Normen
ORF-G 2001 §31c
ORF-G 2001 §31c Abs1
ORF-G 2001 §31c Abs1 Z1
VwRallg
52009XC1027(01) Rundfunk öffentlich-rechtlichen
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RO2018030016.J00
Spruch:
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid vom 24. Juni 2015 wies die Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) eine auf § 36 Abs. 1 Z 1 lit. c ORF‑G gestützte Beschwerde der Revisionswerberin gegen den Österreichischen Rundfunk (ORF; Mitbeteiligter) als unbegründet ab. Mit dieser Beschwerde hatte die Revisionswerberin die Feststellung angestrebt, der ORF habe durch den Erwerb der Übertragungsrechte für die Spiele der UEFA Champions League für die Saisonen 2015/16, 2016/17 und 2017/18 gegen § 31c Abs. 1 ORF‑G verstoßen, weil er Mittel aus dem Programmentgelt eingesetzt habe, um ein Premium‑Sportprogramm zu erwerben, dessen Ausstrahlung für die Erfüllung des öffentlich‑rechtlichen Auftrags nicht erforderlich gewesen sei, wobei der Erwerb der Senderechte zu überhöhten, nach kaufmännischen Grundsätzen nicht gerechtfertigten Preisen erfolgt sei.
2 Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde der Revisionswerberin wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab. Die Revision wurde zugelassen.
3 Begründend führte das BVwG im Wesentlichen aus, der ORF habe die gegenständlichen Übertragungsrechte für drei Spielsaisonen der UEFA Champions League um insgesamt € 13,5 Mio. erworben. Das höchste Gebot eines privaten Fernsehveranstalters, der sich ebenfalls ‑ erfolglos ‑ um diese Rechte bemüht habe, sei bei € 11,5 Mio. gelegen. Die Revisionswerberin habe für das Sendepaket einen Preis von € 2 Mio. pro Saison geboten, sei damit aber nicht zum Zuge gekommen. Das Gebot des ORF habe somit das höchste private Gebot um 17,39% überschritten.
4 Nach den Ergebnissen eines schlüssigen Gutachtens habe das maximale wettbewerbsneutrale Angebot des ORF für die Senderechte ‑ unter Berücksichtigung seiner großen Reichweite und seines hohen Werbetarifniveaus im Umfeld der UEFA Champions League‑Übertragungen ‑ um 17,5% bis 24,1% höher liegen können als das höchste tatsächlich abgegebene private Gebot, von dem anzunehmen sei, dass darin alle üblichen Entscheidungsparameter von privaten Bietern eingeflossen seien.
5 Kritik der Revisionswerberin an diesem Gutachten sei ‑ aus näher dargestellten Gründen ‑ nicht berechtigt. Ausgehend davon treffe der Vorwurf der Revisionswerberin, der ORF habe die Senderechte entgegen § 31c Abs. 1 ORF‑G zu überhöhten, nach kaufmännischen Grundsätzen nicht gerechtfertigten (wettbewerbsverzerrenden) Preisen erworben, nicht zu.
6 Die Zulassung der Revision begründete das BVwG damit, dass zu § 31c ORF‑G Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehle und die Rechtslage nicht eindeutig sei.
7 Dagegen wendet sich die vorliegende Revision. Sie macht im Wesentlichen geltend, § 31c Abs. 1 ORF‑G solle sicherstellen, dass der ORF bei einem Rechteerwerb nach kaufmännischen Grundsätzen agiere, obwohl er dies aufgrund seiner privilegierten Finanzierungssituation rein kaufmännisch nicht müsste. Auf dieser Grundlage erweise sich die vom Sachverständigen durchgeführte Berechnung als ungeeignet, denn dadurch werde nicht verhindert, dass der ORF private Konkurrenten in „wettbewerbsverträglicher“ (gemeint wohl: wettbewerbsverzerrender) Weise überbiete. Ein solches Vorgehen sei ausschließlich aufgrund der privilegierten Finanzierungssituation möglich und insofern geradezu das Gegenteil von „kaufmännisch gerechtfertigt“. Im Folgenden wendet sich die Revision im Einzelnen gegen das im Verfahren eingeholte Sachverständigengutachten und wirft dem BVwG vor, auf die Einwände der Revisionswerberin gegen dieses Gutachten nicht ausreichend eingegangen zu sein. Vor allem sei aus Sicht der Revisionswerberin eine Korrektur des Gutachtens um den Faktor „Werbemenge“ notwendig gewesen. Es hätte darauf Bedacht genommen werden müssen, ob ein fiktiver Anbieter mit der Marktposition des ORF das vom Gutachter angenommene hohe Werbetarifniveau auch dann hätte halten können, wenn die Werbemenge auf die eines privaten Mitbewerbers angehoben werde. Darauf gebe weder das Gutachten noch die angefochtene Entscheidung eine Antwort.
