VwGH Ra 2018/03/0053

VwGHRa 2018/03/00535.9.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision der Ö AG in W, vertreten durch Dr. Erwin Markl, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Schmerlingstraße 2, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 19. Februar 2018, Zl. 405‑4/1508/1/5‑2018, betreffend Duldung von Beseitigungsmaßnahmen nach dem Eisenbahngesetz 1957 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Salzburg‑Umgebung; mitbeteiligte Parteien: 1. P B in S, 2. A B in S, 3. F B in S), zu Recht erkannt:

Normen

EisenbahnG 1957 §43 Abs1
EisenbahnG 1957 §45

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018030053.L00

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Zur Vorgeschichte sowie zur Rechtslage wird auf das Vorerkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 1. September 2017, Ra 2017/03/0030, verwiesen. Davon ist in Erinnerung zu rufen, dass die vor dem Verwaltungsgericht belangte Bezirkshauptmannschaft (BH) mit Bescheid vom 30. Juli 2016 den mitbeteiligten Parteien nach § 45 des Eisenbahngesetzes 1957 (EisbG) aufgetragen hat, die Beseitigung der durch Pflanzenbewuchs eingetretenen Gefährdung der Eisenbahn in einem näher genannten Bereich von Bahn‑km 294,860 bis 295,4 auf der Strecke Wien‑Salzburg in der Form eines Kahlhiebs von ca. einer Baumlänge entlang der Eisenbahnlinie zu dulden. Mit Erkenntnis vom 12. Jänner 2017 gab das Verwaltungsgericht den dagegen erhobenen Beschwerden (insbesondere) mit der Maßgabe Folge, dass die Beseitigungsmaßnahme in der Breite von 10 m ab dem Böschungsansatz auf beiden Seiten entlang der Eisenbahnlinie zu dulden seien (u.a.). Diese Entscheidung wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit dem zitierten Erkenntnis vom 1. September 2017 wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhalts aufgehoben, zumal die Entscheidung des Verwaltungsgerichts angesichts des Erfordernisses einer sicheren und nachhaltigen Beseitigung bzw. Hintanhaltung von Gefährdungen iSd § 43 EisbG nicht zu überzeugen vermochte. Im gegenständlichen Gefährdungsbereich waren unstrittig schon wiederholt Schäden durch Windwurf an der Eisenbahnanlage einschließlich der Folgen von Betriebsstörungen eingetreten, der Sachverständige habe in diesem Kontext auf Grund der vorhandenen Windwurflöcher mit eher kleinen Flächengrößen angenommen, dass hier böige Winde mit lokalen Verwirbelungen und hohen Geschwindigkeiten die Bäume zu Fall gebracht hätten.

2 Mit der nunmehr in Revision gezogenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts vom 19. Februar 2018 wurde den Beschwerden der mitbeteiligten Parteien gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG mit der Maßgabe Folge gegeben, dass der Spruch des angefochtenen Bescheides nach den Worten „... in Form eines Kahlhiebes“ wie folgt zu lauten hat: „Auf den Grundstücken 833 und 834, KG S in der Breite von 35 m und auf dem Grundstück 942, KG S in der Breite von 10 m jeweils ab dem Böschungsansatz entlang der Eisenbahnlinie aufgetragen (siehe kartographische Darstellung auf Seite 14)“ (Spruchpunkt I.). Eine ordentliche Revision gegen diese Entscheidung wurde nicht zugelassen (Spruchpunkt II.).

