VwGH Ra 2018/17/0132

VwGHRa 2018/17/013221.9.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner sowie Mag. Liebhart-Mutzl als Richterinnen bzw. Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa, über die Revision des Bundesministers für Finanzen in 1010 Wien, Johannesgasse 5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 4. April 2018, LVwG- 411976/15/BMa/SW-411977/2, betreffend Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:

Landespolizeidirektion Oberösterreich; mitbeteiligte Parteien:

1. G s.r.o., 2. M G GmbH, beide vertreten durch Dr. Fabian Alexander Maschke, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Dominikanerbastei 17/Top 11), zu Recht erkannt:

Normen

GSpG 1989 §52 Abs1;
GSpG 1989 §53 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018170132.L00

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird insoweit, als damit die Beschlagnahme hinsichtlich der Geräte FA-Nr. 1 und 3 aufgehoben wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1 Mit Bescheiden der Landespolizeidirektion Oberösterreich jeweils vom 24. März 2017 wurde gegenüber den mitbeteiligten Parteien gemäß § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a Glücksspielgesetz (GSpG) die Beschlagnahme von drei näher bezeichneten Glücksspielgeräten verfügt.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (LVwG) den dagegen erhobenen Beschwerden nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit der Maßgabe statt, dass die Beschlagnahme hinsichtlich zweier Geräte (FA-Nr. 1 und 3) aufgehoben wurde. Hinsichtlich des Gerätes FA-Nr. 2 wies das LVwG die Beschwerde als unbegründet ab. Weiters sprach es aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.

3 In Bezug auf die beiden Geräte, hinsichtlich derer die Beschlagnahme aufgehoben wurde (FA-Nr. 1 und 3) führte das LVwG begründend aus, hinsichtlich dieser beiden Geräte habe das Beweisverfahren ergeben, dass das Ergebnis der Spiele unter Heranziehung der mechanischen Tasten ausschließlich oder überwiegend vom Zufall abhänge. Zwar habe nicht festgestellt werden können, ob das Spielergebnis über eine eventuell vorhandene Touchscreen - Funktion beeinflusst werden könne, für die Begründung eines Verdachtes komme es aber gerade nicht auf den endgültigen Nachweis über das Vorliegen eines Glücksspieles an. Die beiden in Rede stehenden Geräte eröffneten nach der beschriebenen Funktionsweise dem Benutzer gegen Einsatzleistung eine Gewinnchance, weshalb für das LVwG jedenfalls ein ausreichender Verdacht hinsichtlich eines Eingriffes in das Glücksspielmonopol gegeben sei, um davon auszugehen, "dass die Beschlagnahme zumindest zunächst rechtmäßig erfolgt" sei. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei jedoch darauf abzustellen, ob die Voraussetzungen für die Beschlagnahme zum Zeitpunkt der Entscheidung des Rechtsmittelgerichtes weiterhin vorlägen. Da "hinsichtlich der Geräte mit der FA-Nr. 1 und 3 nicht bewiesen" habe werden können, dass es sich um Glücksspielapparate handle, habe "doch nur eine non liquet Feststellung getroffen werden" können. Die Voraussetzungen für die Beschlagnahme seien im Zuge des Beschwerdeverfahrens weggefallen, sodass die zunächst rechtmäßige Beschlagnahme aufzuheben gewesen sei.

4 Gegen die Aufhebung der Beschlagnahme der beiden in Rede stehenden Geräte (FA-Nr. 1 und 3) richtet sich die vorliegende außerordentliche Amtsrevision des Bundesministers für Finanzen. Die mitbeteiligten Parteien erstatteten eine Revisionsbeantwortung und beantragten Kostenersatz.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

5 Die vorliegende Amtsrevision erweist sich als zulässig, weil das LVwG mit dem angefochtenen Erkenntnis durch die Aufhebung der Beschlagnahme der Geräte FA-Nr.1 und 3, wie die Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung zutreffend aufzeigt, von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zum hinreichend begründeten Verdacht im Sinne des § 53 Abs. 1 GSpG abgewichen ist. Sie ist auch berechtigt.