8 Zu dieser Revision wurden keine Revisionsbeantwortungen erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
9 Die Revision ist im Sinne der Zulassungsbegründung des BVwG zulässig. Sie ist aber nicht begründet.
10 Die maßgebliche Bestimmung des § 31c Abs. 1 ORF‑Gesetz, BGBl. Nr. 379/1984 in der Fassung BGBl. I Nr. 50/2010 (ORF‑G), lautet:
„Marktkonformes Verhalten
§ 31c. (1) Dem Österreichischen Rundfunk aus Programmentgelt zufließende Mittel dürfen nicht in einer zur Erfüllung des öffentlich‑rechtlichen Auftrags nicht erforderlichen wettbewerbsverzerrenden Weise verwendet werden. Insbesondere darf der Österreichische Rundfunk diese Mittel nicht dazu verwenden:
1. Senderechte zu überhöhten, nach kaufmännischen Grundsätzen nicht gerechtfertigten Preisen zu erwerben;
2. Kommerzielle Kommunikation zu Preisen zu vergeben, die gemessen an kaufmännischen Grundsätzen zu niedrig sind und lediglich dazu dienen, den Marktanteil am Werbemarkt zu Lasten der Mitbewerber anzuheben.
...“
11 In den Gesetzesmaterialien (RV 611, BlgNR XXIV. GP, 51ff) heißt es dazu auszugsweise:
„Zu Art. 5 Z 77 (§ 31b und § 31c):
Die Einfügung eines eigenen Abschnittes zum Wettbewerbsverhalten des österreichischen Rundfunks folgt den Vorgaben aus Rz 92 bis 97 Rundfunkmitteilung.
Zu § 31b:
Sportrechte sind aus wettbewerbsrechtlicher Sicht ein besonders sensibler Teil des Rundfunkmarkts. Einerseits gehört die Berichterstattung über Sport ebenso zum traditionellen Kern des öffentlich‑rechtlichen Auftrags, wie die Übertragung von Sportbewerben. Andererseits sind Übertragungen populärer Sportarten eine wichtige Möglichkeit für private Rundfunkveranstalter, entsprechende Zuseherzahlen zu erreichen und damit insgesamt ‑ insbesondere aufgrund entsprechender Attraktivität für die Werbewirtschaft ‑ in der Lage zu sein, ein attraktives Angebot zu finanzieren. Der beihilfenrechtliche Hintergrund ist folgender: Aufgrund der privilegierten Finanzierung des öffentlich‑rechtlichen Rundfunks durch Programmentgelt besteht dabei das Risiko, dass die Rundfunkanstalt höhere Preise für den Erwerb von Sportrechten bietet, als diese nach kaufmännischen Grundsätzen wert wären, um Mitbewerber „auszustechen“. Ebenso besteht das Risiko eines Marktleerkaufs, in dem die Rundfunkanstalt mehr Sportrechte erwirbt, als sie tatsächlich auszustrahlen beabsichtigt, um Mitbewerbern die Möglichkeit zu nehmen, diese Sportrechte selbst zu erwerben. Für beide Konstellationen verlangt die Europäische Kommission Vorkehrungen. Während die erstgenannte Konstellation in § 31c Abs. 1 des Entwurfs Berücksichtigung findet, verlangt die zweite Konstellation eine spezifische gesetzliche Regelung. Diese sieht vor, dass der ORF ungenutzte Sportrechte an interessierte Dritte weiterzugeben hat. ...
Zu § 31c:
Zu Abs. 1:
Art. 86 Abs. 2 EG‑Vertrag erklärt Abweichungen vom Vertrag nur in jenem Ausmaß für zulässig, das für die Erbringung der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse erforderlich ist. Insbesondere für die Finanzierung solcher Dienstleistungen bedeutet dies: Werden durch die öffentliche Finanzierung Wettbewerbsverzerrungen verursacht, die über jenes Maß hinausgehen, das erforderlich ist, um die Erbringung der beauftragten Dienstleistung sicherzustellen, so ist dies beihilfenrechtlich nicht gedeckt: Eine solche überschießende Finanzierung ist daher unzulässig.
