VwGH Ra 2018/18/0284

VwGHRa 2018/18/028430.5.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober und den Hofrat Dr. Sutter als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Strasser, über die Revision des N M in W, vertreten durch Mag. Ronald Frühwirth, Rechtsanwalt in 8020 Graz, Grieskai 48, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. März 2018, Zl. W123 2162288- 1/12E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018180284.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte am 16. April 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet, den er damit begründete, dass ihn die Taliban mit dem Tode bedroht hätten, nachdem er die Zusammenarbeit mit ihnen verweigert habe. Seinen Bruder, welcher mit den Taliban zusammen gearbeitet habe, hätten diese bereits getötet. Zudem brachte er vor, an einer posttraumatischen Belastungsstörung erkrankt zu sein.

2 Mit Bescheid vom 29. Mai 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag des Revisionswerbers auf internationalen Schutz zur Gänze ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), erließ eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Die Frist für eine freiwillige Ausreise betrage vierzehn Tage.

3 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

4 Begründend führte es - zusammengefasst - aus, der Revisionswerber stamme aus der Provinz Sar-e Pul, wo er bis zu seiner Ausreise gelebt habe, und gehöre der Volksgruppe der Hazara an. Er habe acht Jahre lang die Schule besucht und Arbeitserfahrung in der Landwirtschaft gesammelt. Seine Kernfamilie lebe nach wie vor in guten Verhältnissen in seinem Heimatdorf, wo sie ein Haus und drei bis vier Grundstücke besitzen würden. Aus näher dargestellten Gründen sei nicht glaubhaft, dass der Revisionswerber im Falle der Rückkehr in den Herkunftsstaat einer konkreten Verfolgung ausgesetzt sei. Auch subsidiärer Schutz sei dem Revisionswerber nicht zu gewähren, weil ihm einerseits die Rückkehr in seine Heimatprovinz möglich wäre und ihm darüber hinaus in Anbetracht seiner persönlichen Lebensumstände eine innerstaatliche Fluchtalternative, insbesondere in Kabul, zur Verfügung stehe und zumutbar sei. Er sei ein arbeitsfähiger, junger Mann, verfüge über Berufserfahrung in der Landwirtschaft und habe sich auch während seines zweijährigen Aufenthalts in der Türkei seine Existenz mit Hilfstätigkeiten in einem Schneidereiunternehmen zu sichern vermocht. Er sei noch ausreichend mit den Gepflogenheiten Afghanistans vertraut. Zudem könne ihn seine Kernfamilie bei seiner Rückkehr (finanziell) unterstützen. Er leide zwar an einer posttraumatischen Belastungsstörung, jedoch gebe es keine Hinweise auf eine Selbst- oder Fremdgefährdung. Die medizinische Versorgung in Kabul sei gewährleistet und auch psychische Erkrankungen seien dort jedenfalls behandelbar.

5 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zu ihrer Zulässigkeit im Wesentlichen geltend macht, das BVwG weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, weil es bei der Prüfung der Zumutbarkeit der Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative übersehe, dass der Revisionswerber an einer psychischen Erkrankung leide und folglich bei der Deckung seiner grundlegenden existenziellen Bedürfnisse zu scheitern drohe. Zudem fehle es an tragfähigen Feststellungen zur Sicherheitslage in dessen Herkunftsprovinz.

Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9 Soweit die Revision in ihrem Zulässigkeitsvorbringen moniert, das BVwG stehe mit seiner Annahme, für den Revisionswerber bestehe eine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative, insbesondere in Kabul, im Widerspruch zur Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, vermag sie dieses nicht substantiiert darzutun. Dies insbesondere, weil die Einschätzung des BVwG, der Revisionswerber finde aufgrund der aufgezeigten Umstände im Einzelfall in Kabul eine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative vor, im Ergebnis keinen Bedenken begegnet (vgl. zur insoweit einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes etwa das auch in der Revision zitierte Erkenntnis VwGH 23.1.2018, Ra 2018/18/0001, und VfGH 12.12.2017, E 2068/2017; daran anschließend VwGH 21.3.2018, Ra 2017/18/0271, im Fall eines an einer Depression erkrankten Revisionswerbers).

10 Vor dem Hintergrund, dass sich das angefochtene Erkenntnis daher auf eine tragfähige Alternativbegründung stützen kann, gelingt es der Revision mit ihrem Zulässigkeitsvorbringen, wonach das Erkenntnis des BVwG Feststellungen zur Herkunftsprovinz des Revisionswerbers vermissen lasse, nicht, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung darzulegen, weil die Revision nicht entscheidungswesentlich von der Lösung der geltend gemachten Rechtsfrage abhängt (vgl. beispielsweise VwGH 23.2.2018, Ra 2018/18/0067; 13.12.2017, Ra 2017/01/0310-0314; 19.10.2017, Ra 2017/18/0365; 17.1.2017, Ra 2016/19/0357).

11 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 30. Mai 2018

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