0343).
10 Voraussetzung für die amtswegige Prüfung der Erteilung
eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 ist somit, dass eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird. Dies liegt im vorliegenden Fall unstrittig nicht vor. Da es somit schon an der Voraussetzung für die amtswegige Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 mangelt, kommt es auf die Lösung der geltend gemachten Rechtsfragen, die sich ausschließlich auf Fragen der Ermittlungspflichten im Rahmen des (hier nicht durchzuführenden) Erteilungsverfahrens beziehen, nicht an. Die Revision hängt somit nicht von der Lösung der geltend gemachten Rechtsfragen ab.
11 Wird vom BFA eine Rückkehrentscheidung erlassen, darf es
nicht amtswegig über die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 absprechen. Ein derartiger Abspruch darf vom BVwG nicht bestätigt werden (VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101). In Anbetracht dessen, dass die Rechtskraftwirkungen dieses Abspruchs über jene der erlassenen Rückkehrentscheidung nicht hinausgehen (vgl. insbesondere § 58 Abs. 10 AsylG 2005), kann ein Fremder dadurch aber nicht in Rechten verletzt werden (VwGH 23.3.2017, Ra 2017/20/0038 0040; 20.12.2016, Ra 2016/21/0255).
12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen
aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 31. Jänner 2018
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