§ 31c Abs. 1 enthält eine Regelung, die diesen beihilfenrechtlichen Grundsatz umsetzt. Im Zusammenhang mit der Abschöpfung gemäß § 38a wird sichergestellt, dass im Falle nicht notwendiger Wettbewerbsverzerrungen dem ORF die dem öffentlich‑rechtlichen Auftrag gewidmeten, aber widmungswidrig verwendeten Mittel entzogen werden und er daher letztlich keinen wirtschaftlichen Vorteil aus seinem Verhalten zieht. Welche Verhalten von § 31c Abs. 1 erfasst sind, kann aufgrund der beihilfenrechtlichen Anforderungen, die jede nicht gemäß Art. 86 Abs. 2 EG‑Vertrag (bzw. dem Amsterdamer Protokoll) gerechtfertigte Wettbewerbsverzerrung ausschließen, zwangsläufig nur abstrakt geregelt werden. Aus der bisherigen beihilfenrechtlichen Entscheidungspraxis der Europäischen Kommission ist aber ableitbar, dass unter das Verbot insb. das Werbedumping (zur Steigerung seines Werbemarktanteils drückt ein öffentlich‑rechtlicher Rundfunkveranstalter seine Werbepreise und kompensiert den Einnahmenausfall durch öffentliche Finanzierung) und der Sendungsrechteerwerb zu überhöhten Kosten (ein öffentlich‑rechtlicher Rundfunkveranstalter nutzt den ihm zukommenden Finanzierungsvorteil durch die öffentliche Finanzierung, um höhere Beträge für Senderechte zu bieten, als nach kaufmännischen Gesichtspunkten gerechtfertigt wäre, und verzerrt damit den Wettbewerb zu privaten Interessenten um diese Senderechte) zu subsumieren sein werden.“
12 Die Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf den öffentlich‑rechtlichen Rundfunk vom 27. Oktober 2009, 2009/C 257/01 (Rundfunkmitteilung), auf die in den oben angeführten Gesetzesmaterialien zum ORF‑G Bezug genommen wird, hat auszugsweise folgenden Inhalt:
„6.8 Verhältnismäßigkeit und Marktverhalten
92. Gemäß dem Protokoll von Amsterdam dürfen die öffentlich‑rechtlichen Rundfunkanstalten keinen Tätigkeiten nachgehen, die unverhältnismäßige und nicht zwingend mit der Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags einhergehende Wettbewerbsverzerrungen hervorrufen würden. Beispielsweise wird der Erwerb von Premiuminhalten im Rahmen des allgemeinen öffentlich‑rechtlichen Auftrags einer öffentlich‑rechtlichen Rundfunkanstalt in der Regel als zulässig angesehen. Hält hingegen eine öffentlich‑rechtliche Rundfunkanstalt ausschließliche Premiumrechte, ohne sie zu nutzen und ohne sie rechtzeitig und in transparenter Weise in Sublizenzierung anzubieten, so hat dies unverhältnismäßige Marktverzerrungen zur Folge. Daher fordert die Kommission die Mitgliedstaaten auf sicherzustellen, dass die öffentlich‑rechtlichen Rundfunkanstalten den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auch mit Blick auf den Erwerb von Premiumrechten einhalten, und den öffentlich‑rechtlichen Rundfunkanstalten Regeln für die Sublizenzierung ungenutzter ausschließlicher Premiumrechte vorzugeben.
93. Bei der Ausübung kommerzieller Tätigkeiten haben die öffentlich‑rechtlichen Rundfunkanstalten die Marktprinzipien einzuhalten und wenn sie über kommerzielle Tochtergesellschaften tätig sind, müssen sie diesen gegenüber den Grundsatz des Fremdvergleichs (Arm’s Length Principle) einhalten. Die Mitgliedstaaten haben sicherzustellen, dass die öffentlich‑rechtlichen Rundfunkanstalten den Grundsatz des Fremdvergleichs einhalten, kommerzielle Investitionen im Einklang mit dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers vornehmen und nicht mithilfe öffentlicher Mittel zulasten ihrer Wettbewerber wettbewerbsschädliche Praktiken anwenden.