3 Auf Basis des im Vorerkenntnis Ra 2017/03/0030 wiedergegebenen Gutachtens des forsttechnischen Amtssachverständigen sei vom Verwaltungsgericht zunächst ein einschlägiger Gefährdungsbereich von 10 m beiderseits der Bahntrasse, gemessen vom Böschungsansatz, angenommen und die diesbezügliche Duldungsverpflichtung der Grundeigentümer festgesetzt worden. Nach Aufhebung dieser Entscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof mit dem Vorerkenntnis sei nunmehr der Gefährdungsbereich auf Grund der Berücksichtigung von Windwurfereignissen festzulegen. Die Frage der Festlegung des Gefährdungsbereiches unter Berücksichtigung von Windwurfereignissen habe seitens des forsttechnischen Sachverständigen folgende gutachterliche Beurteilung erbracht:

„1. Allgemeines

Nach Rechtsansicht des Bundesverwaltungsgerichtes beweist die Tatsache, dass im Jahr 2014 drei Bäume aus gegenständlichen Waldflächen vom Wind geworfen und den Bahnkörper, respektive den Bahnbetrieb beeinträchtigt haben hinlänglich, das durch Windwurf eine Gefährdung für die Bahnstrecke gegeben ist. Es fehlt daher die Aussage in wie weit ein Gefährdungsbereich bei Windwurfbeeinträchtigung der Waldbestände in Bezugnahme auf den Betrieb der Strecke abzugrenzen sei!

2. Methodik

Um den potentiellen Gefährdungsbereich bei Windwurf festzulegen bedarf es einer Einschätzung der Baumhöhenentwicklung in der Zukunft. Die Annahme, dass die momentane Baumhöhe zugleich den Gefährdungsbereich darstellt greift im gegenständlichen Fall zu kurz, da auf Grund des Bestandesalters das Höhenwachstum noch nicht abgeschlossen ist.

Die Basis für die zu erwartende Höhenentwicklung der Baumindividuen entlang der Bahnstrecke ist in der sogenannten Ertragshöhenkurve zu finden. Diese Kurven dienen prinzipiell zur Feststellung der Ertragsklasse mit den Eingangsgrößen Oberhöhe und Alter. Allerdings ist es möglich mit den genannten Parametern die Ertragsklasse zu bestimmen und die Oberhöhenentwicklung in der Zukunft abzulesen.

Die Waldflächen sind im Wuchsgebiet 7.1 nördliches Alpenvorland West (BFW, Wien) gelegen, womit für diese Standort die Fichte Bayern die maßgebliche Ertragstafel darstellt. Diese Ertragstafel wird daher auch für die Höhenkurveneinstufung herangezogen (sh. Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden. ).

Mittels Spiegelrelaskop nach Bitterlich und Bushnell Laserdistanzmesser wurden die Oberhöhen von 6 starken Stämmen gemessen. Zudem wurde mittels Bohrkern das Alter der Baumindividuen bestimmt. Die Bohrung erfolgte in Höhe des Brusthöhendurchmessers (130 cm vom Stammfuss) und wurde um 4 Jahre ergänzt. Dies ist jener Zeitraum, den eine Pflanze an diesem Standort erfahrungsgemäß benötigen würde um vom Keimstadium bis in die Höhe von 130 cm zu wachsen.

Mit Einstufung in der Höhenkurve kann die Höhenentwicklung im Alter 120 Jahre vorausberechnet werden. Da die Höhenentwicklung in diesem Alter einer Kumulation zustrebt, kann dies als Indiz für den maximalen Gefährdungsbereich des Bahnkörpers der Strecke dienen.

(Es folgt eine Abbildung)

Abbildung 5: Ertragshöhenkurve Fichte Bayern (Quelle: Marschall, Hilfstafeln für die Forsteinrichtung, Österreichischer Agrarverlag, Wien 1992