6 Eine Beschlagnahme nach § 53 Abs. 1 GSpG ist nur dann zulässig, wenn ein ausreichend substantiierter Verdacht vorliegt, dass mit Glücksspielgeräten oder sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, fortgesetzt oder wiederholt gegen Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG verstoßen wird. Nicht erforderlich ist dabei, dass die Übertretung des Gesetzes zum Zeitpunkt der Beschlagnahme bereits erwiesen ist. Wenngleich im Zeitpunkt der Beschlagnahme das Vorliegen eines Glücksspiels noch nicht im Einzelnen nachgewiesen sein muss, erfordert die Überprüfung eines Beschlagnahmebescheids jedenfalls Feststellungen über die Art des Spiels, weil ansonsten eine Überprüfung der rechtlichen Beurteilung nicht möglich ist. Hiezu ist die ansatzweise Darstellung des Spielablaufes erforderlich (VwGH 12.10.2017, Ra 2017/17/0313). Die Beschlagnahme setzt nicht voraus, dass zum Zeitpunkt der Beschlagnahme des Apparates die Eigenschaft als Glücksspielapparat oder Glücksspielautomat zweifelsfrei nachgewiesen ist. Der Verdacht im Sinne des § 53 Abs. 1 GSpG bezieht sich auf den Umstand, dass mit Glückspielautomaten oder Glückspielapparaten fortgesetzt in das Glückspielmonopol eingegriffen wurde oder wird (VwGH 5.8.2009, 2009/02/0207, mwN).

7 Das LVwG hat vorliegend die Stattgabe der Beschwerde hinsichtlich der Geräte FA-Nr. 1 und 3 damit begründet, im Beschwerdeverfahren habe nicht bewiesen werden können, dass es sich um Glücksspielgeräte handle. Dieser Nachweis ist allerdings nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die vom LVwG zwar grundsätzlich erkannt, aus der aber in der Folge auf der Grundlage der im angefochtenen Erkenntnis getroffenen Feststellungen in Bezug auf die Aufhebung der Beschlagnahme eine unrichtige rechtliche Schlussfolgerung gezogen wurde, auch nicht erforderlich: Das LVwG hat gegenständlich Feststellungen zum Spielablauf der beiden Geräte getroffen und sogar festgestellt, dass der Spielablauf nicht durch Drücken der mechanischen Tasten beeinflusst werden könne. Das Ergebnis der Spiele hänge insofern ausschließlich oder überwiegend vom Zufall ab. Dass durch das LVwG darüberhinaus hinsichtlich der Frage der Beeinflussbarkeit durch virtuelle Tasten ausdrücklich keine Feststellung getroffen werden konnte, hindert fallbezogen das Vorliegen eines hinreichend begründeten Verdachtes - als bloße Voraussetzung der Rechtmäßigkeit der Beschlagnahme auch zum Zeitpunkt der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht - nicht. Entgegen der offenkundigen Annahme des LVwG ist auch zum Zeitpunkt dessen Entscheidung über die erfolgte Beschlagnahme zu deren Aufrechterhaltung das Vorliegen eines ausreichend begründeten Verdachtes des Verstoßes gegen Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG mit Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, ausreichend (z.B. VwGH 14.1.2014, 2012/17/0588). Ein Beweis dafür, dass es sich vorliegend um Glücksspielgeräte handelt, ist fallbezogen hingegen nicht erforderlich. Die Feststellung, dass es sich bei den beiden in Rede stehenden Geräten nicht um Glücksspielgeräte im Sinne der Bestimmungen des GSpG handelt, hat das LVwG jedenfalls gerade nicht getroffen.

8 Da das LVwG insoweit die Rechtslage verkannt hat, hat es das angefochtene Erkenntnis im Umfang des Ausspruches über die Aufhebung der Beschlagnahme mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, sodass es in dem im Spruch genannten Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

9 Die mitbeteiligten Parteien haben bei diesem Ergebnis gemäß § 47 Abs. 3 VwGG keinen Anspruch auf Kostenersatz.

Wien, am 21. September 2018

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