VwGH Ra 2018/19/0634

VwGHRa 2018/19/063412.12.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens sowie den Hofrat Dr. Pürgy und die Hofrätin Dr.in Lachmayer als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, in der Revisionssache des A A, in A, vertreten durch die Weh Rechtsanwalt GmbH in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28. Mai 2018, Zl. W248 2160413-1/12E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
MRK Art8;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018190634.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Afghanistans stellte am 17. April 2016 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er im Wesentlichen mit schlechten Bildungsmöglichkeiten sowie der allgemeinen Lage in Afghanistan begründete.

2 Diesen Antrag wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) mit Bescheid vom 4. Mai 2017 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass eine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei und legte die Frist für die freiwillige Ausreise mit zwei Wochen fest.

3 Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die gegen den Bescheid vom 4. Mai 2017 in vollem Umfang gerichtete Beschwerde nach Durchführung einer Verhandlung als unbegründet ab. Die Revision wurde vom Verwaltungsgericht nach Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt.

4 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof.

5 Mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 24. September 2018, E 2721/2018-8, wurde die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

6 In der vorliegenden außerordentlichen Revision wird zur Zulässigkeit zusammengefasst geltend gemacht, das BFA sowie das BVwG seien ungeeignet, um über Aufenthaltsberechtigungen aus berücksichtigungswürdigen Gründen zu entscheiden. Vielmehr gehöre die Kompetenz hierzu (wieder) den Ländern übertragen. Der Eingriff in das Privat- und Familienleben iSd Art. 8 EMRK sei in einer unvertretbarer Weise erfolgt, der Verfassungsgerichtshof habe in seinem Ablehnungsbeschluss dargestellt, dass er die Güterabwägung nach Art. 8 EMRK nur unter dem Aspekt der Willkür zu prüfen habe. Ausgehend davon sei der Verwaltungsgerichtshof zur inhaltlichen Prüfung des Falles verpflichtet, weil andernfalls eine für die Anwendung des Unionsrechts "unerträgliche Lücke" entstehe. Weiters gäbe es einen entscheidenden Gesichtspunkt, der bisher in der Judikatur nicht vorkomme, nämlich das öffentliche Interesse der Republik Österreich an einer geordneten Zuwanderung nicht nur qualifizierter, sondern vor allem auch anderer arbeitswilliger junger Menschen, die bereit seien, auch weniger reizvolle Tätigkeiten auszuüben. Zudem missachte die Entscheidung die Anforderungen des Verwaltungsgerichtshofes an eine Entscheidungsbegründung.

7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8 Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10 In der gesonderten Zulassungsbegründung ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat (vgl. VwGH 28.6.2018, Ra 2018/19/0114, mwN).

11 Die gegenständliche Revision vermag fallbezogen mit ihrem Zulässigkeitsvorbringen keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen. Insbesondere wird nicht konkret dargelegt, in welchen Unionsgrundrechten sich der Revisionswerber konkret als verletzt erachten würde und warum die behauptete Verletzung von solchen immer ein zwingender Grund für die Zulassung einer Revision sein müsse (vgl. zu dem identen Zulässigkeitsvorbringen bereits VwGH 12.10.2018, Ra 2018/14/0097, mit weiteren Ausführungen).

12 Die Revision macht unter Verweis auf Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes völlig unsubstantiiert geltend, dass das angefochtene Erkenntnis die Anforderungen an eine Entscheidungsbegründung missachte. Sie verabsäumt es aber, fallbezogen konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von der angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht.

13 Insoweit die Revision in Form rechtspolitischer Erwägungen vorbringt, das BFA und BVwG seien ungeeignet, um über Aufenthaltsberechtigungen aus berücksichtigungswürdigen Gründen zu entscheiden, wird damit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Sowohl das BFA als auch das BVwG sind durch Gesetz eingerichtet und zur Entscheidung in der vorliegenden Sache zuständig (§ 3 Abs. 1 Z 1 und § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG).

14 Mit dem Zulässigkeitsvorbringen im Hinblick auf ein "verkanntes öffentliches Interesse" an "unqualifizierter" Zuwanderung richtet sich der Revisionswerber erkennbar gegen die Interessenabwägung im Rahmen der Rückkehrentscheidung. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG (vgl. VwGH 22.11.2017, Ra 2017/19/0474, mwN). Die Revision vermag ein Abweichen von dieser Rechtsprechung fallbezogen nicht aufzuzeigen. Das Verwaltungsgericht hat die Integrationsbemühungen des Revisionswerbers in seiner Abwägung berücksichtigt. Dem stellte es den zum Entscheidungszeitpunkt knapp zweijährigen Aufenthalt und den Umstand, dass das Privatleben zu einem Zeitpunkt entstanden ist, zu dem sich der Revisionswerber seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste und somit nicht damit rechnen durfte, dauerhaft in Österreich bleiben zu können, gegenüber. Die Revision vermag nicht aufzuzeigen, dass die im vorliegenden Einzelfall vorgenommene Abwägung des BVwG unvertretbar erfolgt wäre (vgl. etwa VwGH 29.5.2018, Ra 2018/20/0224; 30.8.2017, Ra 2017/18/0070; 30.7.2015, Ra 2014/22/0055 bis 0058). Insbesondere hat der Gesetzgeber bereits durch die Bestimmung des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes dargelegt, wie er dem öffentlichen Interesse an geordneter Zuwanderung Rechnung tragen möchte.

15 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGVG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 12. Dezember 2018

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