94. Als Beispiel für solche wettbewerbsschädlichen Praktiken ist Preisunterbietung zu nennen. So könnte eine öffentlich‑rechtliche Rundfunkanstalt versucht sein, die Preise für Werbung oder andere Tätigkeiten, die nicht unter den öffentlich‑rechtlichen Auftrag fallen (wie kommerzielle entgeltpflichtige Dienste), unter ein Niveau zu drücken, das vernünftigerweise als marktüblich angesehen werden kann, um so die Einnahmen von Wettbewerbern zu schmälern, sofern der daraus resultierende Einnahmeverlust durch die öffentlichen Ausgleichszahlungen kompensiert wird. Ein solches Verhalten kann nicht mit dem der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt erteilten öffentlich‑rechtlichen Auftrag gerechtfertigt werden und würde in jedem Fall „die Handels‑ und Wettbewerbsbedingungen in der Union [...] in einem Ausmaß beeinträchtig[en], das dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft,“ und somit einen Verstoß gegen das Protokoll von Amsterdam darstellen.
95. Angesichts der unterschiedlichen Marktsituationen sind die Einhaltung der Marktprinzipien durch die öffentlich‑rechtlichen Rundfunkanstalten und insbesondere die Frage, ob öffentlich‑rechtliche Rundfunkanstalten bei ihrem kommerziellen Angebot Preise unterbieten oder ob sie mit Blick auf den Erwerb von Premiumrechten den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit einhalten [Fußnote 53: Von Belang könnte beispielsweise die Frage sein, ob die öffentlich‑rechtlichen Rundfunkanstalten systematisch und in einem Maße überhöhte Gebote für Premiumprogrammrechte abgeben, das über die Erfordernisse des öffentlich‑rechtlichen Auftrags hinausgeht und zu unverhältnismäßigen Wettbewerbsverzerrungen auf dem Markt führt.], unter Berücksichtigung der Besonderheiten der betreffenden Märkte und Dienste im Einzelfall zu prüfen.
96. Nach Auffassung der Kommission ist es in erster Linie an den einzelstaatlichen Behörden sicherzustellen, dass die öffentlich‑rechtlichen Rundfunkanstalten die Marktprinzipien einhalten. Zu diesem Zweck haben die Mitgliedstaaten geeignete Mechanismen einzurichten, anhand deren etwaige Beschwerden auf einzelstaatlicher Ebene wirksam geprüft werden können.
97. Unbeschadet der Bestimmungen der vorstehenden Randnummer kann die Kommission nötigenfalls auf der Grundlage der Artikel 81, 82, 86 und 87 EG‑Vertrag tätig werden.“
13 Auf dieser Grundlage ist zunächst festzuhalten, dass mit § 31c Abs. 1 ORF‑G eine Regelung geschaffen worden ist, die den fairen Wettbewerb mit privaten Rundfunkveranstaltern vor allem auch beim Erwerb von Sportrechten durch den ORF (solche stehen auch im vorliegenden Fall zur Diskussion) sicherstellen soll; ein Marktbereich, der in den Gesetzesmaterialien als besonders sensibel bezeichnet worden ist.
14 Im Einklang mit der Rundfunkmitteilung der Kommission sowie der Entscheidung der Europäischen Kommission vom 28. Oktober 2009, K(2009) 8113 endgültig, betreffend die Finanzierung des ORF (insbesondere deren Rn. 222) zielt die Norm darauf ab zu verhindern, dass der ORF, der anders als seine privaten Mitbewerber/innen in den Genuss von Mitteln aus Programmentgelt kommt, diesen finanziellen Vorteil so nützt, dass damit unverhältnismäßige und nicht zwingend mit der Erfüllung des öffentlich‑rechtlichen Auftrags einhergehende Wettbewerbsverzerrungen hervorgerufen werden. In den zitierten Gesetzesmaterialien zum ORF‑G heißt es im Besonderen, es bestehe aufgrund der privilegierten Finanzierung des öffentlich‑rechtlichen Rundfunks durch Programmentgelt das Risiko, dass der ORF höhere Preise für den Erwerb von Sportrechten biete, als diese nach kaufmännischen Grundsätzen wert wären, um Mitbewerber „auszustechen“. Unter anderem dafür verlange die Europäische Kommission Vorkehrungen, die in § 31c Abs. 1 ORF‑G Berücksichtigung fänden.
15 § 31c Abs. 1 ORF‑G verbietet dem ORF daher, aus Programmentgelt zufließende Mittel in einer zur Erfüllung des öffentlich‑rechtlichen Auftrags nicht erforderlichen wettbewerbsverzerrenden Weise zu verwenden.
16 Dieses abstrakte und in allgemeinen Worten gefasste Verbot konkretisiert § 31c Abs. 1 Z 1 ORF‑G dahingehend, dass der ORF diese Mittel insbesondere nicht dazu verwenden darf, um Senderechte zu überhöhten, nach kaufmännischen Grundsätzen nicht gerechtfertigten Preisen zu erwerben.