Auf Grund des ‚jugendlichen‘ Bestandesalters ist in der Beurteilung der potentiellen Gefährdungsbereiche, abgestimmt auf die potentielle Baumhöhe, aber Vorsicht geboten. Die Einstufung in die Ertragsklasse ist in den ersten Jahrzehnten eines Bestandesalters mit einem systematischen Fehler behaftet, der dazu führt, dass die Ertragsniveaus überschätzt werden. Wie aus Abbildung 1 ersichtlich, verläuft die Höhenkurve in den ersten Jahrzehnten des Wachstums sehr steil und verflacht dann kontinuierlich. Eine lineare Hochrechnung auf Basis der Kurvensteigung im Verlauf zwischen dem Alter 20 und dem Alter 80 führt daher unweigerlich zu überhöhten Werten. Daher werden im gegenständlichen Gutachten Werte einer dynamischen Bonitierung herangezogen. Dazu werden Fichtenbestände in den Tallagen der Wseegemeinden hinsichtlich der Höhenentwicklung auf Basis der modellierten Oberhöhen gescannt und zur Verifizierung bzw. Korrektur der maximal zu erwartenden Höhen herangezogen.

3. Befund

Die Waldbestände wurden bereits im Gutachten vom 29.11.2016 befundet. Diese Befundung ist lediglich dahingehend zu ergänzen, als in den Waldbeständen zwei größere Nutzungen erkennbar waren. Nach Angaben des Bezirksförsters handelt es sich hierbei um vom Borkenkäfer befallenes Holz welches durch die Grundeigentümer der GP 834 und 833, je KG S entfernt werden musste. Vor allem auf GP 833 KG S präsentierte sich diese Fläche als Kahlhieb mit einem Flächenausmaß von ca. 80m x 40m (3200 m², sh.  Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden. ). Deutlich erkennbar waren auch 2 Bäume am neu entstandenen Bestandesrand, welche von der im November 2017 gegebenen Schneelast fast geknickt worden wären.

(Es folgt eine Abbildung)

Abbildung 6: Borkenkäfernutzungsfläche auf GP 833, KG S

Generell konnte festgestellt werden, dass das im Flach‑ und Tennengau eingetretene Sturmereignis ‚Tief Herwart‘ zu keinerlei Schäden in den gegenständlichen Waldbeständen geführt hat. Sehr wohl musste aber vereinzelt Schneebruch auf GP 834, KG S festgestellt werden (sh.  Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden. ).

(Es folgt eine Abbildung)

Abbildung 7: Schneedruckschaden auf GP 833, KG S, im Hintergrund die Bahntrasse

Die im Kapitel 2. genannten Messungen wurden am 14.12.2017 durchgeführt und führten zu folgendem Ergebnis:

(Es folgt eine Tabelle)

Tabelle 1: Höhenmessung und Altersbestimmung der Oberhöhenstämme auf GP 833 und 834, je KG S

Die Messergebnisse bestätigen die Differenzierung des Bestandes. Während der südliche Bereich der GP 834, KG S eine durchschnittliche Oberhöhe von 20,2 m bei einem Alter von 30 Jahren aufweist, ist der Baumbestand auf GP 833, KG S um mehr als 10 Jahre älter und auch dementsprechend höher gewachsen (durchschn. 28,8 m). Erst im Randbereich zur GP 832, KG S, wird der Baumbestand mit 33 Jahren wieder jünger und weist eine Oberhöhe von 24,5 m auf. Die Brusthöhendurchmesser wurden nicht gemessen, bewegen sich jedoch zwischen ca. 20 und ca. 35 cm in der optischen Einstufung.

Die im Rahmen einer Modellierung durch das BFW vorgenommene Auswertung brachte folgende ertragskundliche Ergebnisse:

(Es folgt eine Abbildung)

Abbildung 8: Modellierte Höhenberechnung auf Basis Ortofoto 2014

Die größeren Höhen am Südrand der GP 834 KG S sind dem dort stockenden Laubholzbestand zuzuordnen. Der Nadelholzbestand mit Oberhöhen bis zu 27 m ist jener Bereich der der Kalamitätsnutzung zum Opfer fiel. Die durchschnittliche Oberhöhe ist mit 20,2 m etwas niedriger anzusetzen, als der Modellierung angegeben.

Die Messungen auf GP 833, KG S korrelieren perfekt mit der modellierten Auswertung. Demnach ist die Höhenentwicklung des Baumbestandes innerhalb von 2 Jahren um ca. 2 m fortgeschritten.

4. Gutachten

Ertragskundliche Extrapolation:

Die Abweichung in der Höhenentwicklung der GP 834 KG S ist dadurch erklärbar, dass die Durchschnittswerte der Wabenflächen Mischbestände aus Laub‑ und Nadelholz umfassen und somit höhere Werte aufweisen, als die Messung der Fichten.

Die höchste berechnete Ertragstafel der Fichte Bayern mit der Ertragsklasse 17 weist im Alter 30 eine Oberhöhe von 15,7m, im Alter 46 eine Oberhöhe von 24,06 m und im Alter 33 eine Oberhöhe von 17,38 m auf.

Die gemessenen Werte liegen deutlich darüber, sodass die Ertragstafel zur Ergebnisberechnung entsprechend extrapoliert werden muss. Dies bedeutet, dass auf Basis der Höhenentwicklung der 17. Absolutbonität der Fichte Bayern bis zum Alter 120 Jahre von der Ausgangsbasis der gemessenen Oberhöhen die Höhenentwicklung hochgerechnet werden muss.

Basis Alter 30:

Bonität 17:

42,0 ‑ 15,7 = 26,3 für 90 Jahre => durchschn. jährliches Wachstum von 0,29m

Bonität 16:

40,8 ‑ 15,1 = 25,7 für 90 Jahre => durchschn. Jährliches Wachstum von 0,28m

Basis Alter 33:

Bonität 17:

42 ‑ 17,38 = 24,62 für 87 Jahre => durchschn. jährliches Wachstum von 0,28m

Bonität 16:

0,27m

Basis Alter 46:

42 ‑ 24,06 = 17,94 für 74 Jahre => durchschn. jährliches Wachstum von 0,24m

Im Durchschnitt ergibt sich daher ein jährliches Höhenwachstum von 0,27m! Pro Bonitätsstufe steigt das Wachstum um 1cm pro Jahr.

Der Unterschied in der Oberhöhe zwischen den einzelnen Ertragsklassen beträgt jeweils 0,6 m, im Alter 30 (15., 16., 17. Absolutbonität). Dementsprechend ist davon auszugehen, dass eine Oberhöhe von 20,2m im Alter 30 einer Bonität von 24,5 entsprechen würde.

Die Oberhöhe von 24,5 m im Alter 33 entspricht einer extrapolierten Bonität von 28,9 und die Oberhöhe von 24,06 im Alter 46 lässt eine Bonität von 24,2 errechnen.

Eine mittlere Bonität von 25,87 würde bedeuten, dass die Oberhöhe im Alter 120 sich wie folgt errechnet:

42 +8,87*0,01=42,1 m

Auch bei großzügister Rechnung ist kein höherer Wert als 42 m zu erzielen.

Dynamische Bonitierung

Die dynamische Betrachtung (sh. Beilage, Lageplan mit Oberhöhen) bringt zu Tage, dass im angesprochenen Raum Fichten mit einer Oberhöhe über 42 m nicht gemessen werden konnten. Im Raum N wurde im Rahmen eines anderen Verwaltungsverfahrens im Jahr 2015 ein Fichtenbestand im Alter 90 Jahre erhoben. Bei Brusthöhendurchmessern von 65 cm waren die Bäume 41 m hoch.

Der potentielle Gefährdungsbereich lässt sich daher nachvollziehbar mit 42 m festzulegen.“

4 Dazu lassen sich dem Protokoll der mündlichen Verhandlung am 17. Jänner 2018 folgende Ergänzungen des Sachverständigen entnehmen:

„Ergänzung des Sachverständigen:

