VwGH Ra 2018/01/0232

VwGHRa 2018/01/023229.5.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek und die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Fasching als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Strasser, über die Revision des D A P, vertreten durch Mag. Dr. Anton Karner, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Steyrergasse 103/2, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 28. März 2018, Zl. LVwG 70.3-297/2018-15, betreffend Staatsbürgerschaft (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Steiermärkische Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Normen

StbG 1985 §10 Abs1 Z6;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018010232.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark (Verwaltungsgericht) wurde in der Sache der Antrag des Revisionswerbers, eines ghanesischen Staatsangehörigen, auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 Z 6 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, BGBl. Nr. 311 in der Fassung BGBl. I Nr. 68/2017 (StbG) abgewiesen (A.), der Revisionswerber zur Entrichtung der Barauslagen für die Beiziehung eines Dolmetschers verpflichtet (B.) und die Revision für nicht zulässig erklärt (C.).

2 Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, der Revisionswerber habe am 10. Oktober 2016 die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft beantragt. Er habe angegeben, dass er zwar einen unbefristeten Aufenthaltstitel habe, jedoch die österreichische Staatsbürgerschaft nur aus dem Grund haben wolle, damit er den Aufenthaltstitel nicht mehr benötige. Im Rahmen des Verleihungsverfahrens sei der Revisionswerber zur "Geschichteprüfung" am 3. November 2016 angetreten. Das Ergebnis sei negativ gewesen. Bei der Wiederholungsprüfung am 17. November 2016 sei im Namen des Revisionswerbers eine andere Person angetreten. Hiefür habe diese Person einen amtlichen Ausweis benützt, der für den Revisionswerber als Aufenthaltstitelkarte ausgestellt gewesen sei.

3 Hiefür sei der Revisionswerber rechtskräftig mit Urteil des Bezirksgerichtes G vom 24. August 2017 gemäß §§ 12 zweiter Fall, 228 Abs. 1 StGB wegen des Vergehens der mittelbaren, unrichtigen Beurkundung oder Beglaubigung zu einer Geldstrafe in der Höhe von EUR 720,-- (20 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verurteilt worden. In diesem Urteil sei festgestellt worden, dass der Revisionswerber eine andere Person dazu bestimmt habe, beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung einen Einbürgerungstest in seinem Namen zu absolvieren, mithin bewirkt habe, "dass gutgläubig ein Recht, ein Rechtsverhältnis oder eine Tatsache in einer inländischen öffentlichen Urkunde bewirkt wird, wobei er mit dem Vorsatz handelte, dass die Urkunde im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtsverhältnisses gebraucht werde".

4 Als Grund hiefür habe der Revisionswerber angegeben, er habe vor der Wiederholungsprüfung erfahren, dass seine Frau in Ghana einen Autounfall gehabt habe und in die Intensivstation aufgenommen worden sei. Deshalb habe er sich nicht auf den Test konzentrieren können und einen Freund zur Prüfung geschickt.

5 In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht aus, außer der genannten Verurteilung lägen keine Vormerkungen begangener Straftaten sowohl in verwaltungsrechtlicher als auch in strafrechtlicher Hinsicht vor. Positiv sei zu werten, dass sich der Revisionswerber ununterbrochen seit zehn Jahren im Bundesgebiet aufhalte und seit 2006 einer geregelten Beschäftigung nachgehe.

6 Die vom Revisionswerber gesetzte Straftat sei im Rahmen des Verfahrens zur Verleihung der Staatsbürgerschaft gesetzt worden. Daraus ergebe sich insbesondere für die Verleihung der Staatsbürgerschaft eine besondere Schwere des Verstoßes, wobei auch die vorsätzliche Begehungsweise der Tat zu berücksichtigen sei. Die Verantwortung des Revisionswerbers stelle eine nicht nachvollziehbare Schutzbehauptung dar. Zwar sei die vom Revisionswerber gesetzte strafbare Handlung deutlich unter der Schwelle des § 10 Abs. 1 Z 2 StbG und habe keine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe zur Folge. Besonderes Gewicht komme aber dem Umstand zu, dass die Tat im Rahmen des Verleihungsverfahrens der Staatsbürgerschaft gesetzt worden sei. Durch das Verhalten des Revisionswerbers im Verfahren manifestiere sich seine Einstellung zur österreichischen Rechtsordnung und habe er offensichtlich in Kauf genommen, die Staatsbürgerschaft unter Begehung eines strafrechtlichen Deliktes zu erwerben. Dass die Straftat erst nach ca. zehnjährigem Aufenthalt in Österreich bei einem bis dorthin vorgelegenen Wohlverhalten gesetzt worden sei, sei so zu sehen, dass sich die Persönlichkeit des Revisionswerbers zum Schlechteren entwickelt habe. Das Verwaltungsgericht gehe somit davon aus, dass das Verleihungshindernis nach § 10 Abs. 1 Z 6 StbB gegeben sei.

7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich vorliegende außerordentliche Revision.

8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, das Verwaltungsgericht habe sich von der "gefestigten" Rechtsprechung entfernt, wonach ein einziger Vorfall nach "§ 10 Abs. 6 StbG" nur dann ein Versagungsgrund sei, wenn eine gewisse Schwere vorliege (Verweis auf VwGH 22.12.1999, 98/01/0194). Im Übrigen sei das Verwaltungsgericht seiner Begründungspflicht nicht nachgekommen, warum die Zukunftsprognose eine negative wäre.

12 Zum zweiten Fall des § 10 Abs. 1 Z 6 StbG ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf das Gesamtverhalten des Verleihungswerbers, insbesondere auch auf von ihm begangene Straftaten, Bedacht zu nehmen. Maßgebend ist, ob es sich dabei um Rechtsbrüche handelt, die den Schluss rechtfertigen, der Verleihungswerber werde auch in Zukunft wesentliche, zum Schutz vor Gefahren für das Leben, die Gesundheit, die Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung oder andere in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannte Rechtsgüter erlassene Vorschriften missachten. In der Art, der Schwere und der Häufigkeit solcher Verstöße kommt die allenfalls negative Einstellung des Betreffenden gegenüber den zur Hintanhaltung solcher Gefahren erlassenen Gesetzen zum Ausdruck.

§ 10 Abs. 1 Z 6 StbG knüpft nicht an eine gerichtliche Verurteilung, sondern an das Verhalten des Einbürgerungswerbers an. Auch Taten, hinsichtlich derer es zur Verfahrenseinstellung (zB. nach einer Diversion) kommt, gehören zum Gesamtverhalten, von dem die belangten Behörde bei ihrer Prüfung auszugehen hat (vgl. zu allem VwGH 30.4.2018, Ra 2017/01/0417, mwN).

13 Von dieser ständigen Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht in der vorliegenden Rechtssache nicht abgewichen:

14 So hat das Verwaltungsgericht zu Recht darauf abgestellt, dass dem Umstand, dass die Tat des Revisionswerbers im Rahmen des Verleihungsverfahrens zur Staatsbürgerschaft gesetzt worden sei, besonderes Gewicht zukomme. Angesichts dieser nachvollziehbaren Begründung kann auch nicht die Rede davon sein, dass das Verwaltungsgericht seiner Begründungspflicht nicht nachgekommen sei.

15 Daran ändert auch die von der Revision angeführte Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes aus dem Jahre 1999 nichts, zumal dort auf Grundlage der oben angeführten ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine lediglich einzelfallbezogene Beurteilung erfolgt ist.

16 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 29. Mai 2018

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