17 Umgekehrt bedeutet dies, dass der ORF aus Programmentgelt zufließende Mittel zum Erwerb von Senderechten einsetzen darf, wenn der Erwerb zu einem nach kaufmännischen Grundsätzen gerechtfertigten, nicht überhöhten Preis erfolgt (§ 31c Abs. 1 Z 1 ORF‑G e contrario).
18 Von einem solchen marktkonformen Verhalten des ORF geht das BVwG ‑ im Einklang mit der KommAustria ‑ in der angefochtenen Entscheidung aus. Es stützt sich dabei auf ein eingeholtes Gutachten, demzufolge der ORF im Vergleich zu privaten Rundfunkanbietern mit höheren Werbeerlösen im Umfeld der Spiele der UEFA Champions League rechnen könne, die aus Reichweiten‑ und Werbetarifvorteilen resultierten. Aus diesem Grund sei es kaufmännisch auch gerechtfertigt, wenn der ORF das höchste Gebot eines privaten Konkurrenten ‑ fallbezogen im Ausmaß von 17,39% ‑ überboten habe.
19 Der Revisionswerberin ist zuzustimmen, dass diese Überlegungen die historisch gewachsene Marktmacht des ORF im Auge haben, die den ORF im Vergleich zu privaten Konkurrenten/innen bevorzugt. Allerdings dient § 31c Abs. 1 ORF‑G nicht dazu, unterschiedliche Marktmacht zwischen öffentlich‑rechtlichen und privaten Rundfunkanstalten in allgemeiner Art und Weise zu regulieren. Die nach den wiedergegebenen Gesetzesmaterialien beihilfenrechtlich ausgerichtete Norm verfolgt vielmehr den spezifischen Zweck, eine Wettbewerbsverzerrung, die (unmittelbar) aus dem Einsatz von finanziellen Mitteln aus dem Programmentgelt seitens des ORF entsteht, zu verhindern. Folgt man dem eingeholten Gutachten und der darauf basierenden angefochtenen Entscheidung, so resultiert der Wettbewerbsvorteil des ORF gegenüber seinen privaten Konkurrenten/innen im gegenständlichen Fall aber nicht (unmittelbar) aus dem Einsatz von finanziellen Mitteln aus dem Programmentgelt, die den Privaten nicht zur Verfügung stehen, sondern aus Reichweiten- und Werbetarifvorteilen, die dem ORF unter Zugrundlegung kaufmännischer Grundsätze ein höheres Angebot erlaubten. Ein Verstoß gegen § 31c Abs. 1 ORF‑G kann darin nicht erblickt werden.
20 Soweit sich die Revision gegen den Inhalt des Gutachtens wendet und dem BVwG vorwirft, sich mit den Einwänden der Revisionswerberin gegen die gutachterlichen Schlussfolgerungen nicht ausreichend beschäftigt zu haben, vermag der Verwaltungsgerichtshof diese Kritik nicht nachzuvollziehen. Das BVwG hat sich in der angefochtenen Entscheidung mit dem Beschwerdevorbringen der Revisionswerberin umfassend und eingehend auseinandergesetzt. Es hat diese Einwände im Einzelnen abgehandelt und ‑ nach dem Prüfmaßstab des Verwaltungsgerichtshofes schlüssig ‑ für nicht stichhaltig erachtet. Entgegen dem Revisionsvorbringen ist das BVwG dabei insbesondere auch auf das Argumente der Revisionswerberin eingegangen, dass der Gutachter beim Vergleich des ORF mit seinen privaten Konkurrenten/innen den Faktor der Werbemenge nicht genug beachtet habe. Es hat dazu ausgeführt, dass der Gutachter diesen Einwand in seinem Ergänzungsgutachten nachvollziehbar entkräftet habe, weil sich aus der Analyse von Fußballübertragungen der jüngeren Vergangenheit keine negative, sondern sogar eine leicht positive Korrelation zwischen angebotener Werbemenge und dem Werbetarif ergeben habe. Die Annahme der Revisionswerberin, der ORF könne seine höheren Werbetarife bei Steigerung der Werbemenge nicht weiter halten, erweise sich daher ‑ jedenfalls für die gegenständlichen Senderechte ‑ als unzutreffend.
21 Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
22 Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG Abstand genommen werden, weil die Schriftsätze der Parteien und die Akten des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen, zumal vor dem BVwG bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat.
Wien, am 19. Juni 2018
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)