Die normale Umtriebszeit im gegenständlichen Wald würde ich unter Berücksichtigung der forstwirtschaftlichen wie betriebswirtschaftlichen Ausgangslage in etwa mit maximal 80 Jahren ansetzen. Die Berücksichtigung dieser verkürzten Umtriebszeit würde in Bezug auf meine gutachtlichen Ausführungen einen Gefährdungsbereich von 35 m ergeben. Der aktuelle tatsächliche Bestand liegt entsprechend meinen gutachtlichen Ausführungen bei einem Alter von 29 bis 48 Jahren und einer Höhe zwischen 19,5 und 31 m. Unter Berücksichtigung des aktuellen laufenden Wachstums des derzeitigen dortigen Baumbestandes ist davon auszugehen, dass in 5 Jahren beispielsweise ein weiterer Bereich von 5 m unmittelbar im Gefährdungsbereich sich befinden würde. Ich habe in meinem Luftbild, wie sie als Beilage zum Gutachten enthalten ist bei der entsprechenden Flächendarstellung den Gefährdungsbereich von 42 m eingezeichnet.

...

Seitens des Sachverständigen auf weiteres Befragen:

In Bezug auf das Gefährdungspotential aus dem Aspekt des Windwurfes in Bezug auf die beiden Flächen rechts und links der Bahn ist davon auszugehen, dass die Grundstücke 942 und 943 aus der Hauptwindrichtung ‚Nordwest‘ aus diesem Aspekt sicher nicht in der Weise betroffen sind wie die aus der Sicht des Bahnkörpers nordwestlich gelegenen Parzellen. Die Parzellen 942 und 943 gehören im Übrigen zum Europa‑Schutzgebiet W Moor und ist dort eine Plantagenwirtschaft auch aus diesem Aspekt nicht vorstellbar.

Unter Berücksichtigung der Hauptwindrichtung ist also für die Parzellen 942 und 943 eine Bewuchsentfernung im bisherigen Ausmaß von 10 m als ausreichend zu betrachten. Hinsichtlich der böigen Winde ist allerdings auch in diesem Bereich keine andere Betrachtung zu sehen, als für die übrigen Flächen. In Bezug auf die seinerzeit eingetretenen Schadereignisse ist es so, dass diese im Zusammenhang mit böigen Winden aus Richtung Nordwest auf den Flächen 834, 833 und 832 entstanden sind und nicht auf den Flächen 942 und 943. Diese Schadensereignisse haben ihre Ursache eben in der Verwirbelung aus der Hauptwindrichtung Nordwest im Zusammenhang mit dem Verlauf der Topographie, insbesondere des Einschnittes der Bahntrasse im Verhältnis zu den darüber gelegenen Grundstücken 834, 833 und 832. Derartige Ereignisse sind also in Bezug auf die Grundstücke 942 und 943 nicht zu erwarten.

In Bezug auf die von mir festgesetzten Entfernungen bin ich auch im gegenständlichen Gutachten, wie im bisherigen, davon ausgegangen, dass die entsprechende Bemessung der Abstände von 42 bzw. 35 m, wie sie sich aus meinen gutachtlichen Ausführungen ergeben, vom Böschungsansatz aus, wie aus meinem Vorgutachten, vorgenommen wird. In Bezug auf die angesprochenen Windverwirbelungen kann ich diese in Bezug auf die Grundstücke 942 und 943 natürlich nicht gänzlich ausschließen, sondern eben nur von einer geringfügigen Wahrscheinlichkeit dazu ausgehen. Es sind natürlich auch andere Windrichtungen vorstellbar als die von mir beschriebene Hauptwindrichtung Nordwest.

