VwGH Ra 2018/17/0085

VwGHRa 2018/17/008525.9.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner sowie Mag. Liebhart-Mutzl als Richterinnen bzw. Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Klima, LL.M., über die Revision des M K in N, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 29. Jänner 2018, LVwG-S-808/001-2017, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen),

Normen

12010E056 AEUV Art56;
GSpG 1989 §14 Abs3;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018170085.L00

 

Spruch:

1. zu Recht erkannt:

Hinsichtlich der Verhängung der Strafe wird das angefochtene Erkenntnis in seinem Spruchpunkt 1. gemäß § 42 Abs. 4 VwGG wie folgt ergänzt:

"Die Strafsanktionsnorm lautet § 52 Abs. 2 erster Strafsatz Glücksspielgesetz (GSpG), BGBl. Nr. 620/1989 idF BGBl. I Nr. 13/2014".

Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

2. den Beschluss gefasst:

Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen vom 1. März 2017 wurde der Revisionswerber der zweifachen Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 Glücksspielgesetz (GSpG) schuldig erkannt; über ihn wurde eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 4.000,-

(samt Ersatzfreiheitsstrafe von 144 Stunden) verhängt.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (LVwG) der Beschwerde keine Folge und bestätigte das Straferkenntnis mit der Maßgabe, dass pro Gerät jeweils eine Geldstrafe von EUR 2.000,- (samt Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden) verhängt wurde (Spruchpunkt 1.). Das LVwG setzte die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit EUR 800,- fest (Spruchpunkt 2.). Es erklärte die Revision an den Verwaltungsgerichtshof für nicht zulässig (Spruchpunkt 3).

3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, sind gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist nach § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Liegen - wie hier - trennbare Absprüche vor, so ist die Zulässigkeit einer dagegen erhobenen Revision auch getrennt zu überprüfen (vgl. z.B. VwGH 9.3.2018, Ra 2018/17/0005).

8 Die Revision erweist sich in ihrem Zulässigkeitsvorbringen zur Anführung der korrekten Strafsanktionsnorm im Spruch des Straferkenntnisses im Umfang der Überprüfung des Strafausspruches als zulässig und begründet:

9 Die hg. Rechtsprechung räumt dem Beschuldigten ein Recht darauf ein, dass im Spruch die richtige und nur die richtige verletzte Verwaltungsvorschrift aufscheint. Gleiches gilt für die Anführung der Strafnorm nach § 44a Z 3 VStG. Darunter ist jene Verwaltungsvorschrift zu verstehen, die bei der Festlegung des Strafmittels und des Strafausmaßes heranzuziehen ist. Im vorliegenden Fall ist bei einer Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG die Strafsanktionsnorm § 52 Abs. 2 GSpG. Das Verwaltungsgericht hat daher insoweit, als der Spruch des Straferkenntnisses fehlerhaft ist, weil z.B. die angewendeten Gesetzesstellen unrichtig oder unvollständig zitiert wurden, dies in seinem Abspruch zu ergänzen bzw. richtigzustellen (vgl. wieder VwGH 9.3.2018, Ra 2018/17/0005, mwN).

10 Im Revisionsfall hat das Verwaltungsgericht in seinem Spruchpunkt 1. die Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe pro Gerät neu verhängt, die Strafsanktionsnorm jedoch trotz des fehlerhaften Abspruchs im Straferkenntnis nicht korrigiert.

11 Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 42 Abs. 4 VwGG in der Sache selbst entscheiden kann, wenn sie entscheidungsreif ist und die Entscheidung in der Sache selbst im Interesse der Einfachheit, Zweckmäßigkeit und Kostenersparnis liegt, war das angefochtene Erkenntnis im Umfang des Spruchpunktes 1. - die genannten Voraussetzungen liegen vor - durch die spruchgemäße Änderung hinsichtlich der angewendeten Strafsanktionsnorm richtigzustellen.

12 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

13 Zum weiteren Zulässigkeitsvorbringen der Revision ist festzuhalten, dass die Voraussetzungen für eine Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 AEUV klar bzw. geklärt sind. Ebenso sind die Anforderungen an eine Prüfung der Unionsrechtskonformität im Zusammenhang mit einer Monopolregelung im Glücksspielsektor durch die nationalen Gerichte geklärt (vgl. EuGH vom 15.9.2011, Dickinger und Ömer, C- 347/09 , Rn. 83 f; vom 30.4.2014, Pfleger, C-390/12 , Rn. 47 ff; vom 30.6.2016,

Admiral Casinos & Entertainment AG, C-464/15 , Rn. 31, 35 ff, vom 28.2.2018, Sporting Odds Ltd., C-3/17 , Rn. 28, 62 ff, sowie vom 6.9.2018, Gmalieva s.r.o. u.a., C-79/17 ). Diesen Anforderungen ist der Verwaltungsgerichtshof in den Erkenntnissen vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, und vom 11. Juli 2018, Ra 2018/17/0048, 0049, durch die Durchführung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Gesamtwürdigung nachgekommen. Von dieser Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht im Revisionsfall nicht abgewichen. Entgegen dem weiteren Vorbringen steht die angefochtene Entscheidung daher nicht im Widerspruch zum Urteil des EuGH vom 30. April 2014, Pfleger, C-390/12.

14 Ebenso stehen nach den Ausführungen des EuGH in seinem Urteil vom 14. Juni 2017, Online Games Handels GmbH ua, C- 685/15 , die Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) im Lichte des Art. 47 GRC einem Verfahrensregime wie dem vor dem Verwaltungsgericht geltenden betreffend die amtswegige Ermittlung der Umstände der vom Gericht entschiedenen Rechtssachen nicht entgegen (vgl. zuletzt auch EuGH vom 28.2.2018, Sporting Odds Ltd., C-3/17 , Rn. 55).

Entgegen dem Revisionsvorbringen steht das in § 14 Abs. 3 GSpG enthaltene Erfordernis eines inländischen Sitzes für den Erhalt einer Konzession nicht mit Unionsrecht im Widerspruch. Da § 14 Abs. 3 dritter Satz GSpG von diesem Erfordernis bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen auch eine Ausnahme enthält, werden mit dieser Bestimmung keine der unionsrechtlichen Vorgaben verletzt: Zwar stellt auch das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Nachsicht von der Sitzverpflichtung - nämlich eine vergleichbare Lotteriekonzession und eine vergleichbare staatliche Glücksspielaufsicht in dem Mitgliedstaat (der EU bzw. des EWR), in dem der Konzessionswerber seinen Sitz hat - eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit dar. Diese Beschränkung in § 14 Abs. 3 GSpG ist jedoch durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt und genügt den Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit, die sich aus der Rechtsprechung des EuGH ergeben (vgl. dazu näher VwGH 11.7.2018, Ra 2018/17/0048, 0049, Rn. 34 ff). In diesem Zusammenhang wurde somit auch keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt.

15 Auch sonst weist das Zulässigkeitsvorbringen - soweit es über das Fehlen der Strafsanktionsnorm hinausgeht - keine Rechtsfrage auf, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

16 Die Revision war daher insoweit nach § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 25. September 2018

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte