VwGH Ra 2018/11/0137

VwGHRa 2018/11/013712.11.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler und den Hofrat Dr. Grünstäudl sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Soyer, über die Revision des Finanzamtes Innsbruck in 6021 Innsbruck, Innrain 32, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 9. Mai 2018, Zl. LVwG- 2016/18/1315-10, betreffend Übertretung des AÜG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Imst; mitbeteiligte Partei: P J in B, vertreten durch Mag. Ulrich Salburg, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Museumstraße 5/19), den Beschluss gefasst:

Normen

62013CJ0586 Martin Meat VORAB;
AÜG §17 Abs2;
AÜG §22 Abs1 Z2;
B-VG Art133 Abs4;
VStG §45 Abs1 Z2;
VStG §9 Abs1;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018110137.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 31. Mai 2016 wurde dem Revisionswerber als gemäß § 9 Abs. 1 VStG vertretungsbefugtem Organ der L. Kft. (einer Gesellschaft mit Sitz in Budapest) zur Last gelegt, dass diese die an das Bundesministerium für Finanzen zu erstattende Meldung betreffend die grenzüberschreitende Überlassung von insgesamt 57 namentlich genannten Arbeitnehmern (jeweils ungarischer Staatsangehörigkeit) an die M. GmbH (mit Sitz in Österreich), die spätestens eine Woche vor der (jeweils konkretisierten, zumeist im Jahre 2015 erfolgten) Arbeitsaufnahme vorgenommen hätte werden müssen, unterlassen habe.

Der Revisionswerber habe § 17 Abs. 2 Arbeitskräfteüberlassungsgesetz - AÜG (gemeint: in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 44/2016) übertreten, weshalb über ihn gemäß § 22 Abs. 1 Z 2 erster Fall leg. cit. eine Geldstrafe von EUR 3.000,-- sowie eine Ersatzfreiheitsstrafe verhängt (und ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vorgeschrieben) wurde.

2 Die dagegen vom Mitbeteiligten erhobene Beschwerde wurde mit dem (im ersten Rechtsgang ergangenen) Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes vom 8. März 2017 abgewiesen.

3 Nach Aufhebung dieses Erkenntnisses durch den Verwaltungsgerichtshof (VwGH 22.8.2017, Ra 2017/11/0068) wurde der genannten Beschwerde mit dem nunmehr angefochtenen (Ersatz‑)Erkenntnis vom 9. Mai 2018 Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt.

Weiters wurde im angefochtenen Erkenntnis gemäß § 25a VwGG ausgesprochen, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

4 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Amtsrevision.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:

9 Die Revision führt zu ihrer Zulässigkeit aus, das Verwaltungsgericht sei vom Erkenntnis VwGH 22.8.2017, Ra 2017/11/0068, abgewichen, weil es im zweiten Rechtsgang das Vorliegen eines Werkvertrages zwischen der L. Kft. und der M. GmbH bejaht (und damit umgekehrt das Vorliegen der hier wesentlichen grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung verneint) habe, ohne sich dabei mit sämtlichen dafür relevanten Kriterien (solche werden in der Revision im einzelnen dargelegt) auseinander zu setzen.

10 Der Verwaltungsgerichtshof hat im zitierten Erkenntnis Ra 2017/11/0068 unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des EuGH (u.a. Urteil vom 18.6.2015, C-586/13 , "Martin Meat") dargelegt, welche Kriterien unter Berücksichtigung des Unionsrechts für die Beurteilung der gegenständlich entscheidungsrelevanten Frage, ob die in Rede stehenden Arbeitskräfte von der L. Kft. an die M. GmbH zur Arbeitsleistung grenzüberschreitend überlassen wurden oder aber die Arbeitsleistungen aufgrund eines Werkvertrages zwischen den beiden genannten Gesellschaften (somit von den Arbeitskräften der L. Kft. als grenzüberschreitend entsandte Erfüllungsgehilfen derselben) erbracht wurden, maßgebend sind.

11 Im nunmehr angefochtenen Erkenntnis hat das Verwaltungsgericht - auf der Grundlage der Ermittlungsergebnisse der im zweiten Rechtsgang durchgeführten Verhandlung - das Vorliegen von grenzüberschreitender Arbeitskräfteüberlassung verneint, weil die Arbeitsleistungen vielmehr im Rahmen eines zwischen der L. Kft. an die M. GmbH bestehenden Werkvertrages erbracht worden seien. Diese Beurteilung erfolgte im Rahmen einer Gesamtbetrachtung, der insbesondere zugrunde gelegt wurde, dass zwischen den genannten Gesellschaften ein gewährleistungstauglicher Erfolg vereinbart worden sei, dass die Zahl der für die Herstellung der im Werkvertrag (bzw. den Teilleistungsverträgen und Leistungsverzeichnissen) vereinbarten Werkes eingesetzten Arbeitskräfte durch die L. Kft. bestimmt worden sei und diese auch die individuellen Weisungen an die ungarischen Arbeitskräfte erteilt habe. Ergänzend wurde angeführt, dass die Arbeitskräfte der L. Kft. überdies in einer eigenen Werkshalle, und zwar ohne Arbeitnehmer der M. GmbH, tätig gewesen seien.

Das Verwaltungsgericht hat somit bei seiner Beurteilung die durch das zitierte Erkenntnis Ra 2017/11/0068 vorgegebenen Leitlinien des Verwaltungsgerichtshofes beachtet. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits - wiederholt - ausgesprochen, dass jene Revisionsfälle, in denen bei der Beurteilung des Vorliegens von Arbeitskräfteüberlassung die nach dieser Judikatur maßgebenden Kriterien im Rahmen einer Gesamtbeurteilung herangezogen wurden bzw. in denen das Verwaltungsgericht einzelnen dieser Kriterien ein höheres, anderen aber ein geringeres Gewicht beigemessen hat, wegen ihrer einzelfallbezogenen Bedeutung nicht revisibel sind (vgl. etwa VwGH 20.9.2017, Ra 2017/11/0024 bis 0029 und Ra 2017/11/0016, sowie VwGH 20.9.2018, Ra 2018/11/0112).

12 Vor diesem Hintergrund ist es nicht zielführend, wenn die Revision zu ihrer Zulässigkeit vorbringt, das Verwaltungsgericht hätte bei seiner Beurteilung einzelnen Kriterien entsprechend hohes Gewicht beimessen müssen (wobei im Übrigen auch nicht ersichtlich ist, weshalb etwa das in der Revision erwähnte Motiv des Vertragsabschlusses oder die laufende gemeinsame Vornahme der Qualitätsprüfung durch Vertreter der L. Kft. und der M. GmbH gegen das Vorliegen eines Werkvertrages sprechen sollten; Gleiches gilt etwa für die festgestellte Vereinbarung einer Nachbesserungspflicht im Falle von Qualitätsmängeln).

13 Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 12. November 2018

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