Keine weiteren Fragen an den Sachverständigen.“

5 In rechtlicher Hinsicht wurde festgehalten, dass die Festlegung des Gefährdungsbereiches unter Berücksichtigung der zu beachtenden Gefährdung für die Eisenbahnanlage bei gleichzeitiger Wahrung des verfassungsmäßigen Eigentumsschutzes im Sinn der Grundsätze der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit unter Beiziehung eines Sachverständigen zu beurteilen sei. Ausgehend davon ergebe sich auf Basis des Gutachtens des Amtssachverständigen unter Berücksichtigung der Windwurfereignisse, der konkreten örtlichen Topographie sowie der Bestandsstruktur und der Hauptwindrichtung für die von der Bahnstrecke aus betrachtet nordwestlichen Waldflächen ein Gefährdungsbereich von 35 m, in Bezug auf die Waldflächen südöstlich der Bahnstrecke eine solcher von 10 m. Vom Sachverständigen sei nachvollziehbar ausgeführt worden, dass die zur Aufhebung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts vom 12. Jänner 2017 maßgeblichen Windwurfereignisse ausschließlich auf den Grundstücken 834, 833 und 832 eingetreten seien und dies aus den konkreten dortigen Verhältnissen im Zusammenwirken von Hauptwindrichtung, Bestandsstruktur und topographischer Situation erklärbar seien. Unter Berücksichtigung der Hauptwindrichtung (Nordwest) sowie der konkreten topographischen Verhältnisse sei davon auszugehen, dass in Bezug auf die Grundstücke 942 und 943 Windwurfereignisse in Richtung Bahnstrecke höchst unwahrscheinlich anzunehmen seien. Diese gutachterlichen Ausführungen würden durch das rezente Starkwindereignis „Sturmtief Herwart vom 28.10.2017“ bestätigt. Im gegenständlichen Bereich habe dieses Starkwindereignis zu keinerlei Schäden (Windwürfen) geführt, wohingegen im Rahmen der gutachterlichen Inaugenscheinnahme aktuelle Schneedruckschäden auszumachen gewesen seien. Hinsichtlich der in Rede stehenden Flächen sei somit hinsichtlich der Grundparzellen 833 und 834 vor allem in Ansehung der aus den Vorjahren dokumentierten Schadensereignisse der Gefährdungsbereich anhand von Windwurfereignissen festzulegen gewesen, wogegen dieser Aspekt hinsichtlich des Grundstücks 942 nicht maßgebend sei. Bezüglich dieses Grundstücks könnte durch Abwägung von Gefahrenpotential einerseits und Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit aus dem Aspekt des Eigentumsschutzes andererseits das Schadenspotential auf den Schneedruckschaden eingeschränkt erfolgen. Allein der Umstand, dass auch dort ein Windwurfereignis nicht völlig ausgeschlossen werden könne, könne eine entsprechende Duldungsverpflichtung für diese Fläche nicht rechtfertigen, zumal aus Sturmböenereignissen grundsätzlich kein Eintrag aus anrainenden Grundstücken gegenüber der Verkehrsanlage ausgeschlossen werden könnte. Die nunmehrige Festsetzung des Gefährdungsbereiches entspreche der abgedruckten planlichen Darstellung, sie werde als zur Erreichung der Zielsetzung der Bestimmung des §§ 45 iVm 43 Abs. 1 EisbG geeignet betrachtet.

6 Die Unzulässigkeit einer ordentlichen Revision begründete das Verwaltungsgericht im Wesentlichen mit der Wiedergabe des Textes des Art. 133 Abs. 4 B‑VG.

7 Über die dagegen erhobene Revision hat der Verwaltungsgerichtshof ‑ von einer Revisionsbeantwortung wurde abgesehen ‑ erwogen:

8 Entgegen dem Verwaltungsgericht ist die Revision zulässig, weil das Verwaltungsgericht (wie in der Revision geltend gemacht) die Rechtslage unter Berücksichtigung der Leitlinien der Judikatur des Verwaltungsgerichthofes nicht hinreichend beachtete.

9 Ausgehend von der im Vorerkenntnis (worauf gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird) dargestellten Rechtslage verfolgt § 43 Abs. 1 EisbG offensichtlich den Zweck, die dort genannten Gefährdungen auszuschließen und stellt derart auf eine sichere und nachhaltige Beseitigung bzw. Hintanhaltung dieser Gefährdungen ab. Die in § 45 EisbG normierte Verpflichtung zur Beseitigung dient ebenso wie die eben genannte Rechtsvorschrift dem Bestand der Eisenbahn sowie der regelmäßigen und sicheren Betriebs- und Verkehrsführung. Damit ist der Gefährdungsbereich iSd § 43 Abs. 1 EisbG so anzunehmen, dass eine Gefährdung der Eisenbahn samt Betrieb und Verkehrsführung (einschließlich der beförderten Personen und Sachen) mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann. Zu den Hinweisen des Verwaltungsgerichts auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist festzuhalten, dass diesem Grundsatz nur durch ein zur Zielerreichung geeignetes Mittel entsprochen werden kann (vgl. dazu etwa VwGH 23.10.2008, 2005/03/0138, VwSlg. 17.554 A). Ausgehend davon vermag die Festlegung eines Gefährdungsbereiches iSd § 43 Abs. 1 EisbG diesem Grundsatz nur dann gerecht zu werden, wenn damit eine Gefährdung nach dem genannten Maßstab ausgeschlossen werden kann.

10 Der vom Verwaltungsgericht beigezogene Amtssachverständige hat nun bei der mündlichen Verhandlung auch bezüglich der Grundstücke 942 und 943 „Windverwirbelungen“ nicht (gänzlich) ausschließen können, zumal auch andere Windrichtungen als die angenommene Hauptwindrichtung (Nordwest) vorstellbar seien. Vor diesem Hintergrund ist es auf dem Boden der dargestellten Rechtslage nicht nachvollziehbar, dass das Verwaltungsgericht den Gefährdungsbereich iSd § 43 Abs. 1 EisbG für diese Grundstücke ohne Rücksicht auf diese nicht ausschließbaren „Windverwirbelungen“ angenommen hat.

11 Weiters hat der Amtssachverständige (wie die Wiedergaben oben zeigen) in seinem Gutachten vor der mündlichen Verhandlung - auch rechnerisch nachvollziehbar - überhaupt einen Gefährdungsbereich im Ausmaß von 42 m („bei großzügigster Rechnung“) errechnet. Bei der mündlichen Verhandlung hat der Amtssachverständige dann ‑ offenbar basierend auf der Annahme einer verkürzten Umtriebszeit ‑ einen Gefährdungsbereich von lediglich 35 m angenommen, wobei dem Verhandlungsprotokoll diesbezüglich nähere Berechnungen nicht entnommen werden können. Der Amtssachverständige hat bei der Verhandlung diese verkürzte Umtriebszeit „unter Berücksichtigung der forstwirtschaftlichen wie betriebswirtschaftlichen Ausgangslage in etwa mit maximal 80 Jahren“ angesetzt. Unter Zugrundelegung des im Gutachten angenommenen jährlichen Höhenwachstums von 0,27 m würde dann aber die für ein Alter von 48 Jahren bei der mündlichen Verhandlung genannten Höhe von 31 m im Alter von 80 Jahren einer Höhe von mehr als 39 m ‑ und damit jedenfalls mehr als 35 m ‑ entsprechen. Das vom Amtssachverständigen bei der mündlichen Verhandlung ergänzte Gutachten erweist sich in diesem Sinne als nicht gänzlich überzeugend und damit als ergänzungsbedürftig, es stellt daher keine schlüssige Grundlage für die Beurteilung durch das Verwaltungsgericht dar.

12 Das angefochtene Erkenntnis war somit wegen (prävalierender) Rechtswidrigkeit seines Inhalts nach § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

13 Die beantragte mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte unterbleiben, weil die in der angefochtenen Entscheidung getroffene rechtliche Beurteilung (wie dargestellt) von den Leitlinien der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht und das Verwaltungsgericht (ein Tribunal iSd EMRK bzw. ein Gericht iSd Art. 47 GRC) ohnehin eine mündliche Verhandlung durchgeführt hat (vgl. § 39 Abs. 2 Z 4 und 6 VwGG).

14 Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 5. September